Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Lexikon der antiken christlichen Literatur


99-1/4-143
Lexikon der antiken christlichen Literatur / hrsg. von Siegmar Döpp und Wilhelm Geerlings. Unter Mitarb. von Peter Bruns ... - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder, 1998. - XVI, 652 S. ; 25 cm. - ISBN 3-451-23786-5 : DM 128.00, DM 98.00 (Subskr.-Pr. bis 31.03.1999)
[5178]

Das Lexikon der antiken christlichen Literatur (auf dem Schutzumschlag vorgeschlagene Abkürzung: LACL) versteht sich nach den Worten der Herausgeber als Nachfolger des bislang maßgeblichen Lehrbuchs der Patrologie, des Altaner.[1] Im Gegensatz zu seinem Vorbild präsentiert das LACL seine Informationen nicht in einer historisch-genetischen Darstellung, sondern in rein lexikalischer Form. Das Nachschlagewerk besteht zum ganz überwiegenden Teil aus alphabetisch geordneten Artikeln zu einzelnen Autoren oder anonym überlieferten Werken, wie z.B. den Apokryphen und den Schriften aus der bedeutenden gnostischen Bibliothek von Nag Hammadi (Ägypten). Die traditionellen zeitlichen Obergrenzen der Kirchenväterzeit wurden beibehalten; sie endet im lateinischen Westen mit Isidor von Sevilla (Å 636), im griechischen Osten mit Johannes von Damaskus (Å um 750, nicht - wie im Vorwort angegeben - im Jahr 787, als das Nizänum II den zuvor von den Ikonoklasten verurteilten Theologen rehabilitierte). Die Herausgeber haben dabei die lückenlose Berücksichtigung aller christlichen Schriftsteller, auch in den orientalischen Sprachen, angestrebt und offenbar auch erreicht. Besonders erfreulich ist es, daß auch Dichter, Historiker und andere Autoren, die nicht als Theologen im engeren Sinn gelten können, angemessen berücksichtigt werden. Außerdem gehen einige Überblicksartikel auf wichtige Gattungen der christlichen Literatur ein (z.B. Brief, Cento, Kirchengeschichte, Kommentar; leider fehlt ein Artikel zur Hagiographie); auch Sachthemen (z.B. Liturgie, Schule, Sprachen) werden in kleinerem Umfang berücksichtigt.

Die Herausgeber, der Göttinger Professor für Klassische Philologie Siegmar Döpp und der Bochumer Professor für Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Christliche Archäologie Wilhelm Geerlings, weisen im Vorwort zu Recht darauf hin, daß angesichts der "heutigen wissenschaftlichen Situation (...) kein einzelner Forscher mehr die gesamte christliche Literatur überblicken" könne. Dementsprechend haben weit über 100 Beiträger aus dem gesamten deutschen Sprachraum namentlich gezeichnete Artikel für das LACL beigesteuert. Trotz dieser hohen Zahl von Mitwirkenden ist ein in sich geschlossenes und einheitliches, dazu gut lesbares Nachschlagewerk auf durchweg hohem Niveau entstanden. Die Artikel zu den einzelnen Autoren bieten knappe biographische Angaben, erfassen möglichst vollständig die echten, gegebenenfalls auch die zugeschriebenen Werke, die prägnant charakterisiert werden, und gehen bei den bedeutenderen Kirchenvätern auf "inhaltliche Grundlinien" ein. In den meisten Fällen wurde bewußt darauf verzichtet, "theologische Lehrinhalte anzuführen" oder auf "die Bedeutung eines Autors für die spätere Dogmatik" einzugehen (S. VIII). Die Lemmatisierung erfolgt - anders als im derzeit in 3. Aufl. im selben Verlag erscheinenden Lexikon für Theologie und Kirche[2] - unter Verwendung der im Deutschen üblichen Namensformen (z.B. Gregor der Wundertäter statt Gregorios Thaumaturgos, Laktanz statt Lactantius, Nectarius statt Nektarios). Ein Vergleich mit Artikeln im LThK fällt für das LACL günstig aus; die behandelten Autoren und Werke werden im LACL fast immer ausführlicher dargestellt und vor allem werden wesentlich umfangreichere bibliographische Informationen vermittelt. Erfreulicherweise wurden die Artikel in beiden Nachschlagewerken nicht von denselben Autoren verfaßt, so daß Wiederholungen ausbleiben.

Die Quellen- und Literaturangaben im Anschluß an jeden Artikel sind von größtem Nutzen. Unter der Sigle W finden sich Informationen über die maßgeblichen Editionen, sofern vorhanden auch über moderne Kommentare und Übersetzungen. Aus Platzgründen wird stark verkürzt, aber eindeutig und durchschaubar zitiert. Die alphabetisch, nicht chronologisch geordneten Angaben zur Sekundärliteratur unter der Sigle L sind nicht zu knapp gehalten und erfassen sowohl maßgebliche ältere Forschungen als auch aktuelle Spezialuntersuchungen. Die für die Literaturangaben verwendeten Abkürzungen sind leider nicht in diesem Band aufgelöst; stattdessen wird auf das umfassende Verzeichnis von Siegfried Schwertner verwiesen.[3] Im Register erscheinen die lemmatisierten Autoren und Werke, die etwa die Hälfte aller Einträge ausmachen, in Fettdruck. Es wäre hilfreich gewesen, die Titel der unter dem Stichwort Gedichte, Anonyme besprochenen kleineren Werke ebenfalls ins Register aufzunehmen.

Das Lexikon der antiken christlichen Literatur stellt eine umfassende und hochaktuelle Informationsquelle dar. Allerdings kann es ein Werk wie den Altaner nicht vollständig ersetzen, da Theologen, Historiker und Literaturwissenschaftler, die keine Spezialkenntnisse in der Patrologie besitzen, darauf angewiesen sind, einen Autor mit Hilfe einer historisch-genetischen Darstellung in sein Umfeld einordnen zu können. Für die wichtigsten Autoren leistet dies Hubertus R. Drobner mit seinem oben erwähnten Lehrbuch der Patrologie, das jedoch aufgrund seiner Konzeption als Studienbuch, das Grundwissen vermitteln soll, Vollständigkeit nicht anstreben und den Altaner damit auch nicht ersetzen konnte.[4] Nimmt man beide Werke zusammen, bietet sich ihren Benutzern jedoch eine erste Orientierungshilfe, die kaum Wünsche offen läßt.

Christian Heitzmann


[1]
Als letzte durchgesehene und erweiterte, 7. Aufl. liegt vor:
Patrologie : Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter / Berthold Altaner ; Alfred Stuiber. - Freiburg i. Br. [u.a.] : Herder, 1978. - XXIII, 672 S. - ISBN 3-451-13580-9. - Dabei handelt es sich im Darstellungsteil um den unverändert übernommenen Text der 7. Aufl. (1966), die um einen umfangreichen bibliographischen Anhang (S. 535 - 662) erweitert wurde. Ein unveränderter Nachdruck erschien zuletzt 1993: ISBN 3-451-23273-1. (zurück)
[2]
Vgl. IFB 94-3/4-421. (zurück)
[3]
Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete : IATG2 ; Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben = International glossary of abbreviations for theology and related subjects / Siegfried M. Schwertner. - 2., überarb. und erw. Aufl. - Berlin [u.a.] : de Gruyter, 1992. - XLI, 488 S. ; 25 cm. - ISBN 3-11-011117-9 : DM 158.00 [1438]. - Rez.: ABUN in ZfBB 40 (1993),3, S. 279 - 285.
Es hätte den Band gewiß nicht zu sehr belastet, seine Benutzung jedoch wesentlich erleichtert, wenn man ihm ein Abkürzungsverzeichnis von etwa 15 Seiten Umfang beigegeben hätte, wie es sich in einem Werk des gleichen Verlags findet: Lehrbuch der Patrologie / Hubertus R. Drobner. - Freiburg [u.a.] : Herder, 1994. - XLIV, 452 S. - ISBN 3-451-23498-X (kart.), 3-451-23499-8 (geb.). (zurück)
[4]
Vgl. die Besprechung von Gert Haendler in: Theologische Literatur-Zeitung. - 120 (1995),9, Sp. 807 - 808. (zurück)

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