Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
[ Bestand in K10plus ]

Der Teutsche Merkur


95-1-013
Der Teutsche Merkur : ein Repertorium / Thomas C. Starnes. - Sigmaringen : Thorbecke, 1994. - 694 S. ; 25 cm. - ISBN 3-7995-2031-7 : DM 128.00
[2381]

Die inhaltliche Erschließung von Zeitschriften, gerade des 18. Jahrhunderts (aber nicht nur dieses), und die Ermittlung der Verfasser der sehr oft anonym abgedruckten Beiträge ist ein großes Desiderat der Forschung. Daß Thomas C. Starnes die wohl wichtigste Zeitschrift des 18. Jahrhunderts, den von Wieland begründeten und lange Zeit von ihm betreuten Teutschen Merkur in dieser Weise zu erschließen sucht, ist ein dankenswertes Unternehmen (er kündigt gleichzeitig einen zweiten Teil seines Werkes mit Analysen der Zeitschrift und der zeitgenössischen Reaktion darüber an). - Starnes veröffentlicht (ohne erkennbaren Grund und Nutzen) einleitend die in den einzelnen Heften abgedruckten Inhaltsverzeichnisse (die nur teilweise deren Inhalt erschließen und die sinnvoller bei der Verzeichnung der einzelnen Beiträge einzubringen gewesen wären), gefolgt von (alphabetisch nach den Titeln angeordneten) Verzeichnissen der in der Zeitschrift veröffentlichten Prosaartikel, der Gedichte, der Anzeigen, der auf den Umschlägen gedruckten Texte, der Notenbeilagen und der Kupfer. Die Beiträge der einzelnen Gruppen sind in sich gezählt, sie enthalten teilweise (allerdings nicht vollständige) Annotationen zum Inhalt, Angaben über die Nennung (oder Nichtnennung) des Verfassers zu einem Aufsatz und Erwägungen über den Verfasser. Die Verzeichnung wird abgeschlossen durch ein kommentiertes Autoren- und Künstler-Verzeichnis, dem sich (unkommentierte) Personenregister, geographische Register und Sachregister anschließen.

Das in diesem umfangreichen Buch vorliegende Ergebnis der Arbeit leidet daran, daß der Benutzer nur sehr schwierig damit umgehen kann, da es nicht die Zeitschrift in der chronologischen Abfolge ihrer Artikel und deren gegenseitigen Verzahnung vorstellt, wie es etwa die von Gerhard Seidel begründeten Analytischen Bibliographien deutschsprachiger literarischer Zeitschriften[1] tun, die als Muster einer solchen bibliographischen Verzeichnung gelten könnten), so daß die Bibliographie nicht, wie wünschenswert, unabhängig von der Zeitschrift benutzt werden kann. Denn der Benutzer muß, um überhaupt einen Beitrag finden zu können, zunächst wissen, welchem Genre er angehört, und er muß sodann den genauen Titel des von ihm gesuchten Beitrags kennen, um ihn in den alphabetisch geordneten Verzeichnissen finden zu können (und manchmal ist selbst das unmöglich). Aber auch die Kenntnis des Titels reicht oft nicht aus, denn eine weitere Schwierigkeit für den Benutzer entsteht dadurch, daß sich der Verfasser offenbar nicht darüber klar war, was als bibliographische Einheit, also als Werk, anzusehen ist, denn er verzeichnet Rubrikentitel wie Kunstnachrichten, Kritische Anzeigen usw., bis hin zu Intelligenzblatt zum Neuen Teutschen Merkur als Werktitel und bekommt damit Schwierigkeiten, die innerhalb dieser Rubriken gedruckten vielfältigen Beiträge (die eigentlichen Werke) sowohl bei der Verzeichnung als auch in den Registern konkret darstellen zu können (und für den Benutzer erschwert sich die Auffindung eines Beitrags dadurch noch mehr). Eine kontinuierliche Verzeichnung der Zeitschrift vom ersten Titel des ersten Heftes bis zum letzten Beitrag des letzten Heftes (einschließlich der Texte auf den Umschlägen und der Beilagen) hätte alle genannten Schwierigkeiten vermieden, abgesehen davon, daß die Gattung des jeweiligen Beitrags in den verschiedenen (anders zu strukturierenden) Registern jeweils hätte angegeben werden können, und daß vor allem durch eine durchgehende Zählung der Beiträge die Register gleichzeitig chronologisch aussagekräftiger (hinsichtlich der Mitarbeit einzelner Beiträger wie auch hinsichtlich der behandelten Themen) geworden wären. Schließlich ist (und bleibt) die Autorbestimmung zahlreicher Beiträge unsicher, denn viele Möglichkeiten, die bereits jetzt zu ihrer Bestimmung bestehen, sind nicht ausgenutzt worden. So ist etwa bei den zahlreichen Rezensionen, die Johann Heinrich Merck für den Merkur verfaßte, zwar die sehr detaillierte Aufstellung im Goedeke[2] größtenteils benutzt worden, nicht jedoch ein zwar ungedruckter, aber im Merckschen Hausarchiv in Darmstadt einzusehender abschließender Beitrag dazu von Hermann Bräuning-Octavio; auch zeitgenössische Briefsammlungen (selbst Wielands Briefwechsel) wurden nicht in genügendem Maße zur Erschließung der Verfasser herangezogen. So bleiben schmerzhafte Lücken oder Falschzuweisungen, so etwa vieler Beiträge in der Anfangszeit des Merkur, die Starnes ohne erkennbaren Grund Johann Georg Jacobi zuschreibt, während sie vielmehr Christian Heinrich Schmid zuzugehören scheinen.[3] Diese wenigen Hinweise auf die Problematik dieses Repertoriums, besonders hinsichtlich seiner Anlage und Gestaltung, lassen erkennen, daß damit leider nicht der angestrebte Nutzen erreicht werden kann; man wird das Buch dankbar und in Anerkennung der in ihm investierten Arbeitsleistung benutzen, die gewünschte allseitige Erschließung des Teutschen Merkurs ist damit aber noch nicht geleistet.

Siegfried Scheibe


[1]
Analytische Bibliographien deutschsprachiger literarischer Zeitschriften / hrsg. von der Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik. - Berlin [u.a.]. : Aufbau-Verlag. - Bd. 1 (1975) - 11 (1987) und 13 (1989). - München [u.a.] : Saur. - 12 (1992) und 14 (1993) - . - Zu den methodischen Besonderheiten der Reihe vgl. ABUN in ZfBB 39 (1992),5, S. 439 - 442 sowie zuletzt IFB 94-3/4-369. - Der Rezensent hat innerhalb dieser Reihe selbst mehrere solcher Bibliographien erarbeitet. (zurück)
[2]
Grundrisz zur Geschichte der deutschen Dichtung : aus den Quellen / von Karl Goedeke. - 3., neu bearb. Aufl. / ... fortgef. von Edmund Goetze. - Dresden. - Bd 4, Abt. 1, Vom siebenjährigen bis zum Weltkriege. - 1916, S. 755 f. (zurück)
[3]
Etwa Anzeigen Nr. 200, Nr. 202 u.a. (zurück)

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