Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 2/3
[ Bestand in K10plus ]

Komponisten der Gegenwart im Deutschen


96-2/3-310
Komponisten der Gegenwart im Deutschen Komponisten-Interessenverband : ein Handbuch / im Auftrag des Deutschen Komponisten-Interessenverbandes hrsg. von Wilfried W. Bruchhäuser. - Berlin : Deutscher Komponisten-Interessenverband. - 25 cm. - (Deutscher Komponisten-Interessenverband, Kadettenweg 80b, 12205 Berlin. - FAX: 030/8330713)
[3166]
1995. - XV, 1510 S. : Ill. - ISBN 3-55561-410-X : DM 94.15

Ob es sich bei der vorliegenden Ausg. 1995 um die 3. oder bereits um die 4. handelt, ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen: die Vorwörter und die Eintragungen in den Verbundkatalogen sind nicht eindeutig bzw. widersprechen sich. Mit Sicherheit nachweisbar sind die Ausg. 1985, 1987 (diese mit einem Ergänzungsbd. 1990) und nunmehr 1995. Die Ausg. vor 1995 verzeichneten die Komponisten der Gegenwart im Deutschen Komponisten-Verband.[1] Der DKV hatte sich 1994, im 40. Jahre seines Bestehens, mit dem 1977 gegründeten Interessenverband Deutscher Komponisten (IDK) zum Deutschen Komponisten-Interessenverband (DKIV) zusammengeschlossen. Da zudem seit 1991 zahlreiche Mitglieder des inzwischen aufgelösten Verbandes Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler aus den neuen Bundesländern beigetreten waren, was neben der Zusammenlegung zu einer Verdoppelung der Mitgliederzahl des neuen Vereins führte, war ein neues Mitgliederverzeichnis überfällig.

Das Nachschlagewerk, das 1458 Komponisten bzw. deren Rechtsnachfolger verzeichnet, ist ein Spiegel der vielfältigen Landschaft des Musikschaffens in der Bundesrepublik. Berücksichtigt sind alle "Genres des kompositorischen Schaffens, von der volkstümlichen, unterhaltenden Musik über die Schlager-, Pop- und Jazzmusik bis hin zu den Werken der sakralen und symphonischen Chor-, Kammer-, Orchester-, Opern- und Filmmusik." (Den Versuch des Präsidenten des DKV, aus dessen Vorwort hier zitiert wird, möglichst viele Genres in drei Zeilen zu komprimieren, darf man wohl als mißglückt bezeichnen.) Die Komponisten sind jeweils mit Bild, Name, ggf. Pseudonym und evtl. Rechtsnachfolger, der Adresse, den Lebensdaten, einem Informationstext mit dem Werdegang, ggf. Preisen und Auszeichnungen, den Hauptwerken und der Nennung weiterer Werke besprochen. Das Verzeichnis beruht auf Selbstauskünften der Komponisten und verbindet somit die Funktion des "Mitgliederverzeichnisses eines Berufsverbandes mit der portraithaften Selbstdarstellung" (S. X). Nicht wenige Komponisten haben keine Angaben zu ihrer Person gemacht: In 93 Fällen und somit auf 93 Seiten finden sich neben dem Namen lediglich Anschrift und Lebensdaten, bei einigen sogar nicht einmal diese wenigen elementaren Fakten. Als ältester Komponist ist der am 28.1.1878 geborene Walter Kollo verzeichnet, als jüngster der am 30.10.1974 geborene Daniel Seitz. Auffallend ist die Tatsache, daß Frauen im DKIV völlig unterrepräsentiert sind: von 1458 Mitgliedern sind nur 43 Frauen.

Die alphabetische Anlage und der stets gleiche Aufbau der einzelnen Portraits erleichtern die Benutzung. Ein Register der Komponisten nach musikalischen Gattungen und ein Kalendarium der Geburts- und Gedenktage bieten zusätzliche Recherchemöglichkeiten.

Der Band soll nach dem Wunsch des Präsidenten des DKIV den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anregen, "sich endlich wieder stärker unserem inländischen, zeitgenössischen Musikschaffen zuzuwenden" (S. VII).[2] Ob dieser Effekt wirklich eintreten wird, bleibe dahingestellt.

Als Informationsmittel für Bibliotheken ist der Band nur für spezielle Anfragen von Wert: über die bekannten Namen erfährt man natürlich anderwärts mehr; ob Benutzer je nach den zahlreichen hier verzeichneten, wenig bis gar nicht bekannten Namen fragen werden, ist eher unwahrscheinlich; für Musikbibliothekare, die deren Produkte katalogisieren und erschließen müssen, ist das Mitgliederverzeichnis freilich eine potentielle Fundgrube.

Klaus Peter Leitner / sh


[1]
Nicht alle Namen erscheinen in den neueren Ausgaben wieder: Eine Stichprobe mit Namen des Anfangsbuchstabens A in der Ausg. 1985 und 1995 ergab folgendes: 11 sind in beiden enthalten, 8 nur 1985 und 13 nur 1995. Es kann bei Bedarf also sinnvoll sein, alle Ausgaben in den Informationsapparaten zu belassen. (zurück)
[2]
Der Präsident hat noch weitere kernige Sprüche auf Lager: "Sollte unser Handbuch einen Beitrag dazu leisten, daß sich die Komponisten untereinander besser kennen und verstehen lernen, oder gar den jetzt in allen kulturellen Institutionen betriebenen Abbau und Ausverkauf unserer in Jahrhunderten historisch gewachsenen Musikkultur zu lindern, wäre sein Zweck bereits erfüllt. Der von Einfältigkeit und oft gar Zynismus geprägte, täglich neu mit schrillem Jahrmarktgeschrei eröffnete Medienrummel, der seinen nur auf geldwerten Vorteil ausgerichteten Sozialdarwinismus kaum mehr verleugnet, läßt viele vergessen oder gar nicht erst begreifen, daß ein hoher wirtschaftlicher Lebensstandard kein Ersatz für Lebenssinn oder kulturelle Lebensinhalte sein kann" (S. VII). (zurück)

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