Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 1/2
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Die Bibliographien zur deutschen Landesgeschichte und


97-1/2-216
Die Bibliographien zur deutschen Landesgeschichte und Landeskunde / Reinhard Oberschelp. - 3., völlig überarb. Aufl. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1997. - 160 S. ; 25 cm. - (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie : Sonderh. ; 67). - ISBN 3-465-02944-5 : DM 78.00, DM 70.20 (für Abonnenten)
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Man wünschte sich mehr Beispiele dafür, daß Bibliothekare ihre gewählte Spezialisierung nicht nur durch besondere Leistungen auf diesem Gebiet manifestierten, sondern auch mit der nötigen theoretischen Begleitung versähen, und das nicht nur einmalig, sondern immer dann, wenn veränderte Situationen dies erfordern. Ein solches rares Beispiel bildet die Bibliographie der landeskundlichen und -historischen Bibliographien von Reinhard Oberschelp, deren 1. Aufl. 1967[1] auf einer 1966 vorgelegten Kölner Prüfungsarbeit beruhte, die er dann zehn Jahre später in einer völlig neu bearbeiteten Auflage[2] erneut vorlegte, in die seine praktischen und organisatorischen Erfahrungen eingeflossen sind, die er als damaliger Bearbeiter der Niedersächsischen Bibliographie - der ersten mit einem EDV-gestützten Verfahren erstellten deutschen Landesbibliographie - gewonnen hat, und mit deren vorliegender 3. Aufl. er kurz vor seiner Verabschiedung in den Ruhestand noch einmal Bilanz zieht.

Wie ihre Vorgänger gliedert sich auch die vorliegende Auflage in zwei Teile, in einen theoretischen (S. 13 - 46) und in die eigentliche Bibliographie (S. 47 - 147). Ersterer beginnt jetzt mit einem Abschnitt Zur geschichtlichen Entwicklung (S. 13 - 19), der für die Vor- und Frühzeit der Regionalbibliographien die einschlägigen Publikationen zitiert und knapp aber präzise die Entwicklung der Nachkriegszeit - deutsche Ostgebiete, DDR, Bundesrepublik vor und nach der Vereinigung sowie Österreich[3] - skizziert. Die weiteren Abschnitte: 2. Aufgaben und Themenbegrenzung, 3. Form der Titel, 4. Ordnung der Titel, 5. Register, 6. Verfahren der Bearbeitung, 7. Personalprobleme sind in der Fassung der Überschrift zwar unverändert geblieben, inhaltlich jedoch mehr oder weniger stark überarbeitet worden, was insbesondere auf Abschnitt 6 zutrifft, während Abschnitt 7 mit seiner wenig glücklich formulierten Überschrift weitgehend gleich blieb. Abschnitt 8. Regionalbibliographien und Regionalbibliotheken, der in der Vorauflage noch den Zusatz Rückblick, Umschau und Ausblick führte, wurde jetzt auf den Ausblick reduziert, der nicht sehr weit reicht. Erwähnt wird lediglich die "künftige umfassendere Aufgabenstellung ...: die regionale Dokumentation" (S. 46), ohne daß er dazu mehr als die Forderung nach dem "Sammeln von Daten über Personen" anführt. Wenn er andererseits am Schluß von Abschnitt 1 zu Recht trotz fortbestehender Desiderata (insbesondere bei den retrospektiven, zusammenfassenden oder kumulierenden Regionalbibliographien) konstatiert, daß "beachtliche Fortschritte erzielt worden" sind (S. 19), so sieht er nicht die Gefahr, die den Landesbibliographien durch deren in einigen Bundesländern offensichtlich geplante, wenig reflektierte Einbindung in die regionalen Verbundkataloge droht. Wenn man die Informationen, die dazu auf der letzten Tagung der Arbeitsgruppe Regionalbibliographie der Arbeitsgemeinschaft der Regionalbibliographien vom Frühjahr 1997 zu erhalten waren, kritisch prüft, muß man um die Zukunft genuiner Landesbibliographien fürchten, die mehr bieten müssen, als es ein simpler Auszug aus einer größeren Datenbank kann.

Die Zahl der im zweiten, bibliographischen Teil verzeichneten Titel verdoppelte sich fast von 261 auf 515, worin sich einerseits die erfreulich reiche Ernte von zwanzig Jahren regionalbibliographischer Tätigkeit niederschlägt, zum anderen aber auch die (mit Blick auf das Verhältnis von 1. zu 2. Auflage z.T. erneute) Aufnahme älterer Bibliographien und schließlich die Berücksichtigung von ergänzenden Verzeichnissen niederschlägt, so vor allem von Bibliographien und Katalogen regionaler Zeitungen (mit demselben Recht hätten dann aber auch z.B. Verzeichnisse von Karten berücksichtigt werden können). Die Anlage ist beibehalten worden: auf einen kurzen allgemeinen Teil (allgemeine Bibliographien zur deutschen Landesgeschichte; Bibliographien der Bibliographien; "Darstellungen"[4]) folgt der lange Hauptteil, geordnet im Alphabet der Regionen von Baden-Württemberg über Baltische Republiken[5] bis Wien, alphabetisch untergliedert nach Teilregionen und Orten. Oberösterreich steht also weiterhin vor Österreich, doch hat die neue Auflage das Monitum der gen. Rezension beherzigt und durch ein detailliertes Inhaltsverzeichnis für die erforderliche Übersichtlichkeit gesorgt. Die Bibliographie ist überaus aktuell und berücksichtigt selbst Neuerscheinungen des laufenden Jahres.[6] Nach Lücken muß man schon genau Ausschau halten: daß die kleine Hamburg-Bibliographie[7] von 1994 fehlt, mag der Rezensent dem Verfasser nicht negativ anlasten, setzt doch der Verein für Hamburgische Geschichte anscheinend alles daran, das Bändchen nicht publik zu machen; weitere Lokalbibliographien wurden offensichtlich entweder als zu geringfügig ausgeschlossen[8] oder schienen als Vorauspublikation mit beschränkter Verbreitung noch nicht bibliographiewürdig.[9]

Die Titelaufnahmen sind "handgestrickt" wie seit 1967, doch hätte man nach 30 Jahren zumindest eine Angleichung an das heute gängige Regelwerk erwarten können. Bedauerlich ist das Fehlen der Umfangsangaben bei mehrbändigen Werken, selbst da, wo Einzelbandaufführung geboten wird (Ausnahmen wie Nr. 93 bestätigen die Regel); ganz unglücklich findet der Rezensent die Zitierung der Bände fortlaufender Bibliographien mit der fehlenden exakten Zuordnung des Erscheinungs- zum jeweiligen Berichtsjahr; daß auch hier - selbst wenn einzelne Bände aufgeführt sind - gleichfalls kein Umfang angegeben wird, ist zumindest konsequent. Die Titel sind zumeist annotiert, ohne daß man ersähe, warum nicht durchgängig; die Annotationen sind zumeist ganz knapp: Inhalt (nicht immer), Anlage und Register, Beziehung zu anderen Bibliographien (z.B. als Vorgang oder Fortsetzung). Das Register erschließt allein die Bibliographie und enthält: beteiligte Personen (aber keine Urheber), Titel von Sachtitelwerken, "ausgewählte" (wie?) Sachbegriffe und Geographica.

Da nicht erwartet werden kann, daß der Bearbeiter in zehn Jahren eine weitere Auflage vorlegen wird - und das, obwohl er gegenüber dem Rezensenten vor ca. 10 Jahren eine solche, nämlich die jetzt vorliegende 3. Aufl., kategorisch ausgeschlossen hatte - wäre zu überlegen, wie diese überaus nützliche Übersicht über ein wichtiges und für das Selbstverständnis der Regionalbibliotheken zentrales Feld bibliographischer Arbeit weitergeführt werden kann. Natürlich wäre das eine genuine Aufgabe der erwähnten Arbeitsgruppe Regionalbibliographie, deren Tätigkeit - zumindest scheint es für Außenstehende so - sich jedoch weitgehend in dem jährlichen Meinungsaustausch erschöpft. Dabei wäre es in kritischen Situationen wie sie derzeit obwalten von größter Bedeutung, wenn die Landesbibliographien ihre Unentbehrlichkeit z.B. dadurch dokumentierten, daß man sie in den Rahmen der anderen landesbezogenen Informationsmittel stellte, selbst wenn damit noch nicht eine moderne, EDV-gestützte "Landesdokumentation" entsteht. Es genügt deshalb auch nicht, sich auf die von Oberschelp ins Spiel gebrachte Ausweitung der Aufgaben auf das "Sammeln von Daten über Personen" zu beschränken, wird diese doch sowieso - wenn nicht bereits erfolgt - in Gestalt von Personendatenbanken als Hilfsmittel bei der laufenden Bearbeitung der Landesbibliographien nach und nach entstehen. Als Vorarbeit zur Schaffung einer Landes-Informationsbank, die natürlich weit mehr (z.B. statistische Daten, Gesetzestexte etc.) enthalten müßte, als die traditionell von den Bibliotheken und Archiven zur Verfügung gestellten Informationen, sollten die Landesbibliotheken wenigstens einen Überblick über die von ihnen und von verwandten Institutionen, wie den Archiven, (zumeist noch konventionell) zur Verfügung gestellten Informationsmittel bieten. Es ist erstaunlich, daß es bisher keine derartigen Führer zu den Informationsmitteln einzelner Bundesländer gibt,[10] obwohl deren Bearbeitung z.B. für den für die Landesbibliographie Zuständigen, der ja in der Materie bestens Bescheid weiß und alle zu verzeichnenden Nachschlagewerke in seiner Bibliothek zur Hand hat, eine Kleinigkeit sein dürfte (vorausgesetzt natürlich, daß er bereit ist, neben seinem Tagesgeschäft in eine solche Aufgabe Zeit zu investieren). Von solchen Führern für einzelne Bundesländer abgesehen, mit deren Bearbeitung auch weiterhin kaum zu rechnen sein dürfte, müßte bei einer Neubearbeitung des vorliegenden bewährten Führers, für den alle an der landeskundlichen Information Interessierten dem Kollegen aus Hannover Dank wissen, dessen Inhalt beherzt ausgeweitet werden, also z.B. nicht nur, wie schon in allen Auflagen, die Bände von Kröners Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, sondern auch die inzwischen zahlreichen deutschen Stadtlexika[11] berücksichtigt werden. Selbstverständlich gehörte dazu auch die große und ständig wachsende Zahl von Landesbiographien, um nur noch einen weiteren Typ von Informationsmittel zu nennen. Es wird sich weisen, ob die genannte Arbeitsgruppe dergleichen in ihren Arbeitsplan aufzunehmen bereit ist und ob sie ein derartiges Vorhaben dann auch wirklich in die Tat umsetzt.

sh


[1]
102 S. - (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie : Sonderh. ; 7). (zurück)
[2]
106 S. - (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie : Sonderh. ; 7). - Vgl. ABUN in ZfBB 25 (1978),1, S. 56 - 58. (zurück)
[3]
Daß er sich nie dazu entschließen konnte, die Berichterstattung auf alle deutschsprachigen Länder, also insbesondere auf die deutschsprachige Schweiz auszuweiten, ist in Anbetracht der soliden Tradition der Schweizer Kantons-Bibliographien ausgesprochen bedauerlich. (zurück)
[4]
Es sind gerade 30 Titel, die hier im Verfasseralphabet (eine Gliederung nach Regionen wäre besser gewesen) zusammengestellt werden. - Zu ergänzen wäre: Die Entwicklung der bibliographischen Arbeit in der Pfalz bis zum Jahre 1951 / Hartmut Harthausen. // In: Stadtbibliothek und Regionalbibliothek : Festschrift für Hans Moritz Meyer / hrsg. von Hedwig Bieber ... - Berlin : Deutscher Bibliotheksverband, 1975, S. 185 - 190.
Eine Dokumentation von derartigen Beiträgen sowie von Rezensionen ist auf Beschluß der o.g. Arbeitsgruppe zusammengetragen worden und umfaßt inzwischen beinahe 200 Titel. Interessenten können sich an folgende Anschrift wenden: Walter Fiedler-Barth, Universitätsbibliothek Würzburg, Am Hubland, 97074 Würzburg, Tel. 0931/8885914, E-Mail:
landeskunde@bibliothek.uni-wuerzburg.de (zurück)
[5]
Diese sind erstmals berücksichtigt, was gleichfalls zur Vermehrung der Titelzahl beiträgt. (zurück)
[6]
Nr. 124, s.u. IFB 97-1/2-219. - Die neue Bibliographie der Geschichte von Ost- und Westpreußen, deren Jg. 1994 zwar das Erscheinungsjahr 1996 trägt, aber erst 1997 ausgeliefert wurde (s.u. IFB 97-1/2-225), ist gleichfalls - mit eingeschobener Nummer 339a - registriert, aber vermutlich nicht näher geprüft worden, da man sonst eine Annotation hätte erwarten dürfen. (zurück)
[7]
Kleiner Führer durch das Hamburg-Schrifttum / Gerhard Meyer. - Hamburg : Verein für Hamburgische Geschichte, 1994. - 169 S. - (Beiträge zur Geschichte Hamburgs ; 48). - ISBN 3-923356-60-9 : DM 24.00 [4096]. - S.u. IFB 97-1/2-222. (zurück)
[8]
So etwa die zahlreichen Bibliographien von Erhard Fischer über Schorndorf. - Immerhin hätte der Verfasser hier Beispiele "für eine regionale reine Bibliographie von Zeitungsartikeln" finden können, für die er kein Beispiel zitieren konnte (S. 27): Schorndorfer Zeitungsindex : ... / Erhard Fischer. - Schorndorf, 1982. - 109 S., die sogar - mit eingeschränktem Erfassungsrahmen - eine laufende Fortführung in Jahres- und Mehrjahresbänden u.d.T. Schorndorf ... in Berichten der Stuttgarter Zeitung erfahren hat. (zurück)
[9]
Friedrichshafener Bibliographie / Bearb.: Georg Wieland. - Stand der Bearb.: 1995 ff., Rohfassung mit teilweise unvollständigen bibliographischen und historischen Daten. - Friedrichshafen : Stadtarchiv. - Die einzelnen (zahlreichen) Lieferungen - nach den Hauptstellen der Systematik eingeteilt - erscheinen auf dem jeweiligen Bearbeitungsstand, bei dem jeweils auch angegeben ist, wieviel Prozent des geschätzten Umfangs an Titeln bisher erfaßt wurden.
Bei den im Abschnitt Baden-Württemberg allein aufgeführten Lokalbibliographien für Esslingen und Schwäbisch Hall wundert man sich natürlich über die getroffene Auswahl. Selbst wenn die zahlreichen Bibliographien für kleine Orte sowie die Lokalbibliographien ganz geringen Umfangs berechtigterweise nicht verzeichnet wurden, so hätten doch die folgenden mindestens dasselbe Recht auf Berücksichtigung wie die für die beiden genannten Orte: Geschichte Heidelbergs ... / Ilse Pfeffer. - 1981. - 115 S. - Kreisbibliographie Ludwigsburg / Lothar Buck (Hrsg.). - 1983. - 483 S. - Geschichte der Stadt Pforzheim / Hans Georg Zier. - 1982. - 405 S. - Pforzheim in Vergangenheit und Gegenwart / Renate Begemann. - 1988. - 128 S. - Der Landkreis Ravensburg ... / Hans U. Rudolf. - 1990. - 976 S. (zurück)
[10]
Im Unterschied zu den immerhin vorhandenen Bibliographien der regionalen Bibliographien einzelner Territorien, z.B. Nr. 121 und Nr. 304 (hier fehlt die unbedingt notwendige Verweisung vom Unterabschnitt Lippe auf Westfalen; nur das Register führt unter Lippe zur gesuchten Nummer). (zurück)
[11]
Vgl. IFB 95-2-281 - 289 sowie weiter unten 97-1/2-218; 220 - 221. (zurück)

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