Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 3/4
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Die Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises


97-3/4-351
Die Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises . - München : Deutscher Kunstverlag. - 26 cm. - (Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz ; ...)
[4554]
Teil 2. Ehemaliger Kreis St. Goar
2. Stadt Oberwesel / bearb. von Eduard Sebald. Mit Beitr. von Hans Caspary ... - 1997. - 1 - 2. - XIX, 1191 S. : Ill., Kt. - (... ; 9). - ISBN 3-422-00576-5 : DM 150.00

Jüngstes Exemplum in der Reihe vorzustellender Großinventare ist das im Herbst 1997 erschienene Denkmälerverzeichnis der Stadt Oberwesel, das nach fast zehnjähriger Pause im Rahmen der Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz die Verzeichnung der Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises nach einem ersten Band zum ehemaligen Kreis Simmern (1977) und nach Teil 1 für den ehemaligen Kreis St. Goar mit der Stadt Boppard (1988) nun als Teil 2 in zwei Bänden fortsetzt. Auf den ersten Blick gehorcht das Inventar für Oberwesel ganz dem klassischen Inventarprinzip: Nach eher resümehaften, fast auflistenden Einführungen in die politische Geschichte und die Kunstgeschichte der Stadt und einem Farbtafel-Abbildungsteil, folgt dann das eigentliche Inventar mit umfangreicher Datenabrundung, Zeittafeln und Ausführungen zur Topographie und Stadtentwicklung. Die Beschreibung der Kirchen, Klöster und Kapellen zentriert sich um die beiden Hauptkirchen, die Liebfrauenkirche und Martinskirche (Bd. 1); die Bauten der Landesherrschaft und des Adels (insbesondere die Schönburg), die Stadtbefestigung, die sonstigen öffentlichen Gebäude, Wohnhäuser, Friedhöfe und die Denkmäler der Stadtteile Boppard (Weiler), Dellhofen, Engehöll, Langscheid und Urbar bilden Bd. 2. Sieht man das Oberwesel-Inventar aber im einzelnen im Vergleich gerade auch zu den vorab besprochenen Denkmälerverzeichnissen, so sticht es - trotz bester Wahrung von Verzeichnungsstandards in allen besprochenen Fällen - dennoch fast auffällig in einem Punkt von den anderen Publikationen ab: Hier werden nicht nur wesentliche Literatur, Quellen, Abbildungsnachweise etc. als Grundlage und weiterführende Nachweise im unabdingbaren Rahmen veröffentlicht, hier wird geradezu im wissenschaftlichen Apparat geschwelgt! Nicht nur die Einführungskapitel zur Stadtbaugeschichte von Oberwesel, die Haupteinträge zu den Hauptkirchen, zur Burganlage Schönburg, zur mittelalterlichen Stadtbefestigung - der umfangreichsten und besterhaltensten am Mittelrhein - eröffnen mit umfangreichen Verzeichnissen der jeweiligen Literatur, der Bildquellen, handschriftlichen Quellen, der Pläne und Karten usw. und fundieren so die Dokumentation umfassend; selbst Kurzeinträge werden noch über das Übliche hinaus mit Nachweisen abgerundet. Geradezu Lust am wissenschaftlichen Apparat läßt auch der umfangreiche und überaus nützliche Registerteil für die beiden Bände erahnen: Verzeichnis der Künstler und Handwerker, Verzeichnis der sonstigen Personen und Gruppen, Verzeichnis der Orte und anderer geographischer Begriffe (einschließlich aller Baudenkmäler und ortsgebundener Ausstattungsgegenstände), ein ikonographisches Verzeichnis, Verzeichnisse der Patrozinien und der Wappen, Abbildungsnachweise und nicht zuletzt ein sog. Sachverzeichnis, in dem die Denkmäler nochmals nach Bautypen und Epochen systematisiert aufgelistet werden. Wie sehr auch im eigentlichen Inventarteil die Ein- und Rückbindung der Beschreibung in den aktuellen Forschungsstand auch dem Nutzer des Inventars immer wieder verdeutlicht wird, zeigt beispielhaft das Kapitel Bau- und kunsthistorische Analyse zur Liebfrauenkirche, in dem unterschiedliche Forschungsmeinungen zu Einzelaspekten referiert und vor dem Hintergrund der Inventarisierungsergebnisse gewertet werden, so etwa die Frage nach Herleitung der Turmformation und des Maßwerks der Turmfenster der Liebfrauenkirche vom Freiburger Münster oder von Bauten der Mainzer Region usw. Das Oberwesel-Inventar leistet auf dieser Ebene sicherlich mehr an transparenter Wiedergabe und Nachvollzug von Forschungsrichtungen und Diskussionspunkten als manch andere Großinventare dies können oder wollen. Nützlich ist eine derartige "Ergänzung" sicherlich immer, solange sie nicht allzu sehr zu Lasten der Publikationsgeschwindigkeit von Inventaren geht oder durch allzu komprimierte Darstellung die Argumentationsstränge nicht mehr nachvollziehbar präsentiert; hier wäre dann die gesonderte "monographische" Dokumentation herausragender Denkmäler ein sinnvollerer Weg, so wie ihn die bayrische Denkmalverzeichnung in der Neuen Folge der Kunstdenkmäler von Bayern mit den Bänden zum Augsburger Dom gewählt hat. Umfangreich ist schließlich auch der bild- und kartendokumentarische Teil des Oberwesel-Inventars, der allerdings vielfach Risse und Aufmaße aus älteren Publikationen und Inventaren als Faltkarten ergänzend beifügt, aber auch neuere Konstruktionszeichnungen und -photographien, etwa vom Dachstuhl, den Turmobergeschossen und dem Glockenstuhl der Liebfrauenkirche, bietet. Für den Ort am Mittelrhein ist damit eine umfassende Dokumentation seiner Baudenkmäler gelungen, für Rheinland-Pfalz aber nach längerer Zeit nur ein - wenn auch achtenswerter - Schritt auf dem Weg zum Gesamtinventar.

Angela Karasch


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