Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 1/2
[ Bestand in K10plus ]

Flämische Barockmalerei


97-1/2-173
Flämische Barockmalerei : Meisterwerke der Alten Pinakothek München ; eine Publikation des MARC-Projektes / [Hrsg.: Bayerische Staatsgemäldesammlungen]. Andreas Burmester ... [Red.: Susanne Wagini. Übers. ins Englische: Michael D. Price ...]. - München : Hirmer, 1996. - 204 S. : zahlr. Ill. ; 31 cm. - ISBN 3-7774-7030-9 : DM 85.00
[3505]

Eine ganz besondere Abbildungsqualität präsentiert ein Katalog bzw. Bildband der Bestände an Flämischer Barockmalerei der Alten Pinakothek in München, stellt er doch zugleich das Ergebnis eines Projekts zur Anwendung digitaler Verfahren bei der Herstellung von farbigen Kunstreproduktionen dar, des sog. MARC-Projekts (Methodology of Art Reproduction in Colour). Die bisher übliche analoge Aufnahme- und Reproduktionstechnik bei der Erstellung von Kunstdrucken für Kataloge usw. war u.a. gekennzeichnet durch die Verwendung nicht völlig alterungsbeständiger Materialien (Farbfilme, Photoabzüge) und durch deutliche Qualitätsverluste bei der Herstellung besonders hinsichtlich der Farbtreue gegenüber dem Original. Dadurch notwendige Farbkorrekturen und -angleichungen wurden zudem meist "nach Augenschein" vorgenommen; insgesamt lassen sich die Ergebnisse bisher üblicher Reproduktionsverfahren für Kataloge, Kunstpostkarten etc. am besten mit den Begriffen Stichigkeit und Intensitätsabweichung bei der Farbwiedergabe charakterisieren. Die aus diesen technischen Unzulänglichkeiten resultierende Notwendigkeit, photographische Vorgänge zu wiederholen (für neuere, bessere Vorlagen), bedeutete eine nicht unerhebliche Belastung auch für das Kunstwerk selbst. Das neue Verfahren der digitalen Photographie und Reproduktion soll sowohl die Beeinträchtigung des Kunstwerks reduzieren als auch zugleich höchste Qualität der Abbildung gewährleisten. Ohne an dieser Stelle im Detail auf die technische Seite des neuen Verfahrens eingehen zu können - sie sind im Vorwort zum Katalog beschrieben und zur Zeit auch im Internet[1] abrufbar - seien hier nur die wichtigsten Elemente genannt: Es handelt sich um ein digitales Aufnahmeverfahren mit Hilfe einer Spezialkamera, die eine sehr hohe Bildauflösung von bis zu 20.000 mal 20.000 Bildpunkten pro Aufnahme ermöglicht; mit Blick insbesondere auf die Leistungsmöglichkeiten des nachfolgenden Druckverfahrens und die Speicherkapazität des weiterverarbeitenden Computers wurden allerdings die Werte auf die Hälfte reduziert (10.000 mal 10.000 Bildpunkte), was jedoch immer noch eine sehr hohe Auflösung darstellt. Für den nachfolgenden Druck steht damit eine hochdifferenzierte, veränderungsresistentere und somit langlebige Vorlage zur Verfügung, die zudem Möglichkeiten für gute Ausschnittsreproduktionen bietet und die Notwendigkeit einer wiederholten Heranziehung des Originals für Neuaufnahmen usw. im Prinzip unnötig macht. Zur Farbkalibierung und zu stärkerer Farbtreue bei der späteren druckgraphischen Umsetzung werden zudem vorab Farbkontrollkarten erstellt; Korrekturen erfolgen dann auch beim Drucken nicht mehr nach Augenschein, sondern ausschließlich über diese Kontrollkarten.

Die ersten Ergebnisse der mit Hilfe des MARC-Projekts in München erstellten Aufnahmen soll der vorliegende Bildband demonstrieren: In der Tat bietet er gerade im Vergleich zu bisherigen Reproduktionen ein erhebliches Mehr an bildlicher und insbesondere farblicher Differenzierung. Wieweit sich aber die Abbildungsqualität wirklich dem Original annähert, könnte man nur vor dem Original selbst prüfen. Gleichwohl kann man festhalten, daß der vorliegende Bildband die bisherigen Verfahren zur Herstellung von Abbildungen zur Diskussion stellt, auf jeden Fall aber die derzeit angebotenen CD-ROM- und sonstigen Computer-Bilder hinsichtlich ihrer Bild- und Farbqualität als indiskutabel erscheinen läßt. Hier ist ein gedruckter Katalog - wenn er Abbildungen von der Qualität des vorliegenden enthält - als Auskunfts- und wissenschaftliches Arbeitsinstrument derzeit von keinem anderen Medium zu ersetzen; er läßt sich nicht mit dem Etikett "opulenter Bildband für Liebhaber" abtun, sondern ist vielmehr - wie im vorliegenden Fall für die Alte Pinakothek - bildliche Ergänzung früherer Kataloge und Informationsmittel zu den Beständen. Was die Textinformationen betrifft, so ersetzt dieser Band allerdings keinen der älteren Kataloge, stellt er selbst doch nur einen Auswahlband zur flämischen Barockmalerei mit den auf das Allernotwendigste reduzierten Katalogdaten dar, der sich bei den die Abbildungen begleitenden Texten eher an den Bedürfnissen eines breiten Publikums orientiert.

Angela Karasch


[1]
http://www.hart.bbk.ac.uk/marc.html (zurück)

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