Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 1/2
[ Bestand in K10plus ]

Encyclopedia of television


98-1/2-067
Encyclopedia of television / Museum of Broadcast Communications. Ed. Horace Newcomb. - 1. publ. - Chicago ; London : Fitzroy Dearborn, 1997. - Vol. 1 - 3. - XXXV, 1948 S. : Ill. ; 28 cm. - ISBN 1-884964-26-5 (set) : œ 225.00
[4591]

Umfangreiche, opulente und dabei anspruchsvolle Nachschlagewerke über Unterhaltungsmedien, die sie ernst nehmen als prominente kulturelle Äußerungen unseres Jahrhunderts, sind bisher i.w. dem Medium Film gewidmet worden:[1] Jetzt liegt das erste repräsentative und umfassende Lexikon über das Medium Fernsehen vor. In dreijähriger Arbeit und zweijähriger Freistellung vom Lehrbetrieb hat Horace Newcomb (University of Texas at Austin)[2] im Auftrag des Museums of Broadcast Communications in Chicago ein beeindruckendes Werk erarbeitet, für das er über 300 Wissenschaftler, Journalisten und Regisseure zur Mitarbeit gewinnen konnte. Die Mitarbeiter werden im Anschluß an die Lexikoneinträge vorgestellt, allerdings vermißt man eine Zusammenstellung der jeweils von ihnen verantworteten Beiträge. Insgesamt verfaßten sie über 1000 umfangreiche Artikel zu allen Bereichen des Fernsehens, das sie zu Recht als das Leitmedium der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bewerten. Für den angloamerikanischen Sprachbereich trifft diese Einschätzung in sicher noch umfassenderem Maße zu, als für andere Sprach- und Kulturbereiche, die - zeitlich verzögert durch den Zweiten Weltkrieg und danach unter der politischen und wirtschaftlichen Dominanz der USA - sich erst später dem inzwischen von der US-amerikanischen Industrie beherrschten und dort den Gesetzen der Marktwirtschaft folgendem Medium öffneten. So steht folgerichtig die US-amerikanische Ausprägung des Fernsehens im Zentrum des Interesses, mit nachrangiger Beachtung Großbritanniens, Kanadas und Australiens. Die übrigen Staaten werden durch eine Vielzahl von Länderartikeln bedacht, die in den meisten Fällen von einheimischen Wissenschaftlern geschrieben worden sind und dadurch ein für ein solch umfassendes Lexikon erstaunlich hohes Maß an Authentizität erreichen. Die spezifischen Sach- und Personenartikel beziehen sich dagegen durchweg auf den anglo-amerikanischen Sprachbereich und sind einzelnen Genres, Themen, Programmen, Organisationen und Personen gewidmet und bilden das gesamte Spektrum von Technik, Produktion und Rezeption des Mediums ab. Die Beiträge sind in klarer, manchmal essayistischer Sprache geschrieben, sie umfassen meist etwa eine Seite im zweispaltigen Satz, können aber auch mehrere Seiten lang werden. Fast alle Beiträge nennen weiterführende Literatur, die biographischen Artikel besitzen zusätzlich tabellarische Lebensläufe und Werklisten von Film- und Fernsehproduktionen, Programmartikel nennen Mitarbeiter und Spielzeiten. Zu fast jedem Beitrag findet sich eine Illustration, die aus den Beständen des Museums ausgewählt wurde und in hervorragender Qualität wiedergegeben wird. Am Schluß jedes Artikels stehen "Siehe auch"-Verweisungen, zum Abschluß des Lexikons folgt ein alphabetischer Index engerer Begriffe, die das Lexikon noch einmal, spezifischer und intensiver erschließen. Allerdings fehlt ein systematischer Zugriff auf die in einem Gesamtalphabet angeordneten Beiträge. Eine Systematik wird in den quasi genormten Untertiteln der Beiträge zwar angedeutet, aber nicht in einer Übersicht zugänglich gemacht. Durch das Fehlen einer systematischen Übersicht und durch die große Zahl der biographischen und Programm-Artikel scheint das Lexikon übermäßig an Programmen und Biographien interessiert zu sein, ein Eindruck, der einer genaueren Prüfung zwar nicht standhält, aber den ersten Blick prägt. Doch sind es wohl auch primär die Programme und Personen, die das Fernsehen im Bewußtsein der Rezipienten verankern.

Die enzyklopädischen Beiträge und der inhaltliche Umfang machen das Lexikon zu einem außerordentlich gut geeigneten Einstieg in alle Themenbereiche des Fernsehens, insbesondere in seiner anglo-amerikanischen Prägung. Künftig wird eine intensivere Beschäftigung mit "Fernsehen" sinnvollerweise von diesem Lexikon ausgehen und ohne den hier so überzeugend angebotenen Einstieg kaum noch denkbar sein.

Wilbert Ubbens


[1]
Vgl. unten IFB 98-1/2-119 die Rezension von International dictionary of films and filmmakers / ed.: Nicolet V. Elert ... - 3. ed. - Detroit ; London [u.a.] : St. James Press. - Vol. 1 - 4. (zurück)
[2]
Sein Standardwerk zum Fernsehen in Amerika: Television : the critical view / ed. by Horace Newcomb. - New York : Oxford University Press, 1976. - XXII, 314 S. - Jetzt als 5. ed. - 1994. - XIV, 634 S. (zurück)

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