Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 3/4
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]

Verzeichnis der Veröffentlichungen


98-3/4-218
Verzeichnis der Veröffentlichungen / Carl Heymanns Verlag KG. - Köln [u.a.] : Heymann. - 22 cm
[4716]
1945/96 (1997). - VIII, 1444 S. - ISBN 3-452-23805-9 : kostenlos
98-3/4-219
Verzeichnis der Veröffentlichungen [Computerdatei] / Carl Heymanns Verlag KG. - Köln [u.a.] : Heymann
[4717]
1945/96 (1997). - 1 CD-ROM. - Kostenlose Beil. zum gedruckten Verzeichnis

Verlagsbibliographien werden oftmals anläßlich runder Firmenjubiläen vorgelegt, und häufig bilden sie einen dokumentarischen Anhang zu einer mehr oder minder umfangreichen Verlagsgeschichte. Ein herausragendes Beispiel für diese Kombination gründlicher historiographischer, bibliographischer und zugleich werbewirksamer Aufarbeitung des Werdegangs eines erfolgreichen Unternehmens stellt die Dokumentation des Springer-Verlags dar.[1] Diese Publikationen aus Anlaß der 150. Wiederkehr des Gründungstages, die in den Jahren 1992 bis 1994 erschienen sind, haben die Meßlatte für die Beurteilung ähnlicher Versuche sehr hoch gelegt.

Im Hause von Carl Heymanns Verlag war jedoch schon immer alles ein bißchen anders. Noch nie hat man es dort für nötig gefunden, eine ausführliche Verlagsgeschichte zu veröffentlichen. Eine gedrängte Übersicht über die Entwicklung der Firma erschien ohne Angabe des Verfassers, Niels Reuter, in der Festschrift zu ihrem 150. Jubiläum 1965.[2] Carl Heymann hatte 1815 in Glogau eine Leihbibliothek mit Antiquariat gegründet, und wenige Jahre später versuchte er sich - wie viele Buchhändler im 19. Jahrhundert - als Verleger mit zunächst universalen Interessen. Nach seinem Tod 1862 wechselte der Verlag mehrfach seinen Besitzer, ohne jedoch jemals die Firmierung zu ändern. Das Fehlen einer sie stützenden Familientradition mag dazu beigetragen haben, daß man die Verlagsgeschichte eher beiläufig zur Kenntnis genommen hat. Auch im Almanach des Verlages Heymann, der von 1961 (1960) bis 1977 (1976) erschien, glaubte man - sogar im zu spät (Dezember 1966) angezeigten Jubiläumsjahr -, auf Beiträge zur Firmengeschichte ganz verzichten zu können.

Positiv ist jedoch anzumerken, daß die Bibliographien dieses renommierten juristischen Verlages auf eine erstaunlich lange Reihe von Vorgängern zurückgreifen können. Ein Katalog der Buchhandlung Carl Heymanns Verlag 1815 - 1896 war schon 1897 am damaligen Verlagsort Berlin erschienen.[3] Weitere Verlagsverzeichnisse folgten in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg. Nach 1945 begann eine bemerkenswerte Reihe von Bibliographien unter dem wenig attraktiven Hauptsachtitel Verzeichnis der Veröffentlichungen. Die erste ihrer Art war eine Broschur im Umfang von 159 Seiten mit der Berichtszeit 1945/58. Sie war eingeteilt in Verlagsgruppen (das sind die vom Verlag gepflegten Sachgruppen), Stichwortregister, Alphabetisches Verzeichnis, und Zeitschriften und Entscheidungssammlungen. Es folgten kumulierende Verzeichnisse mit den Berichtszeiträumen 1945/60, 1945/68, 1945/71, 1945/74, 1945/78, 1945/82, 1945/86 und 1945/91.

Die im vergangenen Jahr vorgelegte, äußerlich sehr imposante Kumulation 1945/96 muß sich schon aufgrund ihrer langen Vorgeschichte einige kritische Fragen gefallen lassen. Die entschieden zu kurz geratene Vorbemerkung enthält in fünfzehn Sätzen einige Absichtserklärungen, die der Überprüfung nicht immer standhalten. Über den Umfang und die geplante Erscheinungsweise ist zu erfahren: "Dieses Verzeichnis dokumentiert alle im Carl Heymanns Verlag erschienenen Bücher, Entscheidungssammlungen, Elektronischen Publikationen und Zeitschriften für den Zeitraum von 1945 bis 1996. Es wird kontinuierlich fortgeschrieben und in fünfjährigem Abstand veröffentlicht." So weit, so gut; man versteht, was gemeint ist. Dann werden die einzelnen Teile des Verzeichnisses und die in ihnen herrschende Ordnung vorgestellt: "In Teil I sind die Werke nach Sachgruppen und innerhalb der Sachgruppen nach den Namen der Verfasser alphabetisch geordnet. Bei mehreren Werken des selben [vielmehr: desselben] Verfassers [,] und dort [,] wo Verfassernamen fehlen, erfolgt die Auflistung alphabetisch nach dem Werktitel. Festschriften werden hingegen entsprechend dem Namen des Widmungsadressaten eingeordnet." Daß wir es hier nicht mit einer bibliothekarischen Terminologie zu tun haben, soll nicht zum Gegenstand der Kritik gemacht werden. Und daß mehrere Monographien eines Verfassers ihre weitere Einordnung nach dem Alphabet ihrer Hauptsachtitel finden sollen, wird gewiß unsere Zustimmung erhalten. Auch die Gliederung nach Sachgruppen, die offensichtlich anhand des zu verzeichnenden Titelmaterials vorgenommen wurde, erscheint angemessen. Ob es wirklich nötig ist, innerhalb der 25 teilweise noch untergliederten Sachgruppen auch Formalgruppen wie Festschriften oder Fachwörterbücher aufzunehmen, mag dahingestellt sein. Was ist jedoch im Sinne des Verlages ein "Verfasser", ein "Werktitel", eine Schrift, der "Verfassernamen fehlen"?

Der erste Augenschein beim Durchblättern des dickleibigen Verzeichnisses erweist schon, daß wir es hier eher mit einem Verlagskatalog zu tun haben als mit einer Bibliographie. Durch den Druck hervorgehoben (fett) sind ausschließlich die Hauptsachtitel ("Werktitel"), auch wenn die Einordnung unter dem Familiennamen des (ersten) Verfassers erfolgt. Darüber hinaus sind die "Verfasser" nicht immer die Verfasser, sondern oft genug auch sonstige beteiligte Personen. Die in Verlagskatalogen häufig dokumentierte Manie, für die alphabetische Ordnung möglichst einen oder auch mehrere Personennamen zu finden, hat sich auch hier wieder durchgesetzt. Zudem hat man sich anscheinend immer der Vorlageform von der Haupttitelseite bedient, so daß man einem bunten Durcheinander von Familiennamen ohne Vornamen, mit abgekürzten Vornamen, mit ausgeschriebenen Vornamen und wahlweise auch mit sämtlichen akademischen Titeln begegnet. Erfolgt der Haupteintrag unter einem Herausgeber oder einem Begründer, wird vom Hauptsachtitel nicht verwiesen, und er wird auch nicht in die Register aufgenommen. Festschriften sind unter dem Namen des Gefeierten eingeordnet, jedoch erst nach allen anderen Schriften, an denen er als Autor oder Herausgeber beteiligt ist. Der Name wird jedoch nicht einmal als Ordnungswort ausgeworfen; erscheint er dann auch nicht im fett gedruckten Hauptsachtitel, ist der Zusammenhang zunächst unklar. Jedenfalls hat man hier ausnahmsweise auf die Einordnung unter dem Herausgeber verzichtet. Als Schriften, denen "Verfassernamen fehlen", stellen sich solche von körperschaftlichen Urhebern heraus. "Herausgegeben von der FIW", heißt es da z.B. bei einem Eintrag unter dem Sachtitel, und es ist zufällig kein persönlicher Verfasser oder sonstiger Beteiligter greifbar. In den Registern findet man weder FIW noch das damit gemeinte Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e. V. Einzelne Titel sind in mehreren Sachgruppen verzeichnet. Da dieses Verzeichnis keine Verweisungen kennt, wird dadurch naturgemäß - ob nun gewollt oder unabsichtlich - der Eindruck einer weit umfangreicheren Verlagsproduktion erweckt, als sie tatsächlich zu verzeichnen ist.

Doch weiter im Text der Vorbemerkung: "Teil II enthält alle Titel in alphabetischer Reihenfolge, wobei grundsätzlich ebenfalls die Verfassernamen maßgeblich sind und hinsichtlich der Ausnahmen die oben mitgeteilten Regeln gelten." Auch hier haben wir also wieder die Verwendung möglichst vieler persönlicher (erstgenannter) "Verfasser" bei der Einordnung; aufgeführt werden bis zu einem halben Dutzend, durch Schrägstriche getrennt. Bei der Einordnung von Sachtitelschriften wird der bestimmte Artikel übergangen, wenngleich auch er fett gedruckt ist. Zur weiteren Gliederung des Verzeichnisses heißt es: "Es folgen in Teil III die Schriftenreihen, in Teil IV die Entscheidungssammlungen, in Teil V die Elektronischen Publikationen, in Teil VI die Reihe Ratgeber Recht, in Teil VII die Publikationen der Europäischen Gemeinschaften, in Teil VIII die Veröffentlichungen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), in Teil IX die Zeitschriften, in Teil X das Autorenverzeichnis und in Teil XI das Schlag- und Stichwortregister." Und dann wird noch angefügt: "Ältere Titel, die nicht mehr lieferbar sind, können im Verlagsarchiv eingesehen werden." Dieser letzte Satz macht vollends deutlich, wie wenig man im Hause von Carl Heymanns Verlag mit der Welt der Bibliotheken vertraut ist. Es ist kaum vorstellbar, daß ein Jurist, der für dringend benötigte ältere und auch neuere Fachliteratur die nächstgelegene wissenschaftliche Bibliothek aufsucht, als Alternative einen Besuch im Kölner Verlagsarchiv erwägt. Zudem läßt sich aus dem Verzeichnis nicht erkennen, welche Bücher vergriffen sind, da selbst für Kleinschriften aus den ersten Nachkriegsjahren Preise angegeben sind (in DM / ÖS / SFr!). Daß davon unabhängige Suchstrategien umfangreicherer Recherchen nur äußerst selten den Verlag berücksichtigen, muß nicht betont werden. Einer von mehreren weiteren Punkten bibliothekarischer Kritik muß die Aufführung von Reihen innerhalb des Verzeichnisses nach Sachgruppen sein, da sie im Teil III Schriftenreihen auch schon mit vollständigen Titelaufnahmen vertreten sind.

Wer nun glaubt, mit der beiliegenden CD-ROM seien ja alle Einwände so gut wie erledigt, macht es sich zu leicht. Eine Bibliographie als Textdatei ist eine angenehme Sache; alle Wörter, Zahlen und Symbole sind abfragbar. Das beste, was man über sie sagen kann, ist, daß sie das gedruckte Verzeichnis überflüssig macht. Die Datei Folio Bound VIEWS enthält die Teile I und III bis IX. Der Umgang über das Register und die Schaltflächen ist auch für den wenig Geübten schnell erlernbar. Wenn man jedoch über den Suchbegriff Änderung drei Titel angezeigt bekommt und glaubt, das sei's gewesen, ist man auf dem - vermeidbaren? - Holzweg. Weitere 13 Eintragungen findet man - aber wer kommt schon auf solche Gedankenspiele - unter -nderung.

Diese Verlagsbibliographie ist ein schöner Leistungsnachweis für die Leitung des Unternehmens und ihre Freunde. Für Bibliothekare ist sie schon von der Anlage und der typographischen Gestaltung her weniger befriedigend. Dafür wird sie kostenlos abgegeben.[4] Hinter dieser Verlagsbibliographie steht, wie aus dem vorstehend Ausgeführten hervorgeht, eine ganz andere "Philosophie", letztlich also eine verschiedene Einstellung zur eigenen Geschichte, so daß die Empfehlung an die Verantwortlichen, den einleitend genannten historischen Katalog des Springer-Verlags gründlich zu studieren, keine Wirkung haben dürfte.

Rainer Fürst


[1]
Der Springer-Verlag : Stationen seiner Geschichte. - Berlin [u.a.] : Springer. - 28 cm [1528]. - Tl. 1. 1842 - 1945 / verfaßt von Heinz Sarkowski. - 1992. - XV, 446 S. : Ill. . - ISBN 3-540-55221-9 : DM 78.00. - Rez.: IFB 93-1/2-051. - Tl. 2. 1945 - 1992 / verfaßt von Heinz Götze. - 1994. - XXV, 413 S. : Ill. - ISBN 3-540-56691-0 : DM 78.00. - Rez.: IFB 95-4-565
Der Springer-Verlag : Katalog seiner Veröffentlichungen. - Berlin [u.a.] : Springer. - 28 cm [1527]. - 1842 - 1945 / bearb. von Hans-Dietrich Kaiser (Bücher) und Wilhelm Buchge (Zeitschriften). Hrsg. von Heinz Sarkowski. - 1992. - XXIV, 594 S. - ISBN 3-540-55222-7 : DM 168.00. - Rez.: IFB 93-1/2-050
Der Springer-Verlag : Katalog seiner Zeitschriften 1843 - 1992 / bearb. von Wilhelm Buchge. - Berlin ; Heidelberg [u.a.] : Springer, 1994. - XVIII, 161 S. ; 28 cm. - ISBN 3-540-56270-2 : DM 128.00 [2571]. - Rez.: IFB 95-4-566.
Springer complete catalogue [Computerdatei] / Springer-Verlag. - Berlin [u.a.] : Springer. [1530]. - 1842/1992 (1992). - 1 CD-ROM + Installationsdiskette + Preisdiskette + Benutzerhandbuch in Behältnis. - ISBN 3-540-14106-5 : DM 198.00. - Rez.: IFB 93-1/2-053. - 1842/1994 (1994). - 1 CD-ROM + Installationsdiskette + Benutzerhandbuch in Behältnis. - ISBN 3-540-14147-2 : DM 190.00 (freier Pr.) zzgl. Mwst. - IFB 95-4-567. (zurück)
[2]
Recht im Wandel : Beiträge zu Strömungen im heutigen Recht ; Festschrift hundertfünfzig Jahre Carl Heymanns Verl. KG Köln, Berlin, Bonn, München 1815 - 1965 / [hrsg. von Carl Hermann Ule ...]. - Köln : Heymann, [1965]. - 635 S.
Um drei einleitende Sätze erweitert, wurde die Übersicht über die Verlagsgeschichte nochmals abgedruckt in der Schrift Von Manuskripten und Büchern : ein kleines Brevier für Autoren, Buchhändler und verständige Leser ; mit einem Beitrag zur Geschichte von Carl Heymanns Verlag / Niels Reuter. - Köln : Heymann, 1967. - 128 S. - Dieses verlagsgeschichtlich interessante Werk fehlt in dem vorliegenden Verzeichnis der Veröffentlichungen! (zurück)
[3]
Ein weiterer unter diesem Titel erschien für die Berichtszeit 1815/1904 (1904). (zurück)
[4]
Auch Springer bietet kostenlose Gesamtkataloge in gedruckter und in digitaler Form an, die mindestens jährlich erscheinen:
General catalogue / Springer-Verlag = Gesamtverzeichnis / Springer-Verlag. - Berlin [u.a.] : Springer. - 30 cm. [1529]. - 1992. - XIII, 888 S. - Kostenlos. - Rez.: IFB 93-1/2-052.
Springer in print / Springer-Verlag : all available books, journals and electronic media. - Berlin [u.a.] : Springer. [2548] - 1995. - 1 CD-ROM. - Kostenlos. - Rez.: IFB 95-4-568. (zurück)

Zurück an den Bildanfang