Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 1
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Das Märchenlexikon


96-1-071
Das Märchenlexikon / Walter Scherf. - München : Beck. - 23 cm. - ISBN 3-406-39911-8 : DM 148.00
[3150]
Bd. 1. A - K. - 1995. - IXX, 771 S.
Bd. 2. L - Z. - 1995. - S. 773 - 1621

Walter Scherf ist seit 1982 Lehrbeauftragter an der Universität München; von 1957 bis 1982 war er Direktor der Internationalen Jugendbibliothek. Er hat zahlreiche Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Erzählforschung und der Kinder- und Jugendliteratur vorgelegt; seine Edition der Märchen Ludwig Bechsteins ist zur Standardausgabe geworden.[1] Der hier anzuzeigende Titel ist die Neubearbeitung und Erweiterung des Lexikons der Zaubermärchen,[2] das sich zu zwei umfangreichen Bänden gemausert hat - wobei die Abbildungen der Erstauflage leider weggefallen sind. Statt 120 Märchen werden in der Neufassung 500 vorgestellt, die zu 200 Erzähltypen gehören, wie die Märchenforschung sie aus dem Gesamtkorpus erzählter Literatur herauspräpariert hat.[3] Doch greift die Darstellung jetzt weit über den engeren Bereich der Zaubermärchen hinaus und bezieht sich, zumindest in der vergleichenden Darstellung, auf die gesamte Breite des Materials. Das Ergebnis ist ein für den Erzählforscher wie für den Liebhaber von Märchen unentbehrliches Handbuch, legitime Weiterführung der Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm von Johannes Bolte und Georg Polívka.[4]

Die Märchenartikel folgen einander in alphabetischer Reihung. Inhaltlich verwandte Stoffe sind auf eine "Leitfassung" bezogen, unter denen - neben der für die gesamte Gruppe geltenden grundlegenden Darstellung - auch die jeweilige Primär- und Sekundärliteratur zusammengefaßt wird. Scherf wählt treffend und kenntnisreich aus dem in europäischen Sprachen gedruckt vorliegenden Material. Leitfassungen sind keineswegs immer die bekanntesten, etwa˙die des Grimm-Kanons; von 187 Leitfassungen sind 87 der Sammlung der Brüder Grimm entnommen, einiges auch den (im 19. Jahrhundert zunächst oft erfolgreicheren) konkurrierenden Titeln (Bechstein); stark einbezogen werden regionale Sammlungen, beispielsweise Jahn (Pommern), Haltrich (Siebenbürgen) oder Wisser (Holstein). 13 Leitfassungen entstammen der wichtigsten russischen Sammlung, der von Aleksandr Nikolaevic Afanas'ev; die literarische Überlieferung der Romania wird etwa gleich stark genutzt (z.B. Basile 5 Leitfassungen, Straparola 3, Perrault 3, Mme d'Aulnoy 1 Leitfassung). 32 Fassungen schließlich gehen auf Autoren zurück, die nur ein- oder zweimal gewählt werden, darunter viele regionale Sammlungen aus den großen deutschsprachigen Textreihen Die Märchen der Weltliteratur (Diederichs, über 150 Bände seit 1912) und Das Gesicht der Völker (Röth, über 40 Bände mit authentischen Märchentexten seit 1950).[5] Doch findet Scherf auch Leitfassungen bei Autoren, die in der Märchenforschung weniger bekannt sind wie z.B. dem Zeichner und Dichter Wilhelm Busch. Es wird das Bestreben deutlich, allgemein zugängliche Texte zu Grunde zu legen und auf weniger bekannte Sprachen nur ausnahmsweise zuzugreifen; ein Verfahren, das die europäische Überlieferung begünstigt und - gewollt oder ungewollt - die Quellenlage der internationalen Medienvermarktung von Märchen spiegelt, der Scherf eigentlich aus dem Weg gehen möchte.

Jeder Artikel enthält die Überlieferungs- und Veröffentlichungsgeschichte des jeweiligen Märchens sowie einen Überblick über die zugehörigen Sammler und Illustratoren; ferner die gestraffte Erzählung einer möglichst allgemein rezipierten gedruckten Fassung und, soweit greifbar, die Wiedergabe einer Fassung aus nachgewiesener mündlicher Überlieferung - ein glückliches Verfahren, mit dessen Hilfe die literarische und orale Tradition für den Einzelfall sichtbar gemacht werden kann. Scherf bezieht sich - unter Ausschluß des in den volkskundlichen Archiven vorhandenen, umfangreicheren ungedruckten Materials[6] - auf gedruckte Quellen und weist nur sehr gelegentlich auf eine Verfilmung oder eine Wiedergabe in den Massenmedien hin: "Die beispiellose Vermarktung der Märchen durch die Massenmedien unserer Zeit hingegen kann nur am Rande mit berücksichtigt werden" (S. XXVIII).

Ein ausführlicher Kommentar schließt sich an, der Verweisungen auf verwandte Stoffe enthält und der Erzählforschung als einer international vergleichenden Disziplin Rechnung trägt. Scherf stellt die "aus dem Text zu erschließende Dramaturgie" dar, "um die Erwartung des Zuhörers und Lesers, seine Miterlebensweise und sein vermutliches Sich-Einbringen in die gleichsam auf imaginärer Bühne ausgespielten Beziehungskonflikte besser verstehen zu können" (S. XXVIII). Er verzichtet durchweg auf spekulative Deutungen, nimmt aber die Möglichkeiten psychologischer und soziologischer Märcheninterpretation wahr.

Damit wird die durch die Bezeichnung Lexikon nahegelegte Einschränkung auf die bloße Stoffsammlung überschritten. Scherf legt denn auch eine eigene Märchendefinition vor, die sich an psychologisch-pädagogischen Kriterien orientiert und seine Darstellung von psychoanalytischen oder anthroposophischen Sammlungen in diesem Bereich ebenso abhebt wie von ausschließlich philologisch oder sozialphilologisch bestimmten andererseits: Märchen, im wesentlichen Zaubermärchen, sind für ihn "zweigliedrige Erzählungen, in deren erstem Teil sich die Hauptgestalten als Heranwachsende von ihren Eltern lösen, um ihren eigenen Weg zu gehen. Die erste Partner-Bindung, die sie auf ihrem Weg zu sich selbst erleben, zerbricht jedoch wieder an ihrer Unreife. Es bedarf eines außerordentlichen Einsatzes, Thema des zweiten Teils, um sich endlich doch als verläßlicher Partner zu erweisen und die Bindung für ein Leben tragfähig zu machen" (S. XXVIII). Für den Hörer und Leser sind Märchen nach Scherf "psychodramatische Spielmaterialien" zur Durcharbeitung der eigenen, individuellen Ablösungs-, Selbst- und Partnerfindungskonflikte (S. IXX): "Wer den Märchen zuhört, sucht schließlich unbewußt Spielmaterial für seinen längst vergessen geglaubten Ablösungskonflikt" (S. 711).[7] Das Märchen-Lexikon bietet zu jedem der vorgestellten Märchentypen die Aufarbeitung der wichtigen Sekundärliteratur. Soweit die Texte aus der ersten Auflage übernommen wurden, sind sie überarbeitet und ergänzt. Gerade in den wie selbstverständlichen Kommentaren zu einzelnen Märchen, die überdies flüssig und ohne Prätention geschrieben sind, ist der Forschungsstand nicht nur dokumentiert, sondern immer wieder durch das Ergebnis eigener Recherchen bereichert worden. So gibt Scherf der Diskussion um die handschriftliche Überlieferung des von Philipp Otto Runge niedergeschriebenen Grimmschen Märchens Von dem Fischer un syner Fru vor dem Erstdruck 1812 durch den Nachweis eines Hamburger Drucks von 1808 eine ganz neue Richtung (S. 1495).[8] Andererseits können Ergebnisse der Forschung jedoch auch unwirsch ausgeklammert werden: "Für den Märchenzuhörer ist das belanglos" (S. 562 bei Diskussion der Herkunft des Märchens von der schwarzen Königstochter).[9] Lexika sind so gut wie ihre Register, insonderheit solche der Volkserzählung. Sie müssen unterschiedliche systematische Ansätze einer langen, zudem internationalen Forschungstradition vergleichbar machen, sich auf Typenkataloge einlassen, eine Unzahl von Märchenmotiven in Texten verschiedener Fassungen verfolgen und die Texte selbst möglichst normalisieren. Der Registerapparat im 140 Seiten starken Anhang des Märchenlexikons leistet all dies, wenn auch nicht immer beim erstmaligen Nachschlagen. Zwischen S. 1481 und S. 1619 finden sich - teils höchst unkonventionelle - Verzeichnisse der Abkürzungen und Kurztitel, der Sammelwerke und der Erzähltypen sowie ein Personen- und ein Motivregister. Ihre Brauchbarkeit bestimmt die des Buches als Nachschlagewerk.

Das Verzeichnis der Abkürzungen und Kurztitel ist in erster Linie ein Quellenverzeichnis mit ca. 750 (Mehrfach-)Eintragungen: 541 Auflösungen von Kurztiteln als Verweisungen auf das Verzeichnis der Sammelwerke; 141 Sigelauflösungen zu überwiegend häufiger zitierter Literatur, aber auch einzelnen Gedichten (Bürgers Lenore) oder Spielfilmen; 40 allgemeinen Verweisungen, hauptsächlich Auflösungen von Zeitschriftenabkürzungen, aber auch eher kuriose Registereinträge wie "A.L. Grimm s. Grimm, A.L." oder "Shakespeare 1623 s. Shakespeare, William: The tragedie of Cymbeline. London 1623"; schließlich 20 Binnenverweisungen zwischen den Registereinträgen, zehn Auflösungen allgemeiner Abkürzungen und eine Sacherklärung. Es enthält keine Verweisungen auf Seitenzahlen. Zu erkennen ist hier wie im gesamten Registeranhang das Bestreben, die Prinzipien des Registermachens nur soweit anzuwenden, als sie die praktische Nutzung nicht beeinträchtigen. Dennoch ist es ärgerlich, vier verschiedene Auflösungen der Abkürzung IndM vorzufinden (S. 1487), und erheiternd, sich den tatsächlichen Inhalt der Verweisung Nivardus um 1148 s. Nivardus: Ysengrimus (um 1188) zu vergegenwärtigen (S. 1492).[10]

Das Verzeichnis der Sammelwerke enthält die ca. 320 tatsächlich benutzten Märchensammlungen mit ihren allgemein gebräuchlichen oder hier erstmals vorgeschlagenen Abkürzungschlüsseln. Es sind nicht nur die Originalausgaben verzeichnet worden, sondern bei ca. 50 Titeln zusätzlich leichter zugängliche Gebrauchstexte, gegebenenfalls auch Übersetzungen ins Deutsche, Französische, Englische und - selten - Russische. Dem in der Vorbemerkung zum Register genannten Grundsatz, jeweils die editio princeps anzuführen, wird nur selten entsprochen; das Verzeichnis geht wohl in erster Linie vom Bestand der Internationalen Jugendbibliothek aus. Einige Problemfälle: Ausschließlich Nachdrucke werden genannt bei Campbell, Colshorn, Ey, Grundtvig und anderen, andererseits werden leicht zugängliche Reprints nicht erwähnt (Frobenius); das fremdsprachige Original wird zugunsten von Übersetzungen verschwiegen (Kreutzwald); aus der berühmten und weitverbreiteten Reihe Märchen der Weltliteratur werden manchmal lediglich Taschenbuch-Nachdrucke genannt (Harri Meier), und vom Originaltext der Metamorphosen des Ovid waren dem Autor offenbar ebenfalls lediglich zwei Taschenbuchausgaben zugänglich. Was schließlich die ausdrücklich als "verschollen" gekennzeichnete Erstausgabe der Mme d'Aulnoy von 1697 in einem Verzeichnis der tatsächlich benutzten Editionen zu suchen hat, bleibt das Geheimnis des Registermachers. - Das Verzeichnis der Sammelwerke enthält außerdem ca. 40 Verweisungen von Zweitautoren oder sonstigen beteiligten Personen, gelegentlich auch Sachtitelverweisungen. Auch hier gibt es keine Verweisungen auf Seitenzahlen.

Die Bezeichnung der Märchentypen im Verzeichnis der Erzähltypen ist in Kenntnis der bisherigen Festlegungen durch Aarne-Thompson (ATh), die Enzyklopädie des Märchens (EM)[11] und nationale Typenverzeichnise, aber durchaus unabhängig davon erfolgt. Die Ordnung erfolgt nach ATh-Nummern ohne Angabe von Seitenzahlen. Auf die Typenbezeichnung folgen die Benennungen der Märchen selbst, unter denen sie im Hauptteil des Lexikons aufgeschlagen werden können. Etwa 150 Typen haben Bezeichnungen erhalten, die keine Anlehnung an die bisherige Namengebung zeigen und den Benutzer gelegentlich verwirren. Beispiele: Das international nach dem Vorbild der Grimmschen Fassung als Hansel and Gretel geführte Märchen heißt bei Scherf Die Kinder bei der Mästhexe. Unser Rotkäppchen, bei ATh als The Glutton aufgeführt, trägt nun den Titel Das Mädchen und der Freßdämon im Hause der Großmutter; Sneewittchen, als Snow-White auch international bekannt, ist gar unter der Bezeichnung Die von der Stiefmutter verfolgte Tochter findet Zuflucht bei einer Bande junger Männer zu finden. Weder die geläufigen Typenbezeichnungen noch die neu vergebenen Benennungen sind übrigens in das Motivregister aufgenommen; das Lexikon insgesamt und damit auch das dem ersten Band vorangestellte Inhaltsverzeichnis sortieren wiederum nach den geläufigen (in der Regel Grimmschen) Märchennamen, wo wir dann Das Petersilienmädchen und die Dämoninnen (Scherf) / The Maiden in the Tower (ATh) / Die Jungfrau im Turm (EM) als das altbekannte Rapunzel wiederfinden. In einigen Fällen sind Scherf gegenüber schwachen Benennungen bei ATh und EM auch griffigere Bezeichnungen gelungen, in der Regel bei gleichzeitiger sachlicher Korrektur der üblichen Motivkombination: Die unterschobene Braut faßt beispielsweise die Typen Die schwarze und die weiße Braut (EM), The Wishes (ATh) und Three dwarfs (ATh) zusammen, das von Scherf aufgenommene Grimmsche Schneeweißchen und Rosenrot ist prägnanter als Mädchen und Bär (EM) oder The Two Girls, the Bear, and the Dwarf (ATh); political correctness ist wohl im Spiel, wenn Der Jude im Dorn (Grimm) zu Die Geige, die zum Tanzen zwingt mutiert (ATh: The Dance among Thorns; EM: Tanz in der Dornhecke). Die ziemlich vollständige deutschsprachige Namengebung der EM hätte nach unserer Auffassung durch die sachlich gerechtfertigten und eindeutigen, aber hin und wieder skurrilen Benennungen des Märchenlexikons nicht konterkariert werden sollen. Ihre Einführung kann gerechtfertigt werden, wenn der Autor entgegen der Systematik von EM und ATh - oft mit guten Gründen - einleuchtende "Normalfassungen" bisher unbefriedigend dargestellter Märchentypen vorschlägt. Dem geänderten Typ entspricht dann die neue Bezeichnung (z.B. beim König vom goldenen Berge, S. 714). Aber auch in diesen Fällen hätte der Rezensent zur Zurückhaltung geraten. Der langvermißte Typenkatalog für die Märchen des deutschsprachigen Raumes ist in Arbeit und wird die Frage der normierten Ansetzung der Märchentypen wohl endgültig klären; insoweit haben die Benennungen des Märchenlexikons ohnehin nur interimistischen Charakter.[12]

Die Einleitung des Personenregisters, das ein konventionelles Register mit Verweisung auf die Seitenzahlen des Buches ist, nennt die "weltweite Korrespondenz mit Fachleuten und Institutionen über mehr als ein Jahrzehnt hinweg" und die Hilfe der Referenzabteilung der Internationalen Jugendbibliothek als begründende Faktoren. Bei den Personen sollen "so weit als möglich" die Lebensdaten genannt werden, ein höchst benutzungsfreundlicher Zug im notorisch unübersichtlichen Bereich der Volkserzählungsforschung. Ca. 630 von den ca. 1100 Eintragungen sind mit Lebensdaten versehen, bei ca. 440 fehlen sie; die restlichen Eintragungen sind Verweisungen von abweichenden Namensformen. Die Beigabe von Daten und die Vergabe von Verweisungen scheint allerdings zufällig erfolgt zu sein; Grundsätze dafür sind nicht zu erkennen. Der Rezensent fand mehrere Dutzend fehlende Lebensdaten durch einmaliges Aufschlagen im Großen Brockhaus. Einfachste Beispiele: Warum Rimskij-Korsakov oder Hokusai mit Lebensdaten, Puccini oder Holbein ohne? Bei sachlich engerem Bezug: Fehlende Daten bei Hans Floerke, Alfred Semerau, Friedrich Panzer, Friedrich Heinrich von der Hagen, Moriz Haupt usw. Die Verweisungen sind ebenfalls großzügig behandelt: Zwar findet sich Gotthelf, Jeremias mit dem Klammerzusatz (Albert Bitzius), Jean-Baptiste Poquelin als Klammerzusatz bei MoliŠre, von diesen aber keine Verweisung auf Gotthelf und MoliŠre; zwei von zahlreichen Fällen, deren Nutzlosigkeit einleuchtet, da sich auf diese Weise Bitzius und Poquelin nicht suchen lassen. Die Vervollständigung von Vornamen und die Transliteration des Slawischen und Arabischen machen einen regellosen Eindruck.[13]

Schließlich das für ein Märchenlexikon unumgängliche Motivregister. Es enthält nach der Vorbemerkung Motive, Figuren, Schlüselsymbole, Beziehungskonflikte "und die wichtigsten erzähl- und rezeptionsanalytischen Grundbegriffe" (S. 1593). Verwiesen wird nicht auf Seiten, sondern auf die Märchentypen nach ATh. Man muß also die Märchennummern im Register der Märchentypen aufsuchen und wird damit auf die Bezeichnung geführt, unter der die Erzählung im Hauptteil des Lexikons behandelt ist. Das ist sinnvoll, da an dieser Registerstelle alle verwandten Texte mit ihren Quellen genannt sind, was den Überblick erleichtert. Das Register enthält ca. 1300 Eintragungen, davon 57 einfache und 213 rückläufige Verweisungen. Die alphabetische Ordnung schwankt gelegentlich zwischen Wort-für-Wort und Buchstabe-für-Buchstabe (z.B. an der Stelle Zwei Brüder ... Zweifeln). Eintragungen wie Gasthaus s. Wirtshaus / Wirtshaus s. Gasthaus oder Taugenichts s. Tunichtgut / Tunichtgut s. Taugenichts zeigen an, daß der elektronisch erzeugte Index nur oberflächlich manuell korrigiert worden ist.

Die Register lassen insgesamt, wie man sieht, zu wünschen übrig; nicht in der Anlage, sondern im Detail. Da sie sich aufeinander beziehen, muß ihre Verknüpfung sorgfältig vorgeommen werden; auch hier gibt es Probleme. Wenn das eine Register berg zitiert und das andere nur Aaberg kennt, ist die Konkordanz nicht mehr gegeben; wenn Puschkin einmal mit mehreren (vermutlich unselbständig erschienenen) russischen Originaltiteln ohne bibliographische Angaben genannt wird, im korrespondierenden Quellenregister aber eine deutsche Übersetzung ohne Originaltitel und mit abweichenden Erscheinungsjahren steht, kann der Benutzer die Verbindung nicht herstellen und verzichtet auf die Benutzung der Register. Was bedauerlich ist. Das Märchenlexikon gehört, neben dem unverzichtbaren Bolte/Polívka und der Enzyklopädie des Märchens, hinfort zum Grundbestand der deutschsprachigen Literatur zur Volkserzählung. Seine Register hingegen bedürfen dringend der Neubearbeitung.

Willi Höfig


[1]
Sämtliche Märchen / Ludwig Bechstein. - Vollst. Ausg. der Märchen nach der Ausg. letzter Hand unter Berücksichtigung der Erstdrucke / mit Anm. und einem Nachwort von Walter Scherf. Mit 187 Ill. / von Ludwig Richter. - München : Winkler, 1965. - 870 S. : Ill. (zurück)
[2]
Lexikon der Zaubermärchen / Walter Scherf. - Stuttgart : Kröner, 1982. - XXI, 537 S. - (Kröners Taschenausgabe ; 472). (zurück)
[3]
Vgl. The types of the folktale : a classification and bibliography ; Antti Aarne's Verzeichnis der Märchentypen / transl. and enl. by Stith Thompson. - 2. rev. - Helsinki, 1973. - (FF communications ; 184). (zurück)
[4]
Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm / neu bearb. von Johannes Bolte und Georg Polívka. - Leipzig : Dieterich, 1913 - 1932. - Bd. 1 - 5. - 2., unveränderte Aufl. - Hildesheim : Olms, 1963. (zurück)
[5]
Vgl. "Die Märchen der Weltliteratur" und "Das Gesicht der Völker" / Diether Röth. // In: Märchen und Märchenforschung in Europa. Im Auftr. der Märchen-Stiftung Walter Kahn, Braunschweig, hrsg. von Diether Röth und Walter Kahn. - Frankfurt a. M. : Haag und Herchen, 1993, S. 68 - 72. - Röth zählt unter Berufung auf Ulf Diederichs 138 Bände, wohl unter Ausschluß von Neuausgaben nach 1945. Daß die beiden großen Serien auf die Reihenzählung verzichten, ist für den Sammler und den Bibliothekar gleichermaßen mißlich. (zurück)
[6]
"Häufig wird in der Forschung das aufgenommen, was gelegentlich und zufällig irgendwo gesammelt und publiziert wurde, während gewöhnlich das viel reichere unveröffentlichte Material unbeachtet bleibt" (Georgios A. Megas im Artikel Amor und Psyche in der Enzyklopädie des Märchens, Bd. 1, Sp. 469). (zurück)
[7]
In diesem Zusammenhang schreckt der Autor auch nicht vor sehr spezieller Fachterminologie aus der Psychologie zurück - was ist "Triangulationsarbeit" (S. 612)? (zurück)
[8]
Der Nachweis betrifft einen 1927 zur Tagung der Gesellschaft der Bibliophilen in Hamburg hergestellten Nachdruck der mutmaßlichen Erstausgabe des Märchens (bisher einzig nachweisbar: Stück Nr. 248 - von 350 - in der Staatsbibliothek zu Berlin, Signatur: Yt 3194/100). Der Druck von 1808 ist damit durch einen Indizienbeweis erschlossen, aber noch nicht aufgefunden worden. Der Rezensent dankt Frau Eva˙Ziesche für ihre Hilfe beim Wiederauffinden des Nachdrucks im Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin zum Nachvollzug der Scherfschen Trouvaille. Die Angabe der Signatur wäre in solchen Fällen hilfreich. - Zur gesamten Diskussion vgl.: Von dem Fischer un syner Fru / Heinz Rölleke. // In: "Wo das Wünschen noch geholfen hat" / Heinz Rölleke. - Bonn, 1985, S. 161 - 179. (zurück)
[9]
Während die psychologischen Interpretationen des Autors dem Rezensenten fast in allen Fällen einleuchten, gilt das nicht immer bei den philologischen. Die Erklärung des Grimmschen "Löweneckerchen" als "Geistchen eines Löwen" (S. 1123) beispielsweise scheint mir aus dem zitierten Artikel im Handwörterbuch des Aberglaubens nicht zwingend hervorzugehen. (zurück)
[10]
S. 1493 in der Eintragung Pocci MBB: Druckfehler "Furdevogel" statt "Fundevogel". (zurück)
[11]
Enzyklopädie des Märchens : Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung / hrsg. von Kurt Ranke ... - Berlin [u.a.] : de Gruter. - Bd. 1 (1977) - . Reicht derzeit bis zum Artikel Legende. (zurück)
[12]
Vgl.: Zum deutschsprachigen Märchenkatalog / Diether Röth.// In: Märchenspiegel. - 6 (1995),Nov., S. 25. - Röth ist der Bearbeiter des Typenkatalogs. (zurück)
[13]
Bei der Registereintragung Modelhart, Artur fehlt die Seitenzahl. (zurück)

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