Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 2/3
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Bibliographie analytique des écrits relatifs … Voltaire,


96-2/3-264
Bibliographie analytique des écrits relatifs … Voltaire, 1966 - 1990 / Frederick A. Spear. Avec la participation de Elizabeth Kreager. - Oxford : Voltaire Foundation, 1992. - 24 cm. - ISBN 0-7294-0443-9 : œ 50.00. - (Voltaire Foundation, University of Oxford, 99 Banbury Rd., Oxford OX2 7RB)
[2082]
Candide : Illustrierte Ausgaben
96-2/3-265
The illustrated editions of Candide : the interpretation of a classic ; an examination & checklist / by Peter Tucker. With an introduction by Giles Barber. - Oxford : Previous Parrot Press, 1993. - 67 S. : Ill. ; 30 cm. - œ 48.50, œ 8.00 (Schuber). - (Previous Parrot Press, The Foundry, Church Hanborough, Witney near Oxford OX8 8AB, England)
[2140]

Während heutzutage auch drittrangige Autoren und sogar solche, deren literarisches Schaffen noch nicht abgeschlossen ist, bereits mit Personalbibliographien bedacht werden, finden große Autoren mit umfangreichem Oeuvre und ausufernder Forschungsliteratur wesentlich schwerer einen Bibliographen, vor allem dann, wenn die Publikationsgeschichte der Primärliteratur kompliziert ist. Alle diese Schwierigkeiten treffen auf Voltaire in besonderem Maße zu, und trotzdem gehört er glücklicherweise zu den insgesamt bibliographisch gut versorgten Autoren. Was die bibliographische Kontrolle seiner selbständig publizierten Werke betrifft, so ist bis auf weiteres der auch als Sonderausgabe erschienene Katalog der Bestände der BibliothŠque Nationale[1] die erste Anlaufstelle, die zumeist auch hinreichende Information bietet; schlechter steht es trotz der Bemühungen von Theodore Besterman - der ja nicht nur ein begnadeter Bibliograph, sondern auch ein eminenter Voltaire-Forscher war - um die bibliographische Kontrolle der Ausgaben zu Lebzeiten Voltaires, die mit ihrer immer wieder durch die Zensur bedrohten und von unberechtigten Nachdrucken gekennzeichneten Publikationsgeschichte besonders schwierig ist. Was dagegen die bibliographische Kontrolle der seit 1825 erschienenen Forschungsliteratur betrifft, so ist es um diese dank der Kompetenz zweier anglophoner Voltaire-Forscher bestens bestellt: an eine Centenarbibliographie 1825/1925[2] schließt eine für die vierzig Jahre von 1926/65 an,[3] die nunmehr - rechtzeitig vor dem dreihundertsten Geburtstag Voltaires 1994 erschienen - die Verzeichnung der Sekundärliteratur für das Vierteljahrhundert 1966/90 fortführt und über ihre Vorgänger hinausgehend, zusätzlich die Ausgaben von Werken Voltaires verzeichnet.

Die Anlage, die sich nur wenig vom Vorgängerband unterscheidet, ist der Personalbibliographie eines großen Autors adäquat: von den insgesamt 3546 durchnumerierten Titeln entfallen 2456 auf die allgemeine Voltaire-Literatur (Festschriften und Sammlungen; Bibliographien und Buchgeschichte; Biographisches und Gesamtdarstellungen; Komparatistisches; Einzelfragen), der Rest auf die Werke (Sammlungen; Korrespondenz; Einzelwerke im Alphabet). Dieser zweite Teil berücksichtigt sowohl die Ausgaben als auch die Forschungsliteratur, wobei für erstere sinnvolle Auswahlkriterien angewendet werden, die u.a. reine Textausgaben ohne editorisches Beiwerk ebenso unberücksichtigt lassen,[4] wie unveränderte Auflagen im selben Verlag. Den Abschluß bilden drei kurze Abschnitte zu Voltaire-Feiern, Adaptionen und zur Ikonographie. Die Titelaufnahmen sind mustergültig und auch bei nicht-englischsprachigen Titeln zuverlässig; russische sind (ein von Besterman's World bibliography of bibliographies her gut bekanntes Verfahren) in kyrillischer Type gesetzt, "exotische", z.B. japanische, werden mit einem in eckigen Klammern gesetzten Übersetzungstitel zitiert. Die Titel sind bei Bedarf knapp mit faktischen Informationen annotiert; stets genannt sind Rezensionen, sogar solche, die in Zeitschriften erscheinen, die völlig außerhalb des Interesses der Voltaire-Forschung liegen,[5] was man als Indiz für die Breite der bibliographischen Recherchen werten kann, aus der man auf hohe Vollständigkeit schließen darf. Das Verfasserregister (unter Ausschluß der Rezensenten) und das sehr gute Sachregister verweisen auf die laufenden Nummern. Besonders erwähnt sei die sorgfältige Typographie, die diesen Band ebenso auszeichnet wie die anderen Publikationen der Voltaire Foundation.

Unverzichtbare Standardbibliographie zur Voltaire-Forschung, deren baldige Fortschreibung man sich wünschte, da sie nicht nur die Ernte des Voltaire-Jubiläums 1994 einbrächte, sondern dank ihrer mehrjährigen Berichtszeit wesentliche Vorteile bei der Literaturermittlung gegenüber den laufenden Jahresbibliographien zur französischen Literaturwissenschaft hat.

In der Wertschätzung einzelner Werke Voltaires gibt es signifikante Unterschiede zwischen seinen Zeitgenossen und den heutigen Lesern. Während sich etwa Voltaires zahlreiche Tragödien im 18. Jahrhundert erfolgreich auf den Bühnen behaupteten und Epen wie La Henriade oder La Pucelle d'Orléans zahlreiche Auflagen erlebten, sind erstere heutzutage bei Nichtphilologen "tot". Auch Candide ou l'optimisme war zu Lebzeiten Voltaires sehr erfolgreich, wurde dann im 19. Jahrhundert kaum beachtet, gehört aber in unserem Jahrhundert zu den am meisten verbreiteten und rezipierten Werken Voltaires, mißt man den Erfolg an der Zahl der Ausgaben und Übersetzungen und auch an der reichen Sekundärliteratur.[6] Dieser anhaltende Erfolg des kleinen Werkes hat Verleger seit dem 18. Jahrhundert, vor allem aber im 20. Jahrhundert und hier insbesondere seit 1945 immer wieder veranlaßt, illustrierte Ausgaben herauszubringen und dazu auch Künstler ersten Ranges zu verpflichten. Der bibliophil aufgemachte Band The illustrated editions of Candide geht diesem Erfolg nach, beschreibt einzelne, dem Verfasser vorliegende Ausgaben und reproduziert daraus ausgewählte Illustrationen, überwiegend schwarzweiß - z.T. in schlechter Qualität, so vor allem bei den frühen Illustrationen von Chodowiecki und Moreau - z.T. farbig auf eingeklebten Tafeln (auch hier z.T. schlecht, so etwa der Gelbstich bei der Illustration von M. M. Prechtl, S. 53 im Vergleich zum Original, S. 17 der Ausgabe bei der Büchergilde Gutenberg). Die Interpretationen der Illustrationen durch den Autor "are what they are" (so er selbst über die Illustrationen von Prechtl, die er nicht sehr schätzt). Enttäuschend ist die Checklist, die den Band beschließt (S. 61 - 68): sie nennt in chronologischer Folge der Erstausgaben - 1778 (Chodowiecki) bis 1993 (Angela Barrett) - 106 illustrierte Drucke mit kürzesten Angaben: Künstler, Verlag, Verlagsort und Jahr, Zahl und Technik der Illustrationen; gerade letztere Angaben sind häufig unvollständig, da der Verfasser zahlreiche Ausgaben nicht selbst einsehen konnte. Er hat vermutlich auch nicht einmal alle "standard sources" (S. 61) ausgewertet, da die Liste sonst um einiges länger ausgefallen wäre.[7] So ist z.B. nur eine einzige Ausgabe, eine ungarische, aus den ehemaligen Ostblockländern verzeichnet, und auch die Zahl der deutschen illustrierten Ausgaben, die mit jetzt 23 einen guten zweiten Platz nach den französischen mit 53 und vor den amerikanischen mit 11 belegen, hätte sich bei einer gründlichen Durchsicht der deutschen Nationalbibliographien und spezieller Verzeichnisse vermehren lassen.

sh


[1]
Catalogue général des livres imprimés de la Bibliotheque Nationale / BibliothŠque Nationale. - Paris : Imprimerie Nationale. - 25 cm [0313]. - Auteurs. - T. 214. Voltaire. - Vol. 1 - 2. - ISBN 2-7177-0528-8 - ISBN 2-7177-0529-5 : FF 600.00. - Vgl. ZfBB 27 (1980),1, S. 52 - 60. (zurück)
[2]
A centenary of Voltaire study : a bibliography of writings on Voltaire, 1825 - 1925 / Mary Margaret H. Barr. - New York : Institute of French Studies, 1929. - XXIII, 123 S. - Der 1972 erschienene Reprint ist nicht mehr lieferbar. (zurück)
[3]
Quarante années d'études voltairiennes : bibliographie analytique des livres et articles sur Voltaire, 1926 - 1965 / Mary Margaret H. Barr and Frederic A. Spear. - Paris : Colin, 1968. - VIII, 208 S. (zurück)
[4]
Obwohl mit solchem versehen (Nachwort von Hans Mayer und Gedanken beim Malen der Bilder vom Künstler) fehlt die schöne, von Michael Mathias Prechtl mit 18 ganzseitigen Bildern illustrierte Ausgabe des Candide (München : Beck, 1989 sowie Frankfurt : Büchergilde Gutenberg, 1989). (zurück)
[5] So auch die oben zitierte Rezension in der ZfBB. (zurück)
[6]
Das läßt sich leicht mit Hilfe der oben besprochenen Bibliographie belegen, die für Candide 226 Eintragungen aufweist, gefolgt in weitem Abstand vom Dictionnaire philosophique (46) und Zadig (41). (zurück)
[7]
Zu diesen gehört auch die folgende Bibliographie, die der Verfasser aber vermutlich noch nicht kannte, da sie erst 1992 erschienen ist: Manuel de l'amateur de livres illustrés modernes : 1875 - 1975 / Luc Monod. - Neuchƒtel : ditions Ides & Calendes. - 1992. - [1] - [2]. Von den hier verzeichneten Ausgaben des Candide (Nr. 11.375 - 11.405) fehlen 4, die im folgenden mit Jahr, Illustrator und Nr. bei Monod zitierte werden: 1936 Georges Jeanniot (11.384), 1957 Dubout (11.392), 1922 Siméon (11.395), 19?? Claudio Bonichi (11.403). Die Titelaufnahmen und Annotationen sind bei Monod in der Regel wesentlich ausführlicher. (zurück)

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