Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Internet für Philologen


99-1/4-150
Internet für Philologen : eine Einführung in das Netz der Netze / von Oliver Gschwender. Unter Mitarb. von Arno Müller. - Berlin : Erich Schmidt, 1999. - 125 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 3-503-04915-0 : DM 24.80
[5549]

Nicht nur der Primus-Verlag (s.u. IFB 99-1/4-160) ist auf dem Markt der Internet-Einführungen für Geisteswissenschaftler präsent, auch der traditionsreiche Erich-Schmidt-Verlag hat jetzt ein Bändchen mit dem Titel Internet für Philologen vorgelegt. In Berlin wie in Darmstadt hält man die Vertreter der geisteswissenschaftlichen Disziplinen - und offensichtlich nicht nur die Lehrenden, sondern auch die Studierenden - in technischer Hinsicht nach wie vor für Hinterwäldler. Oliver Gschwender, der Autor des Schmidt-Verlags, sieht bei den Geisteswissenschaftlern nach wie vor eine "gewisse Reserviertheit gegenüber Computern und allem, was damit zu tun hat" (S. 7) als vorherrschend an. Diese Grundeinschätzung mag dazu beigetragen haben, daß auch diese Internet-Einführung den Lesern zu viel an allgemeiner Information und zu wenig an wirklich fachspezifischer Orientierung bietet. Gschwender macht sich an seine Aufgabe mit didaktischer Inbrunst heran und zerlegt das Wissenswerte in appetitliche Häppchen. "Was ist ein Login?" "Wie empfange ich eine E-Mail?" So und so ähnlich lauten die Fragen, die er beantworten zu müssen glaubt. Am Schluß jedes der drei Einführungskapitel (S. 11 - 39) stehen zudem Übungsaufgaben, mit deren Lösung die Adepten unter Beweis stellen, daß sie des Stoffes mächtig sind. Es liegt auf der Hand, daß dieser erste Teil des Buches für Rechtsanwälte oder Krankenschwestern genauso Gültigkeit besitzt wie für Philologen.

Dem Einführungsteil steht bei Gschwender auf mageren 17 S. eine Link-Sammlung gegenüber, die allenfalls das Nötigste abdeckt. In acht Rubriken stellt der Autor ca. 120 Internet-Adressen vor, von denen wiederum nur ein Teil sich speziell auf die im Titel des Buches angesprochenen Fachinteressen bezieht.[1] Die Seite mit Bibliotheken erscheint halbwegs plausibel. Ziemlich konfus wirkt hingegen die Rubrik Datenbanken. Hier finden sich Linksammlungen genauso wie Volltextangebote, weit ausgreifende Digitalisierungsinitiativen wie das Projekt "American Memory" neben einer Liste von Schülerreferaten (!). Ebenso bunt gemischt und unterschiedlich in der Representativität ist die Liste mit Institutionen und Gesellschaften. Von den wichtigen germanistischen "Linksammlungen" sind immerhin die Erlanger Liste, die Liste von Alan Ng in Madison sowie die von Rudolf Nink in Mannheim betreute Liste aufgeführt. Die übrigen Rubriken verlieren sich schon wieder im Allgemeinen (Medien, Nachschlagewerke und Lexika, Sozial- und Geisteswissenschaften, Sonstige). Die ernüchternde Bilanz dieses ohnehin knappen Teils lautet: Über wirklich fachspezifische Fragen erfährt man im Grunde nichts; das Buch wendet sich nicht nur im Hinblick auf das Internet, sondern auch bei den Philologen an die Anfänger. Wer ernsthaft etwas über die Präsenz seines Faches - und da macht es schon ein großen Unterschied, ob man Anglist, Hispanist oder Germanist ist - im Internet erfahren will, sollte sich einen anderen Lotsen suchen.

Die folgenden S. 59 - 118 sind wiederum eher allgemein gehaltenen Aussagen zum Umgang mit dem Internet vorbehalten. Insgesamt ist das Mißverhältnis also eklatant: Auf ca. 100 S. finden sich allgemeine Ausführungen zu allem Wissenswerten rund um's Internet - und lediglich knapp 20 Seiten sind dem Versuch gewidmet, die Erwartungen einzulösen, die der Titel weckt. Das konnte nur daneben gehen.

Frank Simon-Ritz


[1]
Eigenwillig ist, daß der Autor selbst an dieser Stelle keine weitere fachliche Untergliederung vornimmt. Die Begründung, die er hierfür gibt - daß nämlich "eine Recherche in Bibliotheken oder die Verwendung einzelner Nachschlagewerke für alle geisteswissenschaftlichen Fachrichtungen von Interesse ist" (S. 41) - erscheint eher abwegig. Die gängige Praxis zeigt, daß sich interessante Link-Listen in der Regel auf ein relativ schmales Spektrum begrenzen. Hier kann man so in die Tiefe gehen, daß man Links zu einzelnen Biographien, Bibliographien oder Volltexten herstellt und sich nicht mit pauschalen Hinweisen begnügen muß, wie dies auch das Buch von Gschwender tut. (zurück)

Zurück an den Bildanfang