Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Die Alte Pinakothek


99-1/4-241
Die Alte Pinakothek : Sammlungsgeschichte, Bau und Bilder / Rüdiger an der Heiden. - München : Hirmer, 1998. - 576 S. : zahlr. Ill. ; 31 cm. - ISBN 3-7774-7840-7 : DM 168.00
[5199]

Der zur Wiedereröffnung der Alten Pinakothek vorgelegte Katalog feiert vor allem die Geschichte des Hauses und seiner Sammlung. Vor der Folie einer allgemeinen Geschichte des Sammelns und des Museums präsentiert Rüdiger an der Heiden die Geschichte der Münchner Sammlung europäischer Malerei des 14. bis 18. Jahrhunderts von ihren herzoglichen Anfängen zu Beginn des 16. Jahrhunderts bis zum heutigen Tag. Sichtbar werden nicht nur adlige Sammlerpersönlichkeiten, sondern auch glückliche Umstände, die der Münchner Sammlung letztlich ihr Profil gaben und auch heute noch geben. Sicher gehört es nach hochwertigem Auftakt mit Werken der frühen oberdeutschen Malerei und den gelungenen Dürer-Erwerbungen zu Zeiten einer ersten Dürer-Renaissance noch im ausgehenden 16. Jahrhundert zu diesen glücklichen Umständen, daß die fürstlichen Sammlungen von Düsseldorf und Mannheim schließlich an München fielen und daß im 19. Jahrhundert die Sammlung der Brüder Boisserée - und damit ein Schwerpunkt altniederländischer Malerei - für München erworben werden konnte. Sammlungsgeschichte nicht nur mühsam aus den Provenienzen der Bilder erschließen zu müssen oder verknappt auf ein paar einleitende Sätze im Katalog vorzufinden, sie vielmehr in den Mittelpunkt einer Bestandsbeschreibung und damit in eine Museumspräsentation gerückt zu sehen, muß zu den gelungenen und interessanten wie nützlichen Aspekten dieser Münchner Fest-Publikation gezählt werden.

Zur Feier der Wiedereröffnung des Hauses gehört auch ein Blick auf die Geschichte des Gebäudes. Im Katalog erhält man im Überblick die wichtigsten Informationen zu den frühen Unterbringungen der wachsenden Sammlung und damit zugleich zu frühen Museums- und Präsentationskonzepten für Bildersammlungen überhaupt. Im Zentrum der Ausführungen steht jedoch das von Leo von Klenze geplante und errichtete erste eigenständige Gebäude für die Sammlung, die heutige Alte Pinakothek, und seine bahnbrechende Konzeption - erinnert sei nur an die Lichtführung mit Oberlicht, die noch heute zu den Standards im Museumsbau zählt und für die sich jüngst die Berliner Gemäldegalerie erst wieder entschied - , Hinweise auf die Zerstörungen 1943 und 1944, die die Alte Pinakothek fast als Ruine zurückließen, schließlich auf die entscheidenden Wiederaufbauvorgaben 1952 - 1957 von Hans Döllgast, der für die Erhaltung der Reste des Klenze-Baus und ihre Integration bei der Wiedererrichtung des Gebäudes plädierte, und auf die nun seit 1994 erfolgten Sanierungsmaßnahmen.

Im mittleren Katalogteil wird eine Bildauswahl präsentiert, sozusagen die Höhepunkte der Sammlung, geordnet nach Schulen und Epochen. Den Farbtafeln und zahlreichen Detailaufnahmen zu den einzelnen Werken wird ein Text beigegeben, der im Sinne einer Kenntnis und Verständnis vermittelnden Bildbeschreibung vorrangig ein Liebhaber- und Interessentenpublikum im Auge hat. Verknappt sind meistens die "dokumentarischen" Angaben (gemäldetechnologische Informationen, Provenienzvermerke, Literaturangaben usw.). Fast ist man geneigt, diesen Teil des Katalogs als schönes Lesebuch zu beschreiben, das anhand der Bestände der Alten Pinakothek auch einen überblickartigen Gang durch die Geschichte der Malerei erlaubt.

Den Abschluß des Katalogs bildet das Gesamtverzeichnis der Bestände der Alten Pinakothek. Wer hier eine Ablösung des zuerst 1983 erschienenen Katalogs der ausgestellten Gemälde erwartet hatte, muß enttäuscht sein.[1] Fast hatte man dies beim Durchgang durch das wiedereröffnete Museum auch schon geahnt: In den Räumen liegt zur Publikumsinformation nach wie vor der alte Katalog aus, und wie sich jetzt nach Studium der Neuerscheinung zeigt, durchaus zu Recht. Das Gemäldeverzeichnis des neuen Katalogs ist zum großen Teil nur eine noch stärker abgespeckte Version des alten Überblicks. Unverständlich bleibt, warum man diese bei aller bereits gegebenen Knappheit doch informativere ältere Veröffentlichung nicht einfach nochmals abgedruckt hat, hätte man hier doch zumindest Kurzinformationen zu den einzelnen Künstlern erhalten und zu den Bildern Angaben, die über die Nennung von Titel, Datierung und Format etwas hinausgehen. Dieser Informationsverlust wird zwar partiell durch detailliertere Beschreibungen einzelner Werke in der vorausgehenden Auswahlpräsentation kompensiert. Für eine systematische Nutzung des Katalogs ist dies trotzdem nicht hilfreich. So bleibt gerade auch für alle am Nachschlagewert einer Publikation Interessierten nur die Schlußfolgerung, daß das alte Verzeichnis der (ausgestellten) Gemälde der Alten Pinakothek von 1983 nach wie vor seinen Wert hat und für eine umfassende und zugleich publikumsbrauchbare Information zu den Beständen immer noch heranzuziehen ist.


[1]
Alte Pinakothek München : Erläuterungen zu den ausgestellten Gemälden / Bayerische Staatsgemäldesammlungen. [Gestaltung: Rainer Pickel]. - Korrigierte und durch einen Anhang erw. Ausg. - München : Lipp, 1986. - 622 S. : Ill. - ISBN 3-87490-701-5.
Daß darüber hinaus die wissenschaftlichen Bestandskataloge ihren Wert behalten, braucht nicht betont zu werden. Beispielhaft sei nur der folgende aufgeführt:
Gemäldekataloge / hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. - München. - 25 cm. - Bd. 9. Venezianische Gemälde des 15. und 16. Jahrhunderts : vollständiger Katalog / bearb. von Rolf Klutzen. - Textband. - 1971. - 268 S. - Tafelband.- 1971. - [...], VI S.
In derselben Reihe erscheinen auch Kataloge anderer zu den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gehöriger Galerien, nicht nur der Alten Pinakothek. (zurück)

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