Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 1/2
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Zweibrücker Buchdruck zur Fürstenzeit


97-1/2-045
Zweibrücker Buchdruck zur Fürstenzeit : das Buch- und Zeitungswesen einer Wittelsbacher Residenz ; 1488 - 1794 / Johannes Schöndorf. - Zweibrücken : Conrad + Bothner, 1995. - 276 S. ; 27 cm. - Enth. S. 243 - 262 Verzeichnis der Zweibrücker Drucke 1488 - 1794. - ISBN 3-924171-21-1 : DM 90.00. - (Verlagsdruckerei Conrad + Bothner, Postfach 1265, 66462 Zweibrücken)
[2755]

Mehr als 300 Jahre lokale Buchdruckgeschichte sind in dem insgesamt gut lesbaren und reich illustrierten Überblick von Johannes Schöndorf dokumentiert. Der Zweibrückener Mediziner hat nach mehreren kleineren Publikationen[1] darin nun die Ergebnisse seiner langjährigen Beschäftigung mit dem Buchdruck in seiner Heimatstadt - ein für die Buchgeschichte nach eigenem Eingeständnis eher peripheres Thema (S. 11) - zusammenfassend vorgestellt. Wer sich den Veröffentlichungen der sogenannten "interessierten Laien" sonst eher mit vorsichtiger Skepsis zu nähern gewohnt ist, wird von Schöndorfs Arbeit sicher positiv überrascht werden. Aus Bibliotheken, Archiven und privaten Sammlungen hat er seine Quellen zusammengetragen und in zehn chronologisch aufeinander folgenden, aber relativ selbständig aufgebauten Kapiteln ausgewertet. Eine Bibliographie der Zweibrücker Drucke von 1488 bis 1794 und die Wiedergabe von zwölf historisch relevanten Dokumenten bilden zusammen mit einem Namensregister den Anhang zum Text.

In den Abschnitten werden im einzelnen behandelt: der einzige Zweibrückener Inkunabeldrucker Jörg Geßler, die Druckgeschichte in der Regierungszeit Herzogs Johann I., das Wirken der Drucker Schmidt, Quantz, Frantz und Zeller im 17. und von Georg Nicolai, Johann Mengert und Pierre Hallanzy im 18. Jahrhundert. Dem französischen Buchdruck in Zweibrücken im späten 18. Jahrhundert, den Editiones Bipontinae und Nicolas Sanson bzw. dessen Buffon-Ausgabe sind die weiteren Kapitel gewidmet. Zuletzt werden das Zweibrückener Zeitungswesen und Ludwig Philipp Hahn besprochen.

Am besten schreibt Schöndorf da, wo er direkt aus den Quellen schöpft. Die Vorgänge gewinnen dann durch direkte Zitate oder zusammenfassende Paraphrasen Farbigkeit und Plastizität, etwa bei der Schilderung der "Affäre Mengert" (Kap. 5, S. 97 - 106). Demgegenüber nehmen sich die Diskussionen von Forschungsmeinungen und der Sekundärliteratur bisweilen etwas steif aus. Hier hätte vielleicht manches besser in Fußnoten Platz gefunden. Bei sehr speziellen Fragestellungen hat der Verfasser Auskünfte und Informationen von berufener Seite erbeten, z.B. im Fall der Typenbestimmung und der Ermittlung von Druckstöcken für Illustrationen in den Geßlerschen Inkunabeln. Hier zeichnen sich offenbar doch die Grenzen dessen ab, was ein Nicht-Fachmann leisten kann. Schöndorfs Buch bleibt durchgängig sehr nah an der Druckgeschichte im engeren Sinn. Das historische Umfeld wird nur insoweit beleuchtet, als es für die Geschichte der Drucker und ihrer Erzeugnisse wichtig ist. Es liegt auf der Hand, daß darüber hinaus noch viel zu den ökonomischen, sozialen, technischen oder kulturellen Entwicklungen vom 15. bis zum 18. Jahrhundert hätte gesagt werden können, doch bleiben Anmerkungen etwa zur Leserforschung oder zum historischen Stellenwert des aufkommenden Zeitungswesens unberücksichtigt.[2] Das macht die Darstellung zweifellos übersichtlich und stringent, aber da auf die Einbindung der Druckgeschichte in größere Zusammenhänge verzichtet wurde, ist das Buch oftmals voraussetzungsreicher, als es auf den ersten Blick scheint. Zielgruppe der Darstellung sind die "lokal- und regionalhistorisch interessierten Leser" (S. 11): Ob diese mit dem Reichtum an Fakten und Einzelheiten bei gleichzeitigem Verzicht auf interpretierende, abstrahierende oder relativierende Passagen zufriedenstellend bedient werden, bleibt abzuwarten.

Das Verzeichnis der Zweibrücker Drucke 1488 - 1794 (S. 243 - 262) basiert auf den Beständen öffentlicher Bibliotheken (so natürlich primär der Bibliotheca Bipontina) sowie von Privatsammlungen und strebt nach Vollständigkeit außer "bei Verordnungen und religiöser Gebrauchsliteratur". Die Kurztitel, die keinem einheitlichen Beschreibungsschema folgen, sind in der chronologischen Abfolge der Drucker/Verleger und innerhalb nach Erscheinungsjahren geordnet. Bei der bei weitem wichtigsten Zweibrücker Offizin wird nur mit Nummer und stark verkürztem Titel auf die einschlägige Bibliographie Bibliographie der Editiones Bipontinae von Burkard[3] verwiesen. Frühere Arbeiten zum Zweibrücker Buchdruck, insbesondere die von Burkard sind mit Schöndorfs Buch nicht überholt.

Fazit: Mit bewundernswertem Fleiß und allenthalben spürbarem Engagement hat Schöndorf ein interessantes und unterhaltsames Buch geschrieben, das die vorhandene Literatur ergänzt, teilweise auch ersetzt. Man wünschte sich vergleichbare Veröffentlichung auch zur Druckgeschichte anderer Orte.

Joachim Migl


[1]
U.a. Gutenberg-Jahrbuch. - 1992; Aus dem Antiquariat. - 1989,11; Philobiblon. - 38 (1994). (zurück)
[2]
Stattdessen werden z.B. thematisch geordnete Nachrichten aus der Zweibrücker Zeitung - mehr oder weniger unkommentiert - referiert, vgl. S. 208 - 225. (zurück)
[3]
Bibliographie der Editiones Bipontinae / Georg Burkard. - Zweibrücken : Conrad + Bothner, 1990. - 263 S. : Ill. - ISBN 3-924171-06-8. (zurück)

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