Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4
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Lexikon des deutschen Widerstandes


94-3/4-560
Lexikon des deutschen Widerstandes / hrsg. von Wolfgang Benz und Walter H. Pehle. - 2., durchges. Aufl. - Frankfurt am Main : Fischer, 1994. - 429 S. ; 23 cm. - ISBN 3-10-005702-3 : DM 48.00
[2366]
94-3/4-561
Lexikon des Widerstandes 1933 - 1945 / hrsg. von Peter Steinbach und Johannes Tuchel. - Orig.-Ausg. - München : Beck, 1994. - 238 S. ; 18 cm. - (Beck'sche Reihe ; 1061). - ISBN 3-406-37451-4 : DM 19.80
[2278]
94-3/4-562
Stichwort: Widerstand gegen Hitler / Annalena Staudte-Lauber. - Orig.-Ausg. - München : Heyne, 1994. - 103 S. ; 18 cm. - (Heyne-Bücher : 19, Heyne-Sachbuch ; 4049 : Stichwort). - ISBN 3-453-07834-9 : DM 12.90
[2365]

Der 50. Jahrestag des Attentats vom 20. Juli 1944 ist der Anlaß, auch Nachschlagewerke über den Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zu publizieren. Der Verlauf und die Ergebnisse von über vier Jahrzehnten Widerstandsforschung wurden für die Erstellung von Handbüchern und Lexika komprimiert. Gleich drei große Verlage brachten im Frühsommer 1994 Lexika zum Widerstand heraus. Die beiden ersten, in Zusammenarbeit mit herausragenden Zeithistorikern entstandenen, können aufgrund der fundierten Informationen sowohl von historisch Interessierten als auch von Studenten und Wissenschaftlern als Nachschlagewerk und Arbeitsmittel benutzt werden, während das dritte, eine Taschenbuch-Originalausgabe, sich vornehmlich an Schüler und Jugendliche wendet und dementsprechend aufbereitet über den Widerstand unterrichtet.

Wolfgang Benz und Walter H. Pehle, die Herausgeber des Lexikons des deutschen Widerstandes, haben sich durch ihre umfangreichen Forschungen und unzähligen Veröffentlichungen insbesondere zur Geschichte des Nationalsozialismus einen Namen gemacht. Mit dem vorliegenden Nachschlagewerk haben sie ein Informationsmittel geschaffen, das die Kenntnisse über den deutschen Widerstand bündelt, den Gang der Forschung über den Widerstand nachzeichnet und den aktuellen Forschungsstand mit den derzeitigen Forschungsfragen und Forschungsproblemen dokumentiert. Sie legen einen weiten Widerstandsbegriff zugrunde - einen Widerstandsbegriff, der Verweigerungshaltungen ebenso wie Attentatsversuche berücksichtigt und der Widerständler unabhängig von ihrer weltanschaulich-politischen Orientierung berücksichtigt. Das Lexikon des deutschen Widerstandes ist in vier Teile gegliedert, die durch Querverweisungen miteinander verbunden sind. Der Teil 1 (S. 13 - 156) besteht aus zehn Überblicksdarstellungen, in denen essayhaft Grundlagenwissen zu den unterschiedlichsten Facetten des deutschen Widerstandes vermittelt wird. Erörtert werden der Widerstand vor 1933, der Widerstand von Sozialisten, Kommunisten, Christen, Bürgerlichen und Militärs und auch der Widerstand von Jugendlichen, Emigranten, Frauen und KZ-Häftlingen. Die Überblicksdarstellungen enthalten keine Anmerkungen, sie enden mit wenigen einschlägigen, fast ausschließlich deutschsprachigen Literaturhinweisen. Der Teil 2 (S. 157 - 328), das eigentliche Lexikon, enthält 63 Artikel vornehmlich über Widerstandsgruppen wie z.B. Deutsche Volksfront, Leipziger Meuten oder Strassmann-Gruppe. Die Artikel haben einen Umfang von einer Seite bis fünf Seiten, sind namentlich gezeichnet und geben wenige, zumeist deutschsprachige Literaturhinweise. Das Alphabet der Artikel enthält auch Verweisungen und zusätzlich sind die Artikel selbst im Inhaltsverzeichnis aufgeführt und erlauben dem Leser damit einen ersten schnellen Überblick. Teil 3 (S. 329 - 409) enthält Kurzbiographien der ca. 650 Personen, die in den Überblicksdarstellungen und Lexikonartikeln erwähnt werden. Neben der Funktion eines Personenregisters stellt dieser Teil ein Personenlexikon zum deutschen Widerstand dar. Zu Teil 4, dem Anhang, gehören ein Abkürzungsverzeichnis, ein Verzeichnis der Mitarbeiter (allesamt durch Arbeiten zum Thema Widerstand ausgewiesen) und ein sog. Querverweis-System mit Registerfunktion, das jedoch nur für Artikel selbst die entsprechende Seite angibt, während die als Verweisungen im Hauptteil enthaltenen Eintragungen auch hier nur auf den entsprechenden Artikel - ohne Seitenangabe - verweisen. Das in gediegener Ausstattung (mit guter Typographie, Fadenheftung, Leinendecke und sogar einem Lesebändchen) bereits im Jahr des ersten Erscheinens in einer zweiten, verbesserten Ausgabe erschienene Lexikon des deutschen Widerstandes wird zu einem häufig benutzten Nachschlagewerk werden.

Die Herausgeber des Lexikons des Widerstandes 1933 - 1945 aus dem Beck-Verlag, Peter Steinbach und Johannes Tuchel, sind durch wegweisende Forschungen und Veröffentlichungen zum Widerstand bekannt geworden und sind darüber hinaus als Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand weithin anerkannt. Im Vorwort weisen sie darauf hin, daß das Lexikon ... der Aneignung dessen dienen soll, was in seiner Gesamtheit zum Widerstand gehört. Ausgrenzungen werden ganz bewußt nicht vorgenommen. Dokumentiert wird in dem Lexikon nicht nur der Widerstand in Deutschland, sondern der in ganz Europa. Denn in eigentlich jedem europäischen Land gab es Widerstand gegen Nationalsozialisten bzw. die deutsche Besatzung. Die über 400 Artikel behandeln Personen, Gruppen, Ereignisse, Länder, Begriffe und Sachverhalte des Widerstandes. Bekanntes und viel wenig Bekanntes wurde akribisch zusammengetragen. Im Vordergrund stehen die Personenartikel, auf die ungefähr drei Viertel aller Artikel entfallen. Außer diesen sind z.B. auch Artikel über Widerstand im Krieg, im Strafvollzug und Exil oder auch die über Eid und Widerstandsrecht. Die Artikel sind namentlich gezeichnet; sie wurden entweder von den Herausgebern verfaßt oder von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Forschungsstelle Widerstandsgeschichte der Freien Universität Berlin. Mit einem Umfang von ein bis zwei Spalten zeichnen sich alle Artikel durch eine gelungene Kürze aus; sie sind konzis formuliert, geben grundlegende Informationen und enthalten einige wenige Literaturhinweise, in der Regel ein oder zwei Titel in deutscher Sprache. Die Gestaltung der einzelnen Artikel ist gelungen, ebenso die Gesamtschau der Eintragungen. Aufwendiger und sorgfältiger hätte aber doch die Gestaltung speziell als Nachschlagewerk ausfallen müssen. Zwar enthalten die Artikel Verweisungen auf andere Artikel, doch fehlt eine separate, strukturierte Auflistung der Artikel, die es dem Benutzer dieses sonst so gelungenen Lexikons ermöglichen würde, bei der Suche nach Zusammenhängen, von einer punktuellen Frage ausgehend, zu einer breiteren Orientierung zu gelangen. Auch hätte man dem Lexikon eine bessere Ausstattung gewünscht: An das Format, die Schriftgröße und den Zweispaltensatz ist man bei Nachschlagewerken gewöhnt, aber die Klebebindung und die Broschur werden der zu erwartenden intensiven Benutzung nicht standhalten.

Daß bei dem ausgezeichneten Ruf der Herausgeber zwei gute Nachschlagewerke zum Widerstand entstehen würden, ist nicht verwunderlich. Aber hätte nicht doch eine Zusammenarbeit erreicht werden können? Müssen wirklich zwei Lexika zu diesem Thema offensichtlich unabhängig voneieinander erarbeitet werden? Die umfassende Enzyklopädie des Holocaust[1] hätte als Vorbild dienen können. Der Leser wäre jedenfalls dankbar gewesen, denn ihm wäre die zwingende parallele Benutzung der beiden Lexika erspart geblieben.

Unbestreitbar mit ganz anderer Zielsetzung verfaßte die Historikerin Annalena Staudte-Lauber das Heyne-Sachbuch Stichwort: Widerstand gegen Hitler. Leicht verständlich beschreibt die Autorin viele Aspekte des Widerstandes; dem Anspruch, wissenschaftlicher Arbeit zu dienen, kann und will dieser Band nicht genügen. Erläutert werden auf 94 Seiten, gegliedert in 7 Kapitel, der Widerstand aus der Arbeiterbewegung, den Kirchen, der bürgerliche Widerstand, der Widerstand von Frauen, Jugendlichen, Juden sowie der in Konzentrationslagern und die innere Emigration. Leider wird das Exil überhaupt nicht erwähnt. Zahlreiche Illustrationen tragen zusätzlich zur Veranschaulichung bei. Der Anhang enthält eine Zeittafel, eine Liste verbotener Jugendorganisationen, eine knappe Liste der wichtigsten deutschen, leicht zugänglichen Literatur und bemerkenswerterweise ein Stichwortregister, das Personen- und Sacheintragungen enthält. Die klare Gliederung zusammen mit dem Register läßt zu, das Bändchen wie ein Nachschlagewerk zu benutzen. Geeignet ist es für Schüler und Jugendliche, zur selbständigen Lektüre oder als Unterstützung für den Geschichtsunterricht. Der Titel gehört nicht in den Bestand wissenschaftlicher Bibliotheken, wohl aber in den von Schul- und öffentlichen Bibliotheken.

Angelika Hohenstein


[1]
Encyclopedia of the holocaust / Israel Gutman, ed. in chief. - New York, NY : Macmillan, 1990. - vol. 1 - 4 und Enzyklopädie des Holocaust : die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden / hrsg. von Eberhard Jäckel ... - Berlin : Argon, 1993. - Bd. 1 - 3. - Vgl. IFB 94-3/4-558 - 559). (zurück)

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