Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4
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Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933


94-3/4-441
Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933 . - Bern ; München : Saur. - 24 cm. - Bd. 1. u.d.T.: Deutsche Exilliteratur seit 1933. - ISBN 3-907820-43-6
[2382]
Bd. 4. Bibliographien : Schriftsteller, Publizisten und Literaturwissenschaftler in den USA / hrsg. von John M. Spalek ... - 1994. - Teil 1 - 3. - ISBN 3-907820-47-9 : DM 620.00, DM 560.00 (bis 31.12.1994)

Die Konzeption dieses Werkes kann man, ebenso wie seine bis 1976 zurückreichende Publikationsgeschichte, nicht eben als geradlinig bezeichnen. Da ist zunächst die mit Band 2 einsetzende Änderung des Titels von dem nicht zutreffenden Adjektiv deutsch in deutschsprachig, ohne daß danach dem Titel freilich die viel wichtigere Einschränkung zu entnehmen wäre, daß hier nur die Emigration in den USA behandelt wird. Was die Konzeption der einzelnen Bände betrifft, so ist diese auch in den beiden ersten, 1976 bzw. 1989[1] erschienenen Bänden für die Emigration in Kalifornien bzw. in New York, keineswegs identisch; der noch nicht erschienene, für 1995 angekündigte Band 3 "wird rund 60 Aufsätze zu Exilautoren enthalten, die in den ersten beiden Bänden nicht aufgenommen werden konnten ..." (Verlagsprospekt). In einem nur wenige Zeilen umfassenden Vorwort des Verlages (Bd. 4,1, S. XXI) wird zudem mitgeteilt, daß das Ausscheiden von J. P. Strelka aus dem Herausgebergremium (sein Name steht auf den Titelblättern von Bd. 1 und 2) "zu einer Änderung der ursprünglichen Konzeption der Reihe führte", ohne daß man freilich etwas über diese Änderung erführe.

Der gleichfalls schon länger[2] angekündigte und im Oktober 1994 ausgelieferte Bd. 4 enthält in seinen 3 Teilen 225 Personalbibliographien von Schriftstellern, die im amerikanischen Exil gelebt haben. Er versteht sich als Ergänzung zu dem 1976 erschienenen Bd. 1. Kalifornien, Teil 2, der bereits Personalbibliographien für 42 in diesem Bundesstaat im Exil lebende Autoren enthielt und betrifft somit vor allem Autoren, die in den östlichen Bundesstaaten lebten; lediglich zwei Personalbibliographien aus Bd. 1,2, nämlich die für Günther Anders und E. M. Remarque werden durch neue in Bd. 4 ersetzt, obwohl die restlichen sowohl wegen des alten Berichtsstandes als auch wegen ihrer grundsätzlichen Beschränkung "auf den Zeitraum der amerikanischen Exilperiode" (S. VII) neu bearbeitet werden müßten. Über die Auswahlkriterien ist nichts Genaueres gesagt und die Zahl der in Bd. 4 behandelten Autoren ließe sich bestimmt vermehren, zumal nicht nur Personalbibliographien von belletristischen Autoren (die gleichwohl besonders zahlreich vertreten sind) berücksichtigt sind, sondern auch solche von "Literaturwissenschaftlern, Philosophen, Sachbuchverfassern, Übersetzern und, soweit sie als Publizisten hervorgetreten sind, auch von Verlegern" (S. XIII); Publizisten sind allerdings keineswegs nur in diesem Fall berücksichtigt, sondern stellen vielmehr, wie man sowohl dem Bandtitel entnehmen, als auch auf derselben Seite nachlesen kann, eine wichtige selbständige Kategorie unter den berücksichtigten Gruppen. Selbst wenn der an derselben Stelle angekündigte 4. Teilband mit weiteren Personalbibliographien eines Tages erscheinen sollte, wird das nichts an dem genannten Problem ändern.

So unbestimmt die Auswahlkriterien auch sind, so nützlich sind die vorgelegten Personalbibliographien, unter denen, wenn man dem Vorwort folgt (S. XIV) "150 völlig neu erarbeitete Bibliographien" sind. Die namentlich gezeichneten Personalbibliographien enthalten häufig einen Vorbericht zur bibliographischen Lage, also mit Nennung und Bewertung bereits vorliegender Personalbibliographien, auf die entweder, wenn sie zuverlässig sind, verwiesen wird, so daß hier nur Ergänzungen vorzunehmen sind (z.B. G. Anders), oder die anderenfalls völlig neu bearbeitet wurden; ein Beispiel für letzteren Fall ist die von Klaus Garber und Regina Weber neu erstellte Personalbibliographie des Literaturwissenschaftlers Richard Alewyn, die u.a. aus dessen in Marbach aufbewahrtem Nachlaß ebenso schöpfen kann, wie aus seiner an die Universitätsbibliothek Osnabrück gelangten Privatbibliothek. In einigen Fällen konnten sogar noch die Betroffenen selbst bzw. nahe Verwandte um Auskünfte angegangen werden. Trotz des Zugangs zu Nachlässen beruhen die Personalbibliographien weitgehend auf der Auswertung von Katalogen und Bibliographien, doch wurden auch wichtige einschlägige Zeitschriften autopsiert. Über die benutzten Quellen gibt das Vorwort Auskunft. Die Gliederung der Personalbibliographien, die nicht starr ist, sondern sich nach der Sachlage und der Zahl der zu verzeichnenden Titel richtet, unterscheidet nach Primär- und Sekundärliteratur, untergliedert u.a. nach selbständig und unselbständig Erschienenem, nach Gattungen etc.; besonders wertvoll, da sonst in dieser Breite häufig noch nicht verfügbar, ist der Nachweis von Rezensionen in amerikanischen Zeitschriften und Zeitungen. Die Qualität der Titelaufnahmen variiert stark; bei Monographien fehlt fast durchweg die Angabe der Schriftenreihe und häufig ist auch der Umfang nicht angegeben.[3] Was die Berichtszeit betrifft, so fehlen Aussagen entweder ganz oder sind zumindest nicht präzis: Berücksichtigt werden nach Sachlage die gesamten Publikationen, also nicht nur die nach 1933 erschienenen, obwohl auf diesen der Schwerpunkt liegt (S. XV); das Berichtsende dürfte nicht einheitlich sein, doch sind z.T. auch noch 1992 erschienene Bibliographien ausgewertet worden.

Trotz der genannten Mängel handelt es sich um eine wichtige Sammlung von Personalbibliographien über eine Anzahl unterschiedlich bedeutender und, trotz jahrzehntelanger Exilforschung, noch vielfach unzureichend bearbeiteter Autoren. Wegen der Breite des Spektrums der berücksichtigten Personen dürften die Informationen nicht immer die potentiellen Nutzer erreichen: selbst wenn die germanistischen Bibliographien alle Namen berücksichtigen sollten, ist damit nicht gewährleistet, daß z.B. ein Philosophiehistoriker hier nachschlägt. Dieses Dilemma könnte nur mit Hilfe eines vom Rezensenten seit langem geforderten laufenden allgemeinen Index zu bio- und biobibliographischem Material vermieden werden, da es seit dem Ende der Bibliographischen Berichte nicht einmal mehr einen solchen für die Personalbibliographien gibt.

sh


[1]
Beide noch im Verlag Francke, Bern und München erschienenen Bände sind im Verlag Saur weiterhin lieferbar: ISBN 3-907820-44-4 (Bd. 1) : DM 298.00 und ISBN 3-907820-45-2 (Bd. 2) : DM 460.00. (zurück)
[2]
Zumindest seit Ende 1992 für 1993; vgl. Börsenblatt ... 159 (1992),99, S. 11470. (zurück)
[3]
Der Verlag hätte darauf dringen sollen, die aus der englischen Praxis abgeleitete Abkürzung SS durch das übliche S. zu ersetzen. (zurück)

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