Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Wolfenbütteler Bibliographie zur Geschichte des Buchwesens


99-1/4-090
Wolfenbütteler Bibliographie zur Geschichte des Buchwesens im deutschen Sprachgebiet 1840 - 1980 : (WBB) / bearb. von Erdmann Weyrauch unter Mitarb. von Cornelia Fricke. Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. - München [u.a.] : Saur. - 30 cm. - Ab Bd. 5 unter Mitarb. von Ulrich Lauszus. - ISBN 3-598-30323-8
[1060] [5300]
Bd. 7. Der Leser : 94237 - 102470. - 1998. - XVII, 353 S. - ISBN 3-598-30393-9 : DM 316.00
Bd. 8. Supplement : 102471 - 116821. - 1998. - XIX, 489 S. - ISBN 3-598-30394-7 : DM 316.00
Bd. 9. Register der Verfasser und anonymen Titel : A - K. - 1999. - V, 437 S. - ISBN 3-598-30395-5 : DM 316.00
Bd. 10. Register der Verfasser und anonymen Titel : L - Z. - 1999. - V, 404 S. - ISBN 3-598-30396-3 : DM 316.00
Bd. 11. Register der Länder und Orte. - 1999. - V, 431 S. - ISBN 3-598-30407-2 : DM 316.00
Bd. 12. Register der Personen ; Register der Firmen, Gesellschaften, Vereine und Institutionen ; Gesamtinhaltsverzeichnis [(alphabetisch & systematisch)]. - 1999. - VII, 574 S. - ISBN 3-598-30408-0 : DM 316.00

Nach den 1996 innerhalb nur eines Jahres erschienenen Bd. 5 und 6, die in IFB 96-4-413 besprochen wurden, trat erst wieder einmal eine längere Pause ein, bis im Oktober 1998 fast gleichzeitig die Bd. 7 und 8 herauskamen. Bd. 7 enthält die Literatur zur Gruppe 6 Der Leser mit 8244 Eintragungen (einschließlich Mehrfacheintragungen für ein und denselben Titel). Die Untergliederung auf der zweiten Stufe ist die folgende: 1. Lese(r)forschung und -förderung; 2. Geschichte des Lesens und der Leser; 3. Buchkritik und Rezeptionsgeschichte; 4. Büchersammeln, Bibliophilie; 5. Geschichte der Privatbibliotheken; 6. Buchbesitzzeichen. Bd. 8 enthält 14.351 Nachträge (wiederum einschließlich Mehrfacheintragungen) zu allen Bänden (auch zum gleichzeitig erschienenen Bd. 7) in derselben systematischen Gliederung; die Nachträge stammen nicht etwa nur aus neueren Jahren, sondern aus der gesamten Berichtszeit 1840 - 1980, was ein weiterer Beleg dafür ist, daß parallel zur Publikation der Bibliographie die Titelermittlung fortgesetzt wurde.

Während Bd. 8 ohne Vorbemerkung und sogar ohne Widmung auskommen muß (der Rezensent hätte - da er vom Bearbeiter inzwischen freundlicherweise aufgeklärt wurde - wenigstens ein "o.W.", soll heißen: "ohne Widmung" erwartet), enthält Bd. 7 beides. Aus der Vorbemerkung (S. IX - X, aus der alle folgenden Zitate stammen), die sich wie ihre Vorgängerinnen im Unpräzisen bewegt, ist folgendes zitierenswert: "Es charakterisiert auch die vorliegenden Bände, daß die bibliographische Berichterstattung weder vollständig ist, noch Vollständigkeit intendiert. Es fehlen Titel! [Na so was! Keiner hätte es gedacht.] Wohl weil sich der Bearbeiter als kurzsichtig erwies, weil bibliographische Ermittlungen aus Zeitgründen abzubrechen waren, weil auch einmal ein Karteikasten eines Interimskataloges zu Fall kam." Man kann in Anbetracht dessen die "durchaus unkokette Wiederholung, daß [es sich bei der WBB um] eine - umfassende Auswahl aus der Gesamtheit der ... Literatur" handelt, nachsichtig gestimmt akzeptieren, wenn man unter Auswahl eben nicht eine bewußte formal oder inhaltlich definierte versteht, sondern eine auf weite Strecken durch die vorstehend genannten Faktoren bestimmte eher zufällige.

Das kann man auch an dem im Anhang von Bd. 7 abgedruckten Verzeichnis der ausgewerteten und benutzten Zeitschriften und Periodika ablesen, die, wie es in einer Notiz heißt, "ganz oder teilweise ausgewertet bzw. in einzelnen Fällen benutzt worden sind," was immer man unter letzterem verstehen mag. Natürlich (möchte man sagen) sind nur die baren Titel aufgeführt, nicht aber die ausgewerteten Jahrgänge mit einer Markierung, welche "ganz oder teilweise ausgewertet" wurden. Sieht man die Titel durch, versteht man auch, warum dies so ist, denn Zeitschriften wie die folgenden, willkürlich aufgespießten, dürften allenfalls ausnahmsweise etwas Einschlägiges veröffentlicht haben: AFZ-Fischwaid: allgemeine Fischerei-Zeitung, Glaube und Gewissen, Glaube und Heimat, Glaube und Himmel, Glaubensbote (bekanntlich kann der Glaube ja Berge versetzen, ob bibliographische Gebirge, ist fraglich). Wäre es da nicht sinnvoller gewesen, die Kernzeitschriften komplett auszuwerten?

Mit Bd. 8 ist die eigentliche Bibliographie mit all ihren Lücken abgeschlossen. Die insgesamt 116.821 Eintragungen entsprechen wegen der Mehrfacheintragungen nicht ebensovielen Titeln. Wieviele es wirklich sind, weiß vermutlich auch der Bearbeiter nicht genau: "rund einhunderttausend Titelmeldungen" erfahren wir aus der Vorbemerkung. Ebenda werden Pläne für die Register mitgeteilt, wobei die Speicherung der Daten in einem PC "so ist zu hoffen, diese Arbeit erleichtern" wird.

Da sich der Rezensent daran gewöhnt hatte, den Ankündigungen des Bearbeiters der WBB im Hinblick auf die Zeitplanung mit Skepsis zu begegnen, hatte er damals an dieser Stelle eine Vorschau auf die erst angekündigten Register gegeben, da er mit deren baldigem Erscheinen nicht rechnete. Aber siehe da, Ende 1998 kamen vier Registerbände auf einen Schlag heraus, offensichtlich dank der "EDV-Koordination", die in den Händen des Sohnes des Bearbeiters liegt. Da "die bisherigen Bände der WBB ... ein lebhaftes, teils zustimmendes, teils heftig kritisierendes Echo ausgelöst" haben, sollte man letzteres gerechterweise auch den Registerbänden angedeihen lassen.

Erfreuliches gleich zu Anfang: Die Gefahr, daß die Register zu Datenfriedhöfen mit langen Zahlenkolonnen verkommen, wird dadurch gebannt, daß nicht nur die laufende Nummer - und dazu praktischerweise der entsprechende Band - zitiert wird, sondern auch der (Kurz-) Titel. Mehrfacheintragungen desselben Titels werden angeblich nur mit einer Stelle vermerkt, doch sind zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel nicht zu übersehen.

Bd. 9 - 10 enthalten das gemeinsame Register der Verfasser einschließlich sonstiger beteiligter Personen sowie der Titel von Sachtitelwerken. Während Eintragungen unter ersteren - selbst dann, wenn sicher ist, daß die Schriften eines Verfassers für die Berichtszeit bei weitem nicht komplett erfaßt worden sind[1] - noch einen gewissen Anwert haben, ist der Nutzen eines Registers der "anonymen Sachtitel" in einer derartigen Bibliographie mit einem sehr hohen Anteil an unselbständigen Publikationen eher zweifelhaft. Die Ordnung der Sachtitel erfolgt nicht rein mechanisch nach der gegebenen Wortfolge, sondern offensichtlich teilweise von Hand gesteuert, wie das Beispiel der Eintragungen von Titeln zeigt, die Zahlen enthalten: die zahlreichen Schriften zu 100., 125., 150. etc. Jubiläen stehen im Prinzip beisammen, unabhängig davon, ob die Zahl ausgeschrieben oder mit Ziffern wiedergegeben ist (auch Titel wie Zum 100. ... finden sich hier). Innerhalb ist die Ordnung allerdings streckenweise recht willkürlich, da die Ansetzung fürs Register offensichtlich nicht einheitlich gebildet wurde.[2] Ansonsten geht es richtig mechanisch zu, so wenn etwa der Insel-Almanach auf das Jahr ... ebensoviele Eintragungen erhält (S. 345, Sp. 3 - 4), wie er Nummern in der Bibliographie besetzt, und wenn die drei Ausgaben, die nur unter Insel-Almanach eingetragen sind, am Anfang der Folge ordnen, ist das dann nur konsequent; daß der Jg. 1964 dagegen versehentlich in Bd. 4 verzeichnet ist, während alle anderen in Bd. 8 zu finden sind, ist dem PC verständlicherweise nicht aufgefallen.

Bd. 11 enthält das Register nach Ländern und Orten. Die in den Benutzungshinweisen angekündigte Zusammenführung der verschiedenen Namensformen ist nicht durchgängig vorgenommen worden: Leningrad und St. Petersburg sind nicht einmal durch Verweisungen verknüpft. Bei mehr als 50 Eintragungen unter einem Ort sind diese durch Schlagwörter nach den sieben Hauptabschnitten der Bibliographie untergliedert; da die Ordnung innerhalb jedoch nur alphabetisch erfolgt, muß man trotzdem ggf. viele Spalten durchsehen (unter Leipzig / Verlag, Buchhandel immerhin 50). "Fremdsprachige Länder- und Ortsnamen werden i.d.R. in deutscher Schreibweise geboten"; trotzdem sollte man sicherheitshalber unter beiden nachschauen (Posen und Poznan). Ort und Region werden nach der Titelfassung getrennt angesetzt, ohne daß dies bei insgesamt wenigen Eintragungen sinnvoll ist, und Titel, in denen der zur Differenzierung herangezogene Begriff nicht vorkommt, sowieso unter dem Ort gesucht werden müssen (Osnabrück, Osnabrück <Fürstentum>, Osnabrück <Hochstift>, Osnabrück <Raum>).[3]

Bd. 12 enthält drei Register: 1. das Register der behandelten und erwähnten Personen (auch solcher, die nur in den Annotationen zu unspezifischen Titeln genannt sind). Die meisten Eintragungen entfallen auf Gutenberg mit 52 Spalten, obwohl nur die Titel berücksichtigt sind, die "außerhalb des Abschnittes ..., der sich spezifisch mit Gutenberg auseinandersetzt, erscheinen". Eintragungen unter Verlegernamen finden sich zumeist zusätzlich im 2. Register der Firmen, Gesellschaften, Vereine und Institutionen sowie Zeitungen und Zeitschriften wieder. Die Ankündigung der Benutzungshinweise "Buchhandlungen, Druckereien, Papierfirmen und Verlage sowie Zeitungen und Zeitschriften werden unter diesen Branchen- bzw. Gattungsbezeichnungen zusammengefaßt registriert" stimmt so nicht: Lediglich letztere Gattung verfügt über eine eigene alphabetische, durch Überschrift abgetrennte Abteilung am Schluß, Papierfabriken bzw. Papiermühlen stehen innerhalb des Alphabets zusammen, während Buchhandlungen, Druckereien und Verlage nur unter ihrem jeweiligen Namen erscheinen. 3. Das Alphabetische Gesamtinhaltsverzeichnis (S. 525 - 540) und das Systematische Gesamtinhaltsverzeichnis; ersteres verweist auf Band und Seite und unterscheidet sich auch dadurch vom Alphabetisierten Verzeichnis der Sachgruppen, das bereits in Bd. 7 (S. 273 - 286) abgedruckt war; dieses verweist nämlich auf die Notationen und stimmt auch in den vorkommenden Begriffen mit jenem nicht völlig überein.

"Ein zunächst vorgesehenes Schlag-/Stichwortregister muß aus Zeit- und Kapazitätsgründen entfallen" (Bd. 7, S. X), obwohl ein Sachregister - eine sorgfältige Bearbeitung vorausgesetzt - allein dazu angetan wäre, die Titelmasse der WBB sinnvoll einer punktuellen Recherche zugänglich zu machen. "An seine Stelle ist jedoch - bereits hier im Band 7 abgedruckt - ein alphabetisches Sachgruppenregister getreten, das auf den rund eintausend Gruppen und Untergruppen der sieben Hauptabschnitte aufsetzt [!] und über die inhaltliche Gliederung hinaus den sachorientierten Zugriff auf die bibliographischen Informationen differenzierter unterstützen soll."[4] Der Nutzen dieses Registers ist extrem reduziert, da es allein vom Titelanfall abhängt, was eine eigene Überschrift bekommt und was nicht: Blockbücher ja, Spielkarten nein. Und ist es sinnvoll unter Buchdruck die Epochengliederung abzudrucken? Schon gar nicht dann, wenn im Gegensatz zum Buchdruck des 16. bis 20. Jahrhunderts mit zahlreichen Untergliederungen der Buchdruck des 15. Jahrhunderts mit einer einzigen Zeile auskommen muß, da die zu erwartenden Eintragungen unter Frühdruck, Gutenberg, Inkunabeln u.a. stehen; und wenn es eine Eintragung unter Buchbinder mit Notnamen gibt, wo sind dann die Buchdrucker mit Notnamen?

Nach einer acht Jahre währenden qualvollen Geburt liegt die Bibliographie nun endlich abgeschlossen vor, und man kann sich vorstellen, daß nicht zuletzt der Verlag gelitten haben dürfte, der 1990 sicherlich nicht wußte, worauf er sich da eingelassen hat, ebensowenig wie die Subskribenten. Ob wohl die Bibliotheken, die 1990 das Gesamtwerk zum damals genannten Preis von DM 1480.00 bestellt haben, gemerkt haben, daß sich der Preis inzwischen auf DM 3792.00 fast verdreifacht hat?

Daß die WBB natürlich trotz ihrer Lückenhaftigkeit und ungenügenden sachlichen Erschließung unverzichtbar ist, braucht kaum betont zu werden, auch wenn sie wegen der nie offengelegten Auswahlkriterien einem gewaltigen Bergwerk gleicht, bei dem man nicht weiß, welche Flöze ganz und welche nur partiell abgebaut sind und welche nur mit Abraum gefüllt sind, ganz abgesehen davon, daß man in Ermangelung hinreichender Wegweiser seine eigene Grubenlampe mitbringen muß.

Klaus Schreiber


[1]
Stichproben mit Schriften der beiden letzten Direktoren der Württ. Landesbibliothek belegen die Lückenhaftigkeit: Von den sechs in die Berichtszeit der WBB fallenden Aufsätzen, die im Veröffentlichungsverzeichnis der Festschrift Bücher, Menschen und Kulturen für Hans-Peter Geh (München : Saur, 1999, S. 421 - 423) aufgeführt sind, fehlen in der WBB genau 50 %. Ein ähnlich blamables Ergebnis ergeben Vergleiche mit den Schriften von dessen Vorgänger, Wilhelm Hoffmann, wenn man allein die in der ZfBB und ihrem Vorgänger enthaltenen Beiträge in deren Gesamtregister 1948 - 1977 abgleicht. Der Rez. hat auch die vier unter seinem Namen im Verfasserregister der WBB verzeichneten Aufsätze geprüft: zwei davon betreffen den Bereich Zeitungen in Bibliotheken und stammen aus einem Sammelband von 1974; alle anderen zur selben Thematik fehlen, ebenso drei von fünf Aufsätzen, die in der Berichtszeit der WBB in der ZfBB erschienen sind. Damit ist zugleich der Beweis erbracht, daß die Bearbeiter der WBB nicht einmal die zentralen Zeitschriften systematisch ausgewertet haben. (zurück)
[2]
S. 335, Sp. 4 - S. 341, Sp. 1 mit zahllosen Inkonsequenzen in der Ordnung. Titel, die mit Einhundert ... beginnen, finden sich (teilweise oder sämtlich?) auf S. 169, Sp. 1 - 2. (zurück)
[3]
Gleichnamige Orte sind nicht konsequent durch Ordnungshilfen unterschieden: Osterode am Harz ohne Ordnungshilfe, dagegen Osterode <Ostpreußen>; letzteres ist dafür gleich doppelt eingetragen mit demselben (einzigen) Titel. (zurück)
[4]
Ein solches Satzungetüm tut hoffentlich nicht nur dem Rezensenten weh, auch wenn er dem Bearbeiter mit diesem Hinweis gerne zu Diensten ist, wofür sich letzterer sogar artig bedankt: "Mit Freude wurden auch die kritischen spots auf orthographische, stilistische und andere Auffälligkeiten der römisch gezählten Partien der Bände 1 bis 6 vermerkt. Dank der scharfsinnigen Aufmerksamkeit der Rezensenten!" (zurück)

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