Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 1/2
[ Bestand in K10plus ]

Marburger-Index-Datenbank [Computerdatei]


97-1/2-166
Marburger-Index-Datenbank [Computerdatei] : Wegweiser zur Kunst in Deutschland = Marburger Index database / Hrsg.: Bildarchiv Foto Marburg ; Computer & Letteren Utrecht. - München [u.a.] : Saur
[3517]
Ausg. 2 (1996). - 1 CD-ROM + Benutzungsanleitung [zur 1. Aufl. 1995] in Behältnis. - ISBN 3-598-40340-2 : DM 2480.00, DM 1580.00 (für Forts.bezieher)

Im Rahmen einer Komplexrezension großer Bildinventare auf Mikrofiche wurde 1994 auch der Marburger Index in IFB ausführlich vorgestellt.[1] Alles Wissenswerte über Entstehungsgeschichte und Sammlungsumfang[2] (derzeit fast 1,2 Millionen Abbildungen zur Kunst in Deutschland) des Marburger Index, seine thematischen Schwerpunkte, die Anlage, die Erschließung durch Mikrofiche-Register sowie die Hilfsmittel zur ikonographischen Erschließung kann man dort nachlesen, was für das im folgenden dargestellte Verhältnis der neuen Ausgabe der Marburger-Index-Datenbank zu den älteren Marburger Unternehmungen nützlich ist.

1 Entstehungsgeschichte

Fußend auf dem 1991 begonnenen Gemeinschaftsprojekt von sieben deutschen Museen zur "EDV-gestützten Katalogisierung in Großen Museen", dem seit 1993 bestehenden Programm zur "EDV-gestützten Inventarisation und Dokumentation des Historischen Baubestands in Ostdeutschland" einzelner Landesdenkmalämter, dem seit 1994 laufenden Programm "EDV-gestützte Dokumentation in Forschung und Lehre Ausgewählter Universitätsinstitute", im Verbund mit der Redaktion des Allgemeinen Künstlerlexikons (AKL) in Leipzig, der Deutschen Photothek der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden, dem Rheinischen Bildarchiv in Köln und der Photothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz und inzwischen weiterer Institutionen führt das Bildarchiv Foto Marburg alle diese auf Grundlage des Regelwerks MIDAS (Marburger Informations-, Dokumentations- und Administrationssystem) erstellten Daten unter der Bezeichnung "Digitales Informationssystem für Kunst- und Sozialgeschichte" (DISKUS) zusammen.[3] Aus dieser Datenbank werden seit 1994 nun Teilbereiche auf CD-ROM publiziert, nämlich Bestandskataloge einzelner Museumssammlungen sowie - als umfassenderes Produkt - die Marburger-Index-Datenbank.

2 Inhalt und Funktion

Diese 1995 erstmals und 1996 in aktualisierter Form publizierte Ausgabe der Marburger-Index-Datenbank stellt somit im Gegensatz zu manch anderen CD-ROM-Produkten in ihrer Basis keine bloße Medienkonvertierung der bisherigen (Bild-)Datensammlung dar. Vielmehr ist sie als ein eigenständiges Nachfolgeprojekt konzipiert, das die Marburger Mikrofiche-Bildsammlung mit ihren komplizierten und letztlich begrenzten Erschließungsformen nicht nur mit den verbesserten Möglichkeiten des neuen Mediums fortschreibt, sondern wesentlich umfassendere Informationen zur Kunst in Deutschland in Form einer einheitlichen Datenbank anbieten will. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt dabei derzeit nicht in der Veröffentlichung und Erschließung von Architekturabbildungen (sie bildeten die Basis der Mikrofiche-Sammlung), sondern in Informationen zu "beweglichen" Kunstwerken in Deutschland. Die Ausgabe 1996 der Marburger-Index-Datenbank erschließt insgesamt ca. 150.000 Kunstwerke in Deutschland aus den Gebieten Malerei, Skulptur, Zeichnung, Buchmalerei, Graphik und Photographie. Die direkten Informationen in digitalisierter Text- und Bildform werden durch Angabe der jeweiligen Mikrofiche- und Feldnummer für jene Objekte ergänzt, die auch in der Mikrofiche-Ausgabe abgebildet sind. Ebenso wird auf die Mikrofiche-Ausgabe des Archivs der Witt Library in London[4] verwiesen. Die Marburger-Index-Datenbank übernimmt somit auch Registerfunktion für einen Teil des Marburger Index und - in geringerem Umfang - auch für die Witt Library. Trotz dieser Funktion wird spätestens mit der neuen Ausgabe der Marburger-Index-Datenbank deutlich, daß deren primäre Intention tendenziell weder in der EDV-gestützten Registerzusammenführung für die Mikrofiche-Ausgabe noch primär in der Ermöglichung multidimensionaler Einstiegs- und Recherchemöglichkeiten für den alten Marburger Index liegt. Vielmehr wird eine zunehmend von diesem unabhängige neue Datensammlung aufgebaut und bereits jetzt in beachtlichem Umfang mit Abbildungen in digitalisierter Form ausgestattet. Demgegenüber hat die Erschließung des Altbestandes, die sich auf die Überschneidungsfälle beschränkt, eher den Charakter eines zusätzlichen Service. Der Rekurs auf den Altbestand an Bilddaten ist nur noch in den Fällen von elementarer Bedeutung, in denen die Marburger-Index-Datenbank noch keine digitalisierte Abbildung anbietet, sie ist dagegen nicht primär als Hilfsinstrument oder Ergänzung zur Erschließung des Marburger Index anzusehen, weshalb dessen Register auf Mikrofiche weiterhin zu benutzen ist, da vorerst eine Bearbeitung der Architektur-Abbildungen für die Marburger-Index-Datenbank zurückgestellt wird.

Es bleibt also festzuhalten, daß es sich bei der Marburger-Index-Datenbank um eine eigenständig konzipierte Datenbank zur Kunst in Deutschland handelt, die alle Informationen möglichst einschließlich digitalisierter Abbildungen und die zugehörigen Erschließungswerkzeuge in einem Medium zusammengefaßt anbietet und für die der Marburger Index nur Ergänzungsfunktion für alle beweglichen Kunstwerke besitzt, für die derzeit noch keine digitalisierten Abbildungen verfügbar sind.

3 Anlage und Erschließung

Alle CD-ROM-Produkte von DISKUS folgen - da auf einem einheitlichen Datenbankkonzept beruhend - einem einheitlichen Schema (Datenstruktur und -aufbereitung, Zugriffs- und Recherchemöglichkeiten, technische Anforderungen usw.).[5] Dies gilt außer für die Marburger-Index-Datenbank auch für die in der Reihe DISKUS publizierten (Teil-)Bestandskataloge deutscher Museen auf CD-ROM.[6]

Der Eröffnungsbildschirm bietet sofort den Einstieg für individuell gestaltete Anfragen zu Kunstbeständen in Deutschland; Suchmasken differenzieren die Anfrage nach: 1. Objekten (Art des Objekts, Gattung, Material, Technik, Stichwörter), 2. Künstler (Künstlernamen, Geburtsort, Sterbeort, Geschlecht, Werkstatt, Auftraggeber), 3. Ort und Zeit (Entstehungsländer, Standort, Sammlung, Zeitrecherche), 4. Themen (dargestellte Personen, Orte, Regionen und Länder, Themenschlagwörter, thematischer Zusammenhang). Anfragen aus diesen verschiedenen Kategorien sind darüber hinaus mittels Boolescher Operatoren miteinander verknüpfbar. Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer sehr differenzierten ikonographischen Recherche über das Erschließungssystem ICONCLASS[7] mit Suchmöglichkeit über die Notationen der Systematik oder über die englischsprachigen Schlagwörter des ICONCLASS-Browsers. Wer die Praxis ikonographischer Recherchen mit Hilfe der gedruckten ICONCLASS-Systematik und des Mikrofiche-Registers zum Marburger Index kennt, wird die Vereinfachung dieses Suchverfahrens auf der CD-ROM zu schätzen wissen, dürfte doch erst jetzt diese Erschließungsform über einen kleinen Expertenkreis hinaus genutzt werden. Anders als die CD-ROMs der DISKUS-Reihe erlaubt die Marburger-Index-Datenbank in der vorliegenden Ausgabe aber keine Recherche im sog. Expertenmodus, also keine Suche über das gesamte Kategorienschema des Regelwerks MIDAS. Benutzermenüs und Hilfefunktionen (umfassend und übersichtlich präsentiert) werden deutsch- oder englischsprachig angeboten; die Objektbeschreibungen sind deutschsprachig; der ICONCLASS-Browser arbeitet dagegen nur mit englischen Schlagwörtern. Als Form der Ergebnis-Anzeige stehen zur Verfügung: Überblicksliste (Kurzanzeige zu Künstler und Werk mit Kleinstabbildung), Galerie (Zusammenschau aller Abbildungen zu einer Anfrage), Vollanzeige (ausführlicher Eintrag zu einem Werk; er ist durch Markierung sowohl von der Überblicksliste als auch von der Galerie aus zu erreichen) und Großbild. In der Vollanzeige zu einem Werk, also dem Haupteintrag, kumulieren schließlich alle Informationseinstiege und werkspezifischen Recherchemöglichkeiten.

Die Einzelobjektbeschreibung in der Vollanzeige orientiert sich am Standard der Kunstwerkinventarisierung: Künstler, Titel des Werks, Datierung, technische Angaben, Maße, Signaturhinweis, Abbildung (direkt in digitalisierter Form und/oder indirekt durch Lokalisierungshinweis auf dem Marburger Index und gegebenenfalls dem Mikrofiche der Witt Library), Besitz- und Zugangsvermerke der besitzenden Institution, Ausstellungs- und Literaturnachweise, Angabe der Urheber-Institution für den Eintrag und entsprechender Photonachweis. Ergänzt werden diese Grundinformationen im Eintrag durch umfangreiche ikonographische Informationen zum Objekt. Sie werden sowohl als ICONCLASS-Notation als auch in deutscher und englischer (rudimentärer) Verbalisierung angeboten. Über die einzelne ICONCLASS-Notation ist ein direkter Zugriff auf die Systematik im unmittelbaren Umgebungsbereich möglich. Sensitiv von der Oberfläche und somit vom Inhalt her mehrschichtig angelegt sind auch weitere Informationen: Über den Künstlernamen sind in jedem Fall biographische Eckdaten auf Grundlage des Thieme/Becker/Vollmer abrufbar, zunehmend aber auch als Volltext auf Grundlage des AKL. Allerdings geht die Nutzung des AKL-Materials nicht unbedingt Hand in Hand mit dem Bearbeitungsstand des AKL zum Zeitpunkt der Datenbankpublikation, sondern spiegelt eher den Stand zur Zeit der Objekteintragserstellung für die Datenbank. Für die Updates der Datenbank wäre natürlich auch eine Aktualisierung dieser Sekundärdaten sehr wünschenswert. Des weiteren sind die Kurzangaben im bibliographischen Teil durch Aufruf spezifizierbar.

4 Gesamtbewertung

Trotz dieser in vielen Punkten nur summarischen Charakterisierung der Marburger-Index-Datenbank dürfte deutlich geworden sein, daß mit dieser Datenbank ein insbesondere für wissenschaftliche Bibliotheken unverzichtbares, eigenständiges Nachweis- und Erschließungsinstrument zur Kunst in Deutschland vorliegt, das zudem mit jedem Update an Bedeutung gewinnt, dabei aber den alten Marburger Index samt seinem Register auf Mikrofiche noch längere Zeit nicht ersetzen wird. Die inhaltliche und technische Aufbereitung der Daten in der Marburger-Index-Datenbank gibt kaum Anlaß zu grundlegender Kritik. Eine schnelle Gewöhnung an diese (wirklich unkomplizierte) Form der Datenpräsentation ist zudem für die Benutzung anderer deutscher kunsthistorischer Datenbanken auf CD-ROM sehr zweckdienlich, haben doch Verlag und Herausgeber der Marburger-Index-Datenbank zur Zeit in Deutschland soz. ein Monopol für digitalisierte kunsthistorische Verzeichnungsprojekte und bieten ihre Produkte entsprechend gleichartig strukturiert an. Dieser Vorteil ergibt sich letztlich vor allem aber aus der fast einzigartigen Bündelung von EDV-gestützten kunsthistorischen Erfassungs- und Erschließungsunternehmungen in Deutschland unter dem Dach vom Bildarchiv Foto Marburg, der dabei erfolgten Zugrundelegung eines einheitlichen Regelwerks und der Nutzung der so erstellten einzelnen Datensammlungen in einer umfassenden gemeinsamen Datenbank, die in der hier besprochenen Marburger-Index-Datenbank vermarktet wird. Bei den CD-ROMs der DISKUS-Reihe handelt es sich um Teilpublikationen für die Bestände einzelner Museen, deren Daten selbstverständlich auch über die Marburger-Index-Datenbank auf CD-ROM abrufbar sind. Überschneidungen gibt es ferner im Bereich der künstlerbiographischen Informationen zwischen der Marburger-Index-Datenbank und der ebenfalls bei Saur erscheinenden Künstler-Datenbank mit den Grunddaten aus dem Thieme/Becker/Vollmer und zunehmend aus dem AKL.[8] Abonnenten der Marburger-Index-Datenbank können also i.d.R. auf den Kauf der einzelnen CD-ROMs der DISKUS-Reihe verzichten, da die hier angebotenen Informationen über einzelne Museumsbestände - wenn sicher auch nicht immer zeitgleich, so doch längerfristig - immer auch in der Marburger-Index-Datenbank zur Verfügung stehen werden. In Zeiten knapper Haushaltsmittel ist dies ein für Kaufentscheidungen nicht ganz unwesentlicher Aspekt.

Angela Karasch


[1]
IFB 94-1-059 - 069, hier besonders 94-1-060 - 062. (zurück)
[2]
Das 3. Suppl. sollte die Lfg. 39 - 54 umfassen. Mit Datum vom 05.06.1997 wurden die Subskribenten vom Verlag davon unterrichtet, daß in Anbetracht des noch vorliegenden Materials 4 weitere Lieferungen bis zum Abschluß des 3. Suppl. erforderlich seien: Lfg. 55 wird für Juli 1997 angekündigt, Lfg. 58 für Juli 1998. (zurück)
[3]
Das Handbuch zum Regelwerk MIDAS liegt inzwischen in 3. Aufl. vor: Marburger Informations-, Dokumentations- und Administrations-System : (MIDAS) ; DISKUS, Digitales Informationssystem für Kunst- und Sozialgeschichte / hrsg. vom Bildarchiv Foto Marburg, Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte, Philipps-Universität Marburg. - München [u.a.] : Saur. - 25 cm. - [2281]. - Handbuch / Lutz Heusinger. - 3., überarb. Aufl. - 1994. - XXVIII, 593 S. - (Literatur und Archiv ; 4). - ISBN 3-598-22087-1 : DM 148.00. - Vgl. IFB 94-3/4-491. (zurück)
[4]
The Witt Library in the Courtauld Institute of Art. - Haslemere : Emmett Publishing. - [Grundwerk]. - 1990. - [Pt.] 1 - 4. - 14854 Mikrofiches. - ISBN 1-869934-28-8 : œ 25000.00. - 10 year update 1981/91. - 1992. - 5719 Mikrofiches + Printed microfiche contents list [56 S.]. - ISBN 1-869934-29-6 : œ 13860.00 [1994]. - Vgl. IFB 94-1-069. (zurück)
[5]
Als Systemvoraussetzungen gelten: IBM-kompatibler PC mit 80386 Prozessor, empfohlen werden 80486 oder mehr; mindestens 4 MB Arbeitsspeicher (RAM), empfohlen werden 8 MB oder mehr; zwar ist kein freier Speicherplatz auf der Festplatte nötig, empfohlen werden jedoch 27 MB für maximale Beschleunigung; MS-DOS 3.3 oder höher; MS Windows 3.1 oder höher; MS-DOS CD-ROM Extensions (MSCDEX); DIN/ISO 9660 CD-ROM-Laufwerk, empfohlen wird vierfache Geschwindigkeit; Maus. (zurück)
[6]
S.u. IFB 97-1/2-182 - 183. (zurück)
[7]
ICONCLASS : an iconographic classification system / H. van de Waal. Completed and ed. by L. D. Couprie ... - Amsterdam : North Holland Publ. Co., 1973 - 1985. - System. - 1 (1981) - 8/9 (1980). - Bibliography. - 1 (1983) - 8/9 (1980). - Index. - [1 - 3] (1985). - Zur Einführung erschien ein Handbuch:
Iconography, indexing, ICONCLASS : a handbook / by Roelof van Straten. - Leiden : Foleor Publishers, 1994. - XIV, 244 S. ; 25 cm. - ISBN 90-75035-03-9 : Hfl. 165.00 [2744]. - Vgl. IFB 95-2-222. (zurück)
[8]
Internationale Künstlerdatenbank [Computerdatei] : IKD ; CD-ROM-Ausgabe = World biographical dictionary of artists. - 1. Ausg. - München [u.a.] : Saur, 1993. - 1 CD-ROM + Handbuch in Behältnis. - ISBN 3-598-40246-5 - ISBN 3-598-40270-8 (Handbuch) : DM 3600.00, DM 2800.00 (Subskr.) [1775]. - Vgl. IFB 93-3/4-186 - 187.
Ab Ausg. 3 u.d.T.: Allgemeines Künstlerlexikon, Internationale Künstlerdatenbank. - Eine ausführliche Rezension der Anfang Juni 1997 ausgelieferten 4. Ausg. ist für IFB vorgesehen:
Allgemeines Künstlerlexikon, Internationale Künstlerdatenbank [Computerdatei] = World biographical dictionary of artists. - 4. CD-ROM-Ausg. - München [u.a.] : Saur, 1997. - 1 CD-ROM + Handbuch in Behältnis. - ISBN 3-598-40281-3 : DM 2400.00, DM 796.00 (für Bezieher der 3. Ausg.), DM 498.00 (für Bezieher der Buchausg. des AKL) [1776]. (zurück)

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