Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart


99-1/4-308
Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart : eine Kultur- und Wirkungsgeschichte in Biographien und Werkbeispielen / Eva Weissweiler. - Orig.-Ausg., überarb. Neuausg. des 1981 im Fischer-Taschenbuch-Verlag erschienenen Bandes "Komponistinnen aus 500 Jahren". - München : Deutscher Taschenbuch-Verlag ; Kassel : Bärenreiter, 1999. - 451 S. : Ill., Notenbeisp. ; 19 cm. - (dtv ; 30726). - ISBN 3-423-30726-9 (dtv) - ISBN 3-7618-1410-0 (Bärenreiter) : DM 29.90
[5568]
Bibliographie
99-1/4-309
Frau und Musik : Bibliographie 1970 - 1996 / Eva Rieger (Hrsg.) Unter Mitarb. von Ruth Heckmann ... - Hildesheim [u.a.] : Olms, 1999. - 282 S. ; 21 cm. - (Studien und Materialien zur Musikwissenschaft ; 14). - ISBN 3-487-10320-6 : DM 68.00
[5569]

Die Rezensentin versteht die Diskussion und Aufregung um die Frau in der Musik oder die Frauenmusik nicht, die auch immer zahlreichere Nachschlagewerke hervorbringt.[1] Was ist das überhaupt: die Frau in der Musik - die Komponistin, die Interpretin, die Musikhörende? Frauenmusik - Musik von Frauen, Musik für Frauen? Natürlich galt jahrhundertelang das mulier taceat. Doch wurde nicht aus dem in ecclesia ein in musica, wie Weissweiler es darstellt (S. 18) - denn galt mulier taceat nicht generell, d.h. auch in anderen Bereichen? Und muß nicht getrennt werden zwischen früher und heute? Selbst die Verfasserin gibt zu: "Zum Glück gibt es wenigstens in der Neuen Musik-Szene erkennbare Fortschritte. ... überall, wo Neue Musik gespielt und gehört wird, sind Komponistinnen seit vielen Jahren beteiligt ..." (S. 12).

Warum ist es gerade auf dem Sektor der Musikwissenschaft und der Komposition so schwierig für Frauen, sich einen Ruf und Namen zu schaffen? Gibt es nicht im Bereich der Interpretation unzählige anerkannte Interpretinnen? Welche zeitgenössische Frau wird eigentlich vom Komponieren abgehalten? Und liegt die Tatsache, daß "die traditionsreichsten Lehrstühle für Musikwissenschaft ... immer noch von Männern besetzt [sind]" (S. 9) - worin sie sich übrigens kaum von anderen Fächern unterscheiden - nicht womöglich auch daran, daß für eine Neubesetzung auf die Pensionierung der Inhaber gewartet werden muß?

Kann es nicht sein, daß das Thema "Frau und Musik" in Amerika nicht allein deshalb besser erforscht ist, weil "die amerikanische Musikgeschiche jünger, und das heißt auch: weniger durch männliche Heroen belastet ist als die europäische" (S. 11), sondern weil die Arbeit der Amerikaner im Bereich der Forschung sehr viel grundlegender und konzentrierter ist und auch Dinge bearbeitet werden, über die deutsche Forscher die Nase rümpfen würden? Die amerikanischen Musikwissenschaftler haben schließlich nicht nur "die Geschichte der europäischen Komponistinnen gründlicher aufgearbeitet als wir" (S. 11), sondern es ist überhaupt erstaunlich, mit welch spezifisch deutschen Themen - mit württembergischen Komponisten und Komponistinnen wie Josephine Lang beispielsweise - sie sich befassen.

Die 1. Ausgabe von Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart erschien 1981 u.d.T. Komponistinnen aus 500 Jahren.[2] Möglicherweise ist die Titeländerung allein durch den Verlagswechsel von Fischer zu dtv bedingt. Der Band beginnt mit einem 'kulturgeschichtlichen Überblick' Musikalisch schöpferische Frauen von der Antike bis zum Mittelalter. Die weiteren (zumeist Sammel-) Kapitel sind "besonders exemplarischen Lebensgeschichten" (S. 19) gewidmet. Kriterien für die Aufnahme einer Person waren die Existenz von biographischem Material sowie von zugänglichen Drucken und Autographen. In der vorliegenden Ausgabe wurde das Verzeichnis der mehrfach zitierten Literatur durch Anfügen eines zweiten Teils aktualisiert. Neu sind - abgesehen von einer Revision des ganzen Bandes - auch die Kapitel über Komponistinnen im Nationalsozialismus und über Komponistinnen und Performance-Künstlerinnen der Avantgarde (S. 13 - 14). Die Auswahl der Adressen von Komponistinnenverbänden und Frauenmusikarchiven nach Ländern im Anhang mit 17 Institutionen in 15 Ländern wirkt eher dürftig. Der Band wird durch ein Personenregister erschlossen.

Die Bibliographie Frau und Musik wirkt roh und unfertig. Sie erschien 1999, drei Jahre nach Ende ihrer Berichtszeit, die lt. Vorwort von 1970, von den Anfängen der Frauenmusikbewegung bis 1996 reicht und ist damit nicht sonderlich aktuell. Die Monographien und Aufsätze sind bei einer Unterteilung in sechs Sachgruppen (Nachschlagewerke, Komponieren, Musikwissenschaft, Die Musikerin, Die Frau als Kulturprodukt, Frauen als "Musen") mit Untergruppen stets nur einmal nachgewiesen - "in der Regel aus Platzgründen" (S. 1), also ohne Verweisungen oder Mehrfacheinträge in anderen Kapiteln. Für den Fall, daß deutsche Übersetzungen existieren, sind nur diese aufgeführt. In Sammelbänden erschienene Aufsätze sind "nur dann einzeln aufgelistet, wenn von einem breiteren Interesse ausgegangen werden konnte" (S. 2). Nicht nachgewiesen sind "Ton- und Bildtonträger, Tonträgerbeihefte, Konzerteinführungen, Rezensionen, Beiträge aus Programmheften, Vorlesungen, Lexikonartikel, Nekrologe, Geburtstags-Laudatien sowie flüchtige Erwähnungen in der Literatur. Ausgespart wurden auch Aufsätze über Sängerinnen aus der Zeitschrift Opernwelt, die die vorliegende Bibliographie unverhältnismäßig aufgebläht hätten" (S. 1).

Die bibliographischen Angaben zu den 3778 durchnumerierten Titeln sind knapp, ungewöhnlich in der Abfolge der Angaben und angeblich "aus Platzgründen " (S. 2) nicht annotiert: Personennamen (Verf., Hrsg.), Erscheinungsjahr, Titel; bei Monographien Erscheinungsort und -verlag, keine Seitenangabe; bei Aufsätzen aus Sammelwerken und Periodika ggf. deren Herausgeber, der Titel des Aufsatzes, Jahrgang, Heftnummer und Seitenzahl.

Die Bibliographie erschließt ein Register der AutorInnen und HerausgeberInnen, das nur die ersten Autoren und Herausgeber berücksichtigt; dazu kommt ein Register der Künstlerinnen. Eine Liste der ausgewerteten Periodika wäre sinnvoll gewesen. Trotz ihrer Mängel gehört die Bibliographie in jedes Bibliotheksregal.

Martina Rommel


[1]
Vgl. u.a. die Komplexrezensionen in IFB 96-2/3-312 - 321 und 99-B09-120 - 122. (zurück)
[2] Komponistinnen aus 500 Jahren : eine Kultur- und Wirkungsgeschichte in Biographien und Werkbeispielen / Eva Weissweiler. - Orig.-Ausg. - Frankfurt am Main : Fischer, 1981. - 400 S. : Ill., Notenbeisp. - (Fischer-Taschenbücher ; 3714). - ISBN 3-596-23714-9. (zurück)

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