Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4
[ Bestand in K10plus ]

Wie finde ich theologische Literatur


94-3/4-422
Wie finde ich theologische Literatur / Gerhard Schwinge. - 3., völlig neu bearb. Aufl. - Berlin : Berlin-Verlag Spitz, 1994. - 207 S. ; 21 cm. - (Orientierungshilfen ; 16) (Veröffentlichungen des Instituts für Bibliothekswissenschaft und Bibliothekarausbildung der Freien Universität Berlin). - ISBN 3-87061-367-X : DM 38.00
[2377]

Die Orientierungshilfen brauchen an dieser Stelle nicht mehr vorgestellt werden. Zielrichtung und Grundschematik dieser Reihe sind seit langem bekannt. Der vorliegende Band beruht auf den 1979[1] bzw. - um einen Nachtrag ergänzt - 1983 erschienenen Vorauflagen, die inzwischen vergriffen und verständlicherweise in vielen Details überholt sind. Ein Vergleich zeigt, daß der Band bis ins Einzelne verbessert worden ist. Stilistisch ist vieles geglättet, bibliographische Angaben sind sorgfältig überprüft. Die Aufmachung ist konzentierter: die etwas beliebigen ¯Kästchen® für Standortnotizen bei ¯wichtigen Titeln® sind weggefallen; das Verzeichnis der Abbildungen ist von 22 auf 8 geschrumpft, was vor allem die bekannten, in dieser Reihe üblichen Schemata betrifft. M.E. ist deren Begrenzung sinnvoll. Die ersten Abschnitte - eine bibliothekarische Institutionenkunde - haben besondere Stärken im außeruniversitären, bes. kirchlichen Bibliothekswesen. Hier findet auch der Insider noch manche wertvolle Information. Der Teil über die Erschließung bibliothekarischer Bestände (Kataloge) bietet knapp traditionelles Grundwissen. Der Abschnitt über die theologischen Auskunftsmittel ist sorgfältig aus Sicht der Buchmedien zusammengestellt. ¯Suchstrategien® bieten praktisch überlegte Vorgehensweisen, setzen aber nun schon einige bibliothekarische Kenntnis voraus, wie sie im Buch ja erarbeitet werden. Es folgen ein Kapitel über das Zitieren,[2] ein Glossar von Fachausdrücken, ein Abkürzungsverzeichnis und ein Verfasser/Titelregister zu allen aufgeführten Titeln, kombiniert mit dem m.E. wichtigeren (knapp gefaßten) Sachregister. Die Aufmachung des Buches ist drucktechnisch wesentlich besser geworden. Gegenüber der schrecklich brüchigen Klebebindung der Vorauflagen ist auch die Fadenheftung eine Erwähnung wert.

Neben den Anfängern, die zumindest lernen sollten, wo sie später solche Informationen finden werden, die meist aber zunächst nur staunend vor einem solchen Angebot stehen, sollten vor allem fortgeschrittene Studenten, Doktoranden aber auch andere Geisteswissenschaftler derlei Übersichten unter ihrem Blickwinkel ansehen. Hilfskenntnisse, wie sie hier vermittelt werden, können viele Arbeiten erleichtern.

Fragt man nach den Grenzen des Buches, so lassen sich naturgemäß manche Details befragen. Das beginnt bei den verwendeten Kategorien (das Schema Primär- und Sekundärdokumente / Primär- und Sekundärliteratur scheint mir nicht ganz glücklich, S. 17), einzelnen Urteilen (ist bei "alten Universitäten das im allgemeinen unkoordinierten Nebeneinander" von Bibliotheken immer noch so allgemein typisch? S. 25), kleineren Fehlern bibliographischer Art[3] und geht bis zu sprachlichen Wendungen (Informierungsprozesse, S. 147) usw. Doch bliebe solche Kritik kleinlich. Grundsätzlicher scheint mir, daß die derzeitigen Möglichkeiten elektronischer Literaturvermittlung zu eingeschränkt behandelt werden. Die Subsumierung der bibliographischen CD-ROM unter die audiovisuellen Medien ist Indiz dafür (S. 14) und in manchen Fällen fehlen nötige Angaben (Religion indexes auf CD-ROM, S. 130 - 131). Obwohl das Buch im Titel sagt, daß es die Literatursuche unterstützen will, führen auch schon die traditionellen Auskunftsmittel, wie sie hier genannt werden, weiter zu diversen Sachinformationen. Hier bietet die Elektronisierung gerade in der Theologie inzwischen eine neue Qualität des Zugangs zu Zeugnissen der Tradition, die man in die vierte Auflage sicher wird aufnehmen müssen (vgl. die Volltextdatenbanken des Migne, CETEDOC library of Christian Latin texts, der Werke des Thomas von Aquin, des Thesaurus linguae graecae, der Bibel usw.), - eine ganz neue Form von "Subsidien" (S. 19), die manches Hergebrachte (z.B. Konkordanzen) ersetzen wird. In der jetzigen Umbruchsituation im Informationssektor läßt sich eine gewisse Zurückhaltung zweifellos rechtfertigen. Bei einer Neubearbeitung wird das mit Gewißheit anders sein. Aus dieser Perspektive wird dann auch die traditionelle Darbietung des Katalogwesens geändert werden müssen. Wenn man RAK und PI ansatzweise erläutert, müßte das auch wohl mit den RSWK und der SWD geschehen, die sich im deutschen Sprachraum doch ziemlich flächendeckend durchgesetzt haben. Die Kombinationsmöglichkeiten von formaler und sachlicher Suche in elektronischen Katalogen wird auch neue Suchstrategien ermöglichen (und anderseits nötig machen) etc.

Wer ein wenig mit den neuen Medien bibliothekarisch zu tun hat, weiß aber auch, daß die Kenntnis der zugrundeliegenden (oft eben doch zunächst auf Papier "gespeicherten") Informationen und die Abgrenzung dieser Datenbestände zum nötigen Vorwissen einer gezielten Arbeit mit den neuen Medien gehört. Solches Grundwissen muß zumindest derzeit noch weitervermittelt werden. Dazu dient das Buch in wirklich guter Weise. Und gerade aus dieser Sicht wäre es schön, wenn der Verfasser Zeit fände, auch sein Standardwerk Bibliographische Nachschlagewerke zur Theologie und ihren Grenzgebieten[4] (1975) in einer neuen Bearbeitung vorzulegen.

Albert Raffelt


[1]
Vgl. ABUN in ZfBB 28 (1991),2, S. 143 - 144. (zurück)
[2]
Leider wird DIN 1505, T. 2 nicht zugrundegelegt: Der Rezensent mag die Norm zwar auch nicht so gern, sie steht aber vermittelnd zwischen der simplen Literaturangabe und den heutigen Katalogregeln und ihrer Darbietungsform, wie sie sich in Online-Katalogen usw. verstärkt dem Benutzer aufdrängen. (zurück)
[3]
Die New encyclopaedia Britannica in 30 volumes besteht längst aus 32 Bd. und statt des hier zitierten "Nachdrucks 1984-85" der 15. ed. wäre der Hinweis korrekt gewesen, daß die gedruckte Version in jährlichen, laufend überarbeiteten Ausgaben erscheint (S. 67); der neue Kindler ist nicht ebenso angelegt wie der alte (S. 111). (zurück)
[4]
Vgl. ABUN in ZfBB 23 (1976),1, S. 38 - 39. (zurück)

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