Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4
[ Bestand in K10plus ]

Ricarda Huch


94-3/4-449
Ricarda Huch : 1864 - 1947 ; eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar ; 7. Mai - 31. Oktober 1994, Schiller-Nationalmuseum Marbach / [Ausstellung und Katalog: Jutta Bendt und Karin Schmidgall. Unter Mitarb. von Ursula Weigl]. - Marbach am Neckar : Deutsche Schillergesellschaft, 1994. - 463 S. : zahlr. Ill. ; 21 cm. - (Marbacher Kataloge ; 47). - ISBN 3-929146-13-4 : DM 30.00
[2444]

Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach hat 1994 seine Jahresausstellung Ricarda Huch gewidmet und zu der Ausstellung einen Katalog vorgelegt, der auf dem gewohnten hohen Marbacher Standard umfangreiche sachliche Unterrichtung in Text und Bild und ästhetische Qualität verbindet. Verantwortlich für Ausstellung und Katalog zeichnet Jutta Bendt zusammen mit Karin Schmidgall und Ursula Weigl.

Im engeren Sinne personalbiographische Information wollen die Kataloge dem Konzept der Reihe entsprechend ebensowenig bieten wie Werkinterpretationen. Dennoch führt das Werkregister zu zahlreichen Stellen, an denen der Katalog - etwa durch Quellenzitate aus den reichen Beständen des Marbacher Ricarda-Huch-Archivs - Unbeachtetes in den Blick rückt oder Vertrautes in neuer Ansicht zeigt. Der Katalog wird seinen Wert nach Ende der Ausstellung vor allem deswegen behalten, weil er bis auf weiteres die moderne Biographie ersetzen muß, die trotz der großen Werkausgabe und mehrerer Briefwechseleditionen noch immer nicht in Sicht ist. Die Stärke des Katalogs liegt bei der äußeren Biographie, wie z. B. dem Studium, den gescheiterten Ehen, den wechselnden Wohnsitzen, den persönlichen Begegnungen, aber auch der moralischen Unbeirrbarkeit der Dichterin in ihrer Auseinandersetzung mit den Nationalsozialisten. Daß sich in ihrem Verhältnis zur Frauenbewegung Sympathie und kritische Distanz verbanden, wird dagegen nicht deutlich, wie gegenüber der äußeren die intellektuelle Biographie überhaupt eher zu kurz kommt. So fehlt etwa ein Hinweis, welche Bedeutung Schelling für die geschichtsphilosophischen Anschauungen Ricarda Huchs und für ihre Romantik-Studien gehabt hat. So gewinnt man anhand des Katalogs von manchen Beziehungen der Dichterin nicht den schwebend-zwiespältigen Eindruck, den die Quellen selbst vermitteln - etwa der soeben edierte Briefwechsel mit Elisabeth und Heinrich Wölfflin.[1] Indes wiegen solche Einwände gering im Verhältnis dazu, daß der Katalog seit langem zum erstenmal ein umfassendes und facettenreiches Gesamtbild vermittelt, dessen nicht geringster Vorzug die Anschaulichkeit ist, mit der Ricarda Huch im Kontext des literarischen Lebens ihrer Zeit dargestellt wird.

Hans-Albrecht Koch


[1]
Mosaikbild einer Freundschaft : Ricarda Huchs Briefwechsel mit Elisabeth und Heinrich Wölfflin / hrsg. und kommentiert von Heidy Margrit Müller. - München : Iudicium-Verl., 1994. - 238 S. : Ill. - ISBN 3-89129-098-6. (zurück)

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