Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
[ Bestand in K10plus ]

Neue deutsche Literaturgeschichte


96-4-448
Neue deutsche Literaturgeschichte : vom "Ackermann" zu Günter Grass / Peter J. Brenner. - Tübingen : Niemeyer, 1996. - VIII, 397 S. ; 20 cm. - ISBN 3-484-10736-7 : DM 29.80
[3594]

Der Kölner Germanist Brenner, bisher vor allem durch Arbeiten zur Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts hervorgetreten, hat mit dem anzuzeigenden Band eine Geschichte der neueren deutschen Literatur vorgelegt, die man guten Gewissens jedem Studenten als das kleine literarhistorische Vademecum empfehlen kann, das er zur Organisation der eigenen extensiven Lektüre von Quellen griffbereit haben sollte.

Vor allem unterliegt der Band nicht der verbreiteten Tendenz "Je jünger - desto ausführlicher", der z.B. auch das vielbenutzte Sammelwerk von Wolfgang Beutin u.a.[1] folgt, das allerdings das Mittelalter einschließt und mit zahlreichen Abbildungen versehen ist. Vergleicht man Brenners Arbeit mit einem anderen einbändigen Werk aus der Feder nur eines Autors, nämlich mit Fritz Martinis Deutscher Literaturgeschichte,[2] so fällt bei Brenner die originelle Berücksichtigung des einen oder anderen Genres auf, z.B. des Kriminalromans oder des Sachbuchs. Das geht indes nicht auf Kosten der Information über eher kanonisierte Autoren.

Eine ganz pragmatisch gewählte Periodisierung (Frühe Neuzeit, Barock, Frühaufklärung, Aufklärung, Klassik und Romantik, Biedermeierzeit, Realismus, Moderne, Weimarer Republik, "Drittes Reich" und Exil, Nachkriegszeit, Gegenwart) verteilt den großen Stoff auf dreizehn überschaubare Kapitel etwa gleichen Umfangs. Brenners sehr lesbar geschriebene Darstellung konzentriert sich bewußt auf die Literatur und ihre poetologischen Grundlagen, ohne Politisches und Soziales zu vernachlässigen, das aber nur so knapp behandelt wird, wie es zum Verständnis der Literatur erforderlich ist.

Die präzise und aktuelle Bibliographie reicht die vorzüglich ausgewählten Titel zu den einzelnen Kapiteln jeweils getrennt nach Literaturgeschichte, Poetik- und Gattungsgeschichte, Autoren und Kulturgeschichte dar. Für den studentischen Leser stellt die Werkchronologie im Anhang, die rund 400 Titel nachweist, eine höchst willkommene Anregung zur Gestaltung des eigenen Lektüreplans dar.

Die folgenden kritischen Bemerkungen zu berücksichtigen, sollte bei einer Neuauflage keine Probleme machen: Gerade wenn es Brenner auch darauf ankommt, lange übersehene oder mit Fehlurteilen der Forschung überhäufte Autoren wieder ins Bewußtsein zu rücken, dürfen Namen wie Matthias Claudius und Adolph Freiherr Knigge nicht fehlen. Und noch eines: Etwas mehr Aufmerksamkeit sollte solchen Autoren geschenkt werden, die das schwierige und deswegen so seltene Register des Skurrilen beherrschen, wie z.B. Heimito von Doderer (er dürfte schon als großer Romancier nicht fehlen), Robert Gernhardt und Herbert Rosendorfer.

Hans-Albrecht Koch


[1]
Deutsche Literaturgeschichte : von den Anfängen bis zur Gegenwart / von Wolfgang Beutin ... - 5., überarb. Aufl. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1994. - X, 627 S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN 3-476-01286-7 : DM 49.80. - Zur. 4. Aufl. vgl. IFB 94-2-280. (zurück)
[2]
Deutsche Literaturgeschichte : von den Anfängen bis zur Gegenwart / Fritz Martini. - 19., erw. Aufl. / in Zsarb. mit Angela Martini-Wonde. - VIII, 765 S. - Stuttgart : Kröner, 1991. - (Kröners Taschenausgabe ; 196). - ISBN 3-520-19619-0 : DM 36.00. (zurück)

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