Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
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Dictionary of library and information science


95-1-031
Dictionary of library and information science : English/German, German/English = Wörterbuch Bibliotheks- und Informationswissenschaft / Saiedeh von Keitz und Wolfgang von Keitz. - 2., rev. ed. - Weinheim [u.a.] : VCH, 1992. - 527 S. ; 22 cm. - (Parat). - ISBN 3-527-28385-4 : DM 108.00
[2500]
95-1-032
Dictionnaire des sciences de l'information, de la bibliothŠque et de la documentation : fran‡ais/allemand, allemand/fran‡ais = Wörterbuch Bibliotheks- und Informationswissenschaft / Saiedeh von Keitz ; Wolfgang von Keitz. - Weinheim [u.a.] : VCH, 1994. - 223 S. ; 22 cm. - (Parat). - ISBN 3-527-29237-3 : DM 102.00
[2499]

Gerade im fremdsprachigen Kontext ist die Fachterminologie aus den Bereichen Bibliotheks-, Dokumentations- und Informationswissenschaft - nicht zuletzt aufgrund des informationstechnisch bedingten Wachstums der Begrifflichkeit - oft schwierig zu handhaben. Zweisprachige Wörterbücher, die daneben noch dem hehren Ziel der Förderung von grenzüberschreitender, fachlicher Kommunikation dienen können, besitzen daher einen festen Markt. Der hierdurch entstehenden, kalkulierbaren Absetzbarkeit muß wohl nicht zuletzt die Schludrigkeit zugeschrieben werden, mit der sich die hier zu besprechenden Titel in die Hand des Fachpublikums wagen.

In einer detaillierten, inhaltlich orientierten Besprechung hat Erdmute Lapp 1990[1] der ersten Auflage der engl./dt. Ausgabe gravierende, die Benutzbarkeit stark einschränkende Mängel nachweisen können. Diese Fehler haben sich in der überarbeiteten Fassung nicht nur potenziert, sie wurden darüber hinaus noch auf ein Spiegelprodukt transponiert. Was "drin" sein soll, ist folgendes: 18.000 Einträge (nicht Fachbegriffe!) im frz./dt.-dt./frz.-Teil, 25.000 im engl./dt.-dt./engl. Teil, wobei der dt./fremdsprachige Teil leider durch automatische Inversion entstanden ist. Die alphabetisch geordneten Eintragungen der beiden Übersetzungsteile bestehen aus Stichwörtern bzw. Wortgruppenlexemen (so findet man as a loan unter as, nicht unter loan), undifferenzierten zielsprachigen Entsprechungen (statt Bedeutungserklärungen) und Angabe des Genus, gelegentlich auch der Wortart des originalsprachlichen Lemmas. Lediglich im frz./dt. Band finden sich diese Angaben auch bei der Übersetzung. Die Wortklasse sollte jedoch bei jedem Stichwort vermerkt sein; Wörtern, die bestimmte grammatikalische Probleme aufwerfen, sollten kurze Erklärungen beispielsweise mit Angaben zu unregelmäßigen Verb- oder Pluralformen, Konstruktionen oder sonstigen nützlichen Hinweisen beigefügt werden. Unterschiede zwischen britischem und amerikanischem Sprachgebrauch werden ebensowenig berücksichtigt wie die Verwendung der Fachterminologie in typischen Kontexten. Dem Vorbild Sauppes,[2] der weitere Angaben (Sachgebiet, Fundstelle von Definitionen, verwandte Begriffe) enthält, wird nicht gefolgt.

Die einschlägige Kritik Lapps bezüglich der Verwendung veralteten, gelegentlich obsoleten Sprachmaterials, der Anführung ungebräuchlichen Sprachmaterials, der Angabe uneinheitlicher grammatischer Formen (neu die Tendenz zur Nominalisierung) sowie der irreführenden bis falschen Wiedergabe der Bedeutung von Wörtern in der Zielsprache muß weiterhin unterstrichen werden. Ein typischer Eintrag etwa der selten auftretenden Abkürzungen (selbst gängigste fehlen) im frz./dt. Teil lautet RAM, übersetzt mit RAM (random access memory). Schlägt man zur Erhellung dann im engl./dt. Teil nach, fehlt die Abkürzung. Gleiches gilt für OCR, RISC und ROM. Französisch bustrophédon - dt. Bustrophedon (ohne weitere Angabe) fehlt im engl. Teil, ist also wohl nur für die Romania wichtig? Dagegen gibt es etwa in der Romania den im englischen Teil zu findenden Berufsethos nicht. Schutzumschlag: bookjacket ja, dust wrapper nein; im frz. fehlt das Wort ganz, dafür gibt es Schulzeugnis, das im englischen Teil fehlt. Magazin wird undifferenziert zu magasin und magazine, im Englischen fehlt magazine. Die chiropractic school library - Chiropraktikerschulbibliothek kennen die Franzosen ebensowenig, wie die Bergbauhochschulbibliothek, dafür aber den PC, der den Engländern fremd ist.

Mit einem wahllos aus einer Anleitung entnommenen Satz wie "Do not use differential SCSI devices on a single-ended SCSI bus" steht man alleine da, wenn man auf den Keitz angewiesen ist. Es fehlen, nur zum Beispiel, AACR, authority control, synchronous negotiation, site, site-list, hypermedia, neural networks, type theory, object-oriented programming, compiler technology, attribute grammar, heap management, human computer interaction (HCI), world wide web; auch integrierter Geschäftsgang, maschinelles Lernen, Client/Server-Infrastruktur, ausfallsichere Datenspeicher, Organisationsformen, neuronale Netze, Chipkarte - und RAK und RSWK schon sowieso. Die nicht mehr existierende coffee house library findet man, das weiterhin in Massen produzierte coffee table book dagegen nicht. Proof copy ist nicht ein Entwurf, sondern ein Korrekturexemplar, proof reader nicht die Korrektur, sondern der Korrekturleser; Korrekturfahne fehlt gänzlich, galley proof dagegen, die Übersetzung gibt es, sie wird jedoch als Korrekturabzug übersetzt; eigentlich: proof => Korrekturabzug; proof wird als Probeabzug angegeben, Probeabzug ist aber rough proof; proof copy wird als Entwurf übersetzt, müßte aber Blindband heißen; Blindband gibt es im dt./engl. Teil und wird dort mit dem Pleonasmus blank dummy übersetzt, tatsächlich reicht dummy. Eine der wenigen Abkürzungen im dt./engl. Teil ist EDV - ADP, engl./dt. ADP - EDV (keine weiteren Angaben), im frz. EBCDIC-Kode - EBCDIC-code (ASCII fehlt) - kommt aber im englischen Teil nicht vor. Lautsprecher im engl./dt. nicht im frz., lädierter Buchstabe im frz., nicht im engl., gleiches gilt für stochastisch. Säurefreies Papier, acid-free paper kennt nur die Titelrückseite. Barfußbibliothekar und Zeitungsartikeltitel sind dagegen Begriffe, die man nur hier nachschlagen kann. Dies mag als Beispiel für das was "drin", bzw. "nicht drin" ist genügen; der Mangel ist offensichtlich.

Daß dennoch eine hohe Zahl von Einträgen erreicht wird, liegt an der Bildung von "Wortnestern", denen selbst die bereits zitierte Chiropraktikerschule, Chiropraktikerschulbibliothek nicht fremd ist. Zur Illustration sei ein weiteres Beispiel aus dem engl./dt. Teil zitiert: Keyword-and-context index wird der Einfachheit halber mit KWAC-Index "übersetzt", die Abkürzung taucht, dank der Inversion, als solche jedoch nur im dt./engl. Teil auf (anders im frz. Teil, der auch zielsprachliche Auflösungen gibt, KWAC jedoch nicht kennt). Es folgen die Einträge: keyword-in-context index - KWIC-Index, keyword-in-title-context index - KWIT-Index, keyword-out-of-context index - KWOC-Index, keyword-out-of-context indexing - KWOC-Indexierung. Natürlich gab es auch Eintragungen zu keyword und keyword indexing. Vergleichbar sind die Einträge zu institutionellen Bibliotheken, die auch vor Evangelical Lutheran Church Library, Lutheran Church Library, Gemeindehochschulbibliothek, Gemeindekrankenhausbibliothek und Krankenpflegeschulbibliothek nicht halt machen (s. bes. S. 308). Diese Beschreibungsebene ist jedoch auch dem der Herkunftssprache Unkundigen aus den allgemeinen Regularitäten des Sprachsystems ableitbar. Sie muß daher wohl oder übel als "Worthuberei" bezeichnet werden. Die Art und Häufigkeit der so gebildeten "Wortnester" wird selbst den gelegentlichen Benutzer dazu führen, sich einschlägig verschaukelt (gelinde gesagt!) zu fühlen.

Das Ziel eines fachwissenschaftlichen Wörterbuches sollte sein, das Verständnis von Fachliteratur der anderen Sprache zu erleichtern sowie den mündlichen und schriftlichen Gedanken- und Informationsaustausch der jeweils angesprochenen Sprachräume zu fördern und zu unterstützen. Den Keitz'schen Machwerken gelingt aufgrund der dargestellten, gravierenden Mängel nicht viel mehr, als ein frustriertes Kopfschütteln zu erregen.

Rudolf Nink


[1]
Mitteilungsblatt / Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen. - 40 (1990),2, S. 157 - 159. Vgl. auch ABUN in ZfBB 37 (1990),3, S. 253. (zurück)
[2]
Dictionary of librarianship : including a selection from the terminology of information science, bibliology, reprography, and data processing ; German - English, English - German = Wörterbuch des Bibliothekswesens / Eberhard Sauppe. - München [u.a.] : Saur, 1988. - XX, 428 S. ; 22 cm. - ISBN 3-598-10618-1 : DM 148.00 [0489]. - Vgl. ABUN in ZfBB 36 (1989),1, S. 60 - 61.
Eine erweiterte und aktualisierte Neuauflage dieses vorzüglichen Wörterbuchs ist in Vorbereitung; nach seinem Vorbild entsteht z.Zt. auch ein zweisprachiges Fachwörterbuch für Französisch.
Für Abkürzungen sei genannt:
New international dictionary of acronyms in library and information science and related fields / Henryk Sawoniak ; Maria Witt. - 2., rev. and enl. ed. - München [u.a.] : Saur, 1994. - XI, 522 S. ; 25 cm. - ISBN 3-598-11171-1 : DM 228.00 [2210]. - Vgl. zuletzt IFB 94-2-200.
Für "Computer-Englisch" ist man mit dem gleichnamigen Wörterbuch von Hans Herbert Schulze. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1991 u.ö. mit seinen rund 36.000 Einträgen besser bedient, als mit den Keitz'schen Werken. (zurück)

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