Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
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Bibliothek der deutschen Literatur


95-1-076
Bibliothek der deutschen Literatur : Mikrofiche-Gesamtausgabe nach Angaben des Taschengoedeke / eine Edition der Kultur-Stiftung der Länder. - München [u.a.] : Saur. - ISBN 3-598-50000-9 (Diazofiche) : DM 35800.00 - ISBN 3-598-50001-7 (Silberfiche) : DM 52800.00
[2464]
1990 - 1994. - 19.963 Mikrofiches
Bibliographie und Register / bearb. unter der Leitung von Axel Frey. - 1995. - XV, 581 S. ; 30 cm. - ISBN 3-598-50100-5 (Geb.) : DM 48.00. - ISBN 3-598-53763-8 (br.) : kostenlos für Bezieher der Gesamtedition

Zu der Mikrofiche-Edition Bibliothek der deutschen Literatur liegt nunmehr der Band Bibliographie und Register vor. Er bietet eine dem Alphabet der Autoren folgende Verzeichnung der in der Mikrofiche-Edition enthaltenen Titel, ein alphabetisches Titelverzeichnis sowie Autorenregister nach Regionen (Regionale Literaturgeschichte hat seit einiger Zeit ja Konjunktur; die regionale Zuordnung erfolgt nach Geburtsort, in Ausnahmefällen mehrfach) und Sachgebieten. Bei den Namen der Autoren werden die Lebensdaten angeführt, in den Registern ist jeweils der Preis für den Bezug des Einzelwerks genannt (wir haben es also auch mit einem Verkaufskatalog zu tun).

Bibliographie und Register erfüllen eine Funktion nur im Hinblick auf die Mikrofiche-Edition, können mehr nicht sein und erheben auch keinen Anspruch darauf. Das bedeutet etwa, daß die Bibliographie nicht über die Angaben des zugrundeliegenden Taschengoedeke von L. Hirschberg[1] hinausgehen, hinter ihm immer dann zurückbleiben, wenn im Taschengoedeke verzeichnete Werke gar nicht in die Mikrofiche-Edition einbezogen worden sind. Wenn man also die Nachtwachen des Bonaventura vermißt, wenn man die Zeitung Der Wandsbecker Bothe wie ein mehrbändiges Werk von M. Claudius oder seine Übersetzungen wie eigene Werke angeführt findet usw., so ist dafür nicht der Bearbeiter des vorliegenden Bandes, sondern Hirschberg zu tadeln. Korrekturen zu Hirschbergs Angaben beschränken sich auf Fehler, die bei der Kollation zur Vorbereitung der Verfilmung als anstößig aufgefallen sind.

Aufgabe von Bibliographie und Register war, ein Findinstrument zur Mikrofiche-Edition zu erstellen, nicht mehr. Wo sich die Bibliographie auf die Funktionen des Findinstruments konzentriert, ist sie ergiebig, wenn sie z. B. erkennen läßt, ob das Werk eines Autors vollständig verficht worden ist oder nicht. Wo sie über das Ziel hinausstrebt, sind die bibliographischen Notizen (etwa zu Raubdrucken) so zufällig wie die Korrekturen zum Taschengoedeke.

Das Erscheinen des Findinstruments gibt noch einmal Anlaß, einen Blick auf das gesamte Unternehmen zu werfen. Es ist viel getadelt worden, hat manchen Streit in der Presse ausgelöst, ob es denn die öffentliche Förderung lohne, ob es sich mit seiner strikten Orientierung am Taschengoedeke nicht auf falsche Textgrundlagen einlasse usf. Natürlich wäre eine große Expertenrunde zu anderen Textgrundlagen gekommen, hätte weitere Autoren berücksichtigt, andere womöglich ausgelassen, hätte vor allem viele Korrekturen angebracht. Aber wer auch nur etwas von den Ingredienzien an Schwerfälligkeit, Eitelkeit und Interessenverschlingungen weiß, von denen die Arbeit in Beiräten, Ausschüssen, Steuerungs- oder Lenkungsgremien nicht selten affiziert wird, kann sich unschwer ausmalen, daß ein solches idealiter konzipiertes Jahrhundertwerk in diesem Jahrtausend nicht zustandegekommen wäre.

So sollte man die absolut pragmatische Entscheidung der Kulturstiftung der Länder und des Verlags, die Mikrofiche-Edition maximal auf den Taschengoedeke zu begrenzen, als einen Tribut an die Realität verstehen. Man weiß genau, woran man ist und erhält denn doch für sehr zahlreiche Autoren erstmals ein so umfassendes Angebot lieferbarer Werke, wie es der Buch- und Antiquariatsmarkt nicht hergibt. Beispiele an die Adresse der Wissenschaft: Welch Philologe hat, wenn er sich mit der Geschichte der Übersetzungen befaßt, das Werk von J. J. C. Donner zur Hand; welch Musik- oder Altertumswissenschaftler, der sich mit antiker Musik befaßt, das Oeuvre F. J. von Driebergs? Gerade in der Berücksichtigung entlegener Autoren liegt ein Gewinn des Unternehmens.

Auch der bibliothekspolitische Einwand, die Abnahme des Werkes führe zum Erwerb von Ballast und Dubletten im Bestand, verfängt nicht, weil es nur aus der Sicht von Großbibliotheken formuliert ist, für die das Gesamtwerk zur Anschaffung in Betracht kommt. Es gibt sie aber noch, trotz neuen Universitätsstrukturen, die Institute nämlich, an denen philologische Spezialforschung getrieben wird, deren Arbeitsgrundlagen sich durch das Angebot, einzelne Autorencorpora preiswert als Mikroform zu erwerben, beträchtlich verbessern.

Die allzu strengen Kritiker des Unternehmens seien an das Wort erinnert, mit dem jener notorisch unersättliche Sucher im Vatikan fortgeschickt wurde: "Gaudeat obtentis!"

Hans-Albrecht Koch


[1]
Der Taschengoedeke : Bibliographie deutscher Erstausgaben / Leopold Hirschberg. - Verb. Ausg. 1970 nach dem von Elisabeth Friedrichs durchges. und erg. Neudruck, Stuttgart 1961, 2. Aufl. - München : Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1990. - 611 S. ; 19 cm. - (dtv ; 3026). - ISBN 3-423-03026-7 : DM 29.80, kostenlos für Käufer der Bibliothek der deutschen Literatur bei K. G. Saur [1443]. - Vgl. IFB 93-1/2-006. (zurück)

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