Die Bibliographie ist alphabetisch nach Personen (Komponisten, Herausgeber, Bearbeiter, Textdichter) und Sachtiteln geordnet. Haupteinträge beginnen mit einem alphanumerischen Code, der Computersortierung und automatisch erzeugte Verweisungen in der Datenbank ermöglicht. Basierend auf Bibliothekskatalogen bzw. angeblich auf Autopsie sind die bibliographischen Beschreibungen sehr detailliert, doch nicht ganz so ausführlich wie bei Heyer, und man vermißt übrigens auch die genauen Inhaltsangaben der einzelnen Bände mehrbändiger Werke wie bei Heyer, doch ist anzunehmen, daß diese Funktion der später erscheinende Katalog zum großen Teil übernehmen wird. Allerdings werden Fragmente oder unvollständige Stücke nicht katalogisiert, bei Ausgaben mit entsprechendem Inhalt wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Ausgaben nicht im Katalog enthalten sein werden. Der Band kommt ohne Register aus, da Verweisungen von Herausgebern, Textdichtern u.ä. (ohne Funktionsbezeichnungen) sowie von abweichenden Namensformen ins Alphabet des Hauptteils integriert sind; lobenswerterweise sind allen Personen die Lebensdaten beigegeben. Berichtsstand ist 1995, einige wenige 1996 erschienene Bände sind zusätzlich nachgewiesen.
Verschiedene Hinweise lassen vermuten, daß es sich um eine rasch auf
den Markt geworfene Vorab-Publikation handelt. So ist zum einen lt.
Vorwort nur etwa die Hälfte der potentiell verzeichnungswerten Titel
enthalten,[4] zum andern ist auf einige grundlegende Mängel hinzuweisen,
die allenfalls mit Hinweis auf den angekündigten digitalisierten
Katalog zu erklären, wenn schon nicht zu rechtfertigen sind. So kommt
es vor, daß Textdichter nur in Form einer Verweisung nachgewiesen
sind, im Haupteintrag selbst aber fehlen. Sammelwerke sind nur beim
erstgenannten Komponisten bzw. unter dem übergeordneten Hauptsachtitel
aufgeführt, eine Suche nach enthaltenen und beigefügten Werken wird
erst im Katalog erfolgreich sein. Der bibliographischen Beschreibung
von Schriftenreihen (mit eigener Code-Nummer) folgen die
Bandaufführungen in Form von Verweisungen, die aus der spärlichen
Angabe von Bandzählung, Code-Nummer des Bandes, Komponist und
Hauptsachtitel bestehen. Die Gründe, die dafür genannt werden, daß die
Bibliographie weitgehend ohne Einheitssachtitel auskommt -
Einheitssachtitel variieren von Bibliothek zu Bibliothek; redundante
Einheitssachtitel hätten die Bibliographie aufgeschwemmt; die Codes
übernehmen die Funktion, die Reihenfolge der Einträge zu regeln - sind
wenig einleuchtend, zumal solche im Katalog enthalten sein sollen.
Übrigens sind Einheitssachtitel in Katalogen einzelner musikalischer
Werke angesichts der musikalischen Formen und Gattungen mit
zahlreichen Möglichkeiten verschiedenartiger Titelfassungen absolut
notwendig, in einer Bibliographie, wie der vorliegenden, die keine
einzelnen Musikstücke, sondern Sammlungen und Sammelwerke verzeichnet,
dagegen nicht. Laut Einführung werden jedoch Einheitssachtitel
verwendet, um verschiedene Ausgaben mit gleichem Inhalt
zusammenzuführen wie z.B. Keyboard music of the late Middle Ages in
Codex Faenza 117 ... unter [Faenza codex. Selections] und Villancicos
de diversos autores ... unter [Cancionero de Uppsala], wobei vom
vorliegenden Titel nicht verwiesen wird; in Fällen wie dem letzteren
wird außerdem auf die eigentlich dringend notwendige Verweisung vom
Ort, nach dem die Handschrift benannt ist, verzichtet. Da übrigens
unter dem Begriff "Codex" angeblich keine Eintragung zu finden sein
soll,[5] wundert man sich an dieser Stelle über Titel in fremdsprachigen
Entsprechungen wie El codice del Convento del Carmen, Codici musicali
trentini. Die zusammenfassende Einordnung unter Ansetzungssachtiteln
wie [Chansons ..., ... livre] wäre sinnvoll, wären nicht außerdem
unter [Livres des chansons] zahlreiche Einträge zu finden. Zwar ist
die Mehrzahl der betreffenden Ausgaben unter [Catholic church] bzw.
[Orthodox Eastern Church] eingeordnet, doch stößt man ebenso auf
Ausnahmen mit Eintragungen unter dem Titel wie z.B. Missa ...,
Graduale ecclesiae Hungaricae Epperiensis.
So scheint die für die Eintragung maßgebliche Ansetzung häufig
willkürlich gewählt, was das Auffinden einer Ausgabe wesentlich
erschwert, weshalb ein Register oder Verweisungen zwingend
erforderlich wären.
Zugegebenermaßen läßt sich Vollständigkeit einer Bibliographie nur
schwer erreichen, doch müßte man zumindest von der vollständigen
Anzeige aller bis Redaktionsschluß erschienenen Bände mehrbändiger
Werke ausgehen können; leider gibt es hier manche Lücken.[6] Obwohl
derartige Projekte oft hauptsächlich durch die Eigeninitiative und den
Idealismus der einzelnen Mitglieder der Arbeitsgruppen von MLA und
IAML ermöglicht werden und in der endgültigen Version von
Bibliographie und Katalog hoffentlich die genannten Mängel behoben
sein werden, sind $ 250.00 für die vorliegende, unfertig wirkende
Bibliographie ein stolzer Preis; sie sollte spätestens zusammen mit
dem Katalog in überarbeiteter und hoffentlich empfehlenswerterer
Neuauflage erscheinen. Die jetzt vorgelegte Bibliographie ist aber
allein schon wegen des Nachweises der seit Heyer erschienenen Titel
unverzichtbar.
Martina Rommel
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