Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
[ Bestand in K10plus ]

Alte Meister


95-1-097
Alte Meister / Staatsgalerie <Stuttgart> / Edeltraud Rettich, Altdeutsche Gemälde ; Rüdiger Klapproth, Niederländische Gemälde ; Gerhard Ewald, Italienische Gemälde. - Stuttgart : Staatsgalerie, 1992 [1993]. - 524 S. ; 24 cm. - DM 28.00. - (Staatsgalerie Stuttgart, Konrad-Adenauer-Str. 30 - 32, 70173 Stuttgart)
[1725]

Eine spürbar andere Gewichtung bringt der Katalog Alte Meister der Staatsgalerie Stuttgart; er gehört in eine Reihe mit Katalogen für die Bestände des 19. bzw. 20. Jahrhunderts der Staatsgalerie Stuttgart,[1] und trägt zwar das Erscheinungsjahr 1992, war aber erst zum Galeriejubiläum 1993 allgemein zugänglich. Ein erster Blick in die Einleitung macht bereits deutlich, daß es sich hier um keinen eigentlichen Bestandskatalog handelt sondern vielmehr um ein Verzeichnis der ausgestellten Werke "Alter Meister des 14. bis 18. Jahrhunderts" (S. 9). Genau genommen behandelt der Katalog davon wiederum nur die Altdeutsche Abteilung (überwiegend schwäbische Meister des 14. bis 16. Jahrhunderts[2]), die niederländische und die italienische Abteilung jeweils mit Werken bis ins 18. Jahrhundert. Als Zielgruppe wird vor allem (neben dem Fachpublikum) auf den interessierten Museumsbesucher abgehoben, und dies als Begründung für den betont ikonographischen Ansatz (negativ gewendet: für gelegentlich etwas weitschweifige Bildbeschreibungen und -erklärungen) gesetzt und zugleich damit ein stärkerer Verzicht auf ausführliche Referierung des Forschungsstandes begründet. "Nicht der aktuelle wissenschaftliche Aspekt, nicht das kunsthistorische Detail soll dominieren, sondern der die Zeit überdauernde künstlerische und menschliche Gehalt jener Werke, die uns als Beweise für die Größe der Vergangenheit überliefert wurden" (S. 9), - da läßt das Provinz-Feuilleton grüßen! Die überaus knappe Literatur"auswahl" (oft nur ein Titel) zum Einzelwerk fügt sich dieser Tendenz ein. Zudem begnügt man sich in vielen Fällen für die Literatur vor 1962 mit einem pauschalen Hinweis auf den in diesem Jahr erschienenen Katalog der Staatsgalerie,[3] und für die Neuerwerbungen nach 1962 insbesondere auf Publikationen im Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Baden-Württemberg. Aufgefangen wird dies auch nicht durch die Gesamtbibliographie am Schluß des Katalogs, wird hier doch nur noch häufiger zitierte und grundlegende Literatur aufgeführt. Der Katalog für die Alten Meister der Staatsgalerie stammt von drei Autoren: Edeltraud Rettich beschrieb die altdeutschen, Rüdiger Klapproth die niederländischen und Gerhard Ewald die italienischen Gemälde. Der Aufbau des Katalogs folgt aber dieser Trennung nach Inhalt und Autoren nicht. Die Präsentation erfolgt vielmehr in einem einzigen Künstleralphabet; dafür sind die von relativ groß bemessenen Schwarz-Weiß-, teilweise sogar von Farbabbildungen begleiteten Einträge mit den Namen der Autoren gezeichnet; der einleitende Teil, der auch knappe Hinweise zur Sammlungsgeschichte gibt, stammt von R. Klapproth. Gerade auch aus der Argumentation des Einleitungskapitels wird spürbar, daß die Autoren des Stuttgarter Katalogs sich letztlich der fachwissenschaftlichen Defizite durchaus bewußt waren; das betonte Abheben auf andere Zielgruppen mag dabei als Ablenkungsmanöver bzw. Vorwärtsverteidigung gegen entsprechende Kritik gesehen werden. Sollte wirklich primär die eher kunstinteressierte Leserschaft anvisiert gewesen sein, so stellt sich die Frage, ob in diesem Fall eine opulentere Aufmachung (der schöne Bildband zur Sammlung!) nicht angemessener gewesen wäre. So bleibt der Stuttgarter Katalog eher ein Zwitter: einer fachwissenschaftlich interessierten Leserschaft ersetzt er aufgrund der genannten Defizite auch für den Teilbereich der ausgestellten Werke nicht einen Bestandskatalog, der "Kunstfreund" andererseits wird den optischen Anreiz vermissen, den er von einer solchen Publikation erwartet. So kommt der Publikation wohl am besten noch die Funktion eines etwas zu dick geratenen Führers durch die Ausstellung zu (auch wenn die ausstellungsunabhängige alphabetische Anlage dieser Nutzung natürlich nicht entgegen kommt); darüber hinaus muß sie mangels Besserem für die Stuttgarter Staatsgalerie aber vorläufig auch Ersatzfunktionen für den fehlenden Bestandskatalog übernehmen. Offen bleibt dabei die Frage, ob dieser Katalog als - vertretbares - "Abfallprodukt" einer Vorstufe zu einem echten Bestandskatalog gedacht war - dann wäre aus der Perspektive eines in absehbarer Zeit zusätzlich vorliegenden Bestandskataloges einiges an Kritik zu relativieren -, oder ob letzlich mit der jetzigen fachwissenschaftlich nicht ganz befriedigenden Publikation nicht doch eher für längere Zeit die Chance einer systematischen und umfassenden Bestandskatalogisierung vertan wurde.
[1]
Sie erschienen bereits 1982, zwei Jahre vor der Eröffnung (1984) des von James Stirling stammenden Neubaus, und in dem in beiden Katalogen gleichlautenden Vorwort des damalige Direktors der Staatsgalerie wird unter den "drei neuen Katalogen" auch der der Alten Meister aufgeführt; gut Ding will dann allerdings auch trotz solcher direktoralen Ankündigungen Weile haben:
Malerei und Plastik des 19. Jahrhunderts / Staatsgalerie Stuttgart. Bearb. von Christian v. Holst. - Stuttgart : Staatsgalerie Stuttgart, 1982. - 195 S. ; 24 cm.
Malerei und Plastik des 20. Jahrhunderts / Staatsgalerie Stuttgart. Bearb. von Karin v. Maur und Gudrun Inboden. - Stuttgart : Staatsgalerie Stuttgart, 1982. - 343 S. ; 24 cm. - Inzwischen in 2. Aufl. mit einem Nachtrag. - 1984. [sh] (zurück)
[2]
Für die Malerei des deutschen Barock ist ein eigener Katalog für 1993 angekündigt (S. 12 im Katalog Alte Meister); er ist bisher nicht erschienen. (zurück)
[3]
Katalog der Staatsgalerie Stuttgart / hrsg. vom Stuttgarter Galerieverein. - Stuttgart. - 1. Alte Meister / [Bearb.: Bruno Bushart. Red.: Marlinde Reinold-Kohrs]. - Stuttgart, 1962. - 269, 96 S. : Ill. ; 19 cm. (zurück)

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