Im ersten Abschnitt der Einleitung werden die verschiedenen Formen der Anthologien kurz beschrieben: von denen des 19. Jahrhunderts, welche die Lyrik als Gattung bevorzugten, über die neueren, die Original- und übersetzte Texte aus den unterschiedlichsten - einschließlich journalistischer, biographischer und philosophischer - Literaturbereichen versammeln, bis hin zu den aktuellsten, die von multimedialen Techniken (CD-ROM mit Ton bzw. Bild/Film) immer häufiger Gebrauch machen.
Zunehmend vielfältiger sind mit der Zeit nicht nur die herangezogenen "Textsorten" geworden, sondern auch die Kriterien ihrer Anordnung, die z.B. chronologisch, thematisch, zyklisch, regional usw. erfolgen kann. Wichtiger denn je seien vor allem Übersetzungsanthologien.
Der zweite Teil der Einleitung beschreibt das Ziel der vorliegenden Bibliographie, die nach Autopsie ein bestimmtes Corpus von Anthologien verzeichnet und sich besonders an "Forschende auf dem Gebiet der deutschsprachigen übersetzerischen Rezeption einzelner fremdsprachiger Literaturen und Autoren" richtet, obwohl sie auch Germanisten, Komparatisten und Kulturhistorikern nützlich sein kann. Vier Sorten von literarischen Sammelbänden - zwar ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit - werden hier berücksichtigt: a) überwiegend deutschsprachige Anthologien (die aber auch zwei- oder mehrsprachig sein können); b) Anthologien, die vor allem Versdichtungen enthalten; c) Auslesen, die mindestens drei verschiedene übersetzte Literaturen repräsentieren; d) oder solche, bei denen der Seitenumfang übersetzter Literatur mindestens 20 Prozent beträgt.
Die Anthologien (207 insgesamt, die zwischen 1732 und 1995 veröffentlicht wurden), die überwiegend aus den Beständen von Bibliotheken im deutschsprachigen Raum ausgehoben wurden, sind alphabetisch nach dem ersten Herausgeber- bzw. Übersetzernamen oder nach dem ersten Substantiv im Namen einer Institution als körperschaftlichem Verfasser geordnet. Die eigentliche Bibliographie erschließen folgende Register: 1. der Autoren, 2. der Übersetzer, 3. der Sprachen, 4. der Verlagsorte und Verlage, 5. der Schlagwörter der in den Anthologien berücksichtigten Themen.
Jede Anthologie ist jeweils mit einer dreistelligen Zahl sigliert, auf die in den Registern Bezug genommen wird; nach den bibliographischen Angaben werden in kleinerer Type die Autoren alphabetisch aufgeführt, die im Band bzw. in den Bänden mehrteiliger Anthologien vertreten sind; von den meisten von ihnen (es sind "neben zahlreichen Anonymi knapp 6.800 Dichterinnen und Dichter") erscheint nur der Familienname, bei einigen kommen die Initialen des Vornamens oder der ganze Name hinzu - aber man versteht nicht nach welchem Kriterium (beispielsweise Goethe, aber F. von Schiller, Moritz Hartmann, aber G. Hauptmann) das erfolgt. Im Autoren- bzw. Übersetzerregister sind die Namen meistens vollständig angeführt.
Bei den fremdsprachigen Schriftstellern - dem Namen und den Lebensdaten ist jeweils die Sprache hinzugefügt - werden die Übersetzer alphabetisch genannt; unter dem Namen der deutschsprachigen Autoren (etwa aus der oben genannten Rubrik d) erscheint hingegen nur die Zahl der Anthologien, in denen ihre Texte vorkommen. Dementsprechend sind unter den Namen der Übersetzer die Autoren alphabetisch verzeichnet, die von ihnen übertragen worden sind, zusammen mit der Sigle der Anthologie, welche die Übersetzung enthält.
Im Register der Sprachen werden zuerst die Siglen der entsprechenden Anthologien progressiv mitgeteilt, dann folgen die Autoren in alphabetischer Reihenfolge. Sehr umfangreich ist das Spektrum der in den Anthologien vertretenen Sprachen, aus denen übersetzt worden ist. Dabei kommt dem Französischen der erste Rang zu, während das Deutsche (aufgrund der oben genannten Rubrik b) erst den vierten Platz hinter dem Englischen und Amerikanischen und dem Italienischen für sich beanspruchen kann.
Berlin und Leipzig sind die häufigsten Erscheinungsorte der Anthologien, was bei Leipzig die historische Rolle als führender Verlagsstadt spiegelt, bei Berlin aber indirekt die Verbreitung von dieser Art von Büchern in der ehemalige DDR bezeugt. Eher dürftig mutet das Schlagwortregister am Schluß an, wo die meisten Sammelbände - ihrer überwiegenden Natur entsprechend - als "unspezifisch" klassifiziert werden. Von den 36 aufgeführten Themen weisen folgende Schwerpunkte je zwei Werke auf: Balladen, Erotik, Freigeist-Dichtung, Maria, Napoleon, Sonette, Stalin, Tiere, Trinklieder/Trinkpoesie; nur je eine Anthologie ist hingegen folgenden Themen gewidmet: Anthologien für Frauen, Esoterik, Humor, Katzen, lateinamerikanische Dichtung, Meer, Musik, Mütter, Natur und Venedig.
Trotz ihrer von den Herausgebern selbst hervorgehobenen Grenzen scheint die Bibliographie sorgfältig zusammengestellt und bietet der Übersetzungs- und Rezeptionsforschung reiches statistisches Material.
Gabriella Rovagnati