Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
[ Bestand in K10plus ]

Niederländische Gemälde im Städel


95-1-098
Niederländische Gemälde im Städel : 1400 - 1550 / Jochen Sander. Unter Mitarb. von Stephan Knobloch bei der gemäldetechnologischen Dokumentation und mit einem Beitrag von Peter Klein zu den Ergebnissen der dendrochronologischen Untersuchungen. - Mainz am Rhein : von Zabern, 1993. - 497 S. : 32 Taf. ; 31 cm. - (Kataloge der Gemälde im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main ; 2). - ISBN 3-8053-1444-2 (Lw.) : DM 168.00 - ISBN 3-8053-1553-8 (Museumsausg.)
[1794]

Ebenfalls 1992 wurde - wenn auch nur im Manuskript - der von Jochen Sander erstellte Katalog der niederländischen Gemälde aus dem Zeitraum 1400 - 1550 im Frankfurter Städel abgeschlossen und 1993 als Band 2 der Kataloge der Gemälde im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main publiziert, als Fortsetzung des 1972 für das 19. Jahrhundert begonnenen Projekts zur Katalogisierung des Gesamtbestandes.[1] Um die Bewertung vorwegzunehmen: dieser umfangreiche, großzügig gedruckte, mit großformatigen Schwarzweißabbildungen und Farbtafeln illustrierte und in seiner Verzeichnungsweise geradezu exhaustiv angelegte Katalog setzt Maßstäbe. In fachwissenschaftlicher Hinsicht ist er damit nicht nur zur Städelschen Altniederländersammlung ein unabdingbares Kompendium sondern darüber hinaus - natürlich auch durch die erstrangige Qualität dieser im Grundstock auf Passavant zurückgehenden Sammlung - ein nützliches Nachschlagewerk zu diesem Bereich. Zugleich geht der Katalog in der Verzeichnung neue Wege im Sinne einer über die klassischen Katalogisierungstandards hinausgehenden, neueste technische Möglichkeiten der Gemäldeanalyse berücksichtigenden Beschreibung. In der Beschreibung folgt er den im vorliegenden Fall einschlägigen Vorgaben durch das Brüsseler Centre International de Recherches 'Primitifs Flamands'. Ausgangspunkt und Grundlage der Erfassung soll das Bild als materieller Gegenstand sein, an die sich Fragen nach Bildtradition, Bildfunktion, Komposition, Stil usw. anschließen. Im Mittelpunkt stehen damit auch Fragen, die nur am Objekt selbst, am Original zu klären sind, - ein Ansatz somit, der zugleich Definition und Wert eines Bestandskatalogs nicht unerheblich erweitert. Es ergibt sich damit eine erweiterte Berücksichtigung gemäldetechnischer Analysemöglichkeiten und Befunde, deren Nachvollzug durch zahlreiche Abbildungen ermöglicht wird. "Es war dabei erklärtes Ziel, auf dieser Grundlage den Versuch zu unternehmen, die künstlerische Gestaltungsabsicht des Malers in der prozeßhaften Entfaltung der Bildidee und ihrer materiellen Umsetzung im jeweiligen Werk zu erfassen" (S. 11), ein Versuch, der als gelungen bezeichnet werden kann. Nach klarer Darlegung der Katalogkonzeption und Ausführungen zur Sammlungsgeschichte in den einleitenden Kapiteln folgt der eigentliche Katalogteil in "klassischer" Anordnung. Das Grundraster bildet das Künstleralphabet. Der Vita des Künstlers und allgemeinen Literaturangaben folgt die Eintragung für das einzelne Werk, beginnend mit einer großformatigen Schwarzweißabbildung mit Titel- und Inventarnummerangabe. Die sich anschließende Rubrik Materieller Bestand gibt Informationen zu Bildträger, Malfläche, Zustand der Malerei, Tafelrückseite, Rahmen usw., das Kapitel Beschreibung beschränkt sich auf das Wesentliche, Angaben zur Provenienz und eine ausführliche Forschungsgeschichte zum Werk setzen den Eintrag fort. Umfangreich ist im allgemeinen die Darstellung der gemäldetechnologischen Befunde; ein Diskussionsteil faßt die Einzelergebnisse zusammen und nimmt zu kontroversen Fragen Stellung. Literaturangaben zum Werk beschließen den Eintrag. Alle Ausführungen des Gesamteintrags werden zusätzlich über Angaben in Fußnoten belegt bzw. kommentiert. Außerdem werden dem Text, soweit für die Aussagen erforderlich, Abbildungen der technologischen Befunde (Infrarot-Reflektographien, Röntgenaufnahmen usw.), aber auch Vergleichabbildungen beigegeben. Dem Katalogteil insgesamt schließt sich eine zusammenfassende Darstellung zu den dendrologischen Untersuchungen der Tafelbilder insgesamt und Konstruktionszeichnungen der Originalrahmungen an. Bibliographie, Register (zu Inventarnummern, Erwerbungsdaten, Provenienzen, Zuschreibungsveränderungen) und ein Namens- und Ortsverzeichnis mit Verzeichnis der Werke beschließen den Katalog. Jochen Sander hat für den Bestand altniederländischer Malerei im Städel einen in der Heranziehung neuer Beschreibungskriterien und ihrer Gewichtung normsetzenden Katalog erstellt, der fachwissenschaftlichen Maßstäben uneingeschränkt genügt und doch zugleich durch seine Präsentation mit Sicherheit auch unter "Kunstfreunden" sein Publikum finden wird. Der Frankfurter Katalog ist ein Beweis, daß fachwissenschaftliche Publikationen über den eigentlichen Interessentenkreis hinaus ansprechend und erfolgreich sein können, so daß sich unterschiedliche Zielgruppen bis zu einem gewissen Grad also nicht ausschließen müssen.
[1]
Die Gemälde des 19.Jahrhunderts / Hans-Joachim Ziemke. - Frankfurt am Main : Schulte-Bulmke, 1972. - 1 - 2. - (Kataloge der Gemälde im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main ; 1) (zurück)

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