Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Germanistik im Internet


99-1/4-161
Germanistik im Internet : eine Orientierungshilfe / hrsg. von Frank Simon-Ritz. - Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1998. - 149 S. ; 24 cm. - (Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) : Beiheft ; 8). - Elektronische Version: http://www.dbi-berlin.de/dbi_pub/einzelpu/ifb-bh8/ ifb_00.htm. - ISBN 3-87068-548-4 : DM 32.00, DM 24.00 (Forts.-Pr.)
[5402]

In allen Forschungsrichtungen gewinnen neben den traditionellen gedruckten die neuen elektronischen Hilfsmittel eine wachsende Nutzungsfrequenz und Akzeptanz. Im deutschsprachigen Raum ist gerade für die teilweise immer noch mit anti-digitalen Vorbehalten behafteten geistes- bzw. kulturwissenschaftlichen Disziplinen etwa seit 1996 ein vermehrtes Angebot von "Einführungen" in das Internet als zunehmend unverzichtbares Forschungsinstrument zu registrieren. Meist enthalten diese ca. 1/3 allgemeine Grundlagen des Internet (WWW, E-Mail, Mailing-Listen), etwa 2/3 fachspezifische kommentierte Links, die allerdings oft schnell veralten, sowie ausgewählte Literaturangaben. Die "Orientierungshilfe" des Deutschen Bibliotheksinstituts schlägt einen etwas anderen Weg ein.

Eigentlich sind zwei Werke anzuzeigen: Die Printpublikation Germanistik im Internet und eine entsprechende Internetpublikation des DBI[1] Letztere sollte allerdings nicht mit dem gleichnamigen Angebot des Instituts für Germanistik der Universität Erlangen-Nürnberg[2] verwechselt werden. Jedenfalls bietet die elektronische Darstellung den großen Vorteil, daß die zahlreichen in die Fußnoten verpackten Links sofort ausprobiert werden können. Es ist dringend zu wünschen, daß auch nach einer Abwicklung des DBI diese IFB-Publikation weiter gepflegt wird.

Simon-Ritz zeigt in seiner Vorbemerkung die Zielrichtung, für die Germanistik (sowohl in sprach- und literaturwissenschaftlichen Ausprägungen) den elektronischen "Informationspool" (S. 5) vorzustellen. Bereits hier finden sich einige grundlegende Einstiegspunkte. In zehn kurzen Aufsätzen werden deutschsprachige Schriftsteller (U. Steierwald) mit ihren Texten, die im Internet zu finden sind (M. Koltes), germanistische Forschungseinrichtungen (A. Bonte), Bibliographien (F. Simon-Ritz) und elektronische Zeitschriften (U. Goerdten) sowie die neuen Kommunikationsformen wie z.B. Mailing-Listen (F. Jannidis) vorgestellt. Exemplarisch für die neuen Arbeitstechniken sind Themen wie Bibliophilie (nochmals U. Goerdten) sowie Stoff- und Motivforschung (W. Bies) behandelt. Zwischen den Aufsätzen gibt es einige inhaltliche Überschneidungen, die aber nicht weiter störend wirken.

Die Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften (ALG) hat seit der Studie von U. Steierwald (August 1998) einen enormen Zuwachs der Internetpräsenz aufzuweisen. Waren damals nur 13 von 119 im WWW vertreten, so könnte man (je nachdem welche Liste herangezogen wird) kaum ein Jahr später inzwischen 87 von 134 zu dieser fortschrittlichen Gruppe zählen. Steierwald plädiert entschieden für eine institutionelle Zusammenarbeit und für eine bessere Koordination des wissenschaftlichen Internetangebots. Diesen Wunsch kann man eigentlich nur unterstützen, doch die entscheidende Frage, wer oder welche Instanz - gegen den immanenten anarchischen Charakter des Internet - eine solche Zentralisierung leisten sollte und könnte, bleibt offen. A. Bonte führt Literaturarchive, -bibliotheken und -museen,

Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, literarische Gesellschaften und Vereine auf. Neben bereits existierenden ("traditionellen, eher statischen") literarischen Werken, die in das neue Medium transponiert wurden, entwickelt sich gegenwärtig eine ("dynamische") Textform, die sog. "Netzliteratur", welche gezielt für das Internet konzipiert ist und teilweise nur innerhalb dieses Mediums adäquat vermittelt werden kann. Die vereinfachten Möglichkeiten des Publizierens werden teils als "Befreiung vom Verleger" empfunden. Als Folge des Verzicht auf Auswahlfilter und Lektorat werden jedoch exhibitionistische Tendenzen gefördert, so daß häufig die Frage nach dem "Niveau" (S. 137) der Texte gestellt werden muß. Ästhetische Kategorien sollten hier besser (noch) nicht angelegt werden. S. Ortmann meint zu Recht, daß bei den "kollaborative[n] Schreibprojekten" (S. 144) der "Reiz wohl eher im Mitschreiben als im Lesen" (ebd.) liege.

A. Ng als Betreuer der wichtigen, deutschsprachigen Internet Resources for Germanists[3] beschreibt das Internet als ein "der globalen Marktwirtschaft gerecht werdendes Kommunikationsmedium" (S. 107). Er entwickelt Beurteilungskriterien für Websites und legt Unterschiede der Internet-Nutzung zwischenden USA und Deutschland dar. Für wissenschaftlichen Gebrauch plädiert Ng für "Angebote [...], die High-Tech und Graphik vermeiden, Fachsprache erklären und FAQ [Frequently Asked Questions] aufbauen."

Innerhalb des vorliegenden Buchs zeigt sich, daß es für die Internetadressen (URL) immer noch keine einheitlichen Zitierstandards gibt. Ausgerechnet der Herausgeber hat die Datierung des letzten Aufrufs seiner Internet-Quellen vergessen. Immerhin werden sonst neben einem "Titel" der jeweiligen Seite die - wie Stichproben zeigen - meist aktuellen URLs und das Datum des Aufrufs gezeigt. Ob sich dem Leser jetzt (noch) dieselbe Erscheinungsform zeigt wie dem Autor der Aufsätze (im August 1998) kann nicht mehr verifiziert werden. Häufig genannt werden OLLi (Olivers Links zur Literatur), das umfassende bereits erwähnte WWW-Angebot Germanistik im Internet der Universität Erlangen, die Zeitschrift Computerphilologie und nicht zuletzt die bereist genannten Internet Resources for Germanists (University of Wisconsin).

Das Buch und noch mehr dessen Internetversion sind sowohl für Bibliotheken als auch für Dozenten der Literaturwissenschaft, der Philologie und der Mediävistik sowie für die Studenten derselben gut geeignet. Evtl. hätte der Herausgeber die systematisch wie editionstechnisch weiter fortgeschrittene philosophische Forschung[4] stärker einbeziehen oder die Düsseldorfer Virtuelle Bibliothek[5] können.

Bernhard Ebneth


[1]
http://www.dbi-berlin.de/dbi_pub/einzelpu/ifbbh8/ifb_00.htm (Letzter Aufruf jeweils 26.10.1999). (zurück)
[2]
http://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/ressourc/liste.html (zurück)
[3]
http://polyglot.lss.wisc.edu/german/links.html (zurück)
[4]
Z.B. http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/agphe/punkt3.html (zurück)
[5]
http://www.rz.uniduesseldorf.de/WWW/ulb/ger.html (zurück)

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