Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
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Arbeitsmittel der Anglistik


95-1-063
Arbeitsmittel der Anglistik : ein Studienbuch / von Dieter Kranz. - Berlin : Erich Schmidt, 1994. - X, 261 S. ; 21 cm. - (Grundlagen der Anglistik und Amerikanistik ; 18). - ISBN 3-503-03069-7 : DM 29.80
[2298]

Das Vorwort (S. IX - X) zum vorliegenden Studienbuch kann leicht Mißverständnisse hervorrufen: "für den Studienanfang in der Anglistik gedacht" (S. IX), sei das Buch "an den Voraussetzungen, Bedürfnissen und Gegebenheiten bibliographischer Auskunftstätigkeit ausgerichtet" (S. IX). Als Zielgruppe des Bandes sind jedoch nicht, wie der in diesem Zusammenhang irreführend verwandte, da seitens der Bibliothekare bereits besetzte Ausdruck bibliographische Auskunftstätigkeit nahelegen könnte, Bibliothekare angesprochen. Das Studienbuch richtet sich vielmehr nur an Studienanfänger der Anglistik, die beim Umgang mit grundlegenden Informationsmitteln einer ersten Unterweisung bedürfen, die im Gebrauch von Hilfsmitteln unterrichtet und in elementaren Suchstrategien eingewiesen werden sollen. Überdies weist der Band eine eigenwillige Mischkonzeption auf; zum einen stellt er "unentbehrliche Arbeitsmittel" (S. IX) des Anglistikstudenten vor, fungiert also als anglistische Bücherkunde, zum anderen enthält er als "Aufgaben" bezeichnete Such- und Verständnisfragen, die sich nach Vorstellungen des Verfassers vorzugsweise mit Hilfe der vorab präsentierten Hilfsmittel beantworten lassen sollten, die aber zugleich in grundlegende Studienstrategien, in Methoden und Verfahren der Anglistik einführen wollen.

Die gut 700 "Arbeitsmittel der Anglistik" werden auf der ersten Gliederungsebene elf Sparten zugeordnet: Studium und Arbeitstechnik; Bibliographien; Lexika, Enzyklopädien, Handbücher; Wörterbücher; Sprachwissenschaft; Literaturwissenschaft; Landeskunde; Fachdidaktik; Eine Auswahl an Zeitschriften und Jahrbüchern; Hinweise zum Aufbau einer Handbibliothek; Der Sonderfall SHAKESPEARE und weitere Hinweise - eine problematische Gliederung, da sie sowohl inhaltliche als auch formale Kriterien enthält: eine Ordnungsweise, die sich auch auf tiefer liegenden Gliederungsebenen fortsetzt (die Zeitschriften z.B. werden den Rubriken Übergreifende Fachzeitschriften, Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft, Fachdidaktik und Landeskunde sowie Jahrbücher zugeteilt).

Die Arbeitsmittel werden innerhalb der entsprechenden Rubrik - mit Ausnahme der historisch-kritischen Wörterbücher - alphabetisch geordnet; der Abstand zwischen verwandten und eng benachbarten Nachschlagewerken kann dadurch gelegentlich recht groß sein.[1] Bei der Titelaufnahme wird leider auf Verlags- und Umfangsangaben verzichtet.

Als annotierte Bibliographie zentraler Arbeitsmittel empfiehlt sich der Band immerhin durch eine weithin umsichtige Auswahl, die sich an den Kriterien "Aktualität", "Qualität" und "Verfügbarkeit" (S. IX) orientiert. Die Auswahlbibliographie entspricht zwar weitgehend den Anforderungen einer Seminar- oder Institutsbibliothek, vernachlässigt jedoch über weite Strecken universalbibliothekarische Belange. Trotz einer insgesamt souveränen Auswahl sind aus diesem wie aus anderen Gründen leider einige Mängel festzustellen: 1. eine zu starke Konzentration auf die traditionellen Gebiete der Anglistik; 2. die völlige Ausgrenzung der großen Bibliothekskataloge (BLC, NUC), die allein aufgrund ihrer nationalbibliographischen Funktionen erwähnt werden müßten; 3. die wenig einsichtige Auswahl von Zeitschriften.[2] Der Vorspann zu den einzelnen Typen und Genera von Nachschlagewerken wie z. B. "Gattungsbibliographien" (S. 47) ist äußerst kurz und gelegentlich recht feuilletonistisch formuliert.

Die Annotationen, mittels derer die einzelnen "Arbeitsmittel" vorgestellt werden, sind unterschiedlichen Umfangs, insgesamt aber zu kurz und auch zu deskriptiv. Sie schrecken zu oft vor eindeutiger Evaluation zurück und zitieren, insbesondere bei jüngeren Titeln, häufig aus Waschzetteln und Verlagsprospekten. Die Annotationen können somit oftmals das Profil der jeweiligen Nachschlagewerke kaum vermitteln. Sie kennzeichnen den anglistischen Spezialisten, der die Vermittlung informationeller Konzepte weitgehend ausspart und es versäumt, die anglistische Propädeutik in den größeren Kontext der zeitgenössischen Informationsgesellschaft einzubinden. Nur beiläufig wird beispielsweise an den entsprechenden Stellen vermerkt, daß die jeweiligen Nachschlagewerke auch in elektronischer Form (CD-ROM, Datenbank) zur Verfügung stehen; deren grundlegende Vorteile (z. B. vielfältige und verknüpfbare Zugriffe) werden nicht erläutert. Das Verzeichnis lieferbarer Bücher wird ohne Warnung vor eingeschränkter Verläßlichkeit als "Autorität" (S. 55) bezeichnet. Die für die Encyclop‘dia Britannica charakteristische Einteilung in prop‘dia, microp‘dia und macrop‘dia wird erwähnt, aber nicht erklärt; der Autor spricht lediglich von einer "'eigenwilligen' Anlageform" (S. 111). Im Falle des British biographical archive fehlt ein Hinweis auf das grundlegende Konzept der Reprokumulation (S. 95).

Die der Vorstellung aller Hilfsmittel einer Sparte nachgestellten Suchfragen haben punktuellen Charakter, sind nicht in informationelle Szenarios eingebunden, unterstützen mithin oftmals einen Formalismus kontextfreier Suchstrategien, sind in vertrauter Weise spröde und aus all diesen Gründen der Motivation wohl kaum förderlich und von zweifelhaftem propädeutischen Wert.[3] Das "Lösungen" überschriebene Kapitel (S. 231 - 252) enthält nur äußerst kurze "Lösungshinweise und mögliche Lösungswege" (S. 231). Das Register (S. 253 - 261) weist in schlechter deutscher Tradition nur die Namen der Verfasser, Herausgeber und Bearbeiter nach, nicht dagegen die Titel von Sachtitelwerken.[4] Leider läßt der Band gelegentlich die notwendige redaktionelle Sorgfalt vermissen; insbesondere die Adressen der Verweisungen sind häufig falsch.[5] - Fazit: Der Band, der dem Fachreferenten für Anglistik sicherlich mancherlei hilfreiche Hinweise zu geben vermag, sei für die anglistische Instituts- oder Seminarbibliothek mit den vorgetragenen Einschränkungen empfohlen; im Informationsbestand einer Universalbibliothek dürfte er jedoch wohl kaum einen angemessenen Platz beanspruchen.

Werner Bies


[1]
Beispiel: The Oxford dictionary of quotations, S. 88 und The concise Oxford dictionary of quotations, S. 85. (zurück)
[2]
Beispielsweise wird Unterrichtswissenschaft : Zeitschrift für Lernforschung angeführt (S. 214), nicht aber Neusprachliche Mitteilungen aus Forschung und Praxis; Computers and the humanities wird ungeachtet ihres interdisziplinären Anspruchs als sprachwissenschaftliche Zeitschrift ausgewiesen (S. 213). (zurück)
[3]
Beispiel: "Wer hat das 1897 erschienene Verzeichnis der Bonner Universitätsschriften 1818 - 1885 zusammengestellt und veröffentlicht?" (S. 70). (zurück)
[4]
Wer sucht die Ausgabe 1993 der Encyclop‘dia Britannica unter Daphne Daume, die auf S. 111 als Hrsg. genannt ist? Die wichtige Angabe der Auflage fehlt dagegen, ebenso ein Hinweis auf das Prinzip der continous revision; auch die Annotation zum Britannica book of the year trifft die Sachlage nur partiell. [sh] (zurück)
[5]
S. 5: AA9 statt AA12, S. 8: AB7 statt AB6, ebd.: AB12 statt AB11, S. 45: BE61 statt BE65, S. 96: CE29 statt CE30, S. 162: EC7 statt EC6. (zurück)

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