Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
[ Bestand in K10plus ]

Inhaltsanalytische Bibliographien deutscher


96-4-388
Inhaltsanalytische Bibliographien deutscher Kulturzeitschriften des 19. Jahrhunderts : IBDK / Alfred Estermann. - München [u.a.] : Saur. - 30 cm. - ISBN 3-598-23310-8 : DM 5992.00, DM 4984.00 (Subskr.-Pr. bis 31.03.1996)
[3042] [3317]
Bd. 1. Deutsches Museum (1851 - 1867). - Teil 1 - 2. - 1995. - VI, 300, 306 S. - ISBN 3-598-23311-6 : DM 856.00, DM 712.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 2. Telegraph für Deutschland (1837 - 1848). - 1995. - VI, 324 S. - ISBN 3-598-23312-4 : DM 428.00, DM 356.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 3. Die Gartenlaube (1853 - 1880 [- 1944]). - Teil 1 - 2. - 1995. - VI, 324, 336 S. - ISBN 3-598-23313-2 : DM 856.00, DM 712.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 4. Berliner Conversationsblatt (1827 - 1829) ; Der Freihafen (1836 - 1844) ; Hallische Jahrbücher (1838 - 1844) ; Königsberger Literatur-Blatt (1841 - 1845). - 1996. - VI, 408 S. - ISBN 3-598-23314-0 : DM 428.00, DM 356.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 5. Phoenix (1835 - 1838) ; Frankfurter Museum (1855 - 1859) ; Neues Frankfurter Museum (1861) ; Weimarer Sonntags-Blatt (1855 - 1857). - 1996. - VI, 557 S. - ISBN 3-598-23315-9 : DM 428.00, DM 356.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 6. Deutsche Roman-Zeitung (1864 - 1880 [-1925]). - 1996. - VI, 592 S. - ISBN 3-598-23316-7 : DM 428.00, DM 356.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 7. Das Jahrhundert (1856 - 1859) ; Deutsches Magazin (1861 - 1863) ; Freya (1861 - 1867) ; Orion (1863 - 1864) ; Deutsche Warte (1871 - 1875) ; Der Salon (1868 - 1890). - 1996. - VI, 566 S. - ISBN 3-598-23317-5 : DM 428.00, DM 356.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 8. Westermanns Monatshefte (1856 - 1880 [- 1986]). - 1996. - VI, 446 S. - ISBN 3-598-23318-3 : DM 428.00, DM 356.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 9. Blätter für literarische Unterhaltung (1826 - 1850 [- 1898]). - 1996. - Teil 1 - 5. - ISBN 3-598-23319-1 : DM 2140.00, DM 1780.00 (Subskr.-Pr.)
Bd. 10. Gesamtregister / bearb. von Maria Reith-Deigert. - 1996. - 218 S. - ISBN 3-598-23320-5 : DM 428.00

Hier setzt nun das neue Vorhaben als "Resultat eines bibliographischen Unternehmens im Rahmen der Forschungsstelle 19. Jahrhundert der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main" an. Es handelt sich der Bezeichnung nach um keine spezielle Einrichtung der literaturgeschichtlichen Forschung, sondern um eine Dokumentationsstelle für diesen Zeitraum schlechthin. Nur so wird der Wechsel im Titel von den Literaturzeitschriften hin zu "Kulturzeitschriften" nachvollziehbar. Denn alle ausgewählten Periodika waren noch kurz zuvor unter dem von Estermann selbst gewählten Begriff "Literaturzeitschrift" - im Gegensatz zur nur literarischen Zeitschrift - von ihm selbst zusammengestellt worden.[1] Es finden sich hier aber keine Theater-, Mode-, Kunst- und Musikperiodika - allesamt der Kultur zugehörig -, sondern nur Zeitschriften, in denen das Gespräch in literarischer Form zwar auch diese Bereiche einbezieht, aber nicht von einzelnen dominiert wird. Es sind 20, "für eine Form oder einen Zusammenhang charakteristische und bedeutende Zeitschriften" (Einleitung, S. V) ausgewählt worden. Die Besonderheiten der für die Auswahl und für die "Abstimmung mit der Ständigen Arbeitsgruppe für germanistische Bibliographie der Deutschen Forschungsgemeinschaft" gültigen Kriterien werden leider nicht benannt. Man könnte sich vorstellen, daß an Stelle einiger hier einbezogener Periodika das Morgenblatt, die Mitternachtzeitung, die Europa und die Grenzboten charakteristischer gewesen wären. Was gab zuletzt den Ausschlag für ein reines Rezensionsorgan, die Blätter für literarische Unterhaltung, dessen Bearbeitung schon in dieser kupierten Form die Möglichkeiten der Arbeitsstelle und die Potenz des Darstellungsmodells überforderte? Das Blatt hat seit seiner Begründung 1819 bis zu seinem Ende 1898 dieselben Ziele verfolgt, wie auch der von Estermann abgedruckte Jubiläumsartikel bezeugt,[2] und es gibt keinen Anlaß, die ersten neun Jahrgänge als Literarisches Wochenblatt und Literarisches Conversationsblatt zu ignorieren und die ab 1852 (nicht 1851!) veränderte Periodizität als Grund für den Abbruch der Inhaltserschließung anzugeben. Ein Organ, das über so hervorragende Jahrgangsregister verfügt, gehörte überhaupt nicht zu den Desideraten. Die "Ständige Arbeitsgruppe" hat hierin keine überzeugende Entscheidung gefällt. Der Zeitraum 1815 - 1880[3] ist sowohl rückwärtig nicht eingehalten als auch gegen die Folgezeit überschritten; der Salon wurde bis an sein Ende 1890 geführt. Innerhalb der Grenzjahre bleiben außerdem die Jahrgänge 1836 - 1838 des Berliner Conversations-Blattes samt des Intervalls Der Freimüthige oder Berliner Conversationsblatt (1830 - 1835) ausgeschlossen. Gründe werden nicht genannt.

Eine Zusammenstellung der Beiträge der Mitarbeiter einer Zeitschrift sollte keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten, wenn man die Ergebnisse der Forschungsliteratur nutzt. Das ist nicht durchweg geschehen - Houben hatte darauf viel Mühe verwandt -, und so verbleibt man leicht auf der Kenntnisstufe zeitgenössischer Leser eines Blattes. Im 9. Band werden 32 Beiträge von Willibald Alexis zusammengestellt; er hat aber im abgesteckten Zeitraum 255 beigesteuert.[4] Wenn man von Hermann Marggraffs in derselben Zeit insgesamt 620 hier veröffentlichten Beiträgen[5] die 500 als "Notizen" zu klassifizierenden Kurztexte abzieht, verbleiben 120 Originalbeiträge; aufgelistet sind 17. Gravierender noch ist, daß Gottfried Keller als Autor der Blätter gar nicht erscheint, während doch seine Würdigungen von Börne und Gotthelf[6] gerade in die dargestellte Epoche gehören. Das hat natürlich auch Auswirkungen, wenn infolge dessen die rezensierten Autoren ohne die Rezensenten verbucht werden. Die ungenannten Rezensenten der Werke von Alexis selbst lassen sich fast ausnahmslos bestimmen! Das Informationsdefizit wirkt sich jeweils mehrfach aus: im Profil der nach ihrem Inhalt analysierten Zeitschrift, im Bild, das hier vom einzelnen Mitarbeiter entworfen wird, weil er unterrepräsentiert ist und - besonders - an den einzelnen Sachstellen, denen seine Beiträge zugeordnet werden; er erscheint hier nicht als Teilnehmer am fachlichen Gespräch und auch nicht als verantwortlicher Rezensent, wenn es um die Werke eines anderen geht. Ein Beispiel aus einem anderen Band: Wilhelm Dilthey ist mit nur drei Beiträgen in Westermanns Monatsheften, die er über Jahrzehnte mit geprägt hat, nachgewiesen, weil er unter vier nicht erkannten Pseudonymen schrieb und seine anonymen Aufsätze auch nicht bestimmt worden sind. Dadurch bleiben alles in allem mehr als 100 Veröffentlichungen dieses Autors außerhalb des Zusammenhangs, die in seinen Gesammelten Schriften mehr als einen umfangreichen Band füllen.

Es kann hier nicht um Einzelheiten gehen, sondern nur um Symptome in einem von vielen Zuarbeiten abhängigen Vorhaben bei einer offenbar zu kurz bestimmten Bearbeitungsfrist. Die Personennamen müssen identifiziert werden, nicht manchmal mit ausgeführten Vornamen, dann mit Initialen, zuweilen unerkannt vorkommen. Pseudonyme haben vielfach keine Verweisung auf die realen Namen oder auch umgekehrt: C. Sidons (Bd. 9) und Sealsfield (Bd. 3) nicht auf Carl Postl, Hilding (Bd. 9) nicht auf Hesekiel, Oswald (Königsberger Literaturblatt) nicht auf Engels, Fuchsmund (Bd. 2 u. 9) nicht auf Gregorovius, Mises (Freihafen) nicht auf Fechner; die meisten werden auch im Registerband nicht nachgeholt. Solche redaktionellen Ausfälle sind sicher nicht "unvermeidlich" (Vorw. Bd. 10), auch nicht Schwankungen in den Ansetzungsformen (ebda): hinter Ancelot verbirgt sich die Vermischung zweier Autoren (François und Virginie), Schukowskij (im Freihafen) erscheint noch einmal als Shukowski, aber niemals unter der transkribierten Form Sukovskij. Verfasser anonym erschienener Werke sind nicht durchweg identifiziert, so nicht die Memoiren des Satans als Werk von Etienne Arago (Blätter für literarische Unterhaltung), die Ungöttliche Komödie nicht als Werk von Zygmunt Krasinski (Königsberger Literaturblatt), Titurel wird weder zu Wolfram von Eschenbach noch zu Albrecht gestellt und entfällt ganz. Die Schreibung bekannter Namen sollte feststehen, also nicht: Albert von Chamisso (Bd. 2), nicht Günderode (Bd. 2), nicht Littfas statt Litfaß (Bd. 2). "Gewisse kleinere Schwankungen mußten als nicht zu bereinigen in Kauf genommen werden" (Vorw. Bd. 10). Es steht also Hermann neben Herman Grimm (Bd. 1, 5, 7), Jakob neben Jacob Grimm (Bd. 1, 6, 7), selbst bei zweifacher Zitierung desselben Datensatzes auf derselben Seite (Bd. 2, S. 103).

Zahlreiche Buchstabensiglen bleiben ohne Auflösung, und das beeinträchtigt ebenfalls die Information. Wiederum nur Beispiele aus unterschiedlichen Bänden: A. S. ist Adolf Stahr (Hallische Jahrbücher), O. S. ist Otto Seemann, E. v. H., geb. v. O. ist Elise von Hohenhausen, geb. von Ochs (Königsberger Literaturblatt), C. F. B. ist Chr. Fr. Bellermann, H. G. H. ist Heinrich Gustav Hotho, L. v. H. ist L. von Henning, v. K.-E...n ist Kurowski-Eichen (Berliner Conversations-Blatt).

Das wird hier nur benannt - nicht ohne Bedauern -, "um die Durchführbarkeit der Methode und deren Leistungsfähigkeit zu testen" (Einleitung S. VI), wozu bei diesem "Pilotprojekt" aufgerufen worden ist. "An eine Weiterführung kann ... nicht gedacht werden", auch wohl deshalb, weil ein noch so kenntnisreicher Organisator einer solchen Arbeit nicht alle Mängel in einer von zeitweise für eine derartige Aufgabe abgestellten und sich wohl auch untereinander ablösenden Exzerptoren gelieferten Riesenmenge verantwortlich redigieren und restlos beseitigen kann. Denn dann müßte er - auf sich allein gestellt - alles noch einmal aufarbeiten! Das gilt auch für das Folgende:

Die Probleme aller Registerarbeit liegen nicht bei den Namen, sondern bei den Sachbegriffen. Es bietet sich die Möglichkeit, zwischen einem differenzierten Schlagwortangebot mit sehr genauer Zuordnung der einzelnen Position oder einem großmaschigen Netz einer geringen Anzahl von Sachbegriffen zu wählen. Bei der Bearbeitung der Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts[7] hat man sich für das erste entschieden; das Gesamtregister der Schlagwörter umfaßt mehr als 40 Seiten, es gibt ferner eine Zusammenstellung der Schlagwörter nach 14 Themenkreisen (mit genauer Angabe der jeweils zugeordneten Begriffe) und schließlich eine ausführliche Rechenschaft über das Erschließungsverfahren selbst. Diese Übersichten und eine Auskunft über das Vorgehen sind bei Estermann ausgespart, und zur Anwendung kommt ein Deskriptoren-Thesaurus aus 78 Sachbegriffen. Dabei fällt zunächst auf, daß er keine literarischen Gattungen enthält (Ballade, Lyrik, Roman); sie erscheinen auch nicht als Unterordnungen unter dem Stichwort Literatur, das nur eine geographische Spezifikation aufweist, so daß auch gängige Epochenbezeichnungen wie Romantik oder Junges Deutschland nicht vorkommen. Der Begriff Literaturwissenschaft ist unter Literatur integriert (Rosenkranz, Königsberger Literaturblatt), Philologie weder dort noch bei Sprachwissenschaft zu finden (Rosenkranz, ebda; der Aufsatz findet sich unter Schulen). Auf solche Weise entstehen Komplexe mit recht disparatem Inhalt (unter Anthropologie z. B. Die alten Bauchredner, Blindekuh, Das Heimweh, Zur Sprachenkunde); das mag zutreffend sein, aber wer wird das ohne Hinleitung hier suchen? Das Register leistet diesen Dienst nicht. Ein über 50 Seiten sich erstreckendes Schlagwort Geschichte (in Bd. 9), nur unterteilt in ein Alphabet nach Länder-, Städte- oder Landschaftsnamen, ist wenig hilfreich; man wird diese Arbeiten eher an ihrer geographischen Stelle suchen, wo man nur eine Verweisung findet, als unter einem internationalen Ensemble von Geschichtsdarstellungen. Auch ein überhaupt nicht untergliedertes Schlagwort wie Frauen (z.B. Bd. 6, S. 123 - 133) führt kaum weiter. Unsicherheit besteht offenbar bei der Zuordnung eines Begriffes wie Kommunismus, denn die ausführliche Rezension über dessen "praktische Anwendung auf das soziale Leben" im Königsberger Literaturblatt 3 (1844), Nr. 18 von O. S[eemann] ist in Bd. 4 unter den angebotenen Schlagworten Sozialfragen oder Sozialwissenschaft nicht gebucht und nur unter dem nicht erkannten Rezensenten O. S. angeführt. Solche Zuordnungsprobleme entstehen leicht bei Anwendung einer modernen Terminologie auf eine vergangene Zeit (hier etwa Ernährungswissenschaft, Betriebswirtschaft usw.). Auf diese Gefahr haben auch die Bearbeiter der Theaterperiodika hingewiesen (S. XLIX).

Positiv ist das Bemühen zu erkennen, bei der sachlichen Zuordnung nicht ausschließlich vom Titelwortlaut auszugehen. So steht mit Recht ein Aufsatz über Sebastian Bach (Telegraph) auch unter Beethoven, der Beitrag "Charakter der modernen Literatur" (Freihafen) nicht unter dem Sachwort, sondern unter Hegel. Das gelingt nicht immer: Wer kann darauf kommen, daß in der Beschreibung "Von Pillnitz bis Sonnenstein" (Freihafen) nicht nur über Ausgangs- und Zielort der Reise, mehr noch über Schandau, die Sächsische Schweiz, über Tiecks Vorlesungen und die Sixtinische Madonna gesprochen wird, wenn ihn das Register nicht darauf aufmerksam macht, wie das in solchen Fällen bei Houben geschehen ist?

Der einmal zu einem Datensatz gestaltete Beleg bleibt in dieser Form erhalten und erscheint in unveränderter Fassung als Eintrag unter dem Verfassernamen wie bei allen erkannten Sachbezügen. Dieses Festhalten geht sogar so weit, daß ein darin enthaltener Fehler immer wiederkehrt. Die fehlerhafte Schreibung des Namens Echtermeyer geht durch den ganzen zweiten Band. Abweichungen von der Regel sind daher nicht leicht zu erklären. Der Datensatz z.B. in Bd. 7 (Der Salon) zu Julius Grosse, Die Herzogin von Ferrara, nennt im Gegensatz zu den anderen Verwendungsstellen in demselben Band eine andere, falsche Seitenzahl, und die Verfassersigle wird bei allen drei Anwendungsstellen nicht aufgelöst, obwohl der Beitrag - ebenfalls im selben Band - unter dem vollen Namen des Autors verzeichnet steht. Spiegeln sich darin unterschiedliche Bearbeitungsstadien wider?

Rezensionen einzelner Werke, die in Sammelreferaten enthalten sind, werden bei der Einzelanführung um die Wiedergabe aller hier mitbesprochenen Titel entlastet. Das ist richtig so; alle besprochenen Werke stehen nur beim Verfassereintrag beisammen. Es macht dagegen keinen Sinn und schafft Umstände, wenn allenthalben beim besprochenen Einzelwerk die gesamte Umfangsangabe des Sammelreferats wiederkehrt. Beispiele aus Bd. 9: bei Archdeacon wird auf ein Sammelreferat hingewiesen, das in 9 Nummern über 25 Seiten reicht (diese Erzählung wird aber nur in Nr. 111, S. 441 f. besprochen); beim Sporting-Almanach von Corvin-Wiersbicki werden 8 Nummern und wiederum alle 25 Seiten des Referats zitiert; besprochen ist das Buch jedoch nur in Nr. 151, S. 601. Die überschüssigen Seitenzitate werden in allen Bänden so oft wiederholt, wie jeweils Buchtitel in einem Sammelreferat beieinander sind. In anderen Bänden erscheinen Anteile aus Sammelreferaten als Einzelrezensionen, also ohne den in Bd. 9 üblichen Vermerk "Darin". So wird (Bd. 1, S. 118) unter der falschen Verfasserangabe Hans Prutz im Deutschen Museum 1855 eine angeblich die Seiten 835 - 859 umfassende Rezension von Th. Creizenachs Gedichten genannt; es handelt sich aber nur um eine zweizeilige Erwähnung des Buches in der Rubrik "Dichterherbst", einem Überblick über 38 Neuerscheinungen, oder es wird (Bd. 8, S. 258) der Eindruck erweckt, als gäbe es in Westermanns Monatsheften eine 5 Seiten füllende Besprechung von Marx' Kapital (sie umfaßt nur 1 Spalte) oder gar auf 9 Seiten die Besprechung von Kutscheras Buch über Anton Leisewitz (sie füllt nur eine halbe Spalte). Diese willkürlich nur zur Beleuchtung des Verfahrens herausgegriffenen Belege haben übrigens W. Dilthey zum Verfasser.

Schon bei der Anzeige der ersten drei Bände wurde auf den erheblichen Raumverbrauch, der durch das aufgelockerte Satzbild noch befördert wird, hingewiesen. Spätestens hier hat sich die angewandte Methode nicht bewährt. Daß es auch andere Lösungen gibt, zeigt der Blick in andere, von demselben Verlag betreute, gleichartige Vorhaben: den ersten Teil der Erschließung der deutschsprachigen Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts, wo übrigens ebenfalls die getrennte Beschreibung der einzelnen Organe durchgeführt ist, und die Biologie-Dokumentation, in der 275.000 Titel aus 152 Fachzeitschriften verzeichnet und auch durch gemeinsame Register (Stichwörter, Systematik) zugänglich gemacht werden.[8] Die Benutzung von Stichwörtern erweist sich, wie dieser Vergleich, aber auch die Erinnerung an Houben erweist, als anpassungsfähiger als ein Raster aus 78 doch recht großflächigen Deskriptoren, die nur wenig durch geographische Bezeichnungen aufgelockert werden können.

Der Leistungsschwerpunkt für den Nutzer liegt im Nachweis von zahlreichen Beiträgen einzelner Autoren zu einigen Zeitschriften. Hier gab es in der Tat Defizite, und es wird jeder Forscher dem Bearbeiter für die Verfasserübersichten z.B. des Telegraph für Deutschland, der Deutschen Romanzeitung, der Gartenlaube Dank wissen, zumal wenn die Originalregister der Zeitschriften selbst[9] nur eine unzureichende Übersicht gewähren. Aus diesem Grunde ist auch die separate Beschreibung jeder einzelnen Zeitschrift prägnanter als ein gemeinsames Verfasseralphabet. Hierfür gibt es nicht nur Vorbilder aus dem deutschsprachigen Bereich.[10] Fragen bleiben freilich auch hierbei nicht aus, warum nämlich eine nicht geringe Zahl Mitarbeiternamen, die bei den Beschreibungen der einzelnen Literaturzeitschriften in Estermanns zehn Bänden über die in den Jahren 1815 - 1850 bestehenden Organe vorkommen, hier nicht wieder auftreten,[11] da ja auch jetzt nicht zwischen Beiträgen und Abdrucken unterschieden werden kann. Eine ausführliche Rechenschaft über das Vorgehen, die Aufnahmekriterien, ja selbst über die Verantwortlichkeiten für die jeweiligen Inhaltserhebungen[12] wäre nützlich gewesen und hätte die Erwartungen des künftigen Nutzers sicher mitbestimmt. Denn es handelt sich im Grunde um dieselben Gefährdungen, denen jedes großes Gemeinschaftswerk ausgesetzt ist, das in einer von außen bestimmten Frist zu Stande gebracht werden muß.

Noch ein Wort an die Bibliothekare: hier ist nun ein Schlüssel geliefert worden. Die Schlösser, zu denen er passen soll, liegen in den Bibliotheken. Wer, wie der Rez., über viele Jahrzehnte mit diesen Quellen des geistigen Lebens der Vergangenheit zu tun hat, kennt auch die veränderte Haltung der Bibliotheken in der Wertschätzung dieser anfangs als lästiger Ballast empfundenen, immer nur bruchstückhaft vorhandenen "Ephemeriden" zu den der "Rarisierung" verdächtigen Objekten. An die Stelle des einen Unheils tritt das andere: die Zertrümmerung großer Spiegelflächen, in denen sich ein Tag, ein Monat, ein Jahr in allen seinen Erscheinungen abbildete, zu kleinen Scherben, die man sich notfalls in Form von begrenzten Ausschnittskopien heranholen darf (falls nicht jede Kopie von vornherein untersagt ist). Alles das, was Register in Facetten zerlegen, sind jeweils Teile eines Ganzen, die sich gegenseitig erhellen und ergänzen. Den Bibliotheken kommt daher die Aufgabe zu, nicht nur das Teilstück, das sie zufällig besitzen, zu konservieren, sondern das ganze Fragment in einer Form verfügbar zu machen und auch zu versenden, die Zusammenhänge nicht zerreißt. Gerade der Bearbeiter der angezeigten Inhaltsanalytischen Bibliographien hat hier Pionierarbeit geleistet und die Einrichtung, in der er tätig ist, zur Herstellung und Sammlung von Jahrgängen ganzer Literaturzeitschriften in gebundenen Kopien veranlaßt, die sonst nicht mehr beisammen wären. Ja, darüber hinaus sind hier auch Kopien gesichert, von denen die einzigen bekannten Vorlagen inzwischen nicht mehr "am Platz", also verschollen sind. Estermanns bibliothekarische Verdienste reichen über das hier betrachtete Unternehmen hinaus.


[1]
Literaturlexikon / hrsg. von Walther Killy. - Gütersloh ; München : Bertelsmann. - Bd. 14 (1993), - S. 45 - 50. (zurück)
[2]
Die deutschen Literatur-Zeitschriften : 1850 - 1880 (Anm. 20), Bd. 1, S. 324 - 334, insbes. S. 334. (zurück)
[3]
Das Werk wurde vom Verlag als "Inhaltserschließung deutscher Literaturzeitschriften 1815 - 1880" angekündigt. - Der Zeitraum "19. Jahrhundert" wird in den Bänden in unterschiedlicher Dichte durch die ausgewählten Zeitschriften abgedeckt: die Jahre vor 1830, nach 1880 und das Jahr 1850 durch je ein Periodikum, die Jahre 1830 - 1835 durch 2, die Jahre 1840 - 1845 und 1855 - 1880 durch 3 - 5 Periodika. (zurück)
[4]
Sie sind nachgewiesen in Alfred Rosenbaums sorgfältiger Bibliographie über Alexis in Goedekes Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. - 2. ganz neu bearb. Aufl. - Dresden. - Bd. 9 (1910). (zurück)
[5]
Hermann Marggraff : bibliographisches Repertorium / Prim Berland. Paris : Flory, 1943. (zurück)
[6]
Nachweis und Abdruck aller Beiträge Kellers in: Sämtliche Werke : auf Grund des Nachlasses besorgte und mit einem wissenschaftlichen Anhang versehene Ausgabe / Gottfried Keller. - Bern : Benteli. - Bd. 22. Hrsg. von Carl Helbling. - 1948. - Vgl. bes. S. 353 - 355. (zurück)
[7]
Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts : Bibliographie und inhaltliche Erschließung deutschsprachiger Theaterzeitschriften, Theaterkalender und Theatertaschenbücher / Wolfgang F. Bender ; Siegfried Bushuven ; Michael Huesmann. - München [u.a.] : Saur. [2465] Teil 1. 1750 - 1780. - 1994. - Bd. 1 - 2. - Eine Rezension in IFB ist vorgesehen. (zurück)
[8]
Biologie-Dokumentation : Bibliographie der deutschen biologischen Zeitschriftenliteratur 1796 - 1965 / hrsg. von Martin Scheele u. Gerhardt Natalis. - München [u.a.] : Saur. - 1 (1981) - 24 (1982). [0646] - Vgl. ABUN in ZfBB 29 (1982),4, S. 327 - 328.
Die Biologie-Dokumentation nimmt aufgestellt 89 cm im Regal ein, Estermanns Inhaltsanalytische Bibliographien 62 cm. (zurück)
[9]
Es sollte einmal ein umfassendes Verzeichnis der schon vorhandenen Mehrjahresregister der für die Literaturforschung wichtigen Zeitschriften angefertigt werden, auch mit Nachweis der besitzenden Bibliotheken, da diese Teile oft fehlen. Selbst die umfangreichen Jahresregister der Allgemeinen Zeitung sind - zumal die im Cotta-Archiv nicht vorhandenen - kaum auffindbar! (zurück)
[10]
The Wellesley index to Victorian periodicals, 1824 - 1900 / Walter E. Houghton ..., ed. - Toronto : University of Toronto Press [u.a.]. - Vol. 1 (1966) - 5 (1989). - Hieran ist leicht zu sehen, daß selbst nur ein Index of contributors neben der heftweisen Zusammenstellung des Inhalts hilfreich sein kann. Die weitere Verarbeitung zu einem Keyword index bleibt dabei offen. (zurück)
[11]
Beim Telegraph für Deutschland handelt es sich schon in den ersten drei Buchstaben um 11 Namen! (zurück)
[12]
So werden in der Biologie-Dokumentation die Namen aller beteiligten Mitarbeiter ausgewiesen. (zurück)

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