Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 2/3
[ Bestand in K10plus ]

Dictionnaire des oeuvres littéraires de langue fran‡aise


Siehe auch die Vorbemerkungen

96-2/3-242
Dictionnaire des oeuvres littéraires de langue fran‡aise / Jean-Pierre de Beaumarchais ; Daniel Couty. - Paris : Bordas. - 31 cm
[3047]
A - C. - 1994. - XVI, 473 S. - ISBN 2-04-018550-X : FF 390.00
D - J. - 1994. - S. 475 - 1046. - ISBN 2-04-018552-6 : FF 390.00
K - P. - 1994. - S. 1047 - 1622 : Ill. - ISBN 2-04-018554-2 : FF 390.00
Q - Z. - 1994. - S. 1623 - 2159 : Ill. - ISBN 2-04-027022-1 : FF 390.00
96-2/3-243
Dictionnaire des littératures de langue fran‡aise / Jean-Pierre de Beaumarchais ; Daniel Couty ; Alain Rey. - Nouvelle éd. - Paris : Bordas. - 31 cm. - FF 1800.00
[3045]
A - D. - 1994. - XV, 766 S. - ISBN 2-04-027031-0 : FF 450.00
E - L. - 1994. - S. 767 - 1442. - ISBN 2-04-027032-9 : FF 450.00
M - R. - 1994. - S. 1443 - 2209. - ISBN 2-04-027033-7 : FF 450.00
S - Z. - 1994. - S. 2211 - 2875. - ISBN 2-04-027034-5 : FF 450.00

Schon die ähnlich lautenden Titel dieser beiden jeweils vierbändigen und jeweils 1994 bei Bordas erschienenen Lexika verweisen, ebenso wie die sich teilweise wiederholenden Namen der Herausgeber und Mitarbeiter, auf einen Bezug zwischen den beiden Werken, und tatsächlich gehören beide, gemeinsam mit einem dritten Teil, einer Anthologie,[1] zu einem umfassenden Projekt, das dem Leser von verschiedenen Seiten her den Zugang zur französischsprachigen Literatur erleichtern will. In diesem Sinne sind alle drei Teile dieses Projekts komplementär zueinander und kann der Weg quer durch die drei Nachschlagewerke beispielsweise von einem Textausschnitt über die Werkbeschreibung und -analyse zur Information über den Autor, die jeweilige Gattung, Epoche, Strömung etc. führen; er kann aber auch in umgekehrter Richtung oder in völlig anderer und weniger konventioneller Weise verlaufen. Dennoch ist diese potentielle und intendierte Komplementarität keine obligatorische, läßt sich doch jeder Teil auch unabhängig von den beiden anderen benutzen.

So ist beispielsweise das Werklexikon, der Dictionnaire des oeuvres littéraires de langue fran‡aise, zwar alphabetisch nach Sachtiteln aufgebaut, doch wird es ergänzt durch ein alphabetisch nach Autoren gegliedertes Werkregister, in dem der Leser sich rasch kundig machen kann, welche Werke eines Autors im Rahmen der vier Bände besprochen werden (leider nennt dieser Index weder die Bandzahl noch die Seitenangabe der einzelnen Besprechungen, so daß nach der raschen ersten Information der zweiten und gründlicheren eventuell ein etwas längeres Blättern vorausgeht, insbesondere wenn der Benutzer des Lexikons sich nicht zuerst mit den an ihn gerichteten Benutzungshinweisen vertraut gemacht hat, um genau zu wissen, wann etwa ein Artikel ordnungsrelevant ist und wann nicht bzw. warum sich Le Roi des Aulnes unter R, Le Roi se meurt hingegen unter L findet).

Davon abgesehen jedoch ermöglicht dieses Lexikon einen für Lexikonverhältnisse recht detaillierten und nichtsdestotrotz schnellen Zugang zu - laut der Zahlenangabe im Vorwort - ungefähr 3700 Werken der französischsprachigen Literatur aller Jahrhunderte, wobei die Auswahl weitgehend, vor allem bei vor dem 20. Jahrhundert entstandenen Werken, dem anerkannten Kanon entspricht:[2] Autoren wie Racine oder Stendhal sind mit nahezu all ihren Werken vertreten; zu einem schon rein zahlenmäßig äußerst produktiven und zudem von der Nachwelt so anerkannten Autor wie Balzac finden sich rund 80 Besprechungen; von weniger bekannten oder - wiederum laut Vorwort - bedeutenden Autoren sind im allgemeinen die, wie es heißt, originellsten oder charakteristischsten Werke aufgenommen, doch wurde auch bisher marginalisierten Werken ein Platz im Dictionnaire nicht verwehrt, sofern sie diesen nach Einschätzung der gut 100 Spezialisten, die für die einzelnen Artikel verantwortlich zeichnen, verdienen.

Der Aufbau der Artikel gehorcht einem gleichbleibenden und übersichtlichen Schema: Dem Titel des Werkes folgen die Angaben zu Gattung und Verfasser, zu Ort, Verlag und Jahr der Erstveröffentlichung, gegebenenfalls Ort und Jahr der Uraufführung, sowie eine knappe, einführende Situierung des jeweiligen Einzeltextes im Gesamtwerk des betreffenden Autors. Daran schließt sich, typographisch abgesetzt, eine kurze Inhaltsangabe des Textes an, ehe dieser ausführlicher analysiert wird - wobei die Länge dieser Analysen stark variiert: Je nach Komplexität des zu analysierenden Werkes kann sie einige Zeilen oder auch mehrere Spalten des großformatigen Lexikons umfassen. Abschließend werden derzeit erhältliche (auch Taschenbuch-) Ausgaben des jeweiligen Werkes aufgeführt sowie gegebenenfalls Gesamtausgaben genannt, deren genaue bibliographische Angaben im bereits erwähnten Autoren- und Werk-Register zu finden sind. Auf Hinweise zur Sekundärliteratur hingegen wird bedauerlicher- und unverständlicherweise vollständig verzichtet.

Die jeweiligen Interpretationen setzen natürlich, entsprechend der Vielzahl ihrer Verfasser, unterschiedliche Schwerpunkte; innerhalb dieser sich eher positiv als negativ auswirkenden Heterogenität wahren sie jedoch eine gewisse Homogenität im Ansatz, insofern allgemein sowohl rein inhaltliche als auch rein biographische oder rein soziologische Interpretationen vermieden werden, ohne dabei völlig etwa auf lebensgeschichtliche Daten oder die Darstellung des gesellschaftlichen Bezugs bei bestimmten Texten zu verzichten. Statt dessen lenken die Analysen in der Regel den Blick nicht nur auf zentrale Themen des Textes, sondern vor allem auf die ihn charakterisierenden Verfahren - bei einem narrativen Text beispielsweise auf die Erzähltechnik -, auf die symbolische Ebene, auf das Verhältnis zur Tradition bzw. deren Beherrschung oder Überwindung etc. Darüber hinaus werden durchaus auch einzelne, bekannt gewordene Episoden herausgegriffen und interpretiert, so daß die Artikel die in Lexika häufig festzustellende allzu große Allgemeinheit vermeiden und dank ihrer Konkretheit tatsächlich einen brauchbaren Einstieg in ein Werk darstellen können.

Auf andere Weise, weil weniger auf die einzelnen Werke konzentriert, bietet der Dictionnaire des littératures de langue fran‡aise seinen Lesern diesen Einstieg an, obwohl auch hier keinesfalls eine überkommene "l'homme-et-l'oeuvre"-Konzeption zugrunde gelegt wurde. Freilich liegt der Akzent eindeutig auf den über 1900 Autorenartikeln,[3] neben denen die etwa 430 Artikel zu Sachbegriffen - die Zahlen entstammen wiederum dem Vorwort - ein eher schmales Kontingent darstellen, zumal in Anbetracht der Fülle der hier berücksichtigten Bereiche: Begriffe aus der Literaturtheorie, Teilgebiete der Literaturwissenschaft, mit der Literatur in Zusammenhang stehende Bereiche wie das Kino, andere, die französische Literatur beeinflussende Nationalliteraturen, gesellschaftliche Bedingungen der Literatur etc. sind ebenso aufgenommen wie jene Sachbegriffe, die in einem Literaturlexikon ohnehin erwartet werden: Epochen, Strömungen und Schulen, Gattungen, Institutionen und Zeitschriften, historische Ereignisse, die sich auf die Entwicklung der Literatur in besonderem Maße auswirkten, oder auch Überblicksartikel zu den französischsprachigen Literaturen außerhalb Frankreichs.

Den zwangsläufig punktuellen Charakter insbesondere dieser Sachartikel versucht der Index notionnel et chronologique des termes littéraires, ein recht kompliziertes Register am Ende von Bd. 4, zu beheben oder zumindest auszugleichen, indem er die einzelnen Begriffe durch die Zuordnung zu Oberbegriffen und Daten untereinander verbindet und dem Leser so zwei weitere Einstiegsmöglichkeiten - thematisch und chronologisch - zusätzlich zur alphabetischen eröffnet. Neben diesem umfangreichen Register in Tabellenform enthält der 4. Bd. die Mitgliederlisten der Académie Fran‡aise und der Académie Goncourt sowie die wichtigsten Literaturpreise mit den durch sie jeweils ausgezeichneten Autoren, ein Werkregister,[4] das weit über 20.000 im Lexikon genannte Titel aufführt, und ein Verzeichnis der Abbildungen, die thematisch geordnet und jeweils mehrere Seiten umfassend an verschiedenen Stellen des Dictionnaire eingeschoben sind und die durch die Sprache vermittelbaren Informationen etwa zum Thema Allegorie, Bestiarien, Utopie etc. im umfassendsten Sinne des Wortes illustrieren, d.h. bebildern, aber auch erläutern und bereichern,[5] statt lediglich redundantes Material oder eine bloße "décoration anecdotique" zu liefern.

Die zu den einzelnen Sachbegriffen gegebenen Darstellungen sind im allgemeinen knapp gehalten - auch diesbezüglich liegt das Gewicht eindeutig auf den Autorenartikeln und damit auf den Texten selbst, auf die die Sachartikel bezogen bleiben und verweisen wollen -, werden dabei aber keineswegs oberflächlich. Die Information ist im Gegenteil sehr dicht, ohne sich auf mehr oder weniger unlesbare Aneinanderreihungen von Fakten zu reduzieren; wo es angebracht erscheint, werden bestimmte Daten in Tabellen und Gegenüberstellungen zusammengefaßt (z.B. im Artikel Querelle des anciens et des modernes die Tabelle "Oeuvres anciennes - Oeuvres modernes"); der Text der Artikel ist meist in einzelne Abschnitte mit eigenen Überschriften untergliedert und, wo immer möglich bzw. sinnvoll, durch Originalzitate angereichert (z.B. im Artikel Nouveau roman durch zahlreiche Zitate aus den theoretischen Schriften der Romanautoren selbst). Die abschließende und oft, wenngleich in knappster Form, annotierte Bibliographie, die auch unselbständig erschienene Arbeiten berücksichtigt, enthält nicht nur Ausgaben oder Neuausgaben relevanter Primärwerke zum jeweiligen Sachgebiet, sondern ebenfalls nach Untergebieten gegliederte Sekundärliteratur, deren Aktualität allerdings gelegentlich etwas zu wünschen übrig läßt.

Die Auswahlkriterien für die Autorenartikel entsprechen in etwa denen des Werklexikons, d.h. für die Autoren der Vergangenheit hat in der Regel die Geschichte bereits das Urteil gesprochen - heute anerkannte Autoren werden ausführlich, Autoren, die nur in ihrer eigenen Zeit berühmt waren, knapp behandelt -; für die Autoren der Gegenwart, bei denen sich die Auswahl in der Regel schwieriger gestaltet, werden unterschiedliche und einander ergänzende Kriterien herangezogen: Umfang des bisher veröffentlichten Werkes, Auszeichnung durch Literaturpreise, Auflagenhöhe, Bekanntheitsgrad im Ausland durch Übersetzungen etc., d.h. keinesfalls irgendwelche ideologischen Faktoren, politischen Einstellungen oder dergleichen.

Bei den Autorenartikeln lassen sich zwei Typen unterscheiden: Den Schriftstellern, die allgemein als die bedeutendsten anerkannt sind - etwa einhundert aus dem Kanon der französischsprachigen Literatur -, ist jeweils ein umfassendes "Dossier" gewidmet, das, wenn überhaupt, dann eine Auswahl derjenigen Elemente aus der Biographie enthält, deren Kenntnis zum besseren Verständnis des betreffenden Werkes notwendig oder hilfreich erscheint, sowie und vor allem eine Gesamtdarstellung dieses Werkes, ferner Interpretationen der wichtigsten Einzelwerke des Autors, eine zweispaltige Tabelle, die Lebens- und Werkdaten einander gegenüberstellt, und abschließend wiederum eine detaillierte, nach Themen und Werken untergliederte Bibliographie, falls die Literaturangaben zu Einzeltexten nicht bereits an deren Besprechung angeschlossen wurden. Bei den restlichen über 1800 ins Lexikon aufgenommenen Schriftstellern werden im allgemeinen nur sehr wenige und immer auf die Texte bezogene biographische Daten genannt; die Artikel stellen, ausgehend von den wiederkehrenden Themen, den verwendeten Formen und eingesetzten Verfahren, eine Charakterisierung des Gesamtwerks dar, wobei, je nach Autor, auch beispielsweise politische Bezüge, Entwicklungstendenzen innerhalb eines Gesamtwerks oder formale und andere Besonderheiten eines herausragenden Textes nicht unerwähnt bleiben. Sämtliche wichtigeren Texte sind selbst in diesen kürzeren Artikeln samt dem Datum ihrer Erstveröffentlichung aufgeführt; die Angaben zur Sekundärliteratur hingegen beschränken sich meist auf einige wenige Titel.

Ob Dossier oder einfacher Lexikonartikel, grundsätzlich gilt für beide Typen von Autoreinträgen, daß, wiederum ähnlich wie beim werkzentrierten Pendant, die innerliterarische Betrachtung der Texte vorrangig ist, ohne eine außerliterarische völlig auszuschließen: Die Texte werden primär als Literatur und um ihrer selbst willen gelesen und analysiert, nicht als Dokument oder gar Widerspiegelung irgendwelcher historischer und soziologischer Entwicklungen und ebensowenig als psychologisch oder psychoanalytisch aufzuschlüsselnde Umsetzung einer Biographie in einen fiktionalen Text.


[1]
Anthologie des littératures de langue fran‡aise / Jean-Pierre de Beaumarchais ; Daniel Couty. - Paris : Bordas. - 26 cm. - A - L. - 1988. - 808 S. - ISBN 2-04-016380-8 : FF 450.00. - M - Z. - 1988. - 832 S. - ISBN 2-04-016378-6 : FF 450.00 (zurück)
[2]
Stärker allerdings als in vergleichbaren älteren Nachschlagewerken wurden die Gegenwartsliteratur sowie Werke von nicht aus Frankreich stammenden Autoren berücksichtigt. (zurück)
[3]
Unter "Autoren" ist im Zusammenhang dieser Rezension stets "Autoren und Anonyma" zu verstehen; anonyme Werke wie etwa die mittelalterliche Prise d'Orange finden sowohl in Autoren- als auch in Werklexika Eingang. (zurück)
[4]
In der 1984 erschienenen, damals noch dreibändigen Ausgabe des Dictionnaire des littératures de langue fran‡aise (vgl. ABUN in ZfBB 33 (1986),1, S. 31 - 33) stellte das Werkregister die einzige zusätzliche Erschließungsmöglichkeit dar: Weder gab es die Listen der Akademiemitglieder und Literaturpreisträger noch ein Verzeichnis der - gleichwohl bereits enthaltenen - Abbildungen noch den thematisch-chronologischen Index. Ist in diesen Hinzufügungen gewiß die auffallendste Neuerung der neuen Ausgabe zu sehen, so wurde doch auch sonst an sehr vielen Stellen geändert, wurden Literaturangaben auf einen neueren Stand gebracht, Verweisungen und ganze Artikel - überwiegend, aber nicht ausschließlich zu Autoren des 20. Jahrhunderts - eingeschoben, andere Einträge, insbesondere die zu noch lebenden oder seither verstorbenen Schriftstellern, leicht modifiziert und aktualisiert oder in anderen Fällen auch grundlegend überarbeitet und erweitert. Neu sind z.B. die Artikel Gaspard Abeille, Bernard-Marie KoltŠs oder Académie Goncourt, während der Artikel Académie Fran‡aise jetzt nicht nur aktuellere Literaturhinweise enthält, sondern außerdem in kleinere Kapitel untergliedert und wesentlich ausführlicher ist als vor zehn Jahren. (zurück)
[5]
Auch in diesen sogenannten "hors texte"-Beigaben zeigt sich die Komplementarität der beiden Dictionnaires: Während das (primär) Autorenlexikon Sachbegriffe oder -gebiete "illustriert", enthält das Werklexikon Bildseiten zu den bedeutenderen Autoren, die, wie die Seiten im Autorenlexikon, an den entsprechenden Stellen im Alphabet eingefügt und im Bd. 4 in einem Register nachgewiesen sind (so finden sich die Illustrationen beispielsweise zu Rabelais nicht etwa in der Nähe des Artikels zu dessen Text Gargantua als dem ersten seiner vier bis fünf Bücher, sondern unter dem Buchstaben R). (zurück)

Zurück an den Bildanfang