Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 3/4
[ Bestand in K10plus ]

Reclams Musikinstrumentenführer


98-3/4-283
Reclams Musikinstrumentenführer : die Instrumente und ihre Akustik / von Ermanno Briner. - 3., durchges. und verb. Aufl. - Stuttgart : Reclam, 1998. - XII, 699 S. : Ill., graph. Darst., Notenbeisp. ; 16 cm. - ISBN 3-15-010436-X : DM 54.80
[4657]

Reclams Musikinstrumentenführer stellt die heute gebräuchlichen, also keine historischen, Musikinstrumente vor und erläutert - veranschaulicht durch zahlreiche Illustrationen und unverzichtbare graphische Darstellungen - Entstehung, Bau- und Spiel- sowie akustische Funktionsweise. Dabei sind ergänzende Erläuterungen physikalischer Art, zu Sonderformen des Instruments u.ä., d.h. nicht unbedingt erforderliche Informationen, die übersprungen werden können, in kleinerer Type gesetzt. Die Verwendung von Instrumenten in Kompositionen findet in der Regel - außer bei "historisch wichtige[n] oder besonders bezeichnende[n] Stellen und Werke[n]" (S. 4) - keine Erwähnung, was dem allgemeinen Usus in Musikinstrumentenführern und -lexika entspricht.

Reclams Musikinstrumentenführer basiert auf Fernsehsendungen des Autors und erschien zuerst in italienischer Sprache.[1] Er wurde für die deutsche Ausgabe überarbeitet und erweitert, u.a. durch die Aufnahme weiterer Instrumente und die Einbeziehung von Fragen der Notierung bei transponierenden Instrumenten (S. 4).

Gewöhnungsbedürftig ist die Einteilung der Instrumente. Während Musikinstrumente in der Regel nach der Art ihres Gebrauchs[2], was auch im vorliegenden Führer sinnvoll gewesen wäre, oder nach der Art der Tonerzeugung[3] systematisiert werden, vermischt Briner beides: das Kapitel 1. Blasinstrumente beschreibt neben Blech- und Holzblasinstrumenten auch "mechanisch angeblasene Instrumente" wie Orgel, Harmonium und die Familie der Harmonikas; 2. Saiteninstrumente trennt in gezupfte (hier: Cembalo), angeschlagene und gestrichene Saiteninstrumente; 3. am ehesten trifft das Kapitel Schlaginstrumente die Art des Gebrauchs; 4. unter Miscellanea sind Effektgeräte, Friktionsinstrumente (zu denen die gestrichene Nagelgeige und verschiedene Trommeln zählen) und elektrische Klangerzeuger (nur Tasteninstrumente, auf die E-Gitarre[4] wird - wohlgemerkt in kleiner Schrifttype - beim Artikel über die Gitarre hingewiesen) zusammengefaßt, was allenfalls der geringe Seitenumfang (insgesamt 11 Seiten), keinesfalls eine Relation dieser Instrumentengruppen untereinander rechtfertigt. Weitere Kapitel sind 5. Das Orchester (Besetzung, Sitzordnung, Dirigent, Stimmton), 6. Strukturen des Tonraums (Intervalle, Tonsysteme), 7. Das Gehör. Erschlossen wird der Führer durch ein Namenregister und ein Sachregister, das "Teilbegriffe und Instrumentenvarianten unter zusammenfassenden Oberbegriffen verzeichnet" (S. 686) und Hauptstellen durch Kursivdruck kennzeichnet.

Von der verbesserungsfähigen Systematik der Instrumente abgesehen, kann Reclams Musikinstrumentenführer jedem empfohlen werden, der sich intensiver, als dies in einschlägigen Lexika[5] möglich ist, über Musikinstrumente informieren will. Er sollte deshalb in Bibliotheken nicht fehlen.

Martina Rommel


[1]
Le sorgenti del suono / Ermanno Briner-Aimo. Disegni di Gianluca Poletti. - Locarno : Pedrazzini, Edizioni della Svizzera Italiana. - (Il Pardo rosso ; ...). - ISBN 88-7404-001-6. - 1. Strumenti a fiato. - 1983. - 126 S. - (... ; 1). - 2. Strumenti a corde. - 1983. - 118 S. - (... ; 2). - 3. Strumenti a percussione. - 1983. - 136 S. - (... ; 3). (zurück)
[2]
Vgl. dazu z.B. die Einteilung in Streich-, Zupf-, Holzblas-, Blechblas-, Schlag-, Tasteninstrumente und Menschliche Stimme und Chor in: Musikinstrumente : moderne Instrumente, historische Instrumente, Klangakustik / Michael Dickreiter. - 4. Aufl. - Kassel [u.a.] : Bärenreiter, 1994. - 210 S. : Ill., graph. Darst., Notenbeisp. - ISBN 3-7618-1189-6 : DM 19.80. (zurück)
[3]
Diese Art der Systematisierung wurde von Erich Moritz von Hornbostel und Curt Sachs begründet und kennt folgende Einteilung: Idiophone (Schlag-, Zupf-, Streich-, Blas-Idiophone), Membranophone (Schlagtrommeln, Reibtrommeln, Mirlitons), Chordophone (Einfache Chordophone, Zithern), Zusammengesetzte Chordophone), A‰rophone (Trompeteninstrumente, Rohrblattinstrumente, Die Orgel mit ihren Verwandten) in: Handbuch der Musikinstrumentenkunde / Curt Sachs. - 5. reprografischer Nachdr. der 2. Aufl. Leipzig 1930. - Wiesbaden : Breitkopf & Härtel, 1990. - XI, 419 S. : Ill., graph. Darst., Notenbeisp. - (Kleine Handbücher der Musikgeschichte nach Gattungen ; 12). - ISBN 3-7651-0051-X. (zurück)
[4]
Es handelt sich um eine sehr subjektive, für den Musikinstrumentenführer sonst atypische Darstellung: "Die Elektrogitarre beherrscht heute das ganze Feld der Unterhaltungsmusik. Sie wird in Phantasieformen aus Holz (selten), Plastik oder Metall angeboten, da die Gestalt klanglich völlig unwichtig geworden ist, weil die elektrische Verstärkung für die beliebte Verzerrung und für den bevorzugt erwünschten ohrenbetäubenden, gesundheitsschädlichen Lärm sorgt." Der E-Baß findet lediglich insofern Erwähnung, als bei der E-Gitarre darauf hingewiesen wird, daß "unterschiedliche Bezüge (und Spannungen) verschiedene Tonlagen [ergeben], bis zum Baßregister, so daß der biedere, asketische Saitenkontrabaß in dieser Sparte kaum noch gespielt wird" (S. 271). (zurück)
[5]
Vgl. IFB 93-2/3-324 - 325. (zurück)

Zurück an den Bildanfang