Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
[ Bestand in K10plus ]

Historical dictionary of Greece


96-4-533
Historical dictionary of Greece / by Thanos M. Veremis and Mark Dragoumis. - Lanham, Md. ; London : Scarecrow Press, 1995. - XVII, 258 S. ; 23 cm. - (European historical dictionaries ; 5). - ISBN 0-8108-2888-X : $ 32.50
[3542]

Das Historical dictionary of Greece untergliedert sich in ein Kürzelverzeichnis, eine chronologische Übersicht der bedeutendsten Ereignisse der Geschichte Griechenlands von 1821 bis 1993, eine 17seitige Einführung in die Entwicklung des Landes während des 20. Jahrhunderts, den eigentlichen Lexikon-Teil mit etwas über 160 Artikeln im Umfang von 6 Zeilen (Karaiskakis) bis gut 3 « Seiten (Geography und Language), 59 Seiten Literaturangaben und 4 Appendizes mit den Königen Griechenlands, den Staats- und Ministerpräsidenten und basic data zu Land und Leuten.

Alle Texte, auch die zu den griechischen Parteien und zu den griechisch-türkischen Beziehungen, zeichnet die in einem Nachschlagewerk zu erwartende Sachlichkeit aus. Griechische Begriffe werden in griechischer Sprache, aber mit lateinischen Buchstaben und, wenn nötig, mit englischen Erklärungen angeboten. Von Querverweisungen wird in ausreichendem Maße Gebrauch gemacht.

Wenngleich der Geschichte, der Gesellschaft und Wirtschaft mit zusammen mehr als 60% der Artikel das Hauptinteresse der durch zahlreiche Veröffentlichungen auf diesen Sektoren als kompetent ausgewiesenen Autoren gilt, sind auch die anderen Bereiche im großen und ganzen angemessen berücksichtigt. Es fehlt allerdings ein Beitrag zum griechischen Gesundheitswesen und erstaunlicherweise fehlt auch Mikis Theodorakis. Am Ende des Bandes hätte man sich ein Register wenigstens der Personennamen gewünscht, die im Lexikon kein Lemma erhalten haben.

Der Titel des Werkes ist irreführend. Trotz gelegentlicher, nicht immer glücklich gewählter, Rückgriffe auf die große Vergangenheit, geht es den Autoren primär um Neugriechenland. Wohin das ungenügend durchdachte Konzept führen kann, läßt sich am Beispiel Byzanz demonstrieren. Während mit Hesychasmus und Ikonoklasmus zwei Begriffe, die nur noch für Spezialisten von historischem Interesse sind, auf zusammen nicht weniger als 4 Seiten erklärt werden, fällt die auch heute noch omnipräsente byzantinische Kunst durch das Netz, das mit dem im 19. Jahrhundert beginnenden Artikel Art und einem Beitrag zu Byzanz, der sich auf die politische Geschichte beschränkt, weit um sie herumgelegt ist. Auch Schwächen in der Gewichtung (Maria Callas mit fast 2 Seiten, E. Venizelos mit weniger als 1 Seite) sowie die schier überwältigende Zahl von Versehen und Fehlinformationen erwecken den Eindruck, daß ungute Hast ein besseres Ergebnis verhindert hat.[1]

Trotz ihres Umfangs ist die angeblich Monographien der Jahre 1821 (das älteste angeführte Werk stammt von 1881) bis 1993 und zwischen 1978 und 1993 erschienene Zeitschriftenaufsätze auswählende, nach Sachgruppen geordnete, Bibliographie der schwächste Teil des Werkes. Platzmangel, wie die Autoren behaupten, war jedenfalls nicht entscheidend für die fast ausschließliche Beschränkung auf englischsprachige Literatur. Die bibliographische Beschreibung der 17bändigen Werkausgabe von K. Palamas z.B. hätte weit weniger Raum erfordert als die drei englischen Übersetzungen seines Dodekalogos tu Jiftu. Geistige Inzucht also. Und Fehler zum Sattsehen!

In Griechenland, wo in fast allen Wissenschaftsdisziplinen neben Fachbibliographien Handbücher und Lexika dringend erwartet werden, schließt dieses Lexikon keine Lücke. Aber wo sonst, solange die vornehmste Tugend von Nachschlagewerken ihre Zuverlässigkeit ist?

Winfried Uellner


[1]
So wurde Cavafy nicht 1862 geboren (S. 37), Kazantzakis nicht 1885 (S. 106), K. Politis nicht 1893 (S. 117), Vizyinos starb nicht 20jährig 1869 (S. 115), Konstantinopel wurde nicht 1452 (!) von den Türken erobert (S. 93), die Ionischen Inseln kamen nicht 1863 zu Griechenland (S. 93), die Mutter des griechischen Königs Georg I. stammte nicht aus dem Hause Essen (S. 82) usw. usf. (zurück)

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