Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 3/4
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Ämter, Abkürzungen, Aktionen des NS-Staates


97-3/4-410
Ämter, Abkürzungen, Aktionen des NS-Staates : Handbuch für die Benutzung von Quellen der nationalsozialistischen Zeit ; Amtsbezeichnungen, Ränge und Verwaltungsgliederungen, Abkürzungen und nichtmilitärische Tarnbezeichnungen / im Auftr. des Instituts für Zeitgeschichte. Bearb. von Heinz Boberach, Rolf Thommes und Hermann Weiß. - München : Saur, 1997. - 416 S. : Kt. ; 25 cm. - (Texte und Materialien zur Zeitgeschichte ; 5). - ISBN 3-598-11271-8 : DM 198.00
[4160]

Obwohl sich der Rezensent normalerweise bemüht, den Typ des zu besprechenden Nachschlagewerks in der Überschrift ggf. in Abweichung vom Wortlaut des Sachtitels exakt zu benennen, bleibt im vorliegenden Fall nur die auch im Zusatz zum Sachtitel verwendete, relativ vage Bezeichnung Handbuch als Oberbegriff für mehrere verschiedene, in einem Band vereinigte Typen von Informationsmitteln übrig, handelt es sich doch um ein auf die bloßen Dienst- und Rangbezeichnungen reduziertes Verwaltungshandbuch, um ein auf die territoriale Verwaltungsgliederung konzentriertes Staatshandbuch und schließlich ein allgemeines und ein spezielles Abkürzungsverzeichnis.

Der Zusatz zum Sachtitel läßt bereits die Gliederung des Bandes erkennen, wenn man die beiden eingangs genannten Begriffe - Amtsbezeichnungen und Ränge - zusammenfaßt, deren Auflistung den ersten, von Heinz Boberach bearbeiteten Teil (S. 9 - 64) ausmacht, der sich in folgende Abschnitte gliedert: 1. Beamte in Spitzenstellungen, Generale und vergleichbare Ränge (bei der Aufzählung der weiteren Abschnitte bleiben aus Platzersparnis die jeweiligen militärischen Ränge unerwähnt); Beamte im 2. höheren, 3. gehobenen, 4. mittleren und 5. einfachen Dienst, gefolgt von einer Tabelle für die End- und Anfangsgehälter nach Besoldungsgruppen; ein eigenes alphabetisches Register der Amtsbezeichnungen und Ränge, das von Abgabenrevisoren bis Zweite Vorstandsbeamte der Reichsbank reicht, erschließt diesen Teil. Berücksichtigt werden ausschließlich echte Amtsbezeichnungen und Ränge, die ihre Entsprechung in der Besoldungstabelle haben, während man Funktionsbezeichnungen wie Blockwart vergeblich sucht, ebenso wie reine Titel, wie den des Reichslandschaftsanwalts des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen Fritz Todt, der Alwin Seifert 1940 zu seinem 50. Geburtstag verliehen wurde (der Reichsarbeitsführer, der an zweiter Stelle in der Gehaltstabelle stand, ist dagegen berücksichtigt) oder den 1939 an Heinrich Friedrich Wiepking-Jürgens[1] verliehenen Titel eines Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums in den eingegliederten Ostgebieten für Fragen der Landschaftsgestaltung (wohingegen der an Stelle 7 in der Gehaltstabelle stehende Reichkommissar für die Berliner Börse vorkommt).

Der gleichfalls mit eigenem Inhaltsverzeichnis und Register ausgestattete und ebenfalls von Heinz Boberach bearbeitete und zusätzlich mit Kartenskizzen ausgestattete zweite Teil behandelt die Verwaltungsgliederung des Deutschen Reiches und der angegliederten besetzten Gebiete nach dem Stand vom Sommer 1942 (S. 65 - 246). Die Gliederung erfolgt in die Abschnitte 1. Allgemeine Verwaltung (Länder, Reichsgaue, Angegliederte Gebiete und Besetzte Gebiete); 2. Reichsverwaltung und Polizei (Wehrkreise, Rüstungsinspektionen, Luftgaue und Staatliche Polizeibehörden und Dienststellen des Sicherheitsdienstes); 3. NSDAP und Gliederungen (von den Gauen bis hin zum Reichsarbeitsdienst); 4. Ordentliche Gerichtsbarkeit und Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen; 5. Wirtschafts- und Finanzverwaltung; dazu ein Anhang mit der kirchlichen Gliederung des Reichsgebiets (unterteilt nach Evangelischer und Katholischer Kirche).

Teil 3 besteht aus einer Liste von Abkürzungen der NS-Zeit (S. 247 - 364). Teil 4 (S. 365 - 416) enthält nichtmilitärische Tarnbezeichnungen[2] der NS-Zeit, mit eigenen Orts- bzw. Territorien-Registern.

Dieses auf Grund der archivalischen Überlieferung zusammengestellte Handbuch wird aber nicht nur wiederum zum Studium neuer (vor allem der erst seit der deutschen Vereinigung zugänglich gewordenen) Akten dienen, sondern seinen Nutzen auch für weitere Kreise außerhalb der Spezialisten haben, die an den "täglichen Lebens- und Erlebnisbedingungen der Menschen unter ... der totalitären Diktatur" (S. 5) interessiert sind, wie man sie z.B. in den Tagebüchern eines Victor Klemperer nachlesen kann.

Klaus Schreiber


[1]
Die beiden führenden NS-Gartenarchitekten, Seifert und Wiepking-Jürgens, die sich durch rassistische und antisemitische Schriften hervorgetan haben, brachten es nach 1945 zu neuen Ämtern und Ehren, die für beide in der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland gipfelten; der zweite wurde aparterweise 1952 mit der Erstellung eines Gutachtens zur Landschaftsgestaltung der Gedenkstätte des ehem. Konzentrationslagers Bergen-Belsen betraut. - Die Angaben stammen aus: Grüne Biographien : biographisches Handbuch zur Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts in Deutschland / Gert Gröning ; Joachim Wolschke-Bulmahn. - Berlin ; Hannover : Patzer, 1997. - 508 S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN 3-87617-089-3 : DM 176.00 [4004]. - Eine Rezension ist für IFB vorgesehen. (zurück)
[2]
Für die militärischen Tarnbezeichnungen liegen zwei in der Vorbemerkung zu Teil 4 zitierte Verzeichnisse vor. (zurück)

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