Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
[ Bestand in K10plus ]

EUROCAT


95-1-014
EUROCAT : the complete catalogue of EC publications and documents / Office for Official Publications of the European Communities. - Cambridge [u.a.] : Chadwyck-Healey. - ISSN 1021-7789 (CD-ROM)
[2552]
1994,2. - 1 CD-ROM + User manual (1993. ISBN 0-85964-242-9). - œ 450.00 (1994, 4 Ausg.)

Der bibliographische Nachweis der Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (EG) bzw. jetzt der Europäischen Union (EU) ist seit vielen Jahren trotz zahlreicher Arbeitshilfen[1] und einschlägiger bibliographischer Verzeichnisse des Amtes für Amtliche Veröffentlichungen in Luxemburg als dem Verleger der EU schwierig;[2] Europäische Depositarbibliotheken, Dokumentations- und Informationszentren[3] sind gleichermaßen mit diesem Problem konfrontiert wie Behörden, Parlamente, Gerichte, Firmen und Wirtschaftsverbände, die sich - wie übrigens jeder Bürger - mit der Fortentwicklung der politischen und Wirtschafts- und Währungsunion Europas zunehmend mit "europäischem Recht" auseinandersetzen müssen. Neben Vielzahl und Vielfalt der EU-Publikationen erschwert das Sprachenproblem ihre eindeutige Identifikation und damit ihre verläßliche Beschaffung. Die CD-ROM-Ausgabe von EUROCAT verspricht schon nach den ersten Eindrücken, hier Abhilfe zu schaffen.

EUROCAT ist eine Gemeinschaftsproduktion des Amtes für Amtliche Veröffentlichungen der EU sowie der Firmen Chadwyck-Healey und ELLIS Publications.[4] EUROCAT erscheint seit 1993 in vierteljährlichen Gesamtausgaben (März, Juni, Sept., Dez.). Bibliotheken, Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen können die CD-ROM ohne Auflagen im Netz betreiben; für andere Nutzer ist der Erwerb einer Netzwerklizenz erforderlich.

Inhalt: EUROCAT ist keine originäre Datenbank, sondern entsteht durch die Zusammenführung von Datensätzen aus folgenden vier EU-Datenbanken:[5] ABEL, CATEL, CELEX (Communitatis Europeae Lex) und SCAD (SystŠme communautaire d'accŠs … la documentation). Mit z.Zt. ca 450.000 Datensätzen für 103.909 Dokumente (man beachte das Verhältnis!) erschließt EUROCAT "komplett" die Veröffentlichungen und Dokumente der EU (so der Zusatz zum Sachtitel) ab 1985; vor 1985 werden nur solche Rechtsakte nachgewiesen, die noch in Kraft sind.[6] Das bedeutet im Einzelnen: 1. "Veröffentlichungen der EU": Monographien, Zeitschriften und Serien, die von einem Organ oder einer Institution der EU veröffentlicht wurden; 2. "Dokumente", zu denen nach der Definition der EU die sog. "abschließenden Dokumente" der Kommission (Commission / Final document = COM document), die Dokumente des Europäischen Parlamentes (PE document) sowie Dokumente des Wirtschafts- und Sozialausschusses (CES document) zählen; 3. Gesetzgebungsvorhaben und Rechtsakte, die im Amtsblatt der EU, Teil L veröffentlicht werden; hierzu zählen Abkommen und Verträge sowie Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen; 4. Anträge (der Generalstaatsanwälte), Beschlüsse und Urteile des Europäischen Gerichtshofes, die im Amtsblatt der EU, Teil C veröffentlicht werden. Alle Veröffentlichungen werden in allen (vorliegenden) Sprachversionen in einem Datensatz (!) dokumentiert; von den z. Zt. 9 Amtssprachen der EU bleibt nur Griechisch unberücksichtigt.

Benutzeroberfläche: Die Retrieval-Software stammt von Head Software International Ltd.;[7] die Recherche erfolgt wahlweise in Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch oder Spanisch; Dänen und Portugiesen werden bei ihrer (im Menü ausgewiesenen) Sprache auf das englischsprachige Menü geführt. Die verschiedenen Masken sind übersichtlich gegliedert; über die Funktionstasten können alle Funktionen angesprochen werden, die für die sinnvolle Anwendung von EUROCAT erforderlich sind. Die einzublendenden allgemeinen und feldspezifischen Hilfstexte (in 6 Sprachen) lassen ebensowenig zu wünschen übrig, wie das ausgezeichnete, detailliert erklärende Benutzerhandbuch.

Suche: Der Anwender hat die Wahl zwischen drei Suchformularen:

1. Standardsuchformular mit 6 Suchfeldern und entsprechenden Listen für Wörter im Titel, Schlüsselwörter (Begriffe des EUROVOC[8]), Herausgeber (Stichwörter oder Codes), Autor (Ansetzung), Art des Dokumentes (CODE) und Veröffentlichungsjahr (gezielte oder Bereichs-Suche.[9] Suchbegriffe können in allen Amtssprachen - außer in Griechisch - eingegeben werden; die Datensätze für die verschiedensprachigen Versionen eines Dokumentes sind für die Anzeige untereinander verknüpft. Sucht man eine bestimmte Dokumentenart einer bestimmten EU-Körperschaft (z.B. Richtlinien des Rates), so erweist es sich als vorteilhaft, daß in den beiden hierfür relevanten Feldern Herausgeber und Art des Dokumentes mit entsprechenden, meist schnell einprägsamen Codes gearbeitet werden kann (z.B.: 10 = Europäisches Parlament; 02 = Rat der EU; 0112 = Generaldirektion XII der Kommission; bzw.: OJA = Abkommen; OJL = Richtlinie; OJR = Verordnung; OJ2 = Urteil; DO CES = Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses). Da Autorennamen schon in den Quellen uneinheitlich mit oder ohne Vornamen und Funktionsbezeichnungen aufgeführt und für EUROCAT nicht normiert wurden, sollte der Verfassereinstieg grundsätzlich über die Liste erfolgen.

2. Detailliertes Suchformular: Hier hat der Anwender die Möglichkeit, bis zu vier weitere Suchelemente in seine jeweilige Recherche einzubeziehen; dafür stehen ihm insgesamt 12 zusätzliche Suchfelder und Listen zur Auswahl,[10] die einerseits die gezielte Suche einer bestimmten Veröffentlichung erleichtern, andererseits für die thematische oder problembezogene Recherche sehr hilfreich sind. So lassen sich z.B. alle Dokumente über ihre Dokumentennummer, alle Dokumente und Veröffentlichungen (also nicht die Amtsblatteintragungen) über einen Sachgebietscode ermitteln, denen eine Klassifikation von 121 Haupt- und Untergliederungen zugrunde liegt.[11] Das Feld "Serie" erlaubt die Selektion aller Titel einer Schriftenreihe bzw. die Einschränkung der Recherche auf eine solche. Dokumente des Rechtsetzungsverfahrens können über die Notation der CELEX-Klassifikation recherchiert werden.

3. Nummernsuchformular: EU-Veröffentlichungen werden häufig nur in Kurzform, mit ihrer Dokumentennummer oder der Fundstelle im Amtsblatt zitiert. Das Nummernsuchformular beschränkt sich auf solche Elemente und ist deshalb für diese Art der Zitatverifikation besonders gut geeignet: neben Dokumenten- und Amtsblattnummer enthält es Suchfelder für ISBN/ISSN, CELEX-Nr., Zitierte Akte,[12] Mikrofiche-Nr., Katalog-Nr. (Katalog des Amts für Amtl. Veröffentlichungen) sowie für das Veröffentlichungsjahr.

Ausgabe: Rechercheergebnisse können im Kurz- oder Vollformat angezeigt werden; liegt für ein Dokument die Sprachversion der Suchsprache (!) nicht vor, so wird zunächst nicht der Kurztitel, sondern der Vermerk wie z.B der folgende "in Deutsch nicht erhältlich" angezeigt. Mit der Funktionstaste lassen sich dann - aber auch generell - alle anderen Sprachversionen einer Publikation einblenden und ggf. gezielt für die Ausgabe markieren. Für die formatierte Ausgabe (Druck oder Download) ist es möglich, via Menü Kopf- und Fußtexte (z.B. Kolumnentitel und Seitenzahlen) zu ergänzen; komfortabel sind auch die Ein- und Mehrfachsortierungen nach Titel, Katalog-Nr., CELEX-Nr. oder Jahr. Für die Bestellung der einzelnen Dokumente kann ein Bestellformular angefordert und ausgefüllt werden.[13]

Bewertung: Auch wenn der Aufbau von EUROCAT noch nicht abgeschlossen ist, so erleichtert die CD-ROM-Ausgabe schon jetzt die Verifikation und thematische Recherche von Veröffentlichungen der EU erheblich. Während in den anglo-amerikanischen Ländern "amtliches Schrifttum" traditionell zu den viel benutzten Bibliotheksmaterialien zählt und es deshalb dort - zumindest in größeren Bibliotheken - auch zum Freihandbestand gehört, wird ihr (inhaltlicher) Wert in deutschen Bibliotheken und von ihren Kunden meistens unterschätzt. Schon einfache Recherchen in EUROCAT z.B. mit den Suchbegriffen Autobahn, Arbeitslosigkeit, Tiertransport, Lärm, Mehrwertsteuer, Grenzkontrolle, Altersversorgung, Verleihrecht (!), Güterverkehr+Schiene, Rindfleisch+Einfuhr, Daimler-Benz etc. führen zu (z.T. sehr aktuellen) Dokumenten, die keineswegs nur die rechtlichen Aspekte hierzu liefern, sondern Sachinformationen zu aktuellen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Themen beinhalten, Informationen, die sich jedenfalls nicht so schnell und nicht in diesem Umfang in der "veröffentlichten" Buch- und Zeitschriftenliteratur niederschlagen.

Bernward Hoffmann


[1]
The documentation of the European Communities : a guide / Ian Thomson. - Repr., first publ. 1989. - London [u.a.] : Mansell, 1991. - XIV, 382 S. ; 22 cm. - ISBN 0-7201-2022-5 : œ 40.00 [1222]. - Vgl. ABUN in ZfBB 38 (1991),4, S. 400 - 401.
European Communities / John Paxton, comp. - Oxford : Clio Press, 1992. - XXIII, 182 S. ; 23 cm. - (International organizations series ; 1). - ISBN 1-85109-123-8 : œ 31.50 [1723]. - Vgl. IFB 93-3/4-229.
Directory of EC information sources. - Genval (Belgien) : Euroconfidentiel. - Ed. 6 (1994). - Vgl. ZfBB (ABUN) 41 (1994),1, S. 92 - 93 [Ed. 5 (1993)]. (zurück)
[2]
Das Amt für Amtliche Veröffentlichungen verzeichnet die von ihm verlegten Publikationen vierteljählich in zwei getrennten Reihen für Veröffentlichungen und Dokumente; die entsprechenden Jahreskumulationen führen die Bezeichnung Katalog.
Die Bibliothek der Kommission der EU gibt folgendes laufend erscheinende Zugangsverzeichnis heraus, das gleichfalls kumuliert: Veröffentlichungen und Dokumente der EG (bzw. EU), eingegangen in der Bibliothek. (zurück)
[3]
Die Kommission der EU unterhält weltweit über 500 Europäische Dokumentationsstellen; in der BRD befinden sich 5 Depositarbibliotheken, 53 Dokumentationszentren, 18 Referenzzentren sowie mehrere Dutzend EG-Beratungsstellen für Unternehmen (EuroInfo-Center). - Vgl. hierzu: Europäische Dokumentationszentren in Ost und West / Gotthard Hoffmann. // In: Bibliotheken, Service für die Zukunft. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1994. - (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie : Sonderh. ; 58), S. 273 - 289. - Die Koordinierungsstelle der Europäischen Dokumentationszentren in Nordrhein-Westfalen / Harald Busch. // In: Mitteilungsblatt / Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen. - 44 (1994),3, S. 292 - 302. - Europäische Dokumentationsstellen. // In: EU-Informationen. - 1994,3, S. 14 - 15. (zurück)
[4]
ELLIS Publications ist die Verlagsabteilung von EPMS (Electronic Publishing Management and Services) in Maastricht, die in den Niederlanden als Lieferagentur für das Amt für Amtliche Veröffentlichungen der EU fungiert. (zurück)
[5]
ABEL: elektronisches Inhaltsverzeichnis des Amtsblattes der EU, Teil L (Legislation), das täglich aktualisiert wird; CATEL: interner Katalog des Amtes für Amtliche Veröffentlichungen der EU, der das Kernstück von EUROCAT bildet; CELEX: EU-Datenbank für (u.a.) sämtliche Rechtsakte (Verträge, internationale Abkommen, Richtlinien, Verordnungen etc.) und Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes; SCAD: EU-Datenbank, die eine Auswahl der europäischen Rechtsakte, sonstige Veröffentlichungen der Organe der EU sowie Aufsätze (mit Abstracts) zu europäischen Themen nachweist; aus SCAD werden - ergänzend - nur solche Dokumente übernommen, die von einer EU-Institution herausgegeben oder initiiert wurden. CELEX und SCAD liegen bei EUROABASES (Host der EU in Luxemburg; Retrievalsystem: MISTRAL) auf; CELEX kann aber auch über JURIS (Saarbrücken; Retrievalsystem: GOLEM) abgefragt werden. SCAD wird von Chadwyck-Healey auch auf CD angeboten. (zurück)
[6]
Die Selektion nach Erscheinungsjahren ergibt folgende Zahlen: 1994 : 2277; 1993 : 8430; 1992 : 8317; 1991 : 8105; 1990 : 8030; vor 1990 : 68.750; vor 1985 : 29.161; 1952/59 : 116 Dokumente. (zurück)
[7]
Die Installationssoftware befindet sich auf der CD; Hard- und Software-Voraussetzungen: mind. 640 KB RAM (davon 500 KB frei), mind. 2 MB freier Speicherplatz, VGA- oder EGA-Monitor, MS-DOS 3.1 oder höher, Microsoft CD-ROM-Extensions 2.1 oder höher; während der Installation entscheidet der Anwender über die Voreinstellung der Recherchesprache; diese kann aber während der Recherche jederzeit geändert werden. Der Start erfolgt von C:\ mit EUROCAT. (zurück)
[8]
EUROVOC ist ein 1981 eingeführter Thesaurus, den das Europäische Parlament für seine Parlamentsdokumentation, das Amt für Amtliche Veröffentlichungen für seinen Katalog sowie für die Registererstellung des Amtsblattes verwendet; vereinzelt wird er auch von anderen europäischen Behörden benutzt. EUROVOC hat einen alphabetischen und einen thematischen Teil. (zurück)
[9]
Bei der Bereichs-Suche ist der Bindestrich zwischen den Jahreszahlen ärgerlicherweise mit Tilde (~), also auf der normalen Tastatur mit der Tastenkombination ALT+126 einzugeben. (zurück)
[10]
1. Wörter/alle Sprachen; 2. Sachgebiet; 3. Serie; 4. Katalog-Nr. (des Amtes für Amtliche Veröffentlichungen); 5. ISBN/ISSN; 6. Amtsblatt-Nr.; 7. CELEX-Klassifikation; 8. CELEX-Nr.; 9. Zitierte Akte; 10. Dokumenten-Nr.; 11. Mikrofiche-Nr.; 12. Datum (JJMMTT). (zurück)
[11]
Beispiele: Zollunion und Handelspolitik mit den Untergruppen: Zollvorschriften; Zollkontingent; Freier Warenverkehr; Handelspolitik; Handelsabkommen. Oder: Beschäftigung und Arbeit mit den Untergruppen: Beschäftigungspolitik; Arbeitsmarkt und Freizügigkeit der Arbeitnehmer; Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit. (zurück)
[12]
Über dieses Feld können mit einer einzigen Suche alle Rechtsakte selektiert werden, die mit einem bestimmten Rechtsakt in Verbindung stehen: z.B. Vorschlag für eine Richtlinie mit Bericht und Empfehlung eines Ausschusses sowie einer Stellungnahme des WSA und schließlich der verabschiedeten Richtlinie selbst. (zurück)
[13]
EPMS bietet die Lieferung aller in EUROCAT nachgewiesenen amtlichen Publikationen innerhalb von 48 Stunden an. (zurück)

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