Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
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Corpus Augustinianum Gissense [Computerdatei]


96-4-442
Corpus Augustinianum Gissense [Computerdatei] : CAG / a Cornelio Mayer editum. - Basel : Schwabe, 1996. - 1 CD-ROM + 2 Installations-Disketten + Bedienerhandbuch. - ISBN 3-7965-0989-4 : SFr. 2950.00, DM 3450.00
[3459]

1. Zur Editionslage und zum elektronischen Angebot an Agustinus-Ausgaben

"Das Bessere ist des Guten Feind", möchte man angesichts der Situation bei der elektronischen Verbreitung der Werke des heiligen Augustinus, des sicherlich wirkmächtigsten der westlichen Kirchenväter sagen. Zunächst einmal ist die Editionslage bei seinen Werken seit Jahrhunderten vergleichsweise hervorragend. Durch die Arbeit der Mauriner kann man schon seit 300 Jahren von einer kritischen Ausgabe sprechen, die - cum grano salis - bis heute ausreicht, um einen textlich authentischen Zugang zu seinen Werken zu finden. Daß die Folgezeit nicht untätig war und diverse Neudrucke bis hin zur Edition in Abbé Mignes Patrologia latina (PL) im 19. Jahrhundert Verbesserungen gebracht haben, zeigen heute Spezialstudien en détail auf. Danach begann die Arbeit der modernen historisch-kritischen Herausgeber am Werk Augustins, die vor allem in den entsprechenden patristischen Editionsreihen, aber auch in diversen Einzelunternehmungen den Stand der Textdarbietung verbessert hat. Um gleich zu den elektronischen Medien zu kommen: Seit der ersten Ausgabe des CLCLT, der Cetedoc library of christian Latin texts[1] des Verlags Brepols gibt es eine elektronische "vollständige" Ausgabe der Werke Augustins nach kritischen Editionen. Die inzwischen ebenfalls komplett bei Chadwyck-Healey vorliegende Patrologia latina database (PLD)[2] enthält den verbesserten Mauriner-Text des Abbé Migne, und schließlich gibt es noch vereinzelte Angebote elektronischer Augustinustexte im Internet, z.B. auf den Seiten des amerikanischen Augustinus-Forschers James J. O'Donnell (http://ccat.sas.upenn.edu/jod/augustine.html), die wohl nur ein Vorgeschmack auf mehr sind. Alle diese Angebote haben ihre Meriten. Das CLCLT enthält die Werke Augustins in kritischen Editionen im Kontext mit denen der großen Kirchenväter des Abendlandes und vieler weiterer patristischer und mittelalterlicher Texte; Migne bietet nach wie vor ein unumgängliches Repertoire für vielerlei Recherchen, - selbst Textfehler können ja überlieferungsgeschichtlichen Wert haben, und die beigegebenen editorischen Materialien der Neuzeit machen die elektronische Ausgabe zu einer kulturgeschichtlich weit über die Patristik hinaus relevanten Quelle, von den vom Angebot her wesentlich schwerer einzuschätzenden Internet-Quellen ganz zu schweigen. So stellt sich vor allem die Frage, wo der Marktwert oder besser der wissenschaftliche Wert der neuen elektronischen Gesamtausgabe liegt.

2. Entstehung und Inhalt des Corpus Augustinianum Gissense (CAG)

Neben (und nach) dem Index Thomisticus von Roberto Busa SJ gehört das von Cornelius Mayer OSA initiierte CAG zu den Pinonierunternehmen elektronischer Datenverarbeitung in der Theologie. So entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, daß die CD-ROM-Version erst als dritte Augustinus-Gesamtpublikation auf den Markt kommt, während die Datenbank schon seit langem nicht nur für die eigenen Projekte des Würzburger bzw. Gießener Instituts (vor allem das Augustinus-Lexikon[3]) sondern auch für die auswärtige Forschung unter bestimmten Bedingungen zu Verfügung stand. Seit 1983 sind in Würzburg die Texte traditionell (nicht durch Scannen) erfaßt, später dort und in Gießen korrigiert und lemmatisiert worden. Hinzu kam die Verifizierung der Zitate, so daß man sagen kann, daß in diesem Projekt eigentliche editorische Arbeit steckt. Parallel wurde die Augustinusliteratur aufgenommen und nach dem Stichwortverzeichnis des gleichzeitig begonnenen Augustinus-Lexikons erschlossen. Die Arbeit - Verfeinerung der Lemmatisierung, Literaturerfassung, Austausch veralteter Editionen (seit 1983 war dies laut Begleitbuch bei 18 Werken, 2 Briefen und 100 Predigten nötig) etc. - wird nunmehr nach der Emeritierung C. Mayers wiederum in Würzburg im dortigen Augustinus-Institut weitergeführt. Der Umfang der Materialien geht bis zu den erst in den 90er Jahren in Mainz und Heidelberg aufgefundenen bzw. identifizierten Predigten.

3. Die Besonderheiten des CAG

3.1 Textbasis und Vollständigkeit

Die dem CAG beigegebene Werkliste von K. H. Chelius ist wesentlich detaillierter als die Liste der Werke im Handbuch zum CLCLT. Zum einen werden auch die Werktitel einzeln genannt, mit denen manche Briefe Augustins belegt sind; zum anderen sind die verschollenen Werke zusätzlich aufgeführt, sodann sind die Sermones wirklich exakt verzeichnet, so daß aus der Übersicht der Umfang der CD-ROM-Edition exakt erkennbar ist, was man beim CLCLT nicht so klar sagen kann. Vergleicht man die in beiden Datenbanken enthaltenen Editionen, so ist den Angaben zum allergrößten Teil Übereinstimmung zu entnehmen, was nur zeigt, daß die Frage der qualifiziertesten Editionen bei Augustinus nicht strittig ist. Einige Besonderheiten fallen auf: Bei In epistulam Iohannis ad Parthos... hat CLCLT einen kritischen Text gegenüber dem vom CAG benutzten Migne-Text: Das erklärt sich leicht: Er ist noch unediert und liegt anscheinend für CChr.SL 37 intern schon vor. Bei De libero arbittrio hat CLCLT den Text von W. M. Green aus CChr.SL 29; CAG nennt den älteren Abdruck CSEL 74 von demselben Herausgeber; bei De ordine hält sich CLCLT ebenfalls an CChr.SL 29 gegen CSEL 63 bei CAG. Textlich dürfte das irrelevant sein. Umgekehrt bietet bei De moribus ecclesiae catholicae das CAG statt PL schon den Text J. B. Bauers aus CSEL 90 von 1992. Beim Psalmus contra partem Donati hat CAG den Text der kritischen Edition von Anastasi (1957), CLCLT Text den der Bibliothèque Augustinienne, der allerdings auch wieder auf ersterem basiert. Wesentlicher als diese kleinen Differenzen - die sich im Text nur sehr unerheblich auswirken dürften - ist, daß das CAG Texte enthält, die im CLCLT ganz fehlen, so die De grammatica-Texte (Ed. Weber 1861 bzw. Keil 1868), Verheijens Text von reg. 2 (Ordo monasterii), De rhetorica und vor allem diverse Sermones. Hier wird der Vergleich schwierig, da CLCLT - wie schon gesagt - in seinen gedruckten Informationen spartanisch ist, während CAG hier mit exaktesten Angaben brilliert, aus denen zu entnehmen ist, daß auch die neuesten Entdeckungen noch Berücksichtigung gefunden haben. Die Suche nach den von Dolbeau edierten Sermones bestätigt Lücken des CLCLT (2. Ausgabe) und die größere Aktualität des CAG. Die Recherche ergibt manchmal seltsame Ergebnisse: So fehlt Augustinus in explanatione symboli (Dolbeau 1) im CLCLT, findet sich aber in der Überlieferungsgeschichte zitiert, z.B. bei Sedulius Scottus. In anderen Fällen enthält CLCLT das Material nach älteren Editionen. In weiteren Ausgaben werden sich vermutlich diese Lücken schließen. Im Augenblick aber kommt dem CAG eindeutig das Prae in der Vollständigkeit und (meist) in der kritischen Exaktheit zu.

Vielleicht könnte man dem nicht auf Augustinus spezialisierten Benutzer bei den Begleitmaterialien (deren Gründlichkeit in anderer Hinsicht schon gelobt worden ist) noch etwas mehr entgegenkommen. Eine zusätzliche alphabetische Titelliste der Werke Augustins statt bloß der alphabetischen Liste der Titelabkürzungen wäre bei einer Neuauflage sinnvoll. Hier könnte man vielleicht auch einige Verweisungen beigeben. De quantitate animae statt De animae quantitate führt eben doch zu einer völlig verschiedenen Einordnung, wenn man zudem bedenkt, daß die bei der Recherche zu verwendenden Kurztitel ohne die Präposition gebildet werden. Die Abkürzung ench. steht für De fide spe et caritate, wobei das ausführliche Verzeichnis im Augustinus-Lexikon die Titelvariante Enchiridion... immerhin noch bringt. Das sind Kleinigkeiten, die aber gerade im Blick auf die Nichtspezialisten zur besseren Handhabung beitragen könnten.

3.2 Aufbereitung der Texte

Das CAG fährt wie schon CLCLT "zweispurig": Es ermöglicht die Identifikation der Texte nach der gängigen "inneren" Zitierweise der Werke nach Büchern, Kapiteln etc. wie nach der "äußeren" gemäß den Seiten- und ggf. Zeilenzahlen in den zugrundeliegenden Ausgaben. Das Verfahren ist bei beiden Datenbanken unterschiedlich. Die Aufteilung des Textmaterials erfolgt im CAG in "Dokumente". In etwa sind dies die Paragraphen bzw. Kapitel der üblichen Werkeinteilungen. (Das CLCLT ist ja nach "Sätzen" organisiert.) Besondere Hervorhebung verdient die Verifikation der Zitate. Sie sind beim Anwählen mit dem Cursor in der Referenzleiste (also nicht im Text) ablesbar. Hier liegt ein besonderes Qualitätsmerkmal des CAG! Es wurde oben schon erwähnt, daß eine Lemmatisierung des Textmaterials vorgenommen wurde. Relevant wird dies bei den Suchmöglichkeiten, weshalb wir hier nur die Tatsache erwähnen.

3.3 Möglichkeiten der Textrecherche

Es versteht sich inzwischen von selbst, daß die üblichen Suchfunktionen in solch einer Datenbank möglich sind: Wort(form)suche, Suche mit Wortbestandteilen (Trunkierung; hier sogar die Anfangstrunkierung, so daß man Saulus/Paulus mit ?aulus suchen kann), mit Wortabstandoperatoren, mit Booleschen Verknüpfungen, Einschränkung der Suche auf einzelne Schriften usw. Die Lemmatisierung bietet weitere Möglichkeiten der Präzisierung und Unterscheidung bei der Suche nach Homo- bzw. Heterographen, die im Handbuch an den Beispielen legis (gesucht entweder als Wortform von lex oder legere) und Hierusalem (Hierusalem* = 259 Dokumente, auf der Lemmaebene dagegen 610, da auch Schreibweisen wie Hierosolyma, Hierosolymae, Ierosolymis etc. gefunden werden). Ähnlich lassen sich Eigennamen (durch Großschreibung) von gleichlautenden Wörtern unterscheiden (exodus und Exodus oder maria [von mare] und Maria). Auch ist die Suche der von Augustinus verwendeten griechischen Wörter möglich. Damit ist insgesamt der übliche Ambitus doch schon erheblich überschritten.

Die Verwendung der nötigen Operatoren ist einfach. Das Menü für die Abstandssuche erlaubt die Eingabe der (beiden) gesuchten Wörter und der Suchbedingungen in eine eigene Maske. Die Formulierung in der Befehlssprache wird dann automatisch umgesetzt. Eine eigene Maske gibt es auch für die Frequenzsuche. Dies ist eine sehr interessante Funktion. Sie ermöglicht die Ermittlung der Häufigkeitsverteilung von Wörtern in einzelnen Texten Augustins; verbunden mit "Erwartungswerten" können so etwa relative Abweichungen, Verschiebungen zwischen den Werkphasen etc. ermittelt werden.

Die wichtige Funktion der Zitatsuche, ermöglicht die Recherche nach zitierten Bibelstellen sowie nach Fremd- und Selbstzitaten, wobei sich in der Kombination (etwa Bibelzitat in einem Fremdzitat) neun verwendete Kategorien und damit Suchmöglichkeiten ergeben, die auch mit eigenen Suchoperatoren (z1: usw.; der Quellenoperator allgemein ist q:) recherchiert werden können. Auch hier müßte das Begleitmaterial allerdings ergänzt werden um Listen der verwendeten Abkürzungen der biblischen Bücher sowie der von Augustinus zitierten Autoren. Die Hinweise im Handbuch reichen zwar zur Anwendung des Verfahrens, die verwendeten Abkürzungen muß man aber selbst eruieren. Auch wenn diese in der Klassischen Philologie relativ selbstverständlich sein mögen (das Register des Thesaurus linguae latinae, die Abkürzungsverzeichnisse des Kleinen Pauly oder des Oxford classical dictionary helfen problemlos weiter), so gibt es zum einen doch kleinere Differenzen - etwa bei den Vulgata-Ausgaben: Io statt Jo, Joh oder 1Reg statt 1Sm sind nicht unbedingt selbstverständich -, zum anderen hat nicht jeder Benutzer problemlos alle Hilfsmittel zur Hand.

Das Begleitmaterial erläutert nur die Suche nach biblischen Büchern oder Autoren von Zitaten. Es ist aber auch die exakte Stellensuche möglich. Da an allen Menüpunkten der Einstieg über Indizes zur Verfügung steht, geht es am leichtesten über diese. Mit dem Quellenoperator q:, dem Anfang des gesuchten Autors oder der gesuchten Bibel-Schrift und dem Trunkierungszeichen * erhält man eine Indexliste, auf der Einträge an- und abzuwählen sind, so daß man korrekt Lc 15,11 etc. suchen kann.

Die gleiche Funktion kann auch in anderer Weise hilfreich sein. So war das Suchbeispiel q:Cic nach Cicerostellen problemlos durchführbar, auch die Version q:Cic. klappt. Nicht hingegen war es möglich, Varro-Stellen mit q:Varro oder q:Varro. oder auch irgendeiner abgekürzten Form zu finden. Da dieser Namen üblicherweise nicht abgekürzt wird, ist der fehlende Punkt möglicherweise das technische Hindernis. Über die Indexliste ließen sich die Stellen wiederum problemlos finden; allerdings ist der erste Bestandteil des Werktitels dem Namen angehängt, also etwa uarroreg. (Die U/V-Umsetzung braucht der Benutzer nicht zu beachten). Dies sind wiederum Kleinigkeiten, die entweder bereinigt oder mit etwas Erläuterung auch umgangen werden können. Bei allen EDV-Anwendungen zeigt sich, daß man auf Plausibilitätskontrollen ohnehin nicht verzichten kann.

3.4 Die Literaturdatenbank

Zur "unübertroffenen Trias" (so die Selbstcharakterisierung) fehlt noch die Literatursuche: Und tatsächlich ist das CAG auch und vor allem an diesem Punkt mit den anderen Angeboten nicht mehr vergleichbar, da es eine Datenbank der Literatur zum Werk des hl. Augustinus enthält, die derzeit knapp 20.000 Titel umfaßt. Die Gesamtmenge der Sekundärliteratur schätzen die Herausgeber auf 50.000, - m.E. eher eine zu geringe Annahme, wenn man wirklich alle zum Werk Augustins geschriebenen Untersuchungen jeglicher Art meint, auf alle Fälle aber eine unbewältigbare Menge und schon jetzt eine singuläre und beeindruckende Sammlung. Um so wichtiger ist die Erschließung: Man kann nach Autoren suchen. Ein Augustinus-Spezialist wie G. Madec ist mit 105 Einträgen vertreten, M. Blondel - was wegen seiner Präzision noch mehr beeindruckt - mit 5. Man kann nach Literatur zu Werken suchen (Confesionnes: 1.613) oder zu Begriffen (cor: 156) oder kombiniert zu beidem (cor + Confessiones: 30). Man kann die Quellen, aus denen die Literaturangaben stammen, nachrecherchieren (für Bibliothekare besonders bei Fehlern eine aus der Fernleihpraxis bekannte und erwünschte Angabe. Ergebnis: aus dem Fichier [augustinien] 9.463, aus Gnomon: 14 usw.). Eine Aufteilung oder Eingrenzung nach Gattungen ist möglich (Monographien: 5064, Artikel aus Festschriften: 660, aus Zeitschriften: 9047, aus Sammelbänden: 4553, aus Lexika: 559). An Kleinigkeiten der Kategorisierung wird man sich gewöhnen müssen, so etwa wenn Herausgebernamen auch als Titelschlagwort recherchierbar sind (vgl. Madec), weil sie in dem entsprechenden Feld mit aufgennommen sind. Die Titel sind nach dem Nomenclator des Augustinus-Lexikons beschlagwortet. Das bedeutet, daß man zu Pascal keinen Treffer erhält. Anders gesagt: Die Rezeptionsgeschichte ist nicht mit berücksichtigt, und die Titel sind nur im engsten Sinn als Augustinus-Literatur erschlossen. Durch die Möglichkeit der Stichwort-Recherche kommt man dennoch zu 38 Pascal-Titeln, kann diese Datenbank also mit eingeschränktem Komfort durchaus erfolgreich auch zur Augustinismus-Forschung benutzen; eine weitere Erschließung auch nach einem "modernen" Nomenclator und nach Personen wäre aber höchst sinnvoll.

3.5 Möglichkeiten der Weiterverarbeitung der Texte

Ein Problem vieler Datenbanken - einschließlich des CLCLT - sind die Exportsperren, die den sinnvollen Umgang mit größeren Textmengen häufig erschweren. Hier zeichnet sich das CAG durch Liberalität aus, was mir ausgesprochen vernünftig erscheint. Man kann "Dokumente" markieren und einzeln oder kumuliert als ASCII-Text exportieren. Es ist dann evtl. nötig, die "franz. Anführungszeichen" in der Anzeige des CAG, die nicht als solche exportiert werden, zu ersetzen. Abgesehen von solchen Kleinigkeiten im Zeichensatz - je nach Import-Programm - war die Funktion völlig unproblematisch verwendbar.

3.6 Die Notizfunktion

Für den, der ständig mit dieser Datenbank an Augustinus-Texten arbeitet ist die Notizfunktion eine sinnvolle Einrichtung. Sie erlaubt es, Annotationen zu einzelnen Dokumenten zu machen, die moderne Form des "durchschossenen" Exemplars der Gesamtausgabe mit zusätzlichen Möglichkeiten der Weiterverarbeitung. Die Annotationen werden als Textdateien in einem eigenen Unterverzeichnis Notes abgelegt. An der Textstelle erscheint bei der Funktion "Notizen" eine Markierung. Damit schafft das CAG dem Forscher eine Arbeitsumgebung, die beträchtliche Möglichkeiten bietet. Für die Einzelplatznutzung in einem Institut oder für den Einzelforscher ist diese Funktion sicher sehr nützlich. Bei der Anwendung in Großbibliotheken entfällt sie möglicherweise, wenn der Nutzer keine entsprechende Schreibmöglichkeit auf der Festplatte hat. Falls man dazu übergeht, die Benutzer selbst solche CD-Anwendungen zum Gebrauch jeweils installieren zu lassen, kann der "technisch versierte" Nutzer natürlich die dazugehörigen Dateien evtl. transportieren (das ganze Unterverzeichnis Notes muß jeweils kopiert werden). Doch das sind technische Managementfragen, die bei dem Angebot dieser Datenbank von Bibliotheks- und Nutzerseite zu lösen sind.

4. Einige allgemeine Anmerkungen

Der Durchgang durch die Einzelheiten dürfte gezeigt haben, daß alle genannten Angebote - abgesehen von ihren sonstigen Meriten - auch im Blick auf Augustinus durchaus ihre Bedeutung haben, selbst die textlich veraltete Version der PLD, die zumindest für neuzeitliche Augustinismus-Studien die maßgebliche Textbasis verfügbar macht. Die Palme aus der Sicht kritischer Edition, Zitatverifikation, praktischer Aufbereitung und - durch die bibliographischen Informationen evtl. auch die Annotations-Funktion - Einrichtung einer hilfreichen Arbeitsumgebung für Augustinus-Studien gebührt aber zweifellos dem CAG. Der Spezialforscher wird vermutlich die doch recht hohen Kosten nicht scheuen. Vergleicht man sie mit herkömmlichen Hilfsmitteln wie dem Fichier Augustinien - derzeit $ 530 für einen reinen Titelkatalog -, mit Bibelstellenkonkordanzen etc. und zieht man die zusätzliche Erschließung und die Arbeitsvorteile bei dem elektronischen Instrumentar in Betracht, so ist der Preisvergleich für das CAG schon wieder günstig. Wegen der Medienform "Buch" haben Bibliotheken Katalogunternehmen wie den genannten Fichier bereitwillig erworben. Sie sollten das bei diesem wesentlich hilfreicheren Medium in ähnlicher Weise tun. Spezialbibliotheken - und dazu gehören bei Augustinus mindestens alle Bibliotheken philosophischer und theologischer Fakultäten - sollten Zugriff auf das CAG haben und wissenschaftliche Zentralbibliotheken - wie die Universitätsbibliotheken - müßten derartige Hilfsmittel in ihr Angebot aufnehmen.

Bedauern kann man am Ende höchstens, daß nicht wenigstens die Textinformationen des CAG über das Internet abfragbar sind (Netzeinbindung und Netzlizenzen sind natürlich vorgesehen). Zumindest die Literaturupdates wären in dieser Form sinnvoll und ließen sich sicher programmtechnisch in die Arbeitsumgebung einbauen.

Überhaupt gäbe es noch einige interessante Fragestellungen im Bereich der Nutzungsrechte und -formen. Auf Dauer werden sicher die Datenbestände der großen schriftlichen Überlieferungen des Abendlandes von zentralen Servern in offenen Netzen abrufbar sein. Wie sich das Gleichgewicht zwischen den Interessen der herausgebenden wie nutzenden Wissenschaftler, der fördernden Forschungsinstitutionen und der beteiligten kommerziellen Unternehmen (vor allem der Verlage) einspielen wird, dürfte zu den interessanten Fragestellungen der näheren Zukunft gehören. Ein Angebot wie das vorliegende bietet aber so viel mehr als die nackten Textdateien, daß die Erwerbung nicht von der Zugänglichkeit des reinen elektronischen Texts in anderer Form abhängig gemacht werden sollte. Die vermeintliche "Identität" zu anderen Unternehmungen, die man zunächst bei Ansicht des Produkts erwartet, ist nicht gegeben. Auch technisch gehört das CAG zu den führenden Arbeitsmitteln und übertrifft die mir bekannten vergleichbaren Datenbanken wesentlich.

Albert Raffelt


[1]
Cetedoc library of christian Latin texts [Computerdatei] : CLCLT ; base de données pour la tradition occidentale latine / Universitas Catholica Lovaniensis Lovanii Novi. - [Turnhout] : Brepols [2596]. - Release 2 (1994). - 1 CD-ROM + Guide de l'utilisateur = User's guide / Paul Tombeur. - 2. éd. rev. et ampl. - 1994. - 115 S. - ISBN 2-503-50397-7 : FB 125000.00, FB 94000.00 (Fortsetzungsbestellung) bzw. FB 100000.00 und FB 75000.00 für Abonnenten des Thesaurus patrum Latinorum. - Vgl. IFB 95-1-158. (zurück)
[2]
Patrologia latina database [Computerdatei]. - Cambridge : Chadwyck-Healey [2597]. - Release 1 (1993) - 3 (1994). - 2 CD-ROM + 3 Install.- Disketten. - Version 3.0 + User manual. - 2. ed. - 1994. - Getr. Pag. - ISBN 0-89887-112-3 (User manual). - ISBN 0-89887-113-1 (package) : œ 27500.00 (Gesamtwerk 5 CD-ROM). - Vgl. IFB 95-1-159 (zurück)
[3]
Augustinus-Lexikon / hrsg. von Cornelius Mayer. - Basel : Schwabe. - 27 cm. - ISBN 3-7965-0854-5 [3565]. - Vol. 1. [Aaron - Conuersio]. - 1986/94. - LI S., 1294 Sp. : Kt. - ISBN 3-7965-0964-9 : SFr. 294.00, DM 258.00. - Vgl. die folgende Rezension IFB 96-4-443. (zurück)

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