Die vorstehende Rezension war bereits zur Veröffentlichung fertig, als
der Verlag Harrassowitz die Bibliographie deutscher Literatur in
polnischer Übersetzung von Jacek St. Buras ankündigte, die dann Ende
1996 vorlag. Buras konnte offensichtlich die Konkurrenz im letzten
Stadium seiner Arbeit noch berücksichtigen.[4] So liegen, wie nicht
anders zu erwarten, jetzt zwei sich weitgehend überschneidende
Bibliographien vor, die sich beide auch in der Anlage zum Verwechseln
ähneln. Auch die Bibliographie von Buras beschränkt sich auf die
- nicht auf Autopsie beruhende (so muß man aus dem Vorwort, S. 11 - 12
schließen) - Verzeichnung allein der in Buchform veröffentlichten
Übersetzungen (auch hier ist ein zweiter Teil den Anthologien
vorbehalten), doch bietet er in zweierlei Hinsicht mehr als die
Konkurrenz: zum einen beschränkt er sich nicht auf die schöne
Literatur i.e.S., sondern bezieht auch Übersetzungen
geisteswissenschaftlicher Werke ein (darunter vor allem philosophische
und theologische), zum anderen weitet er die Berichtszeit auf die Zeit
vor 1800 einerseits und auf die Jahre 1991 - 1994 aus (während der
noch ausstehende dritte Teil der erstgenannten Bibliographie nur bis
1990 reichen soll und sein Erscheinen sich jetzt eigentlich erübrigt).
Bei den nicht-belletristischen Autoren fallen selbstverständlich die
seitenlangen Eintragungen für Engels und Marx ins Auge, man findet
aber auch populäre Sachbuchautoren wie C. W. Ceram. Der Zugewinn bei
den vor 1800 erschienenen Titeln ist dagegen bescheiden: der einzige
durch die Länge der Eintragung ins Auge fallende Autor, der von seinen
Lebensjahren überhaupt in diese Zeit fällt, und von dem auch polnische
Übersetzungen aus dem 16. Jahrhundert existieren, ist Martin Luther,
während z.B. polnische Leibniz-Übersetzungen bis auf eine von 1843
sämtlich aus dem 20. Jahrhundert stammen. Die Titel des Hauptteils
sind leider nicht durchnumeriert, so daß die Recherche, die von den
beiden Registern (der Verlage und der "Namen", hier
unverständlicherweise ohne Berücksichtigung der Namen der übersetzten
Autoren in Teil 1) ausgeht, eher mühselig ist, zumal die
typographische Gestaltung nicht besonders übersichtlich ist (so
insbesondere auch im Teil für die Anthologien). Das deutschsprachige
Vorwort gibt auch Hinweise zur sehr unterschiedlichen Intensität der
Rezeption deutscher Texte in Gestalt von Übersetzungen je nach den
Zeitläuften. Daß Deutsch auch nach der politischen Wende in Polen
- allerdings unter ganz anderen Marktgesetzen, was Einfluß auf die
Titelauswahl hat - zu den bevorzugten Ausgangssprachen zählt, belegt
ein Zeitungsartikel aus jüngster Zeit.[5]
Es ist ein Ärgernis, daß zwei sich weitgehend überschneidende
Bibliographien sich unnötige Konkurrenz machen ohne ein wirklich
erschöpfendes Bild von der Rezeption deutscher Literatur (und sei es
i.e.S.) in Polen zu geben. Dazu gehörte natürlich die Registrierung
auch der unselbständig nicht nur in Zeitschriften, sondern auch in
Buchpublikationen (jenseits der von beiden berücksichtigten
Anthologien) enthaltenen Übersetzungen. Diese belegt eindrücklich die
Rezeption von F. Hölderlin, die eben viel breiter ist, als sie sich
wegen der formalen Beschränkungen der beiden Bibliographien darstellt.
So fehlen die folgenden, mit Hölderlin-Übersetzungen hervorgetretenen
Übersetzer und die mit Kreuzchen markierten fehlen bei Buras sogar
völlig: Bogdan Baran, Leo Belmont (d.i. Leopold Blumental), S.
+Kulakowski, A. +Libera, Barbara Markiewicz, Stefan Napierski, Adolf
Sowinski, Alfred Tom.[6]
Für eine laufende Fortführung sowohl der in der zweiten Fußnote
erwähnten Bibliographie der Übersetzungen ins Deutsche als auch der
gerade besprochenen Bibliographie der Übersetzungen ins Polnische von
Buras sorgt das von Karl Dedecius, dem Übersetzer vom Polnischen ins
Deutsche begründete Jahrbuch des Deutschen Poleninstituts Darmstadt
mit der von Manfred Mack bearbeiteten bibliographischen Rubrik
Polnische Literatur in deutscher Übersetzung und der seit Jg. 7 von J.
Buras besorgten Rubrik Deutschsprachige Titel in polnischen
Übersetzungen; dazu kommt als dritte laufende Rubrik
Auswahlbibliographie deutschsprachiger Veröffentlichungen zu Polen,
die von Markus Krzoska stammt, der sich gleichfalls auf Monographien
beschränkt, diese aber fallweise annotiert. Gelegentlich enthält das
Jahrbuch auch kurze Spezialbibliographien.[7]
sh
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