Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 3/4
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Manual de literatura hispanoamericana


98-3/4-250
Manual de literatura hispanoamericana / Felipe B. Pedraza Jiménez (coordinador). - Berriozar : Cénlit Ediciones. - 20 cm. - ISBN 84-85511-26-3 (obra completa)
[5056]
1. Época virreinal / Gala Blasco ... - 1991. - 858 S. - ISBN 84-85511-25-5
2. Siglo XIX / Eugenio Alonso Martín ... - 1991. - 823 S. - ISBN 84-85511-24-7

Diese hispanoamerikanische Literaturgeschichte in Ergänzung zu dem im selben Verlag erschienenen Manual de literatura espa¤ola[1] von Milagros Rodríguez Cáceres und Felipe B. Pedraza Jiménez war ursprünglich auf sechs Bände angelegt;[2] erschienen sind 1991, pünktlich zur "500-Jahrfeier der Entdeckung Lateinamerikas", nur Bd. 1 über die Kolonialzeit und Bd. 2 über das 19. Jahrhundert. Das Kollektivwerk ist in seiner Anlage traditionell, ausgerichtet am Autorenkanon für die Zielgruppe spanischer Studierender der (lateinamerikanischen) Literaturwissenschaft, aufgrund der umfangreichen Darstellung von Faktenwissen aber auch für eine am Thema interessierte allgemeine Leserschaft geeignet, wobei einschränkend bemerkt werden muß, daß die Verfasser überwiegend unreflektiert aus der Perspektive der Eroberer beschreiben und analysieren.

Periodisierung und inhaltliche Gewichtung

Zwar wertet der Herausgeber in einleitenden Kapiteln die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Gliederungsansätze bereits erschienener Literaturgeschichten, um sich dann für eine Unterteilung nach Epoche und Genre zu entscheiden. "En la literatura colonial se hace fácil identificar tres periodos culturales distintos - Renacimiento, Barroco y Neoclasicismo - con otros tantos siglos: XVI, XVII y XVIII" (S. 21). Er begrenzt die Kolonialliteratur auf die Zeit vom XV. bis zum ersten Jahrzehnt des XIX. Jahrhunderts. Eurozentristische Epochendefinitionen (El Renacimiento, El Manierismo, El Barroco, El Neoclasicismo), die bereits Gliederungskriterium des Manual de literatura espa¤ola waren, werden unkritisch übernommen. Sieben Hauptabschnitte (Época vireinal. La literatura hispanoamericana en su contexto; La prosa del siglo XVI; Poesía lírica y épica del siglo XVI; Poesía lírica y épica del siglo XVII; La prosa barroca; El teatro en los siglos XVI y XVII; Literatura del siglo XVIII) folgen einer chronologischen und gattungsspezifischen Logik. Nach den einleitenden Kapiteln erfolgt eine weitere Einteilung nach Verfassern, die sich jeweils in Biographie und Werkanalysen unterteilt. Eine traditionelle Gliederung dient zweifellos der Übersichtlichkeit und erleichtert Studierenden die Orientierung, vergröbert im Einzelfall jedoch interkulturelle und intertextuelle Beziehungen. Nicht genügend erläutert wurde das grundlegende Problem eines über die nationalen Grenzen der 20 Länder hinausweisenden Literaturhandbuches, das die Kulturen unterschiedlicher Sprachen zu berücksichtigen hat.

Band eins beginnt mit dem Jahr der Entdeckung. Deutungen erfolgen aus der Perspektive der normengebenden Kolonisatoren, verwendet werden europäische Bewertungsmaßstäbe. In einem einleitenden Kapitel wird jeweils das soziokulturelle Umfeld beschrieben. Auch hier zeigt sich wieder die Orientierung an der spanischen Leserzielgruppe. Kontrastiv zu Entwicklungen in Spanien werden sprachliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit den ehemaligen Kolonien herausgestellt (z.B. El andalucismo del espa¤ol de América, S. 53).

Während in der von Pizarro besorgten lateinamerikanischen Literaturgeschichte in dem Beitrag über O barroco na América: As formas discursivas do poder (S. 209) auf die Marginalisierung der Indiokultur hingewiesen wird, folgt das entsprechende Kapitel La Prosa Barroca (S. 451) einem positivistischen Ansatz. Im Unterschied zur Cambridge history of Latin American literature[3] stellt das Manual de literatura hispanoamericana im Unterkapitel über das in Quechua verfaßte Drama Ollantay (S. 796) keine Bezüge zum 18. Jahrhundert her. Weiterführende Literatur sucht man vergebens, die Inhaltsangabe ähnelt im Niveau den Eintragungen eines Schauspielführers. Die Erforschung des Diskurses schreibender Frauen im soziokulturellen Umfeld Hispanoamerikas wird nicht als zum Lehrkanon der Literaturwissenschaft gehörig angesehen, lediglich im Unterkapitel Problemas de una monja intelectual (S. 359) über Sor Juana Inés de la Cruz wird die Thematik gestreift. Außer Sor Juana finden nur zwei Dichterinnen, Leonor de Ovando und Elvira de Mendoza, sowie die Spanierin Catalina de Erauso, die als lateinamerikanische "Jeanne d'Arc" in Männerkleidung an den Befreiungskämpfen in Lima und Mexico teilnahm, mit ihren literarischen Zeugnissen Beachtung.

Auch in Band zwei über das 19. Jahrhundert mit seinen Emanzipationsbewegungen überwiegt die Orientierung an spanischen Begriffen und literarischen Strömungen. La lírica romántica wird nach geographischen Aspekten weiter untergliedert, La lírica en Cuba, (S. 130), Venezuela (S. 137), Argentina (S. 110), en Per£ (S. 146), obwohl gerade zur Zeit der Unabhängigkeitsbestrebungen der literarische Diskurs trotz nationaler Inhalte über die Landesgrenzen hinaus rezipiert wurde. Dem Modernismo sollte der dritte Band gewidmet werden, Zeugnisse dieser literarischen Bewegung werden daher in Band zwei nur gestreift.

Von dem venezolanischen Universalgelehrten Andrés Bello (1781 - 1865), einem Freund und Übersetzer A. von Humboldts, der, von der europäischen Aufklärung inspiriert, politische Ideen wie die Einheit Amerikas propagierte, wird für seine "aportación hispanoamericana a los estudios filólogos durante el siglo XIX" (S. 684) gerühmt. Seine Gramática de la lengua castellana al uso de los americanos (1847) wird als richtungsweisend für spätere spanische Grammatiken wie die der Real Academia gewertet. Ihre Bedeutung als erster Versuch, die sprachliche Realität Südamerikas von derjenigen Spaniens dezidiert abzusetzen, wird hier verkannt. Ein ausführliches Kapitel beschäftigt sich mit Martín Fierro von José Hernández (S. 393 - 410), das Jahr der Erstveröffentlichung (1872) bleibt ungenannt, als früheste Ausgabe erwähnt die Bibliografía Citada die Ausgabe von 1884.

Bibliographische Hinweise und Register

Jeder Beitrag schließt mit einer Bibliographie zitierter Quellen im Umfang von 6 bis 10 S. ab. Am Ende eines jeden Bandes befindet sich ein Register der Autorennamen und anonymen Werke. Bibliographische Angaben einzelner Werke müssen aus dem Textzusammenhang erschlossen werden, ein entsprechendes Register fehlt. Von La vida de El Chacho, nicht del Chacho (S. 392), gibt es eine frühere als die genannte Ausgabe von 1863.

Regine Schmolling


[1]
Manual de literatura espa¤ola / Felipe B. Pedraza Jiménez ; Milagros Rodríguez Cáceres. - Tafalla (Navarra) : Cénlit Ediciones. - ISBN 84-85511-04-2 (obra completa). - Erschienen sind bisher die Bd. 1 (1981) bis 11 (1993) sowie 14 (1995). (zurück)
[2]
Plan de la obra: 3. Modernismo. - 4. La época de las vanguardias. - 5. La época contemporánea: introducción, poesía, teatro. - 6. La época contemporánea: prosa. (zurück)
[3]
IFB 97-3/4-342. (zurück)

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