Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Schauspielführer der Gegenwart


99-1/4-272
Schauspielführer der Gegenwart : 202 Autoren und 1148 Stücke / Siegfried Kienzle. - 6., stark erw. und aktualisierte Aufl. - Stuttgart : Kröner, 1999. - VII, 824 S. ; 18 cm. - (Kröners Taschenausgabe ; 369). - ISBN 3-520-36906-0 : DM 49.80
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Zwischen 1990 und 1999 hat sich auf den deutschen Bühnen viel getan. Junge, bislang unbekannte Autoren, allen voran angelsächsische, traten ins Rampenlicht und brachten die gesellschaftlichen Probleme drastisch zum Ausdruck. Die 6. Aufl. von Kienzles Schauspielführer der Gegenwart trägt diesem Sachverhalt Rechnung. Waren in der 5. Aufl. (1990) seines bewährten Werklexikons[1] gegenüber der 4. Aufl. (1984) statt 368 Autoren mit 1136 Stücken nur noch 175 Dramatiker mit 910 Stücken vertreten, so bringt die jüngste Ausgabe bei 292 Neuaufnahmen 1148 Stücke von 202 Autoren. Der Verlag kann die Neuauflage zu Recht als die umfassendste Bestandsaufnahme des Schauspiels ab 1945 bezeichnen. Tatsächlich ist jetzt alles, was in den vergangenen Jahren auf den deutschsprachigen Bühnen reüssierte in diesem Band versammelt. Wie schon zuvor sind die Autoren alphabetisch geordnet mit Kurzbiographie und ausgewählten Literaturangaben, gefolgt von Kurzcharakterisierungen des Gesamtwerks. Die einzelnen Stücke werden in der Reihenfolge ihrer Uraufführung vorgestellt und interpretiert. Ein Stücke-Register verbindet die Titel mit ihren Autoren. Kienzle hat wie in den früheren Auflagen nicht nur neue Werke aufgenommen, er hat die bereits vorhandenen Artikel bearbeitet, aus der Sicht von heute revidiert und neu beurteilt, hat gerafft und vieles neu zusammengefaßt. Das dient nicht nur der Übersichtlichkeit, sondern macht den Band auch faszinierend aktuell.

Während z.B. Rainer Kerndl, Max Mell oder Rolf Schneider keine Berücksichtigung mehr fanden und - wie schon früher Siegfried Lenz oder Leopold Ahlsen - als nicht mehr Zeitgemäße ausgemustert wurden, sind jetzt der vielgespielte Alan Ayckbourn (mit mehr als einem Dutzend Stücken), Sarah Kane, Mark Ravenhill, Tony Kustner, Yasmina Reza, Coline Serrau, die deutschsprachigen Werner Schwab, Einar Schleef, Harald Kislinger, Marlene Streeruwitz, Werner Fritsch und weitere 16 Stückeschreiber aufgenommen worden.

Kienzle hat sein Ziel, mit seinem Buch auf dem letzten Stand zu sein, erreicht. Die jüngste Uraufführung datiert vom 27. Mai 1999 (Lotphantasie von Botho Strauss). Bei dem Bemühen aber, stets aktuell zu sein, sind nicht nur viele der frühen, heute nicht so oft gespielten Autoren auf der Strecke geblieben; diesem Bemühen ist ein wichtiger Aspekt des Dramas nach 1945 geopfert worden, nämlich gleichzeitig ein Stück Theatergeschichte der Nachkriegszeit zu bringen und somit mehr zu sein als nur eine Zusammenstellung der zwischen zwei Auflagen meistgespielten Autoren und ihrer Werke. Auch aus diesem Grund sollten die früheren Auflagen nicht ausgeschieden werden.

Gernot Giertz


[1]
Die 1. Aufl. erschien 1966 u.d.T. Modernes Welttheater, die folgenden dann unter dem heutigen Titel: 2. Aufl. 1973, 3. Aufl. 1978. (zurück)

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