Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4
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Early printed books 1478 - 1840


94-3/4-494
Early printed books 1478 - 1840 : catalogue of the British Library Early Imprints Collection / British Architectural Library, Royal Institute of British Architects. Comp. by Nicholas Savage ... - London ; Munich [u.a.] : Bowker-Saur. - 31 cm. - ISBN 1-85739-003-2 (Gesamtwerk) : DM 2995.00 (Saur). - (Auslfg. über K. G. Saur, München)
[2294]
Vol. 1. A - D. - 1994. - XLVIII, 538 S. : Ill. - ISBN 1-85739-008-3 : œ 200.00, DM 599.00 (Saur)
94-3/4-495
The Mark J. Millard Architectural Collection / introduction and catalogue: Dora Wiebenson. Bibliographic descriptions: Claire Baines. - Washington : National Gallery of Art ; New York : Braziller. - 31 cm
[2156]
Vol 1. French books : sixteenth through nineteenth centuries. - 1993. - XXV, 512 S. - ISBN 0-8076-1281-2 : $ 90.00

Der Zufall will es, daß relativ kurz hintereinander zwei gewichtige Nachschlagewerke zur Architekturgeschichte aus der British Architectural Library (BAL) erschienen, nämlich das vorstehend besprochene Directory of British architects 1834 - 1900 und der hier mit seinem ersten Band anzuzeigende Katalog der vor 1841 erschienenen alten und wertvollen Drucke derselben Bibliothek. Einem weiteren Zufall ist es zu verdanken, daß wiederum fast gleichzeitig ein ebensolcher Katalog für die in der National Gallery of Art in Washington verwahrten Architekturbücher aus der Sammlung von Mark J. Millard erschien, so daß diese beiden hier zusammen und vergleichend besprochen werden können.

Um den Umfang und die Qualität des Bestandes an alten und wertvollen Drucken der (nicht-staatlichen) British Architectural Library des Royal Institute of British Architects einschätzen zu können, muß man die in der Einleitung mitgeteilten Fakten zur Geschichte der Institution kurz resümieren: Gegründet 1834 und drei Jahre später durch königliches Privileg bestätigt, ergingen bereits damals Aufrufe an die Mitglieder, Bücher für die einzurichtende Bibliothek zu spenden, die auch bereits 1838 den ersten Katalog ihres Bestandes vorlegte, der sich im Jahr 1840, dem Endjahr des hier vorliegenden Katalogs, bereits auf 572 Titel, davon 158 im Folioformat belief. Das Wachstum im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts speiste sich überwiegend aus Geschenken, die allerdings auch durch gezielte Ankäufe aus gestifteten Geldern vermehrt und abgerundet wurden, was insofern nicht schwer war, als alte Architekturbücher - im Vergleich zu anderen alten Werken, z.B. der Literatur - damals noch zu Spottpreisen zu haben waren: die hier mitgeteilten Kaufpreise liegen - rechnet man sie unter Beachtung der Inflation der letzten hundert Jahre um - immer noch unter dem, was man heute für ein sorgfältig gedrucktes Faksimile eines dieser Bücher zahlen muß. Diese Entstehungsgeschichte erklärt sowohl die große Zahl wertvoller und z.T. durch besondere Provenienz ausgezeichneter Werke als auch den in manchem doch zufälligen Bestand.

Der erste Band verzeichnet im Alphabet der Verfasser, Urheber bzw. Sachtitel 960 Werke; bis zum abschließenden vierten werden es rund 4.000 "der weltbesten Ausgaben über Architektur" sein, wie der Verlag, in global thinking geübt, in seinem Prospekt anpreist. Architektur ist hier in einem weiten Sinne zu verstehen: neben den Architekturtraktaten, Ansichtenwerken und Monographien über einzelne Bauten finden sich auch Reisebeschreibungen zu den architektonischen Sehenswürdigkeiten oder etwa Ausgrabungsberichte wie z.B. die Antichit… di Ercolano (Nr. 112), gelegentlich auch Kuriosa wie der Band über die Zuckerbäckerarchitektur im eigentlichen Sinne, Le patissier pittoresque von M. A. Carˆme (Nr. 554). Obwohl die Katalogisierung in einer Datenbank erfolgte, die, vermehrt um einschlägige Kurztitel aus dem Eighteenth-century short title catalogue (ESTC) inzwischen über DIALOG angeboten wird, sind die Titelaufnahmen von einer in Datenbanken nur ausnahmsweise anzutreffenden aber gerade den Wert dieses Kataloges ausmachenden Ausführlichkeit, was am Beispiel der Eintragung für die bereits erwähnten Antichit… di Ercolano vor Augen gestellt werden soll, die sich über gut 5 Spalten erstreckt: 1. "Kopf der Aufnahme": Ansetzungssachtitel, Titel in Vorlageform, Impressum, zusammenfassende Bandangabe, gemessenes und bibliographisches Format; 2. Inhalt der einzelnen Bände nach der Paginierung mit Fußnoten zu Besonderheiten; 3. Kollationsformel für jeden Band; 4. Kollation der Bände mit Angabe des Inhalts nach der Lagenzählung; 5. kommentierende Beschreibung der Illustrationen bzw. 6. der Tafeln. 7. entwerfende Zeichner und Künstler; 8. ausführende Stecher; 9. lange historische Anmerkung zur Entstehung der Publikation, zu der dafür verantwortlichen Accademia Ercolanese ..., zu anderssprachigen Ausgaben etc., alles ggf. unter Zitierung der Forschungsliteratur; 9. Fundstellen in anderen Standardbibliographien; 10. Besonderheiten des Exemplars in der BAL einschließlich dessen Herkunft; 11. weitere Exemplare in der BAL.

Es liegt auf der Hand, daß gerade die ausführlichen Kollationsangaben, die versuchen, die ideal copy zu beschreiben bzw. zu rekonstruieren, den besonderen Wert dieses Katalogs ausmachen, unterscheiden sich doch häufig Tafelwerke in ihrer physischen Zusammensetzung von Exemplar zu Exemplar, weshalb nach Möglichkeit auch Exemplare aus anderen Bibliotheken, insbesondere der British Library zum Vergleich herangezogen und zitiert wurden. Seinen vollen Nutzen wird dieser Katalog freilich erst dann stiften, wenn der als Band 5 vorgesehene Registerband vorliegt, da die Bearbeiter im Hinblick darauf Verweisungen für vorläufig verzichtbar hielten.

Der zweite Katalog beschreibt die ansehnliche Sammlung, die Mark J. Millard in rund dreißig Jahren zwischen Anfang der fünfziger Jahre und seinem Tode zusammengetragen hat; z.T. hat er sie der National Gallery of Art geschenkt, z.T. wurde sie von dieser aus seinem Nachlaß erworben. Sie umfaßt ca. 560 Titel illustrierter Architekturbücher in über 750 Bänden vom 15. bis ins 19. Jahrhundert, ausgewählt unter bibliophilem Aspekt, was die Zahl der seltenen und besonderen, auch durch ihre Provenienz ausgezeichneten Werke erklärt. Dem entspricht auch die Präsentation - im vorliegenden ersten Band für die in Frankreich erschienenen Drucke (drei weitere Bände für Zentral-, Nord- und Osteuropa, für Großbritannien und schließlich für Italien und Spanien sollen folgen): während die sorgfältige Beschreibung der Ausgaben im wesentlichen der für den Londoner Katalog gewählten entspricht, unterscheidet sich der amerikanische Katalog wesentlich durch seine typographisch sorgfältigere[1] und reichere Ausstattung mit mehreren Abbildungen aus jedem der beschriebenen 172 Drucke sowie durch die zum Lesen einladende ausführliche Würdigung jedes Werkes und seines Verfassers, so daß sich zusammen mit der langen Einleitung über die französische Architektur deren Panorama an Hand von gedruckten Zeugnissen eröffnet, so daß man, wie gesagt, diesen Katalog gerne auch als Lesebuch oder zur Erinnerung an Gesehenes benutzt, wie es dem Rezensenten mit den kurz zuvor wieder besuchten Salinen in Arc-et-Senans erging, deren Restaurierung weitgehend abgeschlossen ist und in denen neuerdings ein ihrem Erbauer Claude Nicolas Ledoux (Nr. 92) gewidmetes Museum eingerichtet wurde. Nach ihrer Größe und Entstehung entspricht diese Sammlung der heute an der Johns Hopkins University in Baltimore verwahrten Sammlung von Architekturbüchern, die Laurence Hall Fowler 1945 stiftete und die in einem gleichfalls sorgfältig aufgemachten Katalog beschrieben ist, der immer wieder (auch in den beiden hier vorgestellten Katalogen) als Referenz zitiert wird und der inzwischen auch in einem Nachdruck vorliegt.[2] Wie nicht anders zu erwarten, ergänzen sich beide Sammlungen (so fehlt bei Fowler etwa Ledoux ganz) und es wäre höchst erwünscht, wenn sich die Bearbeiter des Londoner Katalogs entschlössen, im Registerband auch für eine Konkordanz nicht nur dieser drei Kataloge zu sorgen, sondern auch einige weitere dabei zu berücksichtigen, so insbesondere die beiden Kataloge (1939 und 1977) der Ornamentstichsammlung der Kunstbibliothek zu Berlin.

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[1]
Hier wäre es undenkbar, daß, wie häufig im Londoner Katalog, der Spaltenumbruch mechanisch und an unmöglicher Stelle erfolgte. (zurück)
[2]
The Fowler Architectural Collection of The John [Johns] Hopkins University : catalogue / comp. by Laurence Hall Fowler and Elizabeth Baer. - First publ. by the Evergreen House Foundation, Baltimore, Maryland, 1961, reprinted. - San Francisco, CA : Wofsy, 1991. - XVI, 383 S. ; 29 cm. - Originalausg. ersch. mit Gesamtt. The Evergreen House Foundation publication ; 1. - ISBN 1-55660-128-X : $ 150.00 [1382]. - Vgl. ABUN in ZfBB 39 (1992),6, S. 537 - 538, Anm. 4. (zurück)

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