Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
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Bibliography on the history of chemistry and chemical


95-1-155
Bibliography on the history of chemistry and chemical technology, 17th to the 19th century = Bibliographie zur Geschichte der Chemie und der chemischen Technologie, 17. bis 19. Jahrhundert / ed. by Valentin Wehefritz. With the assistance of Zoltán Kováts. - München [u.a.] : Saur, 1994. - Vol. 1 - 3 ; 30 cm. - ISBN 3-598-11200-9 : DM 980.00
[2291]

Der Direktor der Universitätsbibliothek Dortmund, von dem bisher in ABUN in ZfBB ein Nachschlagewerk aus der und für die Bibliothekspraxis besprochen wurde,[1] legt nun eine dem äußeren Umfang nach eindrucksvolle Bibliographie zur Geschichte der Chemie und der chemischen Technologie vor, die vermutlich seinen fachlichen und nicht seinen bibliothekarischen Interessen zu danken ist. Das Vorwort ist unangemessen kurz, scheint auf den ersten Blick präzis zu sein, spricht jedoch viele Punkte gar nicht an, über die man gerne informiert wäre: ca. 25.000 Einträge (zu vermuten sind Titel, ohne die sehr zahlreichen Verweisungen) von Untersuchungen zur Geschichte der beiden Fachgebiete, von "Bibliographien der Primärliteratur, Sammelwerken, Übersetzungen sowie Nachdrucken bedeutender Primärliteratur". Die Berichtszeit endet bereits 1980, was die "systematische Durchsicht der Spezialzeitschriften" betrifft; nach dem Wortlaut des Vorworts dürfte das für die "anderen Quellen" eigentlich nicht gelten und implizit ebensowenig für die Monographien, doch ist der Befund recht eindeutig: die Berichtszeit endet ca. 1980, neuere Titel finden sich nur in kleiner Zahl und sind offensichtlich nicht systematisch ermittelt worden. Daß das Berichtsende also im Prinzip bei 1980 liegt, ist eine denn doch so wichtige Information, daß sie bereits im Titel hätte erwähnt werden müssen. Die Verzeichnung der unselbständigen Beiträge erfolgt lt. Vorwort nach Autopsie, die der Monographien nach Nationalbibliographien und Bibliothekskatalogen aber leider unter Weglassung der Umfangsangaben. Was die zeitliche Begrenzung des Gegenstandes betrifft, so sind Chemiker berücksichtigt, die "nach 1600 gestorben oder bis etwa 1865 geboren wurden". Anlage in drei sehr ungleichen Teilen: 1. Allgemeines, unterteilt nach Chemie und chemischer Technologie, jeweils weiter unterteilt nach Ländern, Orten, Epochen und Sachen, innerhalb nach Schlagwörtern und weiter chronologisch nach Erscheinungsjahr (Reprints nach dem Reprintjahr). Die Abschnitte für die Länder und Epochen werden durch lange Reihen von Verweisungen auf den folgenden Personen- und den Firmenteil eingeleitet, dagegen fehlen solche Verweisungen vom Länder- auf den Ortsteil. 2. Personen, der bei weitem längste Teil, der den ganzen Bd. 2 und den größten Teil von Bd. 3 einnimmt, geordnet im Alphabet der behandelten Personen, innerhalb nach Formgruppen und dann wiederum chronologisch; 3. Firmen im Alphabet, wobei die Eintragungsstelle nicht leicht vorhersehbar ist: die Ansetzung erfolgt möglichst unter dem im Firmennamen enthaltenen Personennamen (Jenaer Glaswerk Schott ... unter Schott), ansonsten unter dem (vermeintlich) bekanntesten Namensbestandteil (Universal Atlas Cement Company unter Atlas), leider zumeist ohne die nötigen Verweisungen. Den abschließenden Abschnitt Bibliographical sources bildet das Verzeichnis der ausgewerteten Zeitschriften und der im Verhältnis dazu relativ wenigen sonstigen Quellen; es dient nur zur Auflösung der in den Zitaten gekürzt wiedergegebenen Titel, ist aber bar jeglicher bibliographischer Angaben und, was noch schlimmer ist, ohne Angabe der wirklich ausgewerteten Jahrgänge und Bände.

Daß in Anbetracht der Weite des Gebietes nicht der Anspruch auf vollständige Verzeichnung der relevanten Literatur erhoben wird, ist klug. Versprochen wird nur "die systematische Durchsicht der Spezialzeitschriften der Geschichte der Naturwissenschaften, der Medizin und der Technik (bis 1980) und anderer Quellen". Da Beiträge zur Geschichte der einzelnen Naturwissenschaften aber natürlich an den unterschiedlichsten Stellen, nicht zuletzt auch in den regionalhistorischen Zeitschriften publiziert werden, hängt viel von der Auswertung der "anderen Quellen" ab; so vermißt man im Quellenverzeichnis z.B. die Regionalbibliographien der deutschen Länder (deren Auswertung unter den bekannten Namen von Chemikern, Firmen und Sachbegriffen) sicherlich zahlreiche zusätzliche Titel erbracht hätte. Dies gilt um so mehr, als man bedenken muß, daß unter chemischer Technologie hier z.B. auch das Brauwesen,[2] die Salzgewinnung,[3] die Glasherstellung[4] oder auch Porzellanmanufakturen[5] behandelt werden, bei denen die Abgrenzung zwischen "rein" wissenschaftshistorischen Darstellungen einerseits und kulturhistorischen andererseits schwer zu ziehen ist. Gerade die Durchsicht des Kapitels Firmen mit nur ca. 500 Eintragungen läßt auf große Lückenhaftigkeit schließen.

Wenn man die Eintragungen im Personenteil prüft, so fällt auf, daß diese in sehr vielen Fällen nur aus der Aufführung von Fundstellen in den biobibliographischen Nachschlagewerken zur Geschichte der Naturwissenschaften allgemein und der der Chemie speziell bestehen, so daß dieser Teil nicht zuletzt auch die Funktion eines Index zu diesen Nachschlagewerken übernimmt. Die Namen der behandelten Personen sind zumeist mit ganz knappen biographischen Angaben versehen; längere Eintragungen (Bsp. Faraday) sind etwa wie folgt gegliedert: Fundstelle im Poggendorff, Additional bibliographies, Collected works, Reprints and translations of publications, Correspondence, Manuscripts, Biography and criticism. Auch an den Sachstellen werden Bibliographien zusätzlich verzeichnet, z.T. auch allein anstatt von Titeln: so ist z.B. unter Paper technology nur eine Bibliographie zitiert, aber als Monographie ohne Umfangsangabe, der man entnehmen könnte, daß auch diese Bibliographie mit ihren bloß 160 S. das Thema kaum erschöpfend behandeln kann. Macht man dann Stichproben allein mit einschlägigen, selbständig erschienenen Bibliographien, so fehlen gleichfalls wichtige Titel: für die Pyrotechnik das Werk von Lotz;[6] für die Geschichte der chemischen Technologie in der Tschechei die maßgebliche Bibliographie von Steinerová;[7] im Abschnitt Chemical technology / Iron and steel bzw. / metallurgy fehlt gleichfalls für die Tschechei eine weitere Bibliographie von Steinerová[8] sowie für Lateinamerika eine sehr umfangreiche, 1992 zur Fünfhundertjahrfeier der Entdeckung Amerikas erschienene Bibliographie;[9] zur Chemie in Spanien fehlt eine wichtige Biobibliographie,[10] die für den Personenteil hätte ausgewertet werden müssen; ja selbst eine Bibliographie zur Geschichte der chemischen Technologie[11] ist dem Berarbeiter entgangen. Nicht nur im Hinblick darauf, daß im Vorwort die Verzeichnung von "Bibliographien der Primärliteratur" eigens angekündigt wird, zeichnet sich der Abschnitt Chemistry / Bibliographies (Bd. 1., S. 7 - 8) mit seinen gerade 7 Titeln durch schreiende Lücken aus.[12]

Weicht bei genauerem Hinsehen der anfängliche Zustand des Beeindrucktseins einer zunehmenden Skepsis, was die Solidität der Auswahlkriterien betrifft, so kann man auch nicht umhin, über die Erscheinungsform der Bibliographie zu klagen: es handelt sich um die Reproduktion von Titelkarten, je 20 auf einer Seite zu zwei Spalten, wobei auch die Gliederungsüberschriften, die optisch überhaupt nicht hervortreten (glücklicherweise hat der Verlag, anders als bei seinen GVs für einen Kolumnentitel gesorgt) sowie die Verweisungen auf andere Sachstellen einbezogen sind; hätte man die Kärtchen entsprechend ihrer Textmenge geschuppt und dann reproduziert, hätten alle Titel in höchstens zwei Bänden Platz gehabt; und wären die Titel in einem PC-gängigen Datenbanksystem erfaßt worden, hätten sie sogar in einem Band Platz gefunden, zu dem dann noch ein zweiter mit Registern hätte treten können. Letztere fehlen völlig, was zwar in Anbetracht des händigen Verfahrens verständlich, für die Benutzung aber inakzeptabel ist. Wenn man schon auf ein Verfasserregister verzichten muß, so ist das Fehlen eines separaten Sachregisters eine Zumutung, genügen doch die in der Bibliographie enthaltenen Verweisungen keineswegs zum (leichten) Auffinden einer Sache, ganz abgesehen davon, daß man erst den passenden englischsprachigen Ausdruck kennen muß.

Daß diese Bibliographie viel Material enthält, das man sonst nicht ohne weiteres findet, ist unbestritten; verläßlich, was die Auswahlkriterien betrifft, ist sie nicht und leicht zu benutzen schon gar nicht. Sie ist in erster Linie ein Produkt des Sammelfleißes, über dem die Konzeption und die Präsentation zu kurz gekommen sind.

sh


[1]
International loan services and union catalogues : a manual / publ. by the Committee on Union Catalogues and International Loans of the International Federation of Library Associations under the editorship of Valentin Wehefritz. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1974. - 258 S; 24 cm. - (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie : Sonderh. ; 17) [0321]. - Vgl.: ABUN in ZfBB 21 (1974),2, S. 148 - 149. (zurück)
[2]
Ganze 25 Titel dazu zwei im Teil Chemie, darunter keine Bibliographie. Das einschlägige Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte und Bibliographie des Brauwesens (1928 - ), das auch eine laufende Bibliographie enthält, fehlt unter den Bibliographical sources, wurde also auch nicht ausgewertet. (zurück)
[3]
Es sind, sieht man von Verweisungen auf einzelne Salinen im Kapitel Firmen ab, gerade 85 Titel mit einem ganz deutlichen Schwerpunkt bei den deutschsprachigen Ländern und hier besonders bei Württemberg; Frankreich kommt dagegen sehr schlecht weg (Titel z.B. zum Salinenkomplex in Arc-et-Senans sucht man vergeblich), Italien kommt gar nicht vor. Wenn man diese 85 Titel für die lange Berichtszeit bis 1980 in Beziehung setzt zu den ca. 800 Titeln, die allein für die Berichtszeit ca. 1980/86 in der folgenden internationalen Bibliographie verzeichnet sind, kann man die Lückenhaftigkeit der vorliegenden Bibliographie erahnen: CIHS-Bibliographie / hrsg. vom Generalsekretariat der Commission Internationale d'Histoire du Sel (CIHS). Red.: Rudolf Palme. - Schwaz : Berenkamp. ; 21 cm. - 1 (1990). - 43 S. - 2 (1992). - 112 S. - ISBN 3-85093-013-0 (zurück)
[4]
Die maßgebliche Bibliographie von Duncan (1960) ist zwar genannt, nicht aber die vielen speziellen, seitdem erschienenen. (zurück)
[5]
Für die Staatliche Porzellanmanufaktur Meissen sind gerade 8 Titel genannt; selbst wenn man von den in der neuen Spezialbibliographie verzeichneten Titeln die zahlreichen hier nicht einschlägigen abzieht, bleibt der Unterschied signifikant:
Meissener Porzellan : Bibliographie der deutschsprachigen Literatur / Hans Sonntag. - Leipzig : Edition Leipzig, 1994. - 227 S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN 3-361-00429-2 : DM 248.00, DM 198.00 [2441]. - IFB 94-3/4-498 (zurück)
[6]
Das Feuerwerk : seine Geschichte und Bibliographie / von Arthur Lotz. - Leipzig : Hiersemann, 1940. - 135, 36 S. ; Ill. - Reprint: Zürich : Olms, 1978. - (Quellen zur Geschichte der Feuerwehr und Feuerwerkerei ; 2). (zurück)
[7]
Vyberová bibliografie dejin ceské chemické technologie = Ausgewählte Bibliographie der Geschichte der böhmischen chemischen Technologie / Svatava Steinerová ; Jan Koran. - Praha : Národní Technické Muzeum, 1976. - 353 S. : Ill. - (Bibliografie prameny ; 12). (zurück)
[8]
Vyberová bibliografie dejin ceského hutnictví = Ausgewählte Bibliographie der Geschichte des böhmischen Hüttenwesens / Svatava Steinerová ; Jan Koran. - Praha : Národní Technické Muzeum, 1973. - 1 - 2. - (Bibliografie prameny ; 3 u. 5). (zurück)
[9]
Minería iberoamericana : repertorio bibliográfico y biográfico. - Madrid : Instituto Tecnológico GeoMinero de Espa¤a, 1992. - 1 - 4. - ISBN 84-7840-100-8 : Ptas. 22.000. (zurück)
[10]
Bibliographia chemica hispánica : 1482 - 1950 / Eugenio Portela Marco y Amparo Soler Sáiz. - Valencia : Instituto de Estudios Documentales e Históricos Sobre la Ciencia. - (Cuadernos valencianos de historia de la medicina y de la ciencia : Ser. C, repertorios bio-bibliográficos ; ...) - ISBN 84-600-5081-X. - 2. Libros y folletos : 1801 - 1900. - 1987. - XV, 554 S. - (... ; 31). - 84-600-5082-3. - Dies ist nach Wissen des Rezensenten der einzige bisher erschienene Band; weitere zwei für die anderen Epochen (1. 1482 - 1800; 3. 1901 - 1950) sowie einer für die Zeitschriften (4. Revistas) sind geplant. (zurück)
[11]
Sie ist als Auswahlbibliographie trotz vieler Schwächen zu empfehlen: The history of chemical technology : an annotated bibliography / Robert P. Multhauf. - New York, NY [u.a.] : Garland, 1984. - XVIII, 299 S. - (Bibliographies of the history of science and technology ; 5) (Garland reference library of the humanities ; 348). - ISBN 0-8240-9255-4. (zurück)
[12]
Nur die wichtigsten seien mit Kurztitel und Umfangsangabe hier angezeigt:
Bibliotheca chemica / Friedrich Roth-Scholtz. - 1727 - 1729. - 14, 238 S. - Reprint 1971.
A select bibliography of chemistry, 1492 - 1892 / Henry Carrington Bolton. - 1893. - XI, 1212 S. - Reprint 1973.
Bibliotheca alchemica et chemica : an annotated catalogue of ... the library of Denis I. Duveen. - 1949. - 669 S. - Reprint 1986, zusammen mit einem passenden Antiquariatskatalog von 1953.
Chemical literature 1700 - 1860 : a bibliography with annotations, detailed descriptions, comparisons and locations / William A. Cole. - 1988. - XXIII, 582 S.
Catalog of the Edgar Fahs Smith Memorial Collection in the History of Chemistry, University of Pennsylvania Library. - Boston, Mass. : Hall, 1960. - V, 523 S. ; 40 cm. - Der Katalog dieser amerikanischen Spezialsammlung verzeichnet sowohl Quellen als auch Untersuchungen, unter letzteren zahlreiche auf Anhieb in der vorliegenden Bibliographie als fehlend ermittelte Titel.
Von dem verzeichneten Katalog der Sammlung Ferguson (1906) liegt ein hier nicht genannter Reprint vor (1954). (zurück)

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