Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Der Mensch in Zahlen


99-1/4-473
Der Mensch in Zahlen : eine Datensammlung in Tabellen mit über 17.000 Einzelwerten / von Konrad Kunsch. - Stuttgart [u.a.] : G. Fischer, 1997. - XVIII, 344 S. : graph. Darst. ; 23 cm. - ISBN 3-437-25200-3 : DM 48.00
[5414]

Das dritte "Guinness-Buch" in der Reihe der Tabellenwerke zu biologischen Fragen behandelt humanbiologische Themen und enthält in fast 400 Tabellen über 17.000 Einzelwerte. Die Daten werden den drei Hauptgruppen Körper des Menschen, Gesundheit und Entwicklung zugeordnet, die weiter thematisch untergliedert sind. Die Gruppenbezeichnung Entwicklung ist dabei zu unspezifisch gewählt, da man im biologischen Sinne unter Entwicklung die Gestaltwerdung eines Organismus versteht. In dieser Gruppe findet man allerdings ein Sammelsurium von statistischen Werten, die mit der Humanbiologie im engeren Sinne wenig zu tun haben und die man nicht unbedingt in einem solchen Nachschlagewerk vermutet.[1]

Die Menge der zusammengetragenen Daten ist durchaus beeindruckend: Von klassischen humanbiologischen Werten[2] über leicht skurril anmutende[3] bis zu hochspezialisierten Sachverhalten[4] spannt sich der Bogen der Themen. Die Tabellen sind, wenn nicht durch die entsprechende Überschrift selbsterklärend, kurz definiert, und gegebenenfalls wird auf weiterführende Tabellen hingewiesen. Diagramme sind nicht eingefügt und werden auch nicht vermißt. Eine Gruppe Anhang enthält eine Fülle von nützlichen Daten zu Einheiten und Umrechnungsfaktoren und sollte auch in den beiden anderen genannten Kompendien nicht fehlen.

Das Auffinden der Daten ist allerdings nicht unproblematisch, denn das Register orientiert sich primär an Oberbegriffen, was zwar lt. Einleitung die Übersichtlichkeit erhöhen soll, aber ein ständiges Überlegen, unter welchem Oberbegriff das gewünschte Stichwort wohl subsumiert sein könnte, voraussetzt. Vitamine findet man z.B. unter den Oberbegriffen Ernährung und Nahrungsmittel, nicht aber als selbständiges Stichwort. Der Australopithecus hingegen ist sowohl eigenständiges Stichwort als auch Unterstichwort des Oberbegriffs Evolution. Es ist logisch nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien ein Suchbegriff in den Rang eines Oberbegriffs erhoben wird. Die meisten Suchbegriffe findet man ohnehin nicht im Register. Wer sich über Aorta informieren will, findet keinen entsprechenden Registereintrag, allerdings sind Daten zur Aorta in sieben verschiedenen Tabellen in der Untergruppe Blut und Blutkreislauf aufgeführt.[5] Und Erythrozyten und Leukozyten - Unterstichwörter bei Blut - sind offensichtlich wichtiger als Monozyten oder Granulozyten, die keines Eintrags für würdig befunden werden. Hier hätte man sich an dem guten Register von Flindt orientieren können. Der mühsame, aber letztendlich lohnendere Weg ist das Durchsuchen des Inhaltsverzeichnisses, denn der Autor hat sich bemüht, den Inhalt der Tabellen in den Überschriften deutlich zum Ausdruck zu bringen. Auch das Durchblättern der Seiten anhand der Begriffe in der rechten Kopfleiste kann zu einem Suchergebnis führen; von dem in der Einleitung versprochenen schnellen Zugriff kann aber in beiden Fällen nicht die Rede sein.

Eine ausgesprochene Zumutung ist das Literaturverzeichnis, das sich naht- und ruhmlos an das von Flindt anschließt. Offensichtlich steht man mit der Erstellung solcher Verzeichnisse an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, der Wirkungsstätte der Autoren, auf gewaltigem Kriegsfuß. Gibt es denn dort niemanden, der da mal helfen könnte?

Zunächst sollte man annehmen, daß sich die bei den Tabellen vermerkten Literaturhinweise auch im Literaturverzeichnis finden. Mitnichten: Beispielsweise fehlt der internationale Umweltaltas 1993, (angegeben in Tab. 3.3.26) und auch an das Handbuch der Biologie traut man sich nicht heran. Kein Wunder, denn mit dem Begründer des Handbuches, Ludwig von Bertalanffy, hatte auch Flindt seine Probleme. Von Knußmanns Vergleichender Biologie des Menschen sind in der Tabelle 3.1.13 die Erscheinungsjahre 1980 und 1996 angegeben, das Literaturverzeichnis verzichtet nicht nur auf die Ausgabe 1980, sondern auch auf die Auflagenbezeichnung (2. Auflage) der Ausgabe von 1996. Als Ausgleich dafür wird der Schmidt/Thews[6] mit den Ausgaben von 1976 (!) und 1995 zweimal aufgeführt, natürlich ohne Auflagenbezeichnung. Auflagenbezeichnungen werden ohnehin äußerst großzügig behandelt und eher nach dem Zufallsprinzip angegeben. Bei Knußmann und Mörike wird zudem aus der Vergleichenden Biologie des Menschen die Vergleichende Bilogie. Kräftig gespart wird bei dem Werk von MacCutcheon: Hier streicht man nicht nur das a im Verfassernamen und nennt den sonst üblicherweise abgekürzten Vornamen, sondern läßt auch die Hälfte des Hauptsachtitels weg.[7] Apropos Vornamen: Hermann ist der Vorname des Autors Voss,[8] nicht etwa Herrlinger, denn das ist der Nachname des Mitautors. Außerdem ist der Autor des ersten Bandes der angegebenen Auflage Herwig Hahn von Dorsche.[9] Sehr kreativ zeigt man sich auch bei den Titelangaben. Bei dem "Immuno. Berater FSME-Prophylaxe. Heidelberg 1995" handelt es sich um den Endemieatlas FSME : Immuno-Berater[10] und hinter den "AIDS-Nachrichten. AIDS-Zentrum des Bundesgesundheitsamtes. Berlin" versteckt sich eine Zeitschrift.[11] Diese Fehlerliste ließe sich beliebig verlängern.

Fazit: Der Mensch in Zahlen ist eine gute Ergänzung der beiden anderen Zahlenwerke aus dem biologischen Bereich und für Bibliotheken aller Sparten durchaus empfehlenswert. Allerdings sollten Register und Literaturverzeichnis bei einer Neuauflage unbedingt vernünftig überarbeitet werden.

Joachim Ringleb


[1]
Z.B. Tab. 3.3.7: Asylbewerber nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten oder Tab. 3.3.24: Schüler, Auszubildende, Lehrer und Hochschullehrer in Deutschland. (zurück)
[2]
Z.B. Tab. 1.2.2: Anzahl der Knochen. (zurück)
[3]
Z.B. Tab. 2.2.1: Eßgewohnheiten: 8 % aller Menschen benutzen Hände. (Nach ausgiebigen Studien in ausgewählten Gaststätten kommt der Rez. zu einem weit höheren Ergebnis). (zurück)
[4]
Z.B. Tab. 1.1.15: Filtrationskoeffizienten verschiedener biologischer Membranen. (zurück)
[5]
Tabellen 1.3.20, 1.3.23, 1.3.26, 1.3.27, 1.3.28, 1.3.30. 1.3.34. (zurück)
[6]
Physiologie des Menschen : mit 100 Tabellen / Robert F. Schmidt ; Gerhard Thews (Hrsg.). - 26., vollst. überarb. Aufl.. - Berlin [u. a.] : Springer, 1995. - XXII, 888 S. : zahlr. Ill. u. graph. Darst. - (Springer-Lehrbuch). - ISBN 3-540-58034-4. (zurück)
[7]
Der Kompaß in der Nase und andere erstaunliche Fakten über uns Menschen / Marc MacCutcheon ist zitiert als: "McCutcheon: Der Kompaß in der Nase. Hamburg 1991." (zurück)
[8]
Zitiert: "Voss, Herrlinger: Taschenbuch der Anatomie. Bd. 1, 18. Aufl., Stuttgart 1985." (zurück)
[9]
Taschenbuch der Anatomie / Voss ; Herrlinger. - Stuttgart : S. Fischer. - 1. Einführung in die Anatomie, Bewegungsapparat : mit 11 Tabellen und Schlüssel zum Gegenstandskatalog. - 18. Aufl. / Herwig Hahn von Dorsche. - 1985. - 344 S. : Ill., graph. Darst. - ISBN 3-437-00467-0. (zurück)
[10]
Endemieatlas FSME : Immuno-Berater / wiss. Red.: Gerhard Dobler. - 3. Aufl. - Heidelberg : Immuno-GmbH, 1995. - 67 S. (zurück)
[11]
AIDS : Nachrichten aus Forschung und Wissenschaft / Hrsg.: AIDS-Zentrum im Robert-Koch-Institut. - Berlin : AIDS-Zentrum ..., 1987 - 1995. - ISSN 0936-112X. (zurück)

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