Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 1
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The Cambridge history of American literature


96-1-043
The Cambridge history of American literature / gen. ed. Sacvan Bercovitch. - Cambridge [u.a.] : Cambridge University Press. - 24 cm
[3196]
Vol. 1. 1590 - 1820. - 1. publ. - 1994. - XIII, 829 S. - ISBN 0-521-30105-X : œ 55.00, $ 69.95
Vol. 2. 1820 - 1865. - 1. publ. - 1995. - XVIII, 887 S. - ISBN 0-521-30106-8 : œ 55.00, $ 69.95

Die neue The Cambridge history of American literature kann zunächst nur unter Vorbehalt beschrieben werden, da von den restlichen Bd. 3 - 8, die bis 1998 erscheinen sollen, erst die Grobtitel angekündigt sind, und abzuwarten bleibt, ob die jetzt noch nicht erkennbare eigenständige Behandlung des Dramas des 19. und 20. Jahrhunderts nicht doch noch eingebaut wird.[1] Soweit man jetzt sehen kann, kann diese Literaturgeschichte im Vergleich zur ersten, 1917 - 1921 erschienenen Cambridge history of American literature zwar weder deren bahnbrechende Rolle spielen noch wird sie dieselbe historische Bedeutung für die amerikanische Literaturwissenschaft und die Festlegung des Kanons haben, die ohne vergleichbares Beispiel ist. Sie wird jedoch mit Sicherheit die wesentliche amerikanische Literaturgeschichte der kommenden Jahre sein. Im Unterschied zu den Literaturgeschichten und Gesamtdarstellungen der jüngeren Zeit, wie etwa der Columbia literary history of the United States von 1988, deren Einzelkapitel auf viele Autoren aufgeteilt waren, sind hier die sich zum Teil überlappenden Epochen und Gattungen neun Verfassern anvertraut, nämlich in Band 1 Myra Jehlen (The literature of colonization), Emory Elliott (New England puritan literature), David S. Shields (British-American belleslettres), Robert A. Ferguson (The American enlightenment, 1750 - 1820) und Michael T. Gilmore (The literature of the revolutionary and early national periods). Die Autoren in Band 2 sind Michael David Bell (Conditions of literary vocation), Eric J. Sundquist (The literature of expansion and race), Barbara L. Packer (The transcendentalists) und schließlich Jonathan Arac (Narrative forms).

Trotz mancher berechtigter Kritik in Einzelpunkten[2] werden die ersten beiden Bände der Hauptaufgabe einer Literaturgeschichte, nämlich der Darstellung der historischen Entfaltung einer Nationalliteratur einerseits und ihrer Funktion als Nachschlagewerk zur eher punktuellen Information andererseits in vielerlei Hinsicht und in so hohem Maße gerecht, daß die Bände für den philologischen Lesesaal und den fortgeschrittenen Studenten unverzichtbar erscheinen. Die Werke sind, soweit zu sehen ist, frei von Datierungsfehlern und sachlichen Mängeln. Sie bringen eine nach traditionellen Epochen und Autoren ausgewogene, wenn auch gelegentlich weitausladende Darstellung der amerikanischen Literatur auf der Basis der dominierenden literaturtheoretischen und multidisziplinären Ansätze der achtziger und neunziger Jahre. Es gelingt den Autoren unter Einbezug der gesellschaftlichen, geistesgeschichtlichen und ästhetischen Grundlagen der Epochen eine Zusammenschau der Entwicklung einer eigenständigen amerikanischen Literatur, die auch den Namen einer Literaturgeschichte verdient.

Die Beiträge sind in der Regel gut lesbar, bringen sinnvolle neue Ansätze zur weiteren Forschung und haben trotz der Bindung an die zeitbedingten literaturkritischen Trends der Abfassungszeit wohl bleibenden Wert, da sie - hervorgehoben seien besonders die Aufsätze von Emory Elliott, Robert A. Ferguson und Barbara L. Packer - sowohl in der Überschau wie auch in der durch gut gewählte Textzitate unterlegten Einzelanalyse, etwa zur puritanischen Literatur, zur amerikanischen Aufklärung oder zu den Transzendentalisten, sowohl die Quellen als auch die vorliegende Sekundärliteratur differenziert und präzis darstellen.

Verglichen mit den Vorgängern - in die Betrachtung einzubeziehen sind hauptsächlich die ältere Literary history of the United States und die bereits erwähnte Columbia literary history of the United States - müssen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der bibliographischen Verzeichnung und des Nachschlagewerts folgende Punkte hervorgehoben werden.

Da offensichtlich kein bibliographischer Beiband mit einer selektiven, retrospektiv wertenden Gesamtbibliographie vorgesehen ist, sind die in Bd. 1, S. 767 - 780 und in Band 2, S. 851 - 859 alphabetisch aufgeführten, thematisch nicht geordneten sowie nicht kapitelbezogenen Sekundärtitel, die aus der Sicht der Beiträger als "especially influential or significant" gelten, der Größe dieses literaturgeschichtlichen Unternehmens nicht angemessen. Auch die speziell im Bd. 2 in den Akknowledgments (S. VII - XVIII) angeführten wichtigen Primär- und Sekundärtitel können das Manko nicht ausgleichen, daß keine detaillierten bibliographischen und bewertenden Angaben zu den wesentlichen Primärtexten der Epochen oder zum Stand der Editionen beigegeben sind. Trotz ihres hohen wissenschaftlichen Wertes wird diese Literaturgeschichte, soweit man von den ersten beiden Bänden schließen kann, für den Bibliothekar zum Zwecke des Bestandsaufbaus, der Bestandskontrolle oder der Aussonderung überholter Werke nur von geringem Nutzen sein. Dies ist umso bedauerlicher als Ersatztitel zum schnellen Nachschlagen nicht zur Verfügung stehen oder veraltet sind.

Die am Schluß der Bände enthaltene, nach Jahren angeordnete synoptische Übersicht der "Important texts in and concerning the new world, historical events in the new world, historical and literary events in the old world" (Bd. 1., S. 695 - 766) und der "American texts, American events, other events and texts" (Bd. 2, S. 779 - 850) ist für die Einbettung eines Autors oder Werkes in den historischen Kontext nützlich.

Der ordentliche Index in beiden Bänden, der Autoren, Namen und Werktitel in einem Alphabet detailliert erschließt, hat Modellcharakter. Er erhöht den durch die obigen Punkte beeinträchtigten Nachschlagewert der Bände beträchtlich, wenn man zum Beispiel an so wenig geläufige, aber nicht unwichtige Namen wie den Verleger Mathew Carey oder die jetzt langsam ins Bild rückende, noch unterbewertete Lyrikerin Susanna Wright denkt.

Sebastian Köppl


[1]
Vol. 3. Prose writing, 1860 - 1920. - Vol. 4. Nineteenth-century poetry. - Vol. 5. Poetry and criticism, 1910 - 1950. - Vol. 6. Prose writing, 1910 - 1950. - Vol. 7. Prose writing, 1940 - 1990. - Vol. 8. Poetry and criticism, 1940 - 1995. - 1. publ. 1996. - VII, 545 S. - ISBN 0-521-49733-7 : œ 50.00, $ 59.95 (vol. 8 ist am 18. April 1996 erschienen; eine Anzeige in IFB ist vorgesehen). (zurück)
[2]
Siehe etwa die Besprechung von Bd. 1 durch Michael P. Clark in The William and Mary quarterly. - Ser. 3, 52 (1995), S. 171 - 174, oder den scharfzüngigen, trotz mancher berechtigter Einzelpunkte dem Werk nicht gerecht werdenden "Verriß" Hugh Kenners von Bd. 2 in Times literary supplement. - 1995-11-24, S. 8. Als Beispiele anderer, in der Tendenz positiver Besprechungen zum Bd. 1 sei verwiesen auf Jean Bérangers Rezension in Etudes anglaises. - 48 (1995), S. 358 - 359, auf Larzer Ziffs Review essay in Modern language quarterly. - 56 (1995), S. 189 ff. und auf Stephen Fenders wohlabgewogene Analyse in Times literary supplement. - 1995-03-03, S. 4 - 5. (zurück)

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