Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Bibliographie Altägypten 1822 - 1946


99-1/4-404
Bibliographie Altägypten 1822 - 1946 / Christine Beinlich-Seeber. - Wiesbaden : Harrassowitz. - 25 cm. - (Ägyptologische Abhandlungen ; 61). - ISBN 3-447-03682-6 : DM 448.00
[5333]
Teil 1. Alphabetisches Verzeichnis : A - I. - 1998. - XXXII, 878 S.
Teil 2. Alphabetisches Verzeichnis : J - Z. - 1998. - V S., S. 879 - 1789
Teil 3. Indices. - 1998. - IX, 1158 S.

Die Bibliographie Altägypten 1822 - 1946 (BA) stellt zusammen mit dem nur online zugänglichen Fachkatalog Ägyptologie der Universitätsbibliothek Heidelberg[1] und der Annual Egyptological bibliography (AEB) das größte bibliographische Einzelunternehmen der Ägyptologie dar und verzeichnet die Publikationen zum Thema "Altes Ägypten" von 1822 (dem "Geburtsjahr" der Ägyptologie durch die Entzifferung der Hieroglyphen) bis 1946, dem Beginn der systematischen Verzeichnung durch die einschlägige Fachbibliographie AEB.

Inhalt

Die Bibliographie verzeichnet nicht weniger als durchnumerierte 21.465 Titel, wobei Separata, Neuauflagen und Rezensionen noch gar nicht mitgezählt sind, so daß sich die Gesamtzahl auf ca. 25.000 Titel und ca. 8000 Rezensionen beläuft, die durch einen umfangreichen Registerband erschlossen werden. Dieses Ergebnis jahrelanger Recherchen und Katalogisierungsarbeiten kann man ohne Übertreibung als bibliographische Höchstleistung bezeichnen.

Bei der Titelauswahl wurden Nachbardisziplinen berücksichtigt, aber sinnvoll abgegrenzt und der geographische Raum reicht durchaus über Altägypten hinaus. Trotz der fließenden Übergänge zu Fächern wie Alte Geschichte, Klassische Archäologie, Altes Testament oder Ur- und Frühgeschichte ist es der Autorin überzeugend gelungen, das Themengebiet Altägypten komplett zu erfassen, wobei das christlich-koptische Ägypten sowie die papyrologische Literatur zu Recht ausgelassen sind. Auch chronologisch ist in begründeten Fällen vom Zeitraum 1822 bis 1946 abgewichen worden, so daß sich auch bedeutende Sammelwerke vor 1822 finden oder z.B. Rezensionen zu Werken in der BA, die nach 1946 erschienen sind.

Neben der thematisch und chronologisch sinnvollen Eingrenzung des Titelmaterials ist noch eine weitere wichtige Einschränkung gemacht worden: Titel in nichtlateinischen Alphabeten sind nicht berücksichtigt. Dieses ist bei chinesischen, japanischen, arabischen oder hebräischen Titeln nachzuvollziehen, allein das dadurch bedingte Fehlen russischer Artikel ist jedoch bedauerlich.

Die Autorin hat keineswegs einfach nur die vorhandenen Bibliographien, Bibliothekskataloge, Spezialverzeichnisse etc. "ausgeschlachtet", sondern eigenhändig große Mengen von Titelmaterial akribisch zusammengetragen und vorwiegend nach Autopsie verzeichnet und dabei zahlreiche einschlägige Bibliotheken über Jahre hinweg mit dezidierten Titelanfragen aufgesucht. Das Projekt wurde 1979 begonnen, von der DFG über den Zeitraum von 1980 bis 1994 mit Unterbrechungen gefördert und 1996 abgeschlossen. Die lange Bearbeitungszeit hat sich indes gelohnt. Die Autorin ist promovierte Ägyptologin und zugleich ausgebildete Bibliothekarin des höheren Bibliotheksdienstes und versteht es, mit ihrer seit langem erwarteten Publikation in beiden Professionen gleichermaßen alle Register zu ziehen.

Trotz des hohen Spezialisierungsgrades und der z.T schweren Erreichbarkeit der verzeichneten Literatur hat die Autorin am Autopsie-Prinzip festgehalten, wo immer dies möglich war. Die insgesamt kleine Zahl von Titeln, die nicht nach Autopsie verzeichnet wurden, sind mit einem Asteriskus markiert.

Bibliographischer Teil

Der Hauptteil der Bibliographie ordnet die Verfasser- und Sachtitelwerke alphabetisch nach der gegebenen Wortfolge (ohne Berücksichtigung von Körperschaften bei der Ansetzung, damit die Titel in der Form präsentiert werden können, wie sie in der wissenschaftlichen Literatur zitiert werden). Von wenigen, im Vorwort einzeln begründeten Ausnahmen abgesehen, folgen die Titelaufnahmen RAK-WB und allein schon durch die Befolgung eines anerkannten Regelwerks hebt sich die BA positiv von so mancher im "Eigenbau" erstellten Bibliographie ab. Die Bibliographie spart nicht mit Verweisungen bei Namen (z.B. von Mitverfassern) und Sachtiteln. Rezensionen werden bei den Monographien vollständig aufgeführt. Die Titel der zahlreichen Schriftenreihen und Zeitschriften werden abgekürzt zitiert, jedoch wählt die Bibliographin die in der Forschung übliche Form und löst diese in einem Abkürzungsverzeichnis auf. Der bibliographische Teil beginnt mit dem Alphabetischen Verzeichnis der Reihen und Zeitschriften (Nr. 1 - 1563), bei ersteren mit Angabe der in der BA verzeichneten Stücke (Kurztitel mit Verweisung auf die laufende Nummer), bei letzteren mit genauen Angaben zum Erscheinungsverlauf.

Register

Sind die beiden Bände mit der Bibliographie bereits allein durch die Zahl der Titel und die Qualität der Verzeichnung eindrucksvoll, so werden sie durch den fulminanten 3. Band noch übertroffen, dessen Bezeichnung Teil III. Indices kaum erahnen läßt, auf welches Abenteuer der sachlichen Erschließung sich die Bibliographin hier eingelassen hat. Das gesamte bibliographische Material wurde nämlich inhaltlich gesichtet und sachlich erschlossen - eine auch wissenschaftlich nicht zu unterschätzende Arbeit, denn wer kann heute noch die vielfältigen Aspekte einer Disziplin überblicken, auch wenn sie von außen so klein scheint wie die Ägyptologie. Ob Linguistik, Architektur oder Sprache: alles wird erfaßt, erschlossen und in gewaltige Indizes gegossen, die sich dem Leser auf nicht weniger als 1158 Seiten präsentieren. Diese 12 Indizes übertreffen alles, was jemals in der Ägyptologie an sachlicher Erschließung geleistet wurde.

Den Kern bildet ein Schlagwortregister, dem eine Systematische Übersicht der Schlagwörter (1) vorausgeht, die in zehn Hauptgruppen unterteilt ist. Hier findet man zu den wesentlichen Gebieten wie z.B. Geschichte, Religion oder Schrifttum alle hierunter fallenden Schlagwörter alphabetisch verzeichnet. Nun kann man im folgenden Teil die jeweiligen Schlagwörter aufsuchen und bekommt dort das Erscheinungsjahr, Autor mit Kurztitel und die "Referenznummer", unter der dann der Titel mit vollen Angaben in der Bibliographie zu finden ist. Das Schlagwortregister (2) überwindet zahlreiche Hürden wie abweichende Schreibungen von Orts- und Personennamen, Bezeichnungen für Literaturwerke etc., die oft mehr durch Tradition als durch philologische Korrektheit etabliert sind und für die ja normierte Formen gefunden werden müssen. Die Schlagwörter sind ihrerseits sinnvoll und extrem fein untergliedert: So findet sich unter Antike und mittelalterliche Autoren eine weitere Untergliederung in einerseits klassische und andererseits arabische Autoren, wobei die klassischen noch alphabetisch von Aesop bis Xenophanes gegliedert sind. Wer also z.B. eine ägyptologisch relevante Arbeit zum griechischen Autor Porphyrios sucht, wird mit einem Artikel aus dem Jahre 1861 belohnt. Nicht nur allgemeine Begriffe wie Architektur oder Religion finden sich hier, sondern natürlich alle relevanten Fundorte, Götternamen, mentale Konzepte, einzelne Texte, Textsorten und Literaturwerke, bis hinunter zu speziellen Begriffen wie Arbeiterversorgung und -entlohnung, Asylrecht, Thronbesteigungsdaten oder Zypern und Ägypten. Zugegeben: dieses Sachregister wird in seiner ganzen Breite und Tiefe wohl nur von Ägyptologen benötigt, deren höchste Ansprüche auch befriedigt werden. Dennoch kann auch der Nicht-Ägyptologe durch die zahlreichen Hinweise auf die klassische Antike, Europa, das Nachleben der altägyptischen Kultur oder der Wissenschaftsgeschichte hier fündig werden.

Damit aber nicht genug: die Autorin hat sich der Mühe unterzogen, Indizes der Museen (3), Privatsammlungen (4), Sonderausstellungen (5) und Auktionen (6) anzulegen. Das auch vom Fachmann kaum mehr überschaubare Dickicht der unzähligen Sammlungen ägyptischer Alterümer wird hier in seiner ganzen Reichhaltigkeit aufgefächert, wobei die Einträge für die großen Sammlungen (Louvre, Alexandria, Kairo u.v.a.m.) sogar noch weiter nach Objektgattungen unterteilt sind. Alle, auch die kleinsten Sammlungen sind hier vertreten und stellen das bislang umfangreichste Register von Aegyptiaca-Sammlungen weltweit dar.

Die nächsten drei Kategorien sind nur für Spezialisten interessant und umfassen Register der Hieroglyphenzeichen (7), der ägyptischen (8) und der griechischen Wörter (9).

Das Register der Persönlichkeiten der Wissenschaftsgeschichte (10) erlaubt es dem forschungsgeschichtlich Interessierten, die einschlägigen, auch entlegensten Artikel zu den Forschern zu ermitteln.

Der Index der Körperschaften (11) verzeichnet unter deren Namen ihre in der BA enthaltenen Publikationen und entschädigt für die im Hauptteil fehlenden Eintragungen unter Urhebern.

Besonders bemerkenswert ist der Chronologische Index (12) sämtlicher Titel, der es ermöglicht, auch solche Titel zu ermitteln, bei denen lediglich Autor und Jahr bekannt sind. Das Blättern in diesem Index läßt natürlich auch die langsam anschwellende Publikationsflut zum Thema Altägypten nachvollziehen: so findet sich unter 1809 nur ein Titel, 1825 sind es schon 42 Titel und 1900 bereits 250.

Bei allen Registern ist die Erschließung nie Selbstzweck, sondern rechtfertigt sich stets durch den großen Umfang des Materials und die hohe Komplexität der Materie. Natürlich ist die Frage angebracht, ob nicht von vornherein die BA statt in einer gedruckten Ausgabe gleich als CD-ROM oder online hätte angeboten werden sollen. Die Druckausgabe war allerdings schon lange geplant und in Vorbereitung, bevor das Internet sich auch in den kleinen Geisteswissenschaften ausgebreitet hat. Wie dem Vorwort zu entnehmen ist, ist aber eine elektronische Ausgabe der BA geplant.

Fazit

Das Werk richtet sich zweifellos vorwiegend an den Fachwissenschaftler und ist folglich auch in einer ägyptologischen Schriftenreihe erschienen. Trotz der speziellen Adressaten empfiehlt sich die Konsultation des Werkes aber auch für den Nicht-Ägyptologen, da das Alte Ägypten sich eines anhaltenden Interesses in der Öffentlichkeit erfreut, die extrem tiefe und feine sachliche Aufbereitung das Titelmaterial auch für andere Fächer interessant macht und das breite Erschließungsspektrum auch Museen, Personen und Körperschaften abdeckt. Der Umfang und Spezialisierungsgrad des Werkes werden sicherlich manche Bibliothek von der Anschaffung zurückschrecken lassen, ebenso der stolze Preis, der allerdings durch die Qualität der BA gerechtfertigt ist. Zumindest die größeren geisteswissenschaftlich ausgerichteten Universitätsbibliotheken sowie die wenigen noch verbliebenen Universalbibliotheken sollten auf das Werk dennoch nicht verzichten.

Eckhard Eichler


[1]
http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/fachref/aegypt/ fachkat.htm (zurück)

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