Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
[ Bestand in K10plus ]
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Russische Literatur im 20. Jahrhundert


96-4-541
Russische Literatur im 20. Jahrhundert / Johannes Holthusen. - 2., unveränderte Aufl. - Tübingen : Francke, 1992. - 330 S. ; 19 cm. - (Uni-Taschenbücher ; 695). - 1. Aufl. 1978. - Ursprüngl. u.d.T.: Russische Gegenwartsliteratur. - 1 (1963) - 2 (1968). - ISBN 3-7720-1270-1 (Francke) - ISBN 3-8252-0695-5 (UTB) : DM 32.80
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Die westlichen Darstellungen zur russischen Literatur des 20. Jahrhunderts, die nach dem Ende der Sowjetunion entstanden sind, haben jeweils nur einen Ausschnitt ausgewählt. Doch nicht nur aus diesem Grunde behalten ältere Werke, die sich ebenfalls auf unser Jahrhundert beschränken, ihre Bedeutung. Johannes Holthusen (1924 - 1985) hat hier ein Werk geschaffen, dessen bleibende Gültigkeit durch eine Neuauflage 1992 bestätigt wurde. Er hat sein Buch nicht mit dem Umbruch durch das Sowjetregime 1917 begonnen, sondern eine Erfassung des Jahrhunderts von Anfang an gewählt. Sein Abschluß fällt auf die Mitte der siebziger Jahre (in der ersten Auflage 1967), und der Einschnitt - 1940, Kriegsbeginn - findet sich noch in der vierbändigen Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Durch den frühen Anfang sind die älteren Schriftsteller der Ersten Emigration automatisch einbezogen, denn ihre Bedeutung begann vor Lenins Staatsstreich, doch die jüngeren wie Nabokov, Gorlin oder Mutter Marija fehlen. Die überarbeitete Fassung reicht in den Beginn der Dritten Emigration hinein. Die entsprechenden Autoren sind zwar nur mit ihrem Schaffen in der Sowjetunion, doch wenigstens mit dem Hinweis auf Auslandsveröffentlichungen und Ausreise berücksichtigt. Die Mehrzahl der Unterkapitel in dem klar gegliederten Werk erfaßt auf etwa drei Seiten einen Autor, gelegentlich zwei Autoren. Übergreifende Kapitel beschreiben die historische Entwicklung, besondere Darstellungsweisen wie die unterdrückte absurde Dichtung der "Oberiuten" mit Daniil Charms oder die vom Staat besonders gefürchtete Satire, andere sind dem "revidierten Kriegsbild" oder Besonderheiten literarischen Gestaltens wie "Dichtung aus der Reflexion" gewidmet. Die sprachlich bedingte Einbeziehung des Tschuwaschen Gennadi Aigi ist berechtigt, der ästhetisch bedingte Verzicht auf Ostrowski ebenso. Rasputin wurde erst Mitte der siebziger Jahre bekannt, Trifonow hätte aber aufgenommen werden können. Grundsätzlich verbindet Holthusen den Blick auf den Inhalt mit dem auf die Form, stellt das Biographische zurück und bezieht das Politische im Schicksal des einzelnen ein. Das Register enthält nur Namen, keine Werke.
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