Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 4
[ Bestand in K10plus ]

Der kleine Wahrig


95-4-525
Der kleine Wahrig : Wörterbuch der deutschen Sprache ; [der deutsche Grundwortschatz in 16000 Stichwörtern und 120000 praktischen Beispielen zum Stil] / hrsg. von Gerhard Wahrig. In Zsarb. mit zahlreichen Wissenschaftlern und anderen Fachleuten. - Gütersloh : Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1995. - 942 S. ; 22 cm. - Lizenz des Deutschen Taschenbuch-Verlags, München. - Orig.-Ausg. u.d.T.: Wahrig, Gerhard: dtv-Wörterbuch der deutschen Sprache. - ISBN 3-577-10510-0 : DM 29.90
[2896]

Der kleine Wahrig besitzt, wie schon der Titel ankündigt, einen deutlich geringeren Umfang als Wahrigs Deutsches Wörterbuch. Mit ca. 16.000 alphabetisch geordneten Stichwörtern soll - so der vordere Buchdeckel - "der deutsche Grundwortschatz" abgedeckt werden: Dessen Definition scheint jedoch auf fragwürdigen Voraussetzungen zu beruhen; wie die Auswahl der Lemmata zeigt, bleibt insbesondere das Kriterium der Aktualität weitgehend unberücksichtigt. Überdies nährt der Lizenzvermerk den Verdacht, hier könnte der Wortschatz des Jahres 1978 eingefroren sein. So vermißt man beispielsweise selbst Atomkraftwerk, Personalcomputer, Ökologie, Wohngemeinschaft, findet jedoch changieren, Oligarchie, Phonologie und Postillion. Die Stichwörter enthalten: Hinweise zur Silbentrennung, Betonung und zur Aussprache, wenn letztere von den Regeln der deutschen Aussprache abweicht; grammatische Angaben, etwa bei Substantiven zur Pluralbildung und bei Verben zur Konjugation, auch ausführliche Zuordnungen zu Satzmustern, die in den "Tabellen zur Formenbildung und Syntax" (S. 14 - 33) aufgeführt sind; Hinweise zu stilistischen, sonder- und fachsprachlichen sowie regionalen Markierungen; Verwendungshilfen (der "semantisch relevante Kontext", S. 11); Bedeutungserklärungen bzw. Definitionen, die im Falle botanischer und zoologischer Bezeichnungen besonders ausführlich ausfallen (Beispiele: Korbblütler, Schwamm); Verweisungen auf andere Stichwörter (orthographische Varianten, Synonyme, Antonyme); Anwendungsbeispiele. Es fällt schwer, zu erkennen, welche Funktion Der kleine Wahrig erfüllen soll. Dessen Schwächen sind schnell benannt: die Konkurrenz durch Wahrigs weit umfassenderes Deutsches Wörterbuch, der auffällige, völlig unverständliche Mangel an Aktualität, der auch die Zielgruppenorientierung ad absurdum führt. Wie kann ein im Lemmabestand veraltetes Wörterbuch diejenigen ansprechen, "die Texte produzieren als Sekretärinnen, Chefs, Redakteure, Werbefachleute, Übersetzer und Dolmetscher" ("Vorwort", S. 6)? Und auch diejenigen, die "Deutsch als Fremdsprache lernen und lehren" (ebd.), sind mit vorliegendem Wörterbuch schlecht bedient. Denn welchem non-native speaker des Deutschen mag wohl die folgende Definition der Pflanze Fingerhut helfen: "giftiger, als Herz- u. Kreislaufmittel verwendeter, Glykoside enthaltender Angehöriger einer Gattung der Rachenblütler: Digitalis" (S. 296)? Auch das geradezu programmatisch hervorgehobene Ziel, "die Wechselwirkung zwischen grammatischen Kategorien und der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke (der Wörter und Wendungen) möglichst ausführlich darzustellen" (Vorwort, S. 5), ist so einzigartig und originell nicht, wie man hier zu suggerieren versucht.
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