Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 1/2
[ Bestand in K10plus ]

Robinsonaden


98-1/2-032
Robinsonaden : Bestseller der Jugendliteratur / von Reinhard Stach. - Hohengehren : Schneider-Verlag Hohengehren, 1996. - 139 S. ; 23 cm. - (Schriftenreihe der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach e.V. ; 18). - ISBN 3-87116-489-5 : DM 24.00
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Der Robinson ist wohl das meist gelesene Abenteuerbuch. Bis heute fasziniert es jung und alt. In zahlreichen Bearbeitungen erschienen, gab der Robinson seinen Namen für einen Gattungsbegriff den Robinsonaden. Gemeint sind damit die Schilderungen von Abenteuern eines oder mehrerer Schiffbrüchiger, die auf eine einsame Insel verschlagen, ein Leben fern der Zivilisation führen müssen. Es gab dieses Thema zwar schon seit dem klassischen Altertum, durch Defoes Robinson aber war es zu einer Flut von Nachahmungen und der weiteren Verwendung dieses Inselmotivs gekommen.

Reinhard Stach, durch zahlreiche Publikationen zum Robinson als Kenner der Materie ausgewiesen,[1] wendet sich speziell den für die Jugend bestimmten Robinsonaden zu. Aus seinen bereits früher in verschiedenen Publikationen erschienenen Beiträgen hat er zwölf in einem Sammelband vereinigt. Sie sind unter den Gesichtspunkten: historisch, systematisch, pädagogisch geordnet. Die Sammlung beginnt unter historischem Aspekt mit der Vorstellung von Campes Robinson der Jüngere und seiner Wirkung und Tradierung. Diese durch Rousseau angeregte Umarbeitung des Defoe'schen Robinson hat zumindest in der Jugendliteratur den echten Robinson lange verdrängt. Sie wird zwar als Jugendbuch schon lange nicht mehr gelesen, das wissenschaftliche Interesse an ihr ist aber sehr groß. So sind in den letzten zwanzig Jahren allein vier Reprints erschienen. Auf sie wird aber nicht hingewiesen. Auch der 1991 im Reclam-Verlag erschienene Reprint, der einzige, der die Erstausgabe von 1779 - 1780 wiedergibt und einen umfangreichen wissenschaftlichen Apparat besitzt, wird leider nicht erwähnt.

Der zweite Beitrag stellt drei apokryphe Robinsonaden des 19. Jahrhunderts vor. Das sind Abenteuergeschichten, die nach der Begriffsbestimmung inhaltlich zur Gattung der Robinsonaden gehören. Sie weisen aber weder im Titel noch im Untertitel auf Robinson hin, wie es sonst dergleichen Abenteuergeschichten tun, um mit diesem Namen zu werben. Es sind also "verborgene" Robinsonaden, die lediglich durch die Erwähnung Robinsons im Text einen Bezug zu ihm herstellen. Weitere Beiträge sind Kapitän Marryat und sein Bremer Steuermann sowie Willy Planck und seine Robinson-Illustrationen gewidmet. Willy Planck hat nicht nur den Defoeschen Robinson illustriert, sondern auch die Robinsonaden von Marryat, Wyss, Elster und Ehrhardt mit über 150 Illustrationen geschmückt.

Unter der Rubrik Systematische Aspekte sind Beiträge zu besonderen Gesichtspunkten zusammengefaßt. Behandelt werden Robinson-Gedichte, ein Bereich, der bisher selbst in der Robinson-Literatur nicht beachtet wurde. Robinson auf der Bühne beschäftigt sich mit Friedrich Forsters Erfolgsstück Robinson soll nicht sterben. Unter den vielen Robinsonaden werden noch zwei besondere Aspekte behandelt; die Robinsonin, hier als Mädchenbuch und Robinsone der Arktis (Robinson also unter noch schwierigeren Bedingungen). Unter Pädagogischen Aspekten wird die Technische Bildung durch Robinsonaden also die Robinsonade als außerschulisches Bildungsmittel behandelt. In Kinder spielen Robinson geht es um die literarische Wiedergabe der Spielhandlungen. Robinson und die Pädagogen sucht zu erklären, warum wieder alle bedeutenden pädagogischen Neuansätze auf ihn zurückgreifen.

Der Sinn der Sammlung ist es, "Ergebnisse jahrzehntelanger Sammler- und Forschertätigkeit", die "örtlich verstreut und zu verschiedenen Zeiten publiziert" wurden, bequem zugänglich zu machen. Die Beiträge sind wohl in ihrer ursprünglichen Form wiedergegeben. Sie haben alle heute noch ihre Bedeutung, dennoch wäre eine genauere Durchsicht nötig gewesen. Es mutet seltsam an, wenn der Autor auf Seite 16 beklagt, daß "für die Zeit nach 1898 eine Bibliographie der Robinsone und Robinsonaden" fehlt, die er inzwischen selbst zusammen mit Jutta Schmidt 1991 vorgelegt hat. Diese vorzügliche Bibliographie wird lediglich am Ende des Bandes in der Aufführung der Arbeiten des Autors zum Robinson und bei den seit 1976 erschienenen Monographien genannt. Einmal wird auch in den Anmerkungen auf sie verwiesen, dieser Beitrag ist aber 1994 erschienen. Die bibliographischen Angaben in den einzelnen Beiträgen wurden wohl nicht immer mit der eigenen Bibliographie überprüft. So gibt es mehrere Unstimmigkeiten.

Die gut fundierten Beiträge dokumentieren anschaulich das Weiterleben des Robinson in seinen vielen Aspekten, hauptsächlich in der Jugendliteratur. Bei der Vielschichtigkeit der Beiträge insgesamt zu so einem speziellen Thema, wo die gleichen Namen und Titel wiederholt in verschiedenen Beiträgen vorkommen, wäre ein Register zur besseren Auswertung und eine Aufstellung der behandelten oder erwähnten Robinsonaden nützlich.

Heinz Wegehaupt


[1]
Robinson und Robinsonaden in der deutschsprachigen Literatur : eine Bibliographie / Reinhard Stach. In Zsarb. mit Jutta Schmidt. - Würzburg : Königshausen & Neumann, 1991. - V, 301 S. - (Schriftenreihe der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach e.V. ; 12). - ISBN 3-88479-588-0 : DM 58.00. (zurück)

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