Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 2/3
[ Bestand in K10plus ]

Atlas de la France romane


96-2/3-298
Atlas de la France romane / Pauline de La Malne. Cartes et dessins de F. Nol Deney. Photographies de Zodiaque. - [Saint-Léger-Vauban] : Zodiaque, 1995. - 333 S. : Ill., Kt. ; 30 cm. - ISBN 2-7369-0217-3 : FF 313.00
[3240]

Dieser Atlas romanischer Bauten und romanischer Kunstwerke auf französischem Boden (einschließlich Korsika und Andorra) ist in erster Linie ein Register zu den in zahlreichen Bänden vorliegenden Reihen, die von den Mönchen der Benediktiner-Abtei Sainte-Marie de La Pierre-Qui-Vire in St. Léger Vauban (im Departement Yonne) seit 1954 publiziert werden. Sie stellen das umfassendste publizierte Bildarchiv zur romanischen Kunst (i.w.S. von der Merowingerzeit bis zur Spätromanik) dar. Der Name des Verlages geht auf die seit 1951 erscheinende Zeitschrift für religiöse Kunst Zodiaque zurück und ist vor allem mit dem Namen von Dom Angelico Surchamp verbunden, der sich 1995 mit 71 Jahren aus der Verlagsleitung zurückgezogen hat. Die Zeitschrift Zodiaque veröffentlichte seit 1954 jährlich zwei Sonderbände in der gezählten Reihe La nuit des temps, zunächst beschränkt auf die romanische Kunst einzelner französischer Kunstlandschaften, beginnend mit dem Band La Bourgogne romane, bei dem es sich um einen vermehrten Zusammendruck von Photos und Texten aus der Zeitschrift selbst handelte. Aus dieser Abhängigkeit befreiten sich die Bände der Reihe La nuit des temps allerdings bald und stellen seitdem eigenständige Publikationen dar, auch wenn man sie weiterhin in einem Kombinationsabonnement mit der Zeitschrift erwerben kann, wenn man es nicht vorzieht, die Reihe allein zu abonnieren oder auch nur einzelne Bände daraus zu erwerben. Ein Abonnement der ganzen Reihe ist deswegen problematisch, weil sie seit längerem auch Bände für die romanische Kunst in anderen Ländern einschließt, deren Originalausgaben in den behandelten Ländern (Spanien, Italien und neuerdings auch Deutschland) erscheinen und die man deshalb nicht unbedingt in französischer Übersetzung erwerben möchte. Bis Mitte 1996 lagen in der Reihe La nuit des temps insgesamt 85 Bände vor, von denen 41 die französische Romanik behandelten. Als Ergänzung erscheint seit 1965 die Reihe Introductions La nuit des temps mit thematischen Bänden z.B. über die romanische Skulptur, die Malerei, oder über den Beginn der romanischen Architektur, über die in der Romanik verwendeten Symbole und, besonders nützlich, ein Glossar.[1] Weitere Reihen, die ihre Entstehung allesamt der Vermarktung des vorzüglichen Bildmaterials verdanken, sind: La carte du ciel,[2] Les formes de la nuit,[3] sowie die folgenden Reihen, die sich an ein weites Publikum mit Interesse an schönen Bildern und (nicht selten) erbaulichen Texten wenden: Les points cardinaux,[4] Les travaux des mois,[5] Itinéraires romans,[6] La voie lactée[7] oder die neueste, großformatige Reihe Présence de l'art.[8]

Alle diese Reihen[9] - und dazu noch vier verwandte Bände hors collection werden durch den neuen Atlas de la France romane erschlossen. Wollte man bisher wissen, in welchem der Bände der Reihe La nuit des temps ein Ort oder eine einzeln gelegene Kirche behandelt wurde, mußte man sich schon sehr gut in der französischen Geographie auskennen und vor allem auch wissen, welche Landschaft sich hinter Bandbenennungen wie z.B. Forez-Velay (Bd. 15) oder Vivarais-Gévaudan (Bd. 75) verbirgt, und schon gar, wie sich diese Bände von denen für benachbarte Landschaften abgrenzen. Diese Schwierigkeit behebt der vorliegende Atlas. Er besteht aus zwei Teilen: 1. dem Kartenteil, dem eine Übersicht für die Blattschnitte vorausgeht und der das ganze französische Territorium in 39 Kartenblättern und 8 Detailkarten ohne Maßstabangabe abbildet. Es handelt sich um Kartenskizzen, in die die romanischen Bauten (mit differenzierten Signaturen für vorromanische, romanische, teilweise romanische Bauten, für Ruinen sowie für romanische Tympana und Kirchtürme) eingezeichnet sind, während für deren Lokalisierung nur ein äußerst begrenztes Instrumentarium in Gestalt allein der Autobahnen und der allerwichtigsten Nationalstraßen sowie der Departementsgrenzen zur Verfügung steht. Diese Karten bringen also keine Verbesserung gegenüber den Karten in den einzelnen Bänden, die immerhin dank eines größeren (gleichfalls nicht angegebenen Maßstabs) auch kleinere Straßen enthalten. Der zweite Teil ab S. 65 enthält den Index der Ortsnamen bzw. der Namen einzeln liegender Bauten (die Gemeinde, zu der sie gehören ist in der folgenden Beschreibung genannt und es wird von deren Name verwiesen) mit Angabe der Nummer des Departements, der Karte und der Koordinate des Atlas, der Kartennummer und des Ausschnitts auf der Carte Michelin 1:200.000[10] und darauf folgend den Fundstellen in den Bänden der oben erwähnten (mit Kürzeln[11] zitierten) Reihen, mit Angabe der Seiten, auf denen die Bauten behandelt sind und der Abbildungen mit Angabe, was abgebildet ist. Fehlen die Angaben in dieser letzten Spalte, so dient die Eintragung nur als Auffindungshilfe für einen Ort mit romanischen Bauten, der nicht in einem der Bände von Zodiaque behandelt wird, der aber auf den Karten des Atlas eingezeichnet ist. Insofern geht der Atlas in der Tat über die Funktion eines Registers zu den genannten Bänden hinaus.

Daß sich der Atlas allein auf Karten und Text beschränkt, war bei der Bildbesessenheit des Verlages nicht anzunehmen: außer zahlreichen gezeichneten Vignetten aus der Feder von Pater Nol Deney, auf die man auch gut verzichten könnte, ist der Band mit 25 ganzseitigen Farbphotos auf Tafeln bebildert, die bereits aus den Bänden der Reihe La nuit des temps bekannt sind. Es fehlen dagegen Schwarzweiß-Abbildungen in Kupfertiefdruck (Heliogravüre), die die besondere Qualität der Abbildungen in den Zodiaque-Bänden ausmachen.[12]

Solange für Frankreich weder ein flächendeckendes Kurzinventar nach Art des deutschen Dehio-Handbuchs noch gar ein flächendeckendes Großinventar zur Verfügung steht, müssen die Bände der Reihe La nuit des temps die Rolle eines Teilinventars übernehmen, von der nicht zu unterschätzenden Rolle eines Bildarchivs der romanischen Kunst ganz zu schweigen, das durch den hier besprochenen Atlas jetzt erstmals unter topographischem Aspekt erschlossen wird. Daß die Bände vorzüglich dazu geeignet sind, Kunstreisen abseits der üblichen Trampelpfade zu planen, sei nur erwähnt, auch wenn es einem dann passiert, daß man an der entlegenen romanischen Kapelle am Ende einer Sackstraße Touristen begegnet, die im Anblick des Typanons den einschlägigen Band von La nuit des temps konsultieren.

sh


[1]
Glossaire de termes techniques : l'usage des lecteurs de "La nuit des temps" / Melchior de Vogüé ; Jean Neufville. - 4. éd., revue et corr. / par Raymond Oursel. - [Saint-Léger-Vauban] : Zodiaque, 1989. - 534 S. : Ill. ; 22 cm. - (Introductions La nuit des temps ; 1). - ISBN 2-7369-0164-9 : FF 225.00
Für Herbst 1996 ist als Bd. 15 ein Dictionnaire d'iconographie romane von Marc Thoumieu angekündigt. (zurück)
[2]
Monographien über die romanischen Bauten einzelner Orte im Taschenbuchformat. (zurück)
[3]
U.a. ein Band über Chartres oder Sammelbände im Großformat wie France romane. (zurück)
[4]
Thematische Bände, z.B. Esprit de Cteaux, aber auch eine Mongraphie von mile Mle über die Cathédrale d'Albi. (zurück)
[5]
Monographien über einzelne Bauten oder Orte. (zurück)
[6]
Schmale Bände parallel zu denen von La nuit des temps, "faisant la part belle aux modestes églises et chapelles rurales, si évocatrices et si émouvantes". (zurück)
[7]
Bisher zwei Bände über Zillis und Vézelay. (zurück)
[8]
Bd. 1 (1994) L'art médiéval lag dem Rezenenten noch nicht vor, Bd. 2 Chanties médiévaux / Francesco Aceto ... erschien 1996. - 364 S. : zahlr. Ill. (zurück)
[9]
Mit zwei Ausnahmen: es fehlen unverständlicherweise die Itinéraires romans, während Présance de l'art zu neu ist. (zurück)
[10]
Diese zusätzlichen Hinweise auf eine weit verbreitete, vorzügliche Straßenkarte ist im Prinzip sehr zu begrüßen, auch wenn sie in manchen Fällen trotzdem nicht zum Auffinden der in den Bänden beschriebenen Objekte beitragen werden, nämlich dann, wenn diese auf der Michelin-Karte gar nicht eingezeichnet sind. So erging es dem Rezensenten vor vielen Jahren mit den kleinen, irgendwo im Wald versteckten pieve auf Korsika, die allenfalls auf Karten im Maßstab 1:100.000 eingezeichnet sind und die er damals, nur mit den Michelin-Karten ausgerüstet, auf Grund der oft genug phantasievollen Wegangaben der Bewohner des nächstgelegenen Dorfes zu erreichen versuchte. (zurück)
[11]
Diese sind in einem voranstehenden Abkürzungsverzeichnis aufgelöst. Zitiert werden die jeweils letzten Auflagen, da besonders erfolgreiche Bände der Reihe La nuit des temps bereits in weiteren, z.T. verbesserten und erweiterten Auflagen vorliegen. Bd. 1 der Reihe, Bourgogne romane liegt bereits in 8. Aufl. (1986) vor.
Es hätte diesem Band gut angestanden, wenn man ihm im Anhang eine Bibliographie aller je erschienenen Bände des Verlags Zodiaque beigegeben hätte. (zurück)
[12]
Aus Anlaß des 25jährigen Bestehens widmete die Zeitschrift Zodiaque ihr Heft Nr. 150 unter dem Titel L'aventure de Zodiaque einem Rückblick und einer mit zahlreichen Abbildungen illustrierten Darstellung dieses Druckverfahrens. Vergleichsabbildungen - im Offsetverfahren und in Kupfertiefdruck - machen die Qualitätsunterschiede augenfällig. Nachdem die Abbildungen in Kupfertiefdruck in den ersten Jahrzehnten bei der Firma Braun & Cie in Mulhouse hergestellt wurden, stammen sie heute aus einer Druckerei in Saint-Dié, die angeblich letzte, die in Frankreich dieses Druckverfahren noch beherrscht (in Deutschland gibt es angeblich keine vergleichbare Druckerei mehr). - Die Dienste von Braun & Cie. nahm übrigens auch der Schroll-Verlag für seine Tafelbände über die romanische, gotische und Renaissance-Kunst in europäischen Ländern in Anspruch: auch hier genügt es, den Band Gallia romanica (1955, 2. Aufl. 1962), dessen Abbildungen noch in Kupfertiefdruck hergestellt sind, mit dem in Offsetdruck produzierten Band Gallia praeromanica (1982) zu vergleichen: der Qualitätsverlust ist erschreckend. (zurück)

Zurück an den Bildanfang