Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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The Virgin encyclopedia of rock


99-1/4-322
The Virgin encyclopedia of rock / [art direction, adaptation, design: Nick Wells]. - 1. publ. ... for Austria, Germany and Switzerland. - Hombrechtikon, Zürich : Edition Olms Zürich, 1998. - 384 S. : Ill. ; 30 cm. - Vortitel: The Virgin illustrated encyclopedia of rock. - Auszug aus: Encyclopedia of popular music. - ISBN 3-283-00364-5 : DM 78.00
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Lt. Umschlagtext wurden die 1800 in The Virgin (illustrated) encyclopedia of rock verzeichneten Namen der Datenbank der Encyclopedia of popular music entnommen, die ständig aktualisiert wird und derzeit ca. 8 Millionen "words" enthält. Die Selektionskriterien werden in der Einleitung kurz beschrieben: " ... to cover the best of rock and pop music from the 1920s onwards". Warum der Titel des Lexikons dann nur den Begriff rock enthält, wird nicht gesagt. Lt. Vorwort sind unter diesem Begriff jedoch rhythm & blues, blues, country music, hiphop und techno subsumiert. Offensichtlich hatte man das Problem, für dieses Derivat ebenfalls die Bezeichnung popular music zu verwenden wie bei The Virgin concise encyclopedia of popular music von Colin Larkin, obwohl der Begriff popular music auf den vorliegenden Band ebenso und dazu besser zutreffen würde. Neben den o.a. Musiksparten sind auch reggae, folk und soul ausreichend vertreten. Zudem gibt es wenige, nicht-personenbezogene Einträge wie Altamont Festival, Monterey Pop Festival, Motown Records, Rolling Stone (die Zeitschrift) und Woodstock Festival, nicht jedoch z.B. Lollapalooza.

Die Ansetzung einiger Namensformen ist etwas gewöhnungsbedürftig und nicht immer konsequent. So erscheint etwa Manfred Mann nicht unter Mann, Manfred, sondern unter Manfred Mann bzw. Manfred Mann's Earth Band mit der Begründung, daß der eigentliche Geburtsname Manfred Lubowitz sei. So findet man auch Alice Cooper unter Alice Cooper (b. Vincent Damon Furnier) und nicht unter Cooper, Alice. Dagegen steht Iggy Pop unter Pop, Iggy (b. James Jewel Osterburg) mit der Begründung, daß er diesen Namen als seinen eigenen angenommen habe. Der Benutzer wird dies kaum im Detail unterscheiden können bzw. über das erforderliche Detailwissen verfügen, zumal Verweisungen unter Lubowitz, Manfred oder Osterburg, James Jewel im Lexikon fehlen. Gewöhnungsbedürftig ist auch die Ansetzung von Bandnamen wie Rich, Tony, Project, aber Spencer Davis Group ebenfalls ohne jegliche Verweisung. Shakin' Stevens findet sich unter Stevens, Shakin'. Gruppen wie 10cc ordnen unter Ten cc in aufgelöster Form. Robbie Williams wird angesetzt als Robbie Williams, sortiert aber unter Williams. Hier wäre eine pragmatischere Vorgehensweise oder aber ein ausführliches Verweisungssystem sinnvoll wie beispielsweise beim neuen Rock-Lexikon (IFB 99-1/4-321).

Die Artikel fallen je nach Bedeutung der Person oder Gruppe unterschiedlich lang aus; sie reichen von einigen wenigen Zeilen bis zu zwei oder drei Seiten. Der Band ist durchweg mit Farbabbildungen ausgestattet, die dem - allerdings nur auf dem Vortitel verwendeten - Begriff illustrated alle Ehre machen.

Im Vorwort wird eingeräumt, daß die Auswahl der Namen subjektiv erfolgte. Mit Sicherheit ist es auch schwierig, eindeutige Selektionskriterien zu definieren. Wer sich für die internationale (also überwiegend englischsprachige) Popwelt interessiert oder für Bands, die überwiegend im englischsprachigen Raum erfolgreich waren und sind, wird garantiert in diesem Lexikon fündig. Gut repräsentiert sind Blues, Folk und Reggae. Auch Jazzmusiker und -bands wie Herbie Hancock, Al Jarreau, Quincy Jones, Pat Metheny, Courtney Pine, Sonny Sharrock und Weather Report sind vertreten. Dagegen vermißt man Miles Davis, der sicherlich in dieses Lexikon gehört. Völlig unverständlich, wieso eine Formation wie Colosseum fehlt oder Musiker wie Fela Anikulapo-Kuti (der immerhin bei Ginger Baker erwähnt ist), Julie Driscoll oder Brian Auger. Der Ethno-Pop ist ebenfalls dürftig vertreten (es fehlt neben Kuti etwa auch King Sunny Adé, Miriam Makeba und Manu Dibango; Youssou N'Dour und Osibisa dagegen sind vertreten). Sollten diese Musiker der Selektion von "... the best ..." zum Opfer gefallen sein?

Deutsche Rock- und Popbands sind äußerst spärlich berücksichtigt. Daß ein solches, durchwegs professionelles Lexikon mit deutschen Umlauten Probleme hat, leuchtet nicht ein, denn Mötley Crüe z.B. ist richtig geschrieben. Dagegen ist der Eintrag Einsturzende Neubaten [sic!] ordentlich mißlungen, zumal derselbe Fehler mehrfach auftaucht. Das gleiche gilt für Amon Duul II. Sonst sind außer Kraftwerk, Krokus und Scorpions (Germany) [sic!] kaum deutsche Bands oder Musiker zu finden. Die Ärzte oder Die Goldenen Zitronen sucht man vergeblich.

Durchgängig wirkt das Lexikon gut recherchiert, aktuell und professionell gestaltet. Beim Artikel Blues Traveler vermißt man den Hinweis auf ihre Mitwirkung in der TV-Familienserie Roseanne. Bei Ray Charles dürfte ein dezenter Hinweis auf seine politischen Aktivitäten bei verschiedenen Präsidentschaftswahlen oder auf seine Drogenabenteuer nicht die political correctness des Lexikons berühren. Daß der englische Musiker Kevin Coyne in Deutschland eine neue erfolgreiche Karriere begann, ist in diesem Lexikon jedenfalls nicht nachzulesen.

Ab S. 350 folgen in der alphabetischen Folge des Hauptteils die Schallplatten/CDs, Videos und Filme der Musiker/Bands mit einer Bewertung von einem Stern (poor) bis zu 5 Sternen (outstanding). Bei Gruppen wie z.B. The Doors wird auch die wichtigste Literatur, allerdings aus Platzgründen nur Autor/Titel, angeführt (further reading).

Bernhard Hefele


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