Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
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Das neue Lexikon der Musik


96-4-470
Das neue Lexikon der Musik : [in vier Bänden ; auf der Grundlage des von Günther Massenkeil hrsg. Grossen Lexikons der Musik (1978-82/1987), einer Bearbeitung des Dictionnaire de la musique von Marc Honegger (1976)] / [red. Bearb. der Neuausg.: Ralf Noltensmeier (Text) ; Gabriela Rothmund-Gaul (Abbildungen)]. - Neuausg. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1996. - Bd. 1 - 4. - Ill. ; 25 cm. - ISBN 3-476-01338-3 : DM 398.00, DM 348.00 (Subskr.-Pr. bis 30.04.97)
[3623]
96-4-471
Riemann-Sachlexikon Musik / hrsg. von Wilibald Gurlitt und Hans Heinrich Eggebrecht. - Sonderausg., Reprint von Riemann-Musiklexikon, Sachteil, 12. völlig neubearb. Aufl., 1967. - Mainz [u.a.] : Schott, 1996. - XIII, 1087 S. ; 26 cm. - ISBN 3-7957-0032-9 : DM 98.00, DM 78.00 (Subskr.-Pr. bis 31.03.1997)
[3595]

Neben den drei großen, vielbändigen Musiklexika behaupten weitere, mittelgroße Lexika ihren Platz als Standardwerke und erfreuen sich nicht zuletzt dank der allgemeinverständlichen und doch wissenschaftlich zuverlässigen Präsentation der Sachverhalte sowie auf Grund ihres moderaten Preises und ihres auch für die Privatbibliothek zuträglichen Platzbedarfs fortdauernder Beliebtheit bei Musikstudenten und Musikliebhabern. Dazu gehört neben dem Riemann-Musiklexikon, auf dessen Sachteil weiter unten noch ausführlicher eingegangen wird, und dem Brockhaus-Riemann-Musiklexikon das Dictionnaire de la musique,[1] das in einer überarbeiteten deutschen Übersetzung, bekannt unter dem Zitiertitel Honegger-Massenkeil[2] nach der Zahl der Auflagen zu schließen, ein Erfolg war. Die deutsche Ausgabe ist weit mehr als eine bloße Übersetzung: der Text wurde auf den neuesten Stand der Forschung gebracht, Stichwörter und Artikel wurden im Hinblick auf den deutschen Benutzerkreis adaptiert, Personen- und Sacheinträge, die ursprünglich getrennt erschienen, in einem Alphabet vereinigt und darüber hinaus wurden über 600 Artikel zu Bühnenwerken (es handelt sich um das Standardrepertoire) hinzugefügt, was bis dahin kein vergleichbares Lexikon bot.

Das neue Lexikon der Musik erweitert den Honegger-Massenkeil um zahlreiche Artikel zu Personen und Musikgruppen hauptsächlich aus den Bereichen Pop, Rock und Jazz. Laut Vorwort "wurden lediglich die Artikel über lebende Musikwissenschaftler sowie die Angaben zur Sekundärliteratur [ausgeschieden]". Ersteres ist eine Behauptung, die nicht den Tatsachen entspricht, ergab doch eine Auswertung des Buchstaben A, daß - im Gegensatz zu Sachartikeln - eine ganze Reihe von Personenartikeln nicht übernommen wurden. Mit letzterem spart sich der Verlag dann gleich die Mühe, die bibliographischen Angaben auf den neuesten Stand bringen zu müssen, worauf der Benutzer eigentlich ein Anrecht hätte. Einige Artikel wurden überarbeitet bzw. neu geschrieben, die Illustrationen durch neue ersetzt, wobei unbekannteren der Vorzug gegeben wurde. Insgesamt umfaßt Das neue Lexikon der Musik[3] mehr als 10.000 Artikel, davon 6000 zu Personen, über 600 - wie bereits sein Vorgänger - zu Bühnenwerken (diese Artikel wurden unverändert übernommen), sowie 700 Abbildungen, darunter 200 farbige. Die Artikel sind, wie schon beim Vorgänger, nur teilweise gezeichnet.

Im Gegensatz zum Lexikon aus dem Metzler-Verlag kann das erstmals 1882 erschienene Riemann-Musiklexikon auf eine wesentlich längere Tradition zurückblicken. Sein zuletzt in der 12., völlig neubearb. Aufl. 1967 erschienener Sachteil liegt jetzt in einer unveränderten broschierten Sonderausgabe vor. Auch wenn deswegen neuere Entwicklungen der Musikgeschichte - nur ein Stichwort Minimal music sei genannt - gar nicht bzw. solche im Bereich der Popularmusik zu wenig berücksichtigt sind, so besitzt der Riemann doch einen Vorteil, der ihn unschlagbar macht, nämlich die Vielzahl der Artikel für Länder, Regionen und Orte, zu denen er Literatur - ggf. einschließlich Ausgaben von Musica practica - verzeichnet und damit die Funktion einer Bibliographie übernimmt. Kein anderes Musiklexikon bietet dies in derselben Ausführlichkeit, weshalb der Sachteil des Riemann trotz des dreißig Jahre zurückliegenden Bearbeitungsstandes keineswegs als überholt betrachtet werden darf. Stark vertreten sind übrigens auch kirchenmusikalische Begriffe, die Das neue Lexikon der Musik oft nicht kennt, z.B. Akathistos hymnos, Altslawischer Kirchengesang, Ananeanes, Asperges me, Auto (sacramental), Ave Maria, Ave maris stella, um nur einige wenige aus dem Buchstaben A zu nennen. Die Artikel sind bis auf die der engeren Mitarbeiter namentlich gezeichnet. Der Personenteil des Riemann ist demgegenüber viel stärker veraltet, was wohl auch der Grund dafür ist, daß ihn der Verlag nicht in unveränderter Form wieder vorgelegt hat. Daß gerade der Personenteil des Riemann noch vor dem New Grove (aber nach der neuen MGG, sobald deren Personenteil vorliegt) nach Ausschöpfung der allgemeinen Nachschlagewerke als maßgebliches fachliches Nachschlagewerk für die Namensansetzung von Musikern im Südwestverbund und für die RSWK heranzuziehen ist, obwohl die von ihm verwendeten Namensformen häufig von denen der anderen Lexika abweichen, ist ein weiteres Beispiel dafür, mit wie wenig Sachverstand die Festlegung der für die Ansetzung in unseren Katalogen heranzuziehenden Nachschlagewerke teilweise erfolgt ist.

An den Schluß sei ein übersichtlicher Vergleich der Lexika in tabellarischer Form gestellt, der außer den hier besprochenen bzw. erwähnten zwei weitere, bereits früher rezensierte kleinere Musiklexika einbezieht, nämlich den Brockhaus-Riemann und dessen Taschenbuchausgabe.[4] Dazu einige Vorbemerkungen: die Trennung in einen Sach- und einen Personenteil hat Vorteile redaktioneller Art, da sie die Überarbeitung des Personenteils - welche häufiger notwendig sein dürfte als die des Sachteils - einfacher macht; auch kann der Verkauf des einen oder anderen Teils besser am Bedarf orientiert werden. Die Benutzung wäre dagegen bei nur einem gemeinsamen Alphabet bequemer. Ohne Register geht ein Großteil an Information verloren, zumal das Netz der Verweisungen meist nicht feinmaschig genug ist. Von den besprochenen und erwähnten Lexika hat leider nur die MGG ein - unentbehrliches - Register, der New Grove wenigstens ein Register der ca. 9000 Fachtermini aus Artikeln über nichtabendländische und Volksmusik. Obwohl die Lexika mehr oder weniger auch Jazz, Rock, Pop und andere Arten der Unterhaltungsmusik berücksichtigen, ist es doch empfehlenswert, für diese Bereiche auch auf die zahlreichen Speziallexika zurückzugreifen. Zumindest für die in keinem Lexikon auch nur einigermaßen adäquat berücksichtigte deutsche Volksmusik sei deshalb wenigstens auf das Lexikon des Blasmusikwesens[5] hingewiesen.


[1]
Dictionnaire de la musique / publ. sous la dir. de Marc Honegger. - Paris : Bordas. - Les hommes et leurs oeuvres. - 1970. - 1 - 2. - Sciences de la musique : formes, technique, instruments. - 1976. - 1 - 2. (zurück)
[2]
Das große Lexikon der Musik : in acht Bänden / hrsg. von Marc Honegger ; Günther Massenkeil. - Freiburg [u.a.] : Herder. - Auf der Grundlage des "Dictionnaire de la musique", Paris 1976 erschienen. - 1(1978) - 8(1982). - Aktualisierte Sonderausg. 1987. - Lizenzierte Sonderausg. - [Weinheim] : Zweiburgen-Verlag, 1992.
Als Band 9 und 10 erschien - nur im Herder-Verlag - eine Übersetzung von The concise Oxford history of music u.d.T.: Geschichte der Musik / Gerald Abraham. - Freiburg [u.a.] : Herder, 1983. - 1 - 2. - (Das grosse Lexikon der Musik ; 9 - 10). - In der Taschenbuchausgabe von 1987 wurden die ohne großen Aufwand möglichen Aktualisierungen wie Sterbedaten, neuere Literatur u.ä. vorgenommen. (zurück)
[3]
Es wird in einer broschierten "Voraus"-Ausgabe für DM 168.00 an Subskribenten der neuen MGG abgegeben. (zurück)
[4]
Vgl. ABUN in ZfBB 26 (1979),2, S. 102 - 103 und 28 (1981),4, S. 299 - 303. - Zur Taschenbuchausgabe vgl. ABUN in ZfBB 37 (1990),1, S. 51 - 53. (zurück)
[5]
Lexikon des Blasmusikwesens / Wolfgang Suppan. - 3. Aufl. - Freiburg-Tiengen : Schulz, 1988. - 386 S. - ISBN 3-923058-04-7 : DM 69.50.
FRAU BEHR: BITTE DANACH 1 S. für eine Tabelle freilassen; ich schicke sie als Druckvorlage (zurück)

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